Protokoll der Sitzung vom 13.10.2004

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landesreisekostengesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 4/1345 –

Das Wort zur Einbringung hat die Finanzministerin Frau Keler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom vergangenen Jahr können tarifgebundene Arbeitnehmer nicht rechtswirksam auf die Erstattung von Reisekosten verzichten, wenn die im Beamtenbereich geltenden reisekostenrechtlichen Bestimmungen diese Möglichkeit nicht ausdrücklich vorsehen. Im Landesreisekostengesetz ist die Erstattung von Reisekosten als antragsabhängige Leistung ausgestaltet. Damit ist nach der jetzigen Rechtslage zwar ein faktischer Verzicht insoweit möglich, dass keine Kostenerstattung beantragt wird, rechtlich gesehen ist ein solcher Verzicht jedoch für tarifgebundene Angestellte unwirksam.

Diese Rechtslage hat insbesondere im Schulbereich zu einer problematischen Situation bei der Durchführung von Klassenfahrten geführt. Da gegenwärtig auch bei einer vorherigen Verzichtserklärung nicht auszuschließen ist, dass doch noch ein Erstattungsantrag gestellt wird, können Klassenfahrten derzeit nur noch im Rahmen vorhandener Haushaltsmittel genehmigt werden. Mit Blick auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes sind wir daher gezwungen, im Interesse von Haushaltsklarheit und Rechtssicherheit die vor Ihnen liegende Regelung vorzuschlagen.

Mit der beabsichtigten Rechtsänderung soll lediglich der in der Vergangenheit bereits üblichen Verwaltungspraxis eine gesicherte Rechtsgrundlage gegeben werden. Ich hoffe dennoch, dass die Lehrerinnen und Lehrer auch weiterhin so motiviert und bereit sind, mit ihren Schülerinnen und Schülern wie bisher Klassenfahrten zu unternehmen. Ich darf noch anmerken, dass entsprechende Regelungen bereits in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz eingeführt wurden, ebenso sind in Thüringen und Brandenburg vergleichbare Regelungen im Gesetzgebungsverfahren. Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich bitte Sie, den Gesetzentwurf in die Ausschüsse zu überweisen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Frau Ministerin.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Renz von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frau Ministerin hat in ihrer Einbringung inhaltlich den Tatbestand beschrieben. Ich möchte an dieser Stelle erinnern, dass wir als Fraktion auch schon einmal im März darauf hingewiesen haben, diesen Weg zu beschreiten, um diese Regelung so herzustellen, dass wir Rechtssicherheit haben. Es ist einfach so, dass das keine große Errungenschaft in dem Sinne sein wird, die wir hier auf den Weg bringen. Es geht darum, diese Möglichkeiten rechtlich abzusichern, damit in diesem rechtssicheren Rahmen auch Klassenfahrten stattfinden können.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es sich hier um eine Freiwilligkeit handelt und demzufolge auch – das sollte man an dieser Stelle sagen – alle tarifgebundenen Arbeitskräfte in diesem Lande mit diesem Gesetz angesprochen sind. Mich persönlich würde im weiteren Verfahren interessieren, welche Erfahrungen es hinsichtlich der Anwendung und der Umsetzung der Freiwilligkeit in diesen Ländern wie Sachsen-Anhalt und RheinlandPfalz gibt. Die Frage stellt sich natürlich: Was passiert, wenn die Freiwilligkeit nicht greift? Wir werden noch genug Zeit haben, uns dazu auszutauschen.

Man sollte an dieser Stelle deutlich sagen, das ist ein Gesetz oder auch eine Gesetzesänderung, die wir auf den Weg bringen müssen, die aufgrund der wirtschaftlichen Situation nicht nur in unserem Bundesland, sondern in allen Bundesländern einfach zum Handeln und auch zum Sparen zwingt. Wir müssen in diesem Bereich sehen, ob wir das so auf den Weg bringen. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Renz.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

(Der Abgeordnete Rudolf Borchert verzichtet.)

Dann hat jetzt das Wort die Fraktionsvorsitzende Frau Gramkow von der Fraktion der PDS.

Die PDS-Landtagsfraktion stimmt der Überweisung zu. Den Worten der Finanzministerin ist nichts hinzuzufügen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU – Beifall Torsten Koplin, PDS – Rainer Prachtl, CDU: Das haben wir ja lange nicht mehr erlebt.)

Danke schön.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 4/1345 zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss sowie an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das

Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU und PDS und einer Stimmenthaltung des fraktionslosen Abgeordneten angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Landesbesoldungsgesetzes, Drucksache 4/1346.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Landesbesoldungsgesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 4/1346 –

Das Wort zur Einbringung hat die Finanzministerin Frau Keler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Das ist heute mein Tag, das werden Sie anschließend noch ein paar Mal merken.

