Aber was mich dann besonders betroffen gemacht hat, Herr Rehberg, und ich finde, gerade in Mecklenburg-Vorpommern sei mir dieser Satz noch gestattet: Ich habe erwartet, dass die CDU auch aus Mecklenburg-Vorpommern heraus ein klares Prä für die Entwicklung für Ostdeutschland gibt. Das Wort „Ostdeutschland“ fällt an drei Stellen
Zweitens wird festgestellt, in Ostdeutschland darf der Öffentliche Dienst nicht voreilig für gleichen Lohn für gleiche Leistung stehen.
Das ist Ihr Angebot für die Entwicklung in Ostdeutschland. Ich sage Ihnen: Fehlanzeige! Armes Deutschland, wenn es dabei bleibt!
Ums Wort hat jetzt gebeten der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Professor Dr. Metelmann.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wissen ist das bestimmende Element unserer Gesellschaft, das ist jedenfalls die breite Überzeugung der Wissensgesellschaft und deshalb müssen Wachstumsstrategien das Ziel verfolgen, erstens Wissen neu zu würdigen, zweitens Wissen breit und hochwertig zu vermitteln, drittens Wissen aus Forschung heraus zu vermehren und viertens Wissen dann auch im Wettbewerb zu verwerten. Lassen Sie mich auf diese vier Strategielinien eingehen.
Punkt eins: Wissen wieder würdigen. Ich glaube, wir haben an dieser Stelle in Deutschland ein Problem. Schon die Frage, ob wir denn eigentlich noch ein Volk von Dichtern und Denkern sind, klingt lächerlich. Ich habe eher den Eindruck, vielleicht einen sehr persönlichen Eindruck, dass wir Bildungsferne nahezu zelebrieren. Da muss man eigentlich manchmal nur das Fernsehprogramm durchzappen.
Dann findet man manchmal Interviews mit auch nur halbwegs Prominenten, die sich damit brüsten, dass sie von Mathematik keine Ahnung haben oder in Geschichte völlig unterbelichtet sind. Damit brüsten wir uns inzwischen. Und ich glaube, es ist auch ein Indiz für diese Bildungsferne, wie das Ansehen von Lehrerinnen und Lehrern behandelt wird.
Es gibt noch einen weiteren Aspekt, der mir Unruhe bereitet, die Distanz zu unserem Wissen – Wissen, das sind wir selbst –, die Distanz, die deutlich wird, wenn wir von Wissen als Rohstoff sprechen, den man aus der Erde buddeln kann, oder wenn wir Wissen als weichen Standortfaktor beurteilen oder wenn wir uns sogar selbst als Humankapital bezeichnen, eine erstaunliche Bewertung unserer Selbstsuche nach Wissen. Ich glaube, es kommt darauf an, dass wir Wissen wieder würdigen an sich, ideell und materiell, Wissen des Einzelnen, Wissen in der Gesellschaft, auch den Aspekt, dass Wissen nicht nur nützlich sein muss. Und ob uns das gelingt, wird sich zeigen, wenn wir darangehen, keinen auszuschließen von Wissen. Das Stichwort ist Integration, Integration in der Schule, Integration von Kindern mit Nachteilen. Es wird sich zeigen, ob wir Wissen wieder würdigen, wenn es darum geht, auf gute Bildung Wert zu legen. Das ist das
Stichwort in der Schulentwicklungsplanung. Standortentscheidungen müssen auch ganz wesentlich daran gemessen werden, ob die Schulqualität dadurch gewinnen kann. Und das muss sich zeigen, wenn es darum geht, Wissen als Wert zu begreifen. Stichworte: Was tun wir für Volkshochschulen, was tun wir für Bibliotheken, was tun wir für Musikschulen? Das ist die erste strategische Linie, Wissen würdigen.
