Die erste Aufgabe wurde so angesprochen, die Schulqualität mit den Erkenntnissen internationaler Vergleichsstudien, Stichwort PISA, TIMSS, OECD, UNESCO und so weiter, zu verbessern.
Punkt 2. Wir müssen in der Lage sein, auch bei drastisch gesunkenen Schülerzahlen ausreichend große Schulen zu bilden.
Und Punkt 3. Wir müssen gute Schulen auf dem Boden der tatsächlichen Haushaltslage dieses Landes betreiben.
Punkt 1. Wichtigste Voraussetzung ist gute Schulqualität und die steht und fällt mit Bildungsstandards, mit Lehrerfortbildung, mit Fächerstrukturen. Und zur Schulqualität gehören für uns ganz konkret zum Beispiel ein neues praxisorientiertes Lehrerbildungsgesetz, eine über
arbeitete Abiturprüfungsverordnung, die wieder die allgemeine Hochschulreife zum Ziel hat. Dazu gehören gemeinsame Rahmenpläne mit anderen Bundesländern. So viel zum Punkt Schulqualität.
Punkt 2. Drastisch gesunkene Schülerzahlen – zu dieser demographischen Situation unseres Landes, Frau Polzin sowie Herr Bluhm haben darauf hingewiesen, muss man sich einfach vergegenwärtigen, dass wir 1994 noch 26.000 ABC-Schützen und im Jahr 2000 nur noch 9.000 Schüler am Schulanfang hatten. Von 26.000 auf 9.000! Diese Zahlen steigen jetzt sehr langsam wieder an, aber nach allen wissenschaftlichen Prognosen langfristig nicht über 12.000. Diese Zahlen, das muss man sich auch einmal vor Augen halten, diese Prognosen haben sich im Laufe der letzten Jahre gewandelt. Wir waren vor sechs Jahren noch davon ausgegangen, dass wir langfristig 20.000 Schüler haben. Wir waren vor zwei Jahren noch der Auffassung, dass wir jährlich 15.000 Schüler haben.
Wir müssen jetzt wohl, und diese Zahlen werden immer stabiler, von 12.000 Schülern ausgehen, schlicht und einfach deshalb – und wir sind auf diesem Gebiet ja in unserem Lande mit exzellenter Kompetenz ausgestattet, mit dem Institut für Demographie, dem Max-Planck-Institut in Rostock und daneben noch dem Lehrstuhl für Demographie in Rostock und das Ganze in einer Graduate School zusammengeführt, es sind exzellente Leute, die dort arbeiten –, diese haben inzwischen schlichte Belege dafür, dass das Geburtsalter nicht einfach verschoben ist, also dort ein Knick eingetreten ist und er nachher wieder ausgeglichen wird, sondern es ist offensichtlich leider so, dass in Ostdeutschland, also auch in Mecklenburg-Vorpommern, ein ganzer Jahrgang ausgefallen ist, mehrere Kohorten hintereinander ausgefallen sind. Und das bedeutet schlicht und einfach, dass die Mädchen gar nicht geboren worden sind, die in einigen Jahren die Mütter sein würden, die dann die Kinder für die weiteren Schuljahre zur Welt bringen. Schlicht und einfach, wir werden uns darauf einstellen, dass wir bei 12.000 liegen.
Dritter Punkt. Wir können das Ganze drehen und wenden, wie wir wollen, aber wir kommen um die Haushaltslage doch nicht herum. Die können wir nicht außer Acht lassen.
Für mich ist diese Haushaltslage dadurch gekennzeichnet, dass sie keinen wesentlichen Mittelzuwachs erwarten lässt. Und sie ist dadurch gekennzeichnet, dass wir uns die Umverteilung von Mitteln doch nur mit schmerzhaften Einschnitten in anderen wichtigen Lebensbereichen vorstellen können. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Mittel, über die wir zu wesentlichen Teilen verfügen, gar nicht aus diesem Lande stammen. Die Haushaltslage ist für mich auch dadurch gekennzeichnet, dass wir gerade diese Mittel in naher Zukunft in immer geringerem Umfang zur Verfügung haben.
Also wenn wir von guter Schule sprechen, dann müssen wir zusammenbringen erstens hohe Anforderungen an Bildung und Erziehung bei zweitens geringen Schülerzahlen, drittens auf der Grundlage eines endlichen Haus
haltes. Das sind die Prämissen, von denen wir bei der Schulentwicklungsplanung, ob wir das nun wollen oder nicht wollen, ob wir das gut finden oder schlimm finden, ausgehen müssen.