Mit dem Gesetz zur Reform der Professorenbesoldung hat der Bundesgesetzgeber die Besoldung der Hochschullehrer und des wissenschaftlichen Personals grundlegend neu geordnet. An die Stelle der bisher für Professoren geltenden Besoldungsordnung C, C wie Cäsar, mit regelmäßiger Erhöhung des Grundgehalts durch Aufstieg in den Dienstaltersstufen tritt eine neue Besoldungsordnung W, W wie Wilhelm. Darin sind insgesamt geringere Grundgehälter als bisher und keine Steigerung nach Dienstaltersstufen mehr vorgesehen. Das durch diese Änderung frei werdende Besoldungsvolumen, der so genannte Vergaberahmen, soll von den Hochschulen in Form von Leistungsbezügen und über Zulagen für Forschung und Lehre individuell an die Professoren vergeben werden. Damit steht den Hochschulen ein neues, leistungsbezogenes Besoldungssystem zur Verfügung, das es ihnen ermöglicht, die Leistungsbereitschaft und das Leistungsvermögen des Einzelnen individuell zu honorieren.

Den Hochschulstandort Mecklenburg-Vorpommern, der in den bisherigen Rankings hervorragende Plätze belegt hat, wird das weiter nach vorne bringen, denn mit einer solchen leistungsbezogenen Bezahlung unserer Hochschullehrer steigen unsere Chancen im Wettbewerb um die besten Köpfe. Durch den Wegfall der bisherigen Obergrenzen in der Besoldung wird auch die Berufung von Spitzenkräften aus dem Ausland oder der Wirtschaft erleichtert. Unsere Universitäten und Fachhochschulen bekommen zukunftsfähige Rahmenbedingungen zur Erfüllung ihrer Aufgaben in Lehre, Wissenschaft und Forschung. Um eine kostenneutrale Umsetzung sicherzustellen, hat der Bundesgesetzgeber vorgesehen, den Umfang des Vergaberahmens an dem bisherigen Besoldungsdurchschnitt des jeweiligen Landes im Hochschulbereich auf der einen und im Fachschulbereich auf der anderen Seite auszurichten. Damit ist sichergestellt, dass die bisher auf eine Professorenstelle entfallenden Personalausgaben nicht unterschritten, aber auch nicht ohne weiteres überschritten werden dürfen.

Die Kriterien für die Vergabe und die Verteilung der Leistungsbezüge sowie der Gewährung von Forschungsund Lehrzulagen sind dabei weitgehend den Ländern überlassen. Die landesrechtliche Umsetzung muss jedoch bis zum 31.12. dieses Jahres erfolgen, denn für neue Professoren stehen die Ämter der bisherigen Besoldungsord

nung C ab dem 01.01.2005 nicht mehr zur Verfügung. Allerdings behalten die Professoren, die bereits an unseren Hochschulen und Fachhochschulen tätig sind, ein Wahlrecht darüber, ob sie in der bisherigen Besoldungsordnung C verbleiben oder in die neue Besoldungsordnung W wechseln wollen.

Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf erfüllt somit den Regelungsauftrag des Bundes, setzt die Reform der Professorenbesoldung inhaltlich in Landesrecht um und konkretisiert dabei die dem Land überlassenen Gestaltungsspielräume. Insbesondere werden die grundlegenden Entscheidungen zu folgenden Kernpunkten getroffen:

1. die Zuständigkeit für die Vergabe von Leistungsbezügen und

2. die Voraussetzungen und Kriterien für die Vergabe von Leistungsbezügen

3. Zahlungsform für Leistungsbezüge

4. die Teilnahme dieser Bezüge an künftigen, regelmäßigen Besoldungsanpassungen

5. die erweiterte Ruhegehaltsfähigkeit von Leistungsbezügen

6. die zusätzliche Honorierung eines Professors für das Einwerben von privaten Mitteln für Forschungs- und Lehrvorhaben der Hochschule durch entsprechende Zulagen

Gleichzeitig wird das Bildungsministerium ermächtigt, die detaillierten inhaltlichen Kriterien und Rahmenbedingungen für die Vergabe von Leistungsbezügen und die Gewährung von Forschungs- und Lehrzulagen in einer Rechtsverordnung zu regeln.