Zweite strategische Linie: Wissen breit und hochwertig vermitteln. Lassen Sie mich direkt exemplarisch den Schulentwicklungsplan ansprechen. Wir haben ein demographisches Problem in unseren Schulen. Wir haben ein Qualitätsproblem in den Schulen, Stichwort PISA. Wir haben ein Haushaltsproblem. Die Strategie muss sein, dass wir gute Schulen erreichen, Schulen, die groß genug sind, nicht zu groß, aber immerhin zwei- oder dreizügig, die in der Lage sind, auf dieser Grundlage qualitätvollen Unterricht zu machen, der dann auch bezahlt sein muss. Und zu dieser Strategie gehört dann im Einzelnen, dass wir das Ganztagsschulprogramm weiter stärken. Zu dieser Strategie gehört auch, dass wir Schulstrukturen schaffen, die es uns möglich machen, gemeinsamen Unterricht abzuhalten, dort, wo es sinnvoll ist. Wir sind uns ja alle völlig darüber einig, dass das Lesen, Schreiben und Rechnen in einer gemeinsamen Schulart gefordert werden muss, aber es ist eigentlich auch klar, dass wir uns gemeinsam damit beschäftigen müssen, wie ich eigentlich einen ordentlichen Mietvertrag verfasse oder wie ich mich gesund ernähre oder wie ich die Anleitung an meinem DVD-Player lesen kann, die in Englisch geschrieben ist, damit ich diesen auch in Betrieb nehmen kann. Und ich will gar nicht vom musisch-ästhetischen Bereich sprechen, vom sportlichen Bereich und von der politischen Bildung, wo wir doch ein Interesse daran haben, gemeinsamen Unterricht zu betreiben.
Ein dritter Punkt der guten Schule ist für mich: Das Hauptgewicht des Unterrichtes muss auf den Hauptfächern liegen. Die OECD hat uns das ins Stammbuch geschrieben. Sie hat uns eingeschrieben, zu einem Unterricht gehört im Wesentlichen die Beschäftigung mit der Muttersprache, der Mathematik, mit einer Fremdsprache, mit Naturwissenschaften, mit Gesellschaftswissenschaften. Und das Wichtige dabei ist nicht das Vermitteln von Fakten, das Wichtige ist dabei, einen Einblick zu bekommen in die logische Vielfalt des Denkens, des Wissens, Kindern und Jugendlichen deutlich zu machen, dass es für Fragen nicht nur eine Antwort gibt. In der Mathematik ist eins und eins immer zwei, in den Sprachen ist eins und eins häufig 2,5, in der Biologie schwankt die Antwort zwischen 88 und 0, in den Gesellschaftswissenschaften ist eins und eins oft genug eine Frage der Verabredung und in der Musik ist eins und eins gar keine sinnvolle Frage. Ich glaube, es kommt darauf an, dass die Wissensgesellschaft auch deutlich macht, dass es mehr als nur eine Lösung gibt, das muss eine Strategie sein.
Ein dritter Punkt, die Strategie: Wissen auf Forschung basiert vermehren. Ich spreche über die Grundlagenforschung an den Universitäten. Wir haben an den Hochschulen ein Differenzierungsproblem. Das Problem heißt, alle können alles. Das stimmt nicht. Keine Hochschule weltweit kann alles auf hohem Niveau. Wenn wir anfangen, so zu denken, dann sind wir ganz schnell in einem Größenproblem, wir sind dann nämlich viel zu klein, wir sind in einem Qualitätsproblem und wir können uns das überhaupt nicht leisten. An erster Stelle ist die Universitätsaufgabe die Grundlagenforschung und für die
Grundlagenforschung steht die Aufgabe, den Nachwuchs auszubilden. Und darüber hinaus sind die Hochschulen dann auch so etwas wie akademische Berufsschulen. Das setzt voraus, wenn wir Grundlagenforschung auf hohem Niveau für die Entwicklung der Wissensgesellschaft als Wachstumsstrategie brauchen, dass wir Schwerpunkte setzen müssen,
Schwerpunkte, die dann auch im Landesinteresse liegen sollten. Zumindest wäre das Landesinteresse nicht ganz schädlich. Wer Prioritäten setzt, muss auch Postprioritäten setzen, muss sich darüber im Klaren sein, dass das, was er dort entwickelt, an anderer Stelle fehlt. Man muss in der Lage sein, zu erkennen und zu gestalten, nämlich das dann zu streichen, was nicht stark genug ist für die Kernaufgabe der Universität, nämlich für die Grundlagenforschung.