Erster Punkt. Ganztagsschulen haben es leichter, gute Schulen zu sein, weil sie durch ihre Organisationsform Bildung und Erziehung zusammenführen, Unterricht und mehr als Unterricht. Die Bundesregierung hat da mit einem Investitionsprogramm für Ganztagsschulen in der Tat einen bildungspolitischen Akzent gesetzt. Ungefähr ein Drittel unserer Schulen in diesem Lande haben diese deutschlandweite Initiative aufgegriffen mit ihren Schulprogrammen. Sie erhalten dafür eine personelle Verstärkung, wie klein die auch immer ist, sie wird vermehrt. Schulen, die bestandssicher sind und bei der Entwicklung ihres Ganztagsschulprogrammes Bauinvestitionen vornehmen müssen, erhalten aus diesem Bundesprogramm die dafür notwendigen Mittel.
Zweiter Aspekt. Zweites Element von Schule, Herr Bluhm hat es ausführlich dargestellt, ist das Stichwort längerer gemeinsamer Unterricht. Wenn wir ernsthaft die PISA-Ergebnisse auswerten, dann gibt es mindestens unter Wissenschaftlern eine Übereinstimmung darin, dass zu den Erfolgsbausteinen der Schulen in Finnland, in Schweden, in Dänemark nicht nur ganztägige Bildung und Erziehung gehören, sondern auch längerer gemeinsamer Unterricht. Und vor diesem Hintergrund sind wir dabei, wenigstens eine Debatte zu beginnen und durch die Vereinigung mehrerer Bildungsgänge Bedingungen zu schaffen für einen gemeinsamen Unterricht, dort, wo er sinnvoll ist. Ich glaube, dass die Entwicklung der Regionalschulen und ihrer Verbindung mit Grundschulen konkrete Schritte auf diesem Weg sind. Ich glaube, dass das Einstellen der reinen Hauptschulen und der reinen Realschulen eine Konsequenz ist. Ich glaube auch, dass die bewusste Verstärkung von Schulen, die in Skandinavien Verbundschulen heißen, weil sie alle traditionellen Bildungsgänge zusammenführen, ebenfalls dazugehört. Und ich glaube, diese Debatte wird sinnvoll untersetzt, wenn es uns gelingt, dort, wo wir kooperative Gesamtschulen, integrierte Gesamtschulen haben, diese dann auch mit Grundschulen zu verbinden und ihnen eine gute gymnasiale Oberstufe zu geben. Zumindest müssen wir dafür Rahmenbedingungen schaffen. Aber wie gesagt, wir stehen am Anfang einer sehr wichtigen – und das wird auch keiner anders sehen – europaweiten Debatte längerer gemeinsamer Unterricht. Wir sind hier nun wahrlich nicht dabei, das Rad noch einmal zu erfinden.
Dritte gute Rahmenbedingung für gute Schule heißt, Schulen sollen ihre Verwaltungsangelegenheiten in hohem Maße selbstständig regeln. Verantwortung für die Ergebnisse von Schule, also zum Beispiel für die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler, können Schulen doch erst wirklich übernehmen, wenn sie auch die Instrumente dafür selbst in der Hand haben. Wir haben den Modellversuch in diesem Jahr begonnen. Die Ergebnisse werden laufend für die Schule nutzbar gemacht werden.
Vierter Punkt. Die vierte Parallele zu skandinavischen PISA-Siegern ist verbunden mit dem Ziel, Schulen zum Ort von Integration zu machen. Wenn wir über längeren gemeinsamen Unterricht reden, dann betonen wir nicht
immer nur längeren, sondern auch gemeinsamen. Und das heißt eben, dass die Zusammenführung von Schülern mit ganz unterschiedlichen Begabungen nicht Schüler ausschließen darf, die vergleichsweise wenig Begabung oder gänzlich andere Begabungen haben, oder auch umgekehrt, die vielleicht besonders viele oder besonders herausragende Begabungen haben. Hier dieses besondere Maß von individueller Förderung und Forderung für den einzelnen Schüler zu verbinden mit den Gegebenheiten von Klassenverbänden, das ist die große Schwierigkeit, die konzeptionelle Schwierigkeit. Ich bin außerordentlich froh darüber, dass diese Arbeitsgruppe Integration im Bündnis für Bildung und Erziehung jetzt ein erstes Konzept zur praktischen Umsetzung auf den Tisch legen konnte. Das ist ein extrem schwieriges Thema, hört sich in der Theorie ganz leicht an, wird jeder fordern. Integration ist so, wie man selbst Weltfrieden bei jeder Gelegenheit fordert, aber das dann umzusetzen macht die Sache außerordentlich schwierig, weil das Spektrum so vielfältig ist.
