Protokoll der Sitzung vom 15.12.2004

Auf der Einnahmeseite hängen wir in hohem Maße von der bundesdeutschen Wirtschafts- und Steuerentwicklung ab, ob uns das gefällt oder nicht. Unsere strukturellen Haushaltsprobleme auf der Ausgabenseite müssen wir aber im Land selbst lösen. Und daran arbeiten wir. Die Landesregierung hat die Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung in den vergangenen Jahren deutlich verstärkt. Insbesondere die Anpassung des Personalbestandes und damit die Absenkung der Personalausgaben werden von uns in den kommenden Jahren weiter vorangetrieben. Wir werden die Stellenausstattung sowohl an den Standard der finanzschwachen westlichen Länder als auch an die absehbaren demographischen Veränderungen im Land anpassen.

Mit Nachdruck arbeiten wir im Finanzministerium an einem Personalstrukturkonzept für die Landesverwaltung. Die Landesregierung wird sich Ende Januar damit befassen. Mit dem Doppelhaushalt 2006/2007 werden wir Ihnen die entsprechenden Vorschläge zur Beschlussfassung vorlegen. Und ich bin sehr gespannt, Herr Rehberg und Herr Dr. von Storch, ob Sie dann die entsprechenden Beschlüsse mittragen. Ich werde Sie daran erinnern, was Sie gestern und heute hier gefordert haben. Außerdem, Herr Rehberg, so schlecht, wie Sie uns darstellen, sind wir nun wirklich nicht. 30 Bedienstete auf 1.000 Einwohner hatten wir am Anfang der 90er Jahre und jetzt liegen wir bei etwa 24 Bediensteten.

Leider haben auch unsere Kommunen einen deutlich zu hohen Personalbestand. Professor Seitz als Gutachter rechnet mit etwa 30 Prozent.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ist das auch wieder so einer wie der Herr von Mutius?!)

Meine Damen und Herren, wenn Sie von der CDU ehrlich sind, dann geben Sie das auch zu. Wir ermitteln in einem aufwendigen Verfahren den langfristig notwendigen Personalbestand für die einzelnen Aufgabenbereiche. Vor zwei Landtagssitzungen habe ich zu dem Thema hier schon einmal gesprochen. Gemessen an den Ländern Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz haben wir einen deutlich überhöhten Stellenbestand. Der Prozess der Angleichung kann nur gelingen, wenn gleichzeitig Verwaltungsreform, Verwaltungsmodernisierung, E-Government, Deregulierung und auch Aufgabenkritik konsequent umgesetzt werden.

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen an zwei Beispielen aus dem Finanzministerium verdeutlichen, wie wir mit weniger Personal unsere Aufgaben erledigen können: Im Bereich der Steuerverwaltung haben wir jetzt eine zweistufige Verwaltungsstruktur erreicht, die Oberfinanzdirektion ist aufgelöst,

(Wolfgang Riemann, CDU: Geben Sie Ihre Erfahrungen einmal an Frau Linke weiter!)

die unverzichtbaren Aufgaben sind auf das Finanzministerium beziehungsweise die Finanzämter übertragen worden. Gleichzeitig ist ein spürbarer Stellenabbau konzipiert worden, der im Stellenplan 2006/2007 sichtbar werden wird.

Vor drei Jahren haben wir den Betrieb für Bau und Liegenschaften, allgemein als BBL bekannt, gebildet und Anfang 2004 die zweite Stufe abgeschlossen. Inzwischen werden erste Ergebnisse sichtbar. Der effektivere Einsatz der Mitarbeiter führt zu einem deutlich geringeren Personalbedarf beim BBL. Wir haben bereits 70 Stellen abgebaut und weitere 200 bis 250 Stellen werden in den nächst e n Jahren wegfallen. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den bereits eingeleiteten Maßnahmen.

Meine Damen und Herren, zugleich machen Sie aber deutlich, welche Aufgaben noch vor uns liegen, um den Haushalt des Landes auf die finanzpolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre einzustellen. Das wird noch viel Arbeit erfordern. Die langen Abende im Finanzministerium sind auch für die nächste Zeit bereits vorprogrammiert.

Sichtbare Ergebnisse zeigen uns aber, dass die Arbeit sich lohnt. Gestern haben wir die letzte Lücke der Autobahn A 20 nach Westen geschlossen. Dieser Lückenschluss wird weitere Industrieansiedlungen wie die von

Kamps in Nordwestmecklenburg nach sich ziehen. In Schwerin sind die Verträge für die Ansiedlung des Airbuszulieferers Flamm unterzeichnet, der 160 Arbeitsplätze bringt. In Rostock haben wir gerade die neue Universitätsbibliothek und den Erweiterungsbau der Chirurgie eingeweiht. In Greifswald ist der Grundstein für den zweiten Bauabschnitt des neuen Universitätsklinikums gelegt worden. Damit habe ich nur die aktuellsten Projekte genannt, die wir in den letzten Tagen und Wochen übergeben haben.

Insgesamt haben wir allen Grund, auf das Erreichte stolz zu sein. Ganz im Sinne der Entwicklung, die Professor Rüdiger Pohl, der ehemalige Direktor des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, vor kurzem in der FAZ ausführlich dargestellt hat. Sein Resümee will ich zum Schluss zitieren: „Der Osten ist weit entfernt von einer selbst tragenden Entwicklung. Dennoch ist das VerliererImage zurückzuweisen. Der Aufbau Ost geht weiter.“ – Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schlupp von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch in diesem Nachtragshaushalt ist die Finanzausstattung der Kommunen nur unzureichend geregelt. Ich möchte mich in meinem Beitrag darauf beschränken, diese Aussage am Beispiel meines Landkreises zu untersetzen:

Am Montag dieser Woche haben wir im Kreistag des Landkreises Uecker-Randow über die Haushaltssatzung 2005 abgestimmt und sie ist mehrheitlich abgelehnt worden. Und es war nicht allein die CDU-Fraktion, die ihre Zustimmung verweigerte, auch Mitglieder nahezu aller anderen Parteien und Gruppierungen lehnten den Haushalt ab oder enthielten sich der Stimme.

Der Kreishaushalt weist einen Fehlbedarf von 13,2 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2005 und eine Unterdeckung von rund 25 Millionen Euro in den Haushaltsjahren 2004/2005 auf. Die monatlichen Vorleistungen des Landkreises für die Arbeitsgemeinschaft betragen 3,8 Millionen Euro und sind durch Kassenkredite zu finanzieren. Die Kreisumlage, wenn sie zu einem ausgeglichenen Haushalt führen soll, müsste mehr als 60 Prozent betragen. Außerdem gibt es ein vom Landkreistag in Auftrag gegebenes Gutachten mit dem Titel „Die Finanzlage der Landkreise in Mecklenburg