Man muss sich Partner suchen. In Rostock haben wir gerade das wunderbare Beispiel der Schwerpunktdemographie mit dem Max-Planck-Institut, ein Partner außerhalb der Hochschule, der in exzellenter Weise ausgebaut wurde. Man muss mit diesem Partner gemeinsame Leistungen entwickeln, in Rostock in der Demographie zum Beispiel die Graduate School, die Möglichkeit wissenschaftlichen Nachwuchs gemeinsam zu schulen. Und man muss in der Lage sein, Netzwerke zu bilden. Das ist der dritte Schritt eines guten Forschers in einer Scientific Community und gerade Demographie Rostock zusammen mit dem MPI bildet einen wichtigen ersten Baustein in unserer Beteiligung an der Öresund-Universität. Wir brauchen das, wenn wir so etwas wie einen Elitewettbewerb – das Stichwort ist heute schon gefallen – haben wollen, dann werden wir ihn in Mecklenburg-Vorpommern mit guten großen Partnern bestehen können.
Das erfordert Abstimmung, Abstimmung landesweit, und an dieser Stelle, meine Damen und Herren, halte ich die Hochschulautonomie für nicht ausreichend instrumentiert, weil sie vorwiegend binnenorientiert ist. Ich glaube, wir müssen darangehen, die Kommission Hochschule und Forschung nach Paragraph 85 noch mal neu aufzurüsten, damit sie zu einem wirkungsvollen Gremium werden kann, einem strategischen Entscheidungs- und nicht Beratungsgremium, einem Gremium, dem alle Hochschulen angehören, in dem sie ihre Stimme für die gemeinsame Planung geben können. In diese Hochschulkommission, diese Forschungskommission gehören die Rektoren, das ist die Landesrektorenkonferenz als Corpus, die Hochschulräte, die Vorsitzenden der Hochschulräte hinein. Damit sind natürlich auch die Persönlichkeiten aus Wirtschaft und aus dem öffentlichen Leben angesprochen, so, wie das ja in Paragraph 85 des LHG steht, sowie das Bildungsministerium. Wir müssen an dieser Stelle ein Instrumentarium schaffen, damit Studiengänge dort, wo sie von landesweitem Interesse sind, eröffnet und auch geschlossen werden können. Das ist, glaube ich, eine der wichtigsten Aufgaben von Bildungsplanung, wie sie uns ja vorgegeben ist.
Ein vierter Aspekt, die letzte Strategielinie: Ich glaube, es ist wichtig, dass wir Wissen wettbewerbsorientiert auch verwerten. Lassen Sie mich ansprechen die wirtschaftliche Verwertung angewandter Forschung. An dieser Stelle haben wir einen erheblichen Bedarf. Wir kennen alle im Lande viele kleinere und mittlere Unternehmen, die schon lange keine eigene Forschungs- und Entwicklungs
abteilung mehr haben, die angewiesen sind auf Transfer aus Hochschulen heraus. Es gibt gute Beispiele, dass dieser Transfer funktioniert. BioCon Valley ist im Grunde genommen an vielen Stellen nichts anderes als so ein lebendiger Transfer. Das LHG sieht das vor, die Industrie- und Handelskammer hat das immer wieder gefordert und gefördert, die Unternehmensverbände fordern es. Aber das Problem ist, dass von Seiten der Hochschulen oft nicht die ausreichende Motivation der Hochschullehrer besteht. Sie besteht vielleicht deshalb nicht, weil schon vor einiger Zeit das Hochschullehrerprivileg verloren gegangen ist, ein wesentlicher materieller Anreiz, der für viele verloren gegangen ist. Er besteht vielleicht auch deshalb nicht, weil die Partner, die dort zusammenkommen, zu klein sind. Ein kleines Unternehmen, ein kleines Institut kann auch nur kleine Dinge oftmals bewegen und es entsteht auch dadurch, dass Hochschullehrer keine Unternehmer sind. Wenn sie Unternehmer wären, unternehmerisch denken würden, dann wären sie nicht in der Hochschule. Dann hätten sie sich längst in der Wirtschaft niedergelassen. Wir müssen an dieser Stelle eine Lösung herbeiführen. Ich will fünf Punkte nennen:
So müssen wir eine Kultur der Zusammenarbeit entwickeln. Das fängt für mich an den Hochschulen im Career Service an. Den Übergang zu gestalten von dem Studium in den beruflichen Alltag hinein ist eine gemeinsame Aufgabe von Unternehmen und von Hochschulen.