Fünftes Element. Wiederum skandinavisches Vorbild ist schlicht und einfach die Größe einer Schule, eine förderliche Schulgröße für alle an Schule Beteiligten. In dem Zusammenhang mit den drastisch gesunkenen Schülerzahlen sind in den letzten zehn Jahren in unserem Land immer mehr kleine und kleinste Schulen entstanden. Und diese haben organisatorische Schwierigkeiten. Sie haben die Schwierigkeit, dass sie aus ihrem kleinen Kollegium heraus immer wieder Unterrichtsfächer nicht fachgerecht abdecken können. Sie haben immer wieder die Schwierigkeit, dass sie bei Unterrichtsausfall keinen Vertretungsunterricht organisieren können. Sie haben immer wieder die Schwierigkeit, dass sie Lehrertourismus nicht einschränken können,
weil sie einfach nicht die Masse aufbringen können und weil sie schon aus diesen simplen organisatorischen Gründen viele Schwierigkeiten haben, die gute Schule zu sein, die sie selbstverständlich sein wollen.
Ich glaube, im ländlichen Raum ist es unstrittig, dass der Grundsatz „Kurze Wege für kurze Beine“ bei Grundschulen auch in Zukunft Bedeutung haben wird. Und deshalb nehmen wir an vielen Standorten nach wie vor kleine Grundschulen in Kauf. Aber bei den weiterführenden Schulen müssen wir andere Maßstäbe gelten lassen. Und hier müssen wir Qualität über förderliche Größen von Schülerzahlen und Klassen erreichen.
Meine Damen und Herren, alle Debatten um Strukturen, Methoden, Finanzen, Modelle, Gebäude dürfen eines nicht verdrängen: Ob eine Schule wirklich gut ist oder nicht, entscheidet sich in ihrem Mittelpunkt, dort, wo sich Kinder, Lehrer, Eltern begegnen, dort, wo sie in Bildung und Erziehung zusammenwirken. – Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich mittlerweile wieder ein bisschen gefasst, weil mich bestimmte Verhaltensweisen doch
grundsätzlich irritieren. Ich habe mich bemüht, bei der Einbringung des Gesetzes sehr sachlich vorzugehen und darzustellen, was uns bewogen hat. Es ist korrekt. Ich habe in diesem Zusammenhang nicht erwähnt, weshalb wir den nicht üblichen Weg gegangen sind, sondern den Gesetzentwurf als Koalitionsfraktionen eingebracht haben. Ich will das an dieser Stelle dann nachholen und auch gleich eine weitere Attacke aus der Renz-Richtung damit kommentieren. Wir haben nämlich im Gegensatz zu Ihnen eine Zeitschiene im Kopf, die uns zwingt zu handeln, während Sie noch einem Parteitag entgegenfiebern, der vorbereitet ist durch handfeste Beschlüsse Ihres Landesvorstandes.
Im Übrigen Kompliment, wunderbar, wirklich Kompliment! Ich wiederhole das, da sitzen kluge Leute, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, im Gegensatz zu Ihnen. Dazu komme ich aber gleich noch einmal.
(Torsten Renz, CDU: Ich bin Mitglied des Lan- desfachausschusses. Ich bin Mitglied in diesem Ausschuss. Ich bedanke mich für das Kom- pliment. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)
(Dr. Armin Jäger, CDU: Frau Polzin, das entspricht doch nicht Ihrem Niveau! – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)
die nächste Runde der Schulentwicklungsplanung ist spätestens 2006 umzusetzen. Um das planmäßig gestalten zu können, brauchen wir ein Gesetz,
Ich verrate Ihnen ja vielleicht auch nichts Neues, wenn ich sage, dass wir an diesen Entwicklungsparametern sehr, sehr lange gemeinsam gearbeitet haben, sehr verantwortlich auch abgewägt haben, was man Schülern zumuten kann. Deshalb sind wir ja auch bei diesen Entfernungen geblieben. Es war eine unheimlich vorbereitende Arbeit mit tausend Statistiken, mit vielen Vergleichen über das Land gezogen. Und wenn wir an diesem Punkt, an dem wir uns darauf verständigen können, was machbar ist, noch diesen Gesetzesentwurf über das Kabinett mit diesen Vorfeldanhörungen hätten machen wollen, dann wären wir zeitlich in große Schwierigkeiten gekommen,
im Hinblick auf Kommunen, die Planungssicherheit brauchen. Diese brauchen doch die Zeit für die Vorbereitung des nächsten Schuljahres, um mit diesen Größen umgehen zu können. Das war ein entscheidender Grund, weshalb wir das Ganze einbringen.
Wenn wir Ihnen jetzt nachkommen würden mit diesen Vorschlägen, mit dem Parteitag, der noch ansteht, mit dem Irgendwann-mal-Gesetzesentwurf, wüsste ich nicht, wie Sie über diese Schwelle 2006 hätten kommen wollen, jedenfalls nicht mit verantwortlicher Oppositionspolitik.
Das, Herr Jäger, wenn Sie jetzt auch ein bisschen irritiert sind, ist normalerweise nicht meine Tonlage hier vorne.