Protokoll der Sitzung vom 14.10.2004

Es ist für Hochschulvertreter sehr schwer, einen offenen kritischen Dialog zu führen, wenn die Beamten des Bildungsministeriums bereits im Verlauf einer Beratung zu den Kernaussagen zur Hochschulentwicklung vor einem Jahr das vorgefertigte Ergebnis aus der Tasche ziehen und damit vor die Öffentlichkeit treten. Das ist keine vertrauensbildende Maßnahme und das ist auch kein Dialog.

Meine Damen und Herren, Herr Brodkorb, das ist so eine Sache mit der Hochschulautonomie. Wenn Sie aber Briefe in die Welt schicken und nach Vorschlägen suchen, wie die SPD das Ergebnis eines quälenden Prozesses und von vier Anhörungen wieder rückgängig machen kann, dann will die SPD Hochschulen in die Steinzeit zurückwerfen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Nur so kann ich die gestrige Argumentation zur B-Besoldung und zu Ihrem Antrag sowie Ihren Brief vom 7. September 2004 an die Professoren interpretieren. Wir sollten das durchsetzen und ausbauen, was wir vor zwei Jahren hier verabschiedet haben. Wir sollten das zur Geltung kommen lassen.

Ich möchte daran erinnern, dass beispielsweise elementare Regelungen des Landeshochschulgesetzes wie die Eckwerte und Zielvereinbarungen, wie das In-KraftTreten von Globalhaushalten an Universitäten überhaupt noch nicht ihre Wirkung entfalten konnten. Die Strukturen, die das Landeshochschulgesetz vorsieht, sind noch gar nicht zur Geltung gekommen, weil es innerhalb der Landesregierung überhaupt nicht den Willen gibt, diese Regelungen zur Geltung kommen zu lassen.

Verhindern und behindern, das ist leider hochschulpolitischer Alltag in diesem Land. Wir sollten prüfen, an welchen Stellen Hochschulautonomie ausgebaut werden kann. Und ich denke, wir haben in das Hochschulgesetz bei aller Kritik gegenüber dem Gremienunwesen Institutionen integriert, die es auch dem Land möglich machen, landespolitische Interessen bei der Hochschulentwicklung zu artikulieren.

Meine Damen und Herren, nicht alles kann verordnet werden. Ein dialogischer Prozess auf gleicher Augenhöhe – das möchte ich betonen – erfordert die Fähigkeit zur konstruktiven Auseinandersetzung auch mit anderen Meinungen. Diese scheint bei Ihnen verloren gegangen zu sein. Ich halte nichts davon, dass Politik den Anspruch erhebt, innerhalb der Wissenschaften, der Forschungsentwicklung den Überblick zu haben und Entwicklungen vorherzusehen. Alles, was heute landespolitisch bedeutsam erscheinen mag, muss es morgen nicht mehr sein. Wir sollten aufhören, mit unseren heutigen Kategorien die Zukunft von Wissenschaft und Forschung bestimmen zu wollen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Die Rahmenbedingungen werden sich ändern. Andere Hochschulen in anderen Ländern gehen konsequente Wege, haben konsequente landespolitische Vorgaben, aber innerhalb dieser auch klare gestalterische Möglichkeiten und Rechenschaftspflicht. Mecklenburg-Vorpommern hat einmal mehr die Zeit verschlafen, weil das Misstrauen und das Beharrungsvermögen einer Finanz- und Kultusbürokratie gegenüber den Hochschulen nationale und internationale Entwicklungen nicht reflektiert

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

und durch bürokratische Prozesse Ressourcen bindet. Das neue Landesbesoldungsgesetz zur Professorenbesoldung ist ein solches eindeutiges Beispiel.

Von Kreativität kann ich auch leider bei Ihrem Beitrag, Herr Brodkorb, nichts verspüren, geschweige denn, dass Ihr Beitrag nationale und internationale Hochschulentwicklung reflektiert. Eckwerte und Zielvereinbarungen sind keine einseitige Angelegenheit.