Ein zweiter Aspekt. Wir sollten vielmehr darauf achten, dass wir in die Hochschulen hinein Praktiker berufen, Quereinsteiger, oder dass wir mit Lehraufträgen und Honorarprofessuren Menschen in die Hochschulen hineinbringen, die schon von sich aus nicht nur Kenntnisse, sondern auch Interesse an Transfer haben.
Ich glaube, es ist sinnvoll, beim Transfer nicht die älteren Damen und Herren Hochschullehrer anzusprechen, sondern die jungen Assistentinnen und Assistenten, die noch gar nicht entschieden haben, ob sie ihren Weg in die akademische Karriere hinein wählen oder ob sie in ein Unternehmen gehen wollen, und vielleicht noch viel offener sind für diesen Transfer.
Es ist sicher sinnvoll, darüber nachzudenken, Transfer auch mit wissenschaftlichen Lorbeeren zu versehen. Warum sollen derartige Themen nicht für Dissertation, für Diplomarbeiten, für Hausarbeiten geeignet sein.
Und ein fünfter und letzter Punkt. Wir sind gerade bei der Umstellung des Besoldungssystems hin zur W-Besoldung. Es ist sicherlich sinnvoll, dort, wo die Fächer das hergeben, darüber nachzudenken, dass Transfer ein Leistungselement sein kann, das in die Besoldung eingehen kann.
Meine Damen und Herren, die Wissenschafts- und auch die Wissensgesellschaft brauchen Strategien, brauchen Wachstumsstrategien, die am Wissen ansetzen müssen. Unser Wissen muss neu gewürdigt werden. Unser Wissen muss breit und mit aller Kompetenz vermittelt werden. Unser Wissen muss vermehrt werden durch echte Grundlagenforschung. Und unser Wissen muss dort, wo es angewandte Forschungsergebnisse sind, verwertet werden. Aus meiner Sicht sind das gute Voraussetzungen für eine wachsende Gesellschaft. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der Aktuellen Stunde lautet: „Wachstumsstrategien für die Wissensgesellschaft“. Ich sehe mich einfach gezwungen, auf den Fraktionsvorsitzenden der SPD, der jetzt leider nicht im Raum ist, kurz einzugehen.
Ich muss Ihnen sagen, wenn er unser Programm als Frontalangriff auf Deutschland bezeichnet, dann kann ich nur feststellen, er hat das eigentliche Problem, das wir in Deutschland haben, und auch das, was wir vorhaben, nämlich die Zukunft Deutschlands gestalten, einfach nicht erkannt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Jawohl! – Zurufe von Heike Polzin, SPD, und Gabriele Schulz, PDS)
Es ist sicherlich neu für Sie von der SPD, dass Programme in Oppositionszeiten erstellt werden. Wir tun es. Sie haben es damals bis 1998 nicht getan und das Ergebnis haben wir jetzt, kein koordiniertes Vorgehen in der Bundespolitik!
Wir stellen uns der Situation und entwickeln Programme in der Oppositionszeit, um fit zu sein, um Deutschland dann ab 2006 zu gestalten.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Minister Dr. Till Backhaus: Deswegen hat Herr Merz ja gerade aufgegeben. – Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Gabriele Schulz, PDS)
Wenn Sie an dieser Stelle von einem Untertitel sprechen, Herr Schlotmann, dann kann ich Ihnen nur noch einmal sagen, Sie verstehen das Problem nicht. Sicherlich heißt die Hauptüberschrift „Wachstum, Arbeit, Wohlstand“. Das ist die Zielstellung, die sicherlich alle in Deutschland haben, einen Wohlstand auf einem gewissen Niveau zu sichern.