Protokoll der Sitzung vom 17.11.2004

(Zuruf von Lorenz Caffier, CDU)

Denn zu den Notwendigkeiten dieser gesetzlichen Regelung, das möchte ich vorausschicken, gibt es mehr als nur zwei Gründe. Und es wäre schon spannend zu sagen, welche historischen Schulstrukturen haben sich denn entwickelt bar jeglicher Kreisstrukturen im Zusammenhang mit der Kreisgebietsreform der zurückliegenden Legislaturperioden, aus POS wurden Gymnasien, die unter anderem eben auch dazu führen, dass Schulbeförderung und Schulwege groß sind, und vieles andere. Also auch diese Fragen sind eine Erblast, die zu berücksichtigen ist in der Debatte um künftige Schulstrukturen.

(Beifall Heike Polzin, SPD)

Und ich möchte trotzdem noch einmal, auch wenn der demographische Faktor hier immer wieder thematisiert wurde, auch auf diesen noch einmal eingehen, weil ich denke, wir machen uns immer noch etwas vor, also einige scheinbar. Die Einschulungszahlen des Schuljahres 2004/2005, so ist es in der Mitteilung des Statistischen Landesamtes zu lesen, stiegen leicht an. Leicht, meine Damen und Herren, heißt in diesem Fall von 12.137 auf 12.207, also 70 – 70! – Schülerinnen und Schüler mehr als im Vorjahr. Das sind knapp drei Eingangsklassen, meine Damen und Herren.

Herr Renz hat ja nun angekündigt für die Fraktion der CDU, den Gesetzentwurf nicht zu überweisen, sich also auch schon einer Überweisung zu verweigern,

(Lorenz Caffier, CDU: Genau so machen wir das. Der Schrott wird abgelehnt. – Torsten Koplin, PDS: Totale Opposition.)

weil er, Zitat aus seiner Pressemitteilung, ich darf ihn zitieren: „Die Koalition sagt nicht, welches Schulsystem sie im Land etablieren will. Erst wenn jedoch die Frage des Systems, zweigliedrig oder sehr konsequent integriert, geklärt ist, lassen sich für dieses Schulsystem Schulstandorte und Schulstrukturen festlegen.“ Nun, Herr Renz, wofür sind Sie denn?

(Torsten Renz, CDU: Meinen Sie mich persönlich oder die CDU?)

Ja, wofür sind Sie oder die CDU? Bitte schön, sind Sie nun für längeren gemeinsamen Unterricht oder wollen Sie

das gegliederte System, das an allen Ecken und Enden ächzt und kracht,

(Jörg Heydorn, SPD: Herr Renz ist gegen alles. – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

manifestieren, koste es, was es wolle, und zu Lasten der Kinder in diesem Land? Das kann doch wohl nicht wirklich ernsthaft Ihr Ansatz sein!

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Die Einführung eines längeren gemeinsamen Unterrichtes, das ist nach wie vor die Position meiner Fraktion, geht vor und geht auch an internationalen Entwicklungen nicht vorbei.

(Torsten Renz, CDU: Ja, aber die Reihenfolge. Das müssen Sie mal erklären.)

Und selbstverständlich...

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Herr Renz, es waren doch 28.000 bis 30.000 Schülerinnen und Schüler, die noch zu normalen Zeiten des gegliederten Systems in der Klassenstufe 5 aufgeteilt wurden. Wissen Sie die Zahl aus diesem Schuljahr? 8.600! Es kann doch wohl inzwischen als erwiesen gelten, meine Damen und Herren, dass eine kleinteilige Gliederung den inhaltlichen Herausforderungen einer zukunftsfähigen Bildung nicht mehr gerecht werden kann. Deswegen, auch deswegen ist meine Fraktion für längeren gemeinsamen Unterricht. Wir hatten ja bereits versucht, mit der schulartunabhängigen Orientierungsstufe, ich möchte einmal daran erinnern, diese Umsetzung voranzutreiben. Damals gab es weder dafür eine politische noch eine öffentliche Mehrheit. Und deswegen gab es damals den Kompromiss zur Regionalen Schule, der dafür gesorgt hat, der dazu beigetragen hat, einheitliche Rahmenpläne für die Klassen 5 und 6 an den Regionalen Schulen und an den Gymnasien einzuführen.

Wenn wir uns also für eine gute chancengleiche und sozial gerechte Schule einsetzen, dann gibt es dafür eine ganze Reihe von Aspekten, denen dieser Gesetzentwurf, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht entgegensteht.