Meine Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, mit den hier vorgelegten stärker leistungsbezogenen und individuellen Besoldungsmöglichkeiten den Hochschulen unseres Landes flexiblere Rahmenbedingungen an die Hand zu geben, die sie für ihre künftigen Aufgaben und Herausforderungen auch im internationalen Wettbewerb benötigen. Ich bitte Sie daher, den Gesetzentwurf in die Ausschüsse zu überweisen, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Frau Ministerin.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von zehn Minuten für jede Fraktion sowie drei Minuten für den fraktionslosen Abgeordneten Dr. Bartels vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Lochner-Borst von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Professorenbesoldungsreformgesetz, die so genannte Kurzbezeichnung, die keine ist für das Bundesgesetz, das wir nun so kurz vor Ablauf der Frist umsetzen wollen, ist keine Reform, sondern es ist ein bürokratisches Monster! Es ist ein Gesetz mehr, das Hochschulautonomie behindert, das Leistung behindert und das Hochschulen einschränkt. Ich dramatisiere hier bewusst und bin mir der Tatsache bewusst, dass CDU und CSU im Bundestag und im Bundesrat letztlich nach

dem Vermittlungsverfahren diesem Gesetz zugestimmt haben. Das ändert aber nichts an meiner grundsätzlichen Kritik.

Der Weg, der zu gehen ist, ist grundsätzlich der richtige. Wir müssen weg von einer Besoldung, die sich an Lebensaltersstufen orientiert und nicht an Leistung. Wer heute gewiss nach langer Zeit der Leistungsnachweise wie Promotion, Habilitation, Privatdozentur, wissenschaftlicher Mitarbeit hier und dort, akademische Anerkennung in Form einer C-Professur erworben hat, ist faktisch durch. So könnte man es, wenn man es böse meint, beschreiben, wobei einige schwarze Schafe wie überall dieses negative Bild bestimmen. Aber diesen schwarzen Schafen kommen wir kaum bei und wir können nicht die würdigen, die wirklich für Forschung und Lehre Spitzenleistungen vollbringen. Daher ist der Ansatz gut gewählt, Leistungen zu honorieren.

Das, was nunmehr vor uns liegt, zeigt aber auch, dass wir es mit deutscher Gründlichkeit getan haben und dass ein Extrem durch ein bürokratisches und wiederum unzulängliches System ersetzt werden soll. Es zeigt uns, welchen Unzulänglichkeiten wir durch das Beamtenrecht unterworfen sind und wie überfällig an dieser Stelle eine Reform ist, denn sie behindert uns letztendlich an jeder Stelle, an der es um grundsätzliche und notwendige Reformen geht. Wir verstehen es in Deutschland einfach nicht, Prozesse zu vereinfachen und zu delegieren, individuelle Verantwortung zu übertragen und in Anspruch zu nehmen.

Das vorliegende Gesetz definiert kollektive Verantwortung in Form der Zuständigkeit des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und des Innenministeriums. Die Hochschulen bleiben bei der Festlegung der Leistungszulagen nach dem Gesetzestext weitgehend außen vor. Dieses Gesetz wird daher nicht seine Wirkung entfalten können, sondern es ist ein Beitrag dafür, dass sich Hochschulautonomie nicht entfalten kann. Es zeigt einmal mehr sehr deutlich die Grenzen bundespolitischer Gesetzgebung in hochschulpolitischen Fragen auf.

Ich möchte einmal dieses Gesetz zum Anlass nehmen, um an die SPD zu appellieren, im Bundesrat in einer reformierten KMK stärker die Länderinteressen zu betonen und den Einfluss bundespolitischer Entscheidungen zurückzudrängen! Sie behindern unsere Hochschulen, sie behindern unser Land, unsere Potentiale zu entwickeln und auszubauen. Das HBFG spielt dabei eine separate Rolle, die separat zu diskutieren ist und auch diskutiert wird. Das soll aber nicht hier das Thema sein.

Das Gesetz wird nicht seine beabsichtigte Wirkung entfalten können. Die im Gesetz auf Drängen der Länderfinanzminister verordnete Kostenneutralität ist eine Verzichtsaufforderung an die Hochschulen, aber die Rechnung wird nicht aufgehen. Das Gesetz sagt den Ländern auf Drängen der Länderfinanzminister – und das ist der eigentliche Skandal, der sich mit diesem Gesetz verbindet –, ihr dürft für Bildung nicht mehr Geld ausgeben. Alle Welt redet vom Wert der Bildung, alle Welt redet von der Steigerung der Abiturquoten, um mehr junge Menschen an die Hochschulen zu bekommen, aber die leistungsabhängige Besoldung der Professoren soll kostenneutral erfolgen. Das macht keinen Sinn, unterbindet Kreativität in Haushaltsfragen, zementiert überkommene Haushaltsstrukturen und wird unsere Hochschulen nicht weiterbringen.