Ich erwarte, dass auch die Landesregierung sich selbst dabei in die Pflicht nimmt und ihrerseits aufzeigt, wie sie Bildung und Finanzbürokratie abbaut und bei Wahrung landespolitischer Interessen die Hochschulen international wettbewerbsfähig macht. Mecklenburg-Vorpommern – und das habe ich bereits mehrfach an dieser Stelle deutlich gemacht – hat eine übersichtliche Hochschulstruktur.

Sie ist geeignet, eine Vorreiterrolle in Deutschland zu übernehmen. Aber wir hinken hinterher, weil Politik sich nicht in der Lage sieht, eine moderne Hochschulpolitik auf den Weg zu bringen. Das sollten wir schleunigst ändern und deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke, Frau Lochner-Borst.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schmidt von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor ich zu der schlichten und sachlichen Darstellung der Auffassung der PDS komme, gestatten Sie mir zwei persönliche Bemerkungen vorweg.

Ich könnte jetzt sehr gut das Ringgebaren der anfänglichen Diskussion verstärken als Mutter zweier Kinder, die an Universitäten studieren, eines davon hier in unserem Land. Mit dem Erfahrungswert, den man da mitbringt über viele Jahre hinweg, könnte man sicher viele interessante Einblicke geben, die eine sehr angriffslustige Diskussion gestalten könnten. Ich denke, das bringt uns nicht weiter.

Eine zweite Vorbemerkung: Ich war mit dabei bei einer meiner ersten Landtagssitzungen, als das Landeshochschulgesetz hier verabschiedet worden ist, und ich kann mich sehr gut daran erinnern, dass hier eine einvernehmliche Meinung darin bestand in diesem Haus zur damaligen Diskussion, dass gerade in Vorbereitung und Erarbeitung dieses Gesetzes ein Mitglied der Fraktion der PDS, nämlich Dr. Gerhard Bartels, einen sehr wesentlichen Anteil daran hatte. Ich denke, das sollte man bei allen diesen Diskussionen trotz Veränderungen, die es gegeben hat, hier auch nicht vergessen.

(Beifall Siegfried Friese, SPD, und Gerd Walther, PDS)

Frau Präsidentin, die Entwicklungsperspektiven der Universitäten und Fachhochschulen unseres Landes sind ein ständiger Prozess. Schon mit der Neufassung des Landeshochschulgesetzes zeigte sich die Komplexität der Anforderungen. Besonders die Umgestaltung der Hochschullandschaft mit der Einschränkung der staatlichen Einflussmöglichkeiten zugunsten weitgehender Autonomie und Selbständigkeit stellte und stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Es handelt sich bei dieser Umgestaltung um einen erheblichen Systemwechsel. Der Diskussionsprozess um die erforderlichen Regelungen im Landeshochschulgesetz war zäh und mühsam

(Wolfgang Riemann, CDU: Warum? Warum wohl?)

und er erforderte mehr Zeit als ursprünglich geplant. Wie wir heute sehen, konnte dieser Zeitverzug nicht wettgemacht werden.

Warum wohl, Herr Riemann, werden Sie sicherlich besser wissen als ich, denn Sie waren die ganzen Jahre dabei.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Wir stehen immer noch unter einem gewaltigen Zeitdruck und aufgrund dieses Zeitdruckes mussten vor den Hochschulentwicklungsplänen bereits vorzeitig Planungsparameter in den Eckwerten der Hochschulent

wicklung im Herbst 2003 zwischen der Landesregierung und den Hochschulen wegen der Planungssicherheit der finanziellen Rahmenbedingungen vereinbart werden. Sie sind allerdings keine nach Paragraph 15 Landeshochschulgesetz geforderten Eckwerte der Hochschulentwicklung.

Ende 2003 wurden die Hochschulentwicklungspläne an den Universitäten und Fachhochschulen fertig gestellt und wurden dem Bildungsministerium übergeben. Dem Bildungsausschuss des Landtages wurden sie zusammenfassend mit Datum vom 16.09.2004 zugeleitet. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Hochschulen dafür bedanken, dass sie, obwohl die Materie komplexe und umfängliche Beteiligungsverfahren erforderte, diese Leistungen erbracht haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Damit liegen nun die Grundlagen der weiteren Arbeit vor.

