Wenn ich das Schreiben vom 12. November an die Landräte und Landrätinnen in unserem Land lese, denen eine Frist bis zum 4. Februar 2005 für die Stellungnahme zu einem Gesetzentwurf gegeben wird, an dem Sie jetzt zwei Jahre herumgebastelt haben, dann muss ich sagen, meine Damen und Herren, das ist eine Aufgabe nach der Landkreisordnung, übrigens auch nach der Gemeindeordnung. Dies gilt ja auch für die kreisfreien Städte, denen Sie ihre Selbständigkeit nehmen wollen. Glauben Sie wirklich, dass Sie das durchkriegen, dass nur die Oberbürgermeister und die Landräte beteiligt werden? Wie stehen Sie eigentlich zur Vertretung des Volkes auf der Kreisstufe?
Haben Sie eigentlich keinen Grundkurs in Demokratie gemacht? Ich muss Ihnen sagen, ich rege mich jetzt langsam darüber auf, weil ich merke, da gibt es bei Ihnen ein
Verständnis von der kommunalen Selbstverwaltung, da haben Sie aber erheblichen Nachholbedarf, Herr Innenminister.
Man merkt Ihnen an, dass Sie dort noch nie in die Diskussion mit Andersdenkenden, als mit solchen, die Sie unter sich versammeln, getreten sind. Das wird Ihnen nicht durchgehen, das kann ich Ihnen garantieren! So geht das nicht! Und die Begründung, wir wollen dem Landtag bis Ende April 2005 diesen Entwurf zuleiten, ist ja hübsch. Herr Müller, so viel zu der sorgfältigen Diskussion mit den Betroffenen. Und deswegen, meine Damen und Herren, wird den Landrätinnen und Landräten mitgeteilt, die Anmerkungen, die nach dem genannten Termin am 4. Februar 2005 kommen sollten, die können leider nicht mehr berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren, was haben Sie für ein Verständnis von unserer Verfassung? Was haben Sie für ein Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung? Und was haben Sie für ein Verständnis von Beteiligung der gewählten Vertreter unseres Volkes auf der Kreis- und der Gemeindestufe?
Ich traue Ihnen jetzt bei diesem Verhalten nicht mehr über den Weg. Jetzt weiß ich auch, warum es keine Enquetekommission gab, sondern einen Sonderausschuss. Und zwar darum, weil die kommunalen Landesverbände doch gar nicht auf Augenhöhe mitstimmen dürfen. Wir dürfen keine Sachverständigen mit in die Kommission nehmen, weil das ein Ausschuss ist, der uns gesagt hätte, dass das alles so nicht geht.
Herr Müller, eins muss ich Ihnen auch sagen, selektives Wahrnehmungsvermögen in allen Ehren, aber hier sich so billig rauszureden, die CDU habe ja keine eigenen Vorstellungen, das ist nicht in Ordnung. Wann haben Sie das letzte Mal unsere Veröffentlichungen aufgenommen? Sind Ihnen die letzten drei Monate gänzlich entgangen?
Dann lesen Sie einmal kräftig nach! Es gibt eine klare Aussage des CDU-Landesverbandes, und zwar aller Vorsitzenden der Vereinigungen, wie wir uns eine Verwaltungsreform vorstellen. Es hat sich nicht sehr verändert. Es liegt einfach daran, dass wir nicht bereit sind, verfassungswidrig zu handeln. Wir möchten gerne, dass dort angefangen wird, wo Verwaltungsreform immer anfangen muss, nämlich bei Aufgabenreduzierung und Aufgabenverlagerung.
Und was nötig ist, auf der kommunalen Ebene zu verändern, das sieht man, wenn das so ist. Und, Herr Innenminister, Sie haben ja selber 2009 gesagt. Wir können doch die Kosten überhaupt noch gar nicht abschätzen. Da gibt es zwei Dinge: Sie muten diesem Landtag im April 2005, dann legen Sie ja Ihren Gesetzentwurf in diesem Landtag ab, viel zu. Ich hoffe, dass Sie das nicht so tun werden, sondern dass Sie das sorgfältiger machen. Aber Sie gehen dann davon aus, dass wir die Katze im Sack kaufen. Sie sagen, wir können zwar die Kosten nicht abschät
zen, wir können auch nicht sagen, was wir den Kommunen erstatten, aber ihr Landtagsabgeordneten sollt schon einmal beschließen. Im Übrigen stimmt es ja gar nicht, nicht nur im Jahr 2009, sondern Sie haben ja vor, dass Anfang 2006 die Dinge in Sack und Tüten sind. Die Weichen sind ja schon gestellt,
Meine Damen und Herren, Sie haben es verdammt eilig. Entschuldigung, Sie haben es zu eilig, die kommunale Selbstverwaltung zu entmachten und uns auf Kreis- und Gemeindeebene zu entmündigen. Das, Herr Innenminister, wird mit uns nicht gehen!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Torsten Renz, CDU: Genau, genau. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)
Meine Damen und Herren, dieser Paragraph 101, den ich eigentlich nur inoffiziell kenne, weil Sie ihn ja noch in der ersten Phase haben, hat eben diesen Absatz 7. Der ist schon recht eigenartig, denn da wird nämlich gesagt, dass es sehr unterschiedlich mit den Kostenabschätzungen sein wird. Für einen Bereich wird das ein paar Monate vor In-Kraft-Treten sein, irgendwann im Jahre 2009, und für einen anderen Bereich wird es direkt mit dem InKraft-Treten sein. Nur, meine Damen und Herren, vorher verursachen Sie riesige Mengen an Kosten für die Umstellungen auf der kommunalen Ebene und dafür ist kein einziger Euro eingesetzt. Das Ganze, was Sie hier tun, Herr Innenminister – das sage ich noch einmal und Sie sollten sich endlich ein wenig daran orientieren –, ist nicht nur Kritik, sondern Besorgnis. Sie richten unser Land zugrunde, wenn Sie so in dieser Art und Weise mit der Verfassung umgehen! Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen!
Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, wir wollen doch gar nichts anderes, als die Einhaltung des strikten Konnexitätsprinzips von diesem Landtag und von uns allen noch einmal deutlich beschlossen haben. Das wollen wir. Das können Sie doch?! Wenn Sie das nicht können, dann entlarvt das die gesamte Veranstaltung. Dann geht es nur darum: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“ Ich kann als Landesregierung die Aufgaben nicht mehr richtig erfüllen, deswegen runter auf die kommunale Ebene. Wir sparen nicht, sondern wir sparen an den Kommunen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie heute dem nicht folgen, dann muss ich vermuten, dass Sie genau dem Satz folgen. – Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu zwei Punkten kurz etwas sagen, was diesen Antrag betrifft. Das eine
ist das Erlebnis, dass ich in diesem Antrag ein Wort gelesen habe, dass ich aus vielfältigen Diskussionen um die Hochschulbudgetierung und um die Budgetierung anderer Einzelhaushalte beziehungsweise von Einrichtungen des Landes schmerzhaft in Erinnerung habe. Im Paragraphen 101 Absatz 3 steht das Wort „Effizienzrendite“. Frau Schulz ist schon darauf eingegangen. Ich möchte aus meiner Erinnerung und auch aus der heutigen Diskussion eines deutlich sagen: Dahinter steckt nach meinem Gefühl die Auffassung, dass wir es nicht zulassen dürfen, dass von „unserem Geld“ bei anderen etwas gespart werden könnte und dass andere mit unserem Geld mehr erledigen könnten, als wir ihnen ausdrücklich zugebilligt haben.
Diese Philosophie, das will ich sagen, habe ich noch nie verstanden und ich verstehe Sie auch heute nicht.
Ich will auch sagen, selbst wenn es so wäre, dass bei den Kommunen eine insgesamt höhere Gesamteffizienz durch die Verwaltungsmodernisierung entsteht, dann sollten wir uns doch darüber freuen, denn die Kommunen sind Bestandteil des Gesamtphänomens MecklenburgVorpommern und nicht irgendetwas Außenstehendes. Und wenn es den Kommunen etwas besser geht, geht es dem ganzen Land besser.
Deshalb sollte man diese Philosophie ablehnen, es kann nicht darum gehen, dass von unserem schönen Landesgeld der „Gegner“ – Kommunen – positive Wirkungen verzeichnen würde und wir das dann schlecht finden. Das zu diesem ersten Punkt!
Zum zweiten Punkt. Im Zusammenhang mit der Effizienzrendite – Frau Schulz hat auch darauf schon hingewiesen – verweist Professor März in seinem Gutachten darauf, dass im Unterschied zu anderen Regelungen in anderen Bundesländern in unserer Landesverfassung ausdrücklich der volle Mehrbelastungsausgleich festgeschrieben ist.
Und selbst, Herr Kollege Müller, wenn dieses Verfahren, das die Landesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart hat, hier nicht gelten sollte, was ich bezweifele, aber die Verfassung gilt doch wohl. Und darauf sollten wir uns vielleicht doch zurückziehen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Das sieht der Kommunalminister aber ganz anders. – Zuruf von Bernd Schubert, CDU)
Ich will auch auf eines verweisen, aus der Sitzung des Sonderausschusses in der vergangenen Woche, wo die kommunalen Spitzenverbände darauf hingewiesen haben, dass die eingeräumte Anhörungsfrist unzumutbar ist,
dass zumindest erhebliche Zweifel bei den kommunalen Spitzenverbänden bestehen, ob sie verfassungsgemäß sind.
Wie in der Zeit bis zum 4. Februar 2005 alle kommunalen Vertretungskörperschaften hier eine Stellungnahme abgeben sollen, ist mir ein Rätsel.
(Angelika Gramkow, PDS: Die Kommunen haben da inzwischen etwas anderes kommentiert. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)