(Beifall Heinz Müller, SPD, und Heike Polzin, SPD)

Im Punkt B der Begründung ist deswegen auch ausdrücklich auf diesen Fakt hingewiesen. Wir wollen also diese Regelung nicht nur wegen der Demographie, sondern vor allen Dingen wegen der inhaltlichen Zukunftsfähigkeit auch des Bildungswesens in unserem Land.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ich habe schon darauf verwiesen...

Ich komme noch zu den Kosten, Herr Riemann.

Ich habe schon darauf verwiesen, dass für die Einführung eines längeren gemeinsamen Unterrichts natürlich eine Reihe von inhaltlichen und pädagogischen Rahmenbedingungen notwendig sind – das leugnet ja niemand – wie zum Beispiel die Frage der Rahmenpläne, die Fragen der leistungs- und chancengerechten Förderung, die damit geregelt werden müssen, und so weiter. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine zügige und umfassende Einführung möglich. Sie liegen im Moment nicht vor, weil die gesellschaftliche Debatte darüber noch nicht

zu Ende ist. Nichtsdestotrotz steht die Notwendigkeit, strukturelle Entscheidungen im Bildungsbereich zu treffen. Und ich sage hier an dieser Stelle noch einmal, diese strukturellen Entscheidungen des vorliegenden Gesetzentwurfes stehen einem künftigen längeren gemeinsamen Unterricht nicht entgegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Auch was so mancherorts an zutreffender übertriebener Hoffnung mit dieser Einführung des längeren gemeinsamen Unterrichts verbunden wird, was Standorte von Regionalen Schulen betrifft, sicherlich könnte der eine oder andere Standort dadurch aufrechterhalten werden. Andererseits würde es aber dazu führen, dass die Frage der Gymnasialstandorte erneut anders zu beurteilen ist als noch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf. Wenn denn die parlamentarische Debatte das ermöglicht, da zu Entscheidungen zu kommen, die eben auch in die Zukunft gerichtet sind, dann würde ich das persönlich natürlich sehr begrüßen. Aber die gesetzlichen Regelungen dieses Schulgesetzes stehen in diesen Fragen Optionen offen.

Herr Renz hat hier deutlich gemacht die Verweigerungshaltung, was ich sehr bedauere. In irgendeiner Zeitung, ich weiß jetzt nicht mehr so genau, welche es war, stand heute: „Die Politiker sollten sich besinnen, angesichts der Herausforderungen in diesem Bereich die parteipolitische Position...“

(Torsten Renz, CDU: Dann ziehen Sie doch Ihren Gesetzentwurf zurück. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Herr Renz, ich werde diesen Gesetzentwurf natürlich nicht zurückziehen,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

weil ich in der Verantwortung vor den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes stehe.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Heike Polzin, SPD: Im Gegensatz zur CDU! – Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist verantwortungslos.)

Und da können Sie noch so viel dagegen sagen. Ich weiß immer noch nicht so genau, mit welchen Kriterien, mit welchen Planungsparametern Sie denn Ihre Positionen untersetzen wollen,

(Zuruf von Heike Polzin, SPD)

wie Sie die finanzielle Untersetzung realisieren wollen in diesem Landeshaushalt und wie Sie das, was Sie da vorhaben, überhaupt inhaltlich ausgestalten wollen.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das ist bei Ihnen überhaupt noch nicht klar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Neben der...

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ach, die Kürzung!

(Heike Polzin, SPD: Erklär ihm das mal!)

Also vielleicht darf ich Ihnen, da Sie ja nicht Mitglied des Bildungsausschusses sind und die zurückliegenden Debatten der letzten Monate über Unterrichtsversorgung,

Lehrerstellen, Haushaltsvorbereitung nicht mitgemacht haben, sagen, das ist der Vorwurf, den ich Ihnen mache, Herr Renz. Sie haben diese Debatten alle erlebt, alle mitvollzogen und auch nachvollziehen können,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja gut. Schauen Sie mal, wir können ja lesen. – Heinz Müller, SPD: Ja, aber nachvollziehen konnte man das nicht.)

dass zum Beispiel, Herr Jäger, die Situation so ist, wenn wir kleine Schüler-Lehrer-Relationen haben, die der Realität des Haushaltes und der Finanzsituation des Landes nicht mehr entsprechen,...

(Eckhardt Rehberg, CDU: Wer hat denn Ausnahmeregelungen genehmigt? Das Kultusministerium!)

Na ja, sicher, Sie haben mich doch gefragt, welche haushaltspolitischen Konsequenzen das hat.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist doch eine Ohrfeige für das Kultus- ministerium, die Sie hier verteilen.)