Es gibt allerdings noch ein Problem, das eine schnelle und zeitnahe Festlegung der Eckwerte und Zielvereinbarungen behindert. Für den Bereich der medizinischen Fakultäten der Universitäten hat das Bildungsministerium eine Medizinkommission berufen, die Vorschläge für die inhaltliche und strukturelle Entwicklung der medizinischen Fakultäten vorlegen soll. Mit den Ergebnissen wird allerdings erst im ersten Quartal 2005 gerechnet. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei der Bedeutung dieser Einrichtung für die Universitäten und ihren gegenseitigen Beziehungen die Ergebnisse für die Ausgestaltung von Eckwerten und Zielvereinbarungen von großer Bedeutung sind. Es ist folglich notwendig, diese Ergebnisse mit zu berücksichtigen. Die im Antrag vorgeschlagenen Terminstellungen sind deshalb für die Universitäten wohl nicht zu halten.

Was aus meiner Sicht allerdings schneller gehen könnte, wäre der Bereich der Fachhochschulen, wie auch dem Landeshochschulgesetz schon zu entnehmen ist. Deshalb wäre es doch wohl möglich, zwei unterschiedliche Zeitschienen ins Auge zu fassen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist beginnend mit der Erarbeitung des Landeshochschulgesetzes für das Parlament immer ein wichtiges Anliegen gewesen, die Hochschulentwicklung in unserem Land aktiv und intensiv zu begleiten. Das sollten wir auch beibehalten, wie diese Landtagssitzung gezeigt hat. Der Antrag des Abgeordneten Dr. Gerhard Bartels macht dieses Anliegen nochmals deutlich. Wir werden deshalb diesen Antrag in den Bildungsausschuss überweisen und uns dort über die notwendigen inhaltlichen und terminlichen Aufgaben verständigen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Frau Schmidt.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Polzin von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe noch einmal etwas unvorbereitet um das Wort gebeten, einmal um für das Parlament deutlich unser geplantes Abstimmungsverhalten sichtbar zu machen. Frau Schmidt hat zwar gesagt, dass wir gedenken – und das ist Koalitionsmeinung –, den Antrag von Herrn Dr. Bartels in den Bildungsausschuss zu überweisen, aber das Verhalten zum CDU-Antrag würde ich gern noch hinterherschieben,

(Karin Schmidt, PDS: Ja.)

denn das muss ja auch noch irgendwo thematisiert werden.

Es ist in dem Zusammenhang von meinem jungen Kollegen Mathias Brodkorb gesagt worden, dass wir ein großes Problem haben mit der Fristsetzung auf dem Ursprungsantrag. Ich denke, das war auch die Intention der CDU, diese Fristen um einen Monat nach hinten zu setzen, und insofern ist das Anliegen sehr positiv aufgenommen worden. Aber wir gehen davon aus, dass auch diese Frist so nicht reichen wird, und demzufolge halten wir die Ablehnung des CDUAntrages, in Klammern mündliches Bienchen,

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Dafür kann man sich nichts kaufen.)

mit der Überweisung des Antrages von Herrn Dr. Bartels in den Bildungsausschuss für sachgemäß in diesem Zusammenhang.

Ich habe aber nicht deshalb vorrangig um das Wort gebeten, sondern weil ich hier um eins an dieser Stelle wirklich mal bitte. Mir kann man ja zumindest zugestehen, dass ich schon eine etwas ältere

(Detlef Müller, SPD: Was?!)

und berufserfahrene Dame

(Dr. Ulrich Born, CDU: Berufserfahren ja, aber nicht ältere.)

in diesem Parlament bin und mir man zumindest nicht unterstellen kann, dass meine inhaltlichen Diskussionsbeiträge irgendwie praxisfern wären.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Aber an dieser Stelle bitte ich wirklich mal um eins: Was hier nämlich teilweise läuft, nur weil ein Abgeordneter jung ist,

(Wolfgang Riemann, CDU: Nee, das hat damit nichts zu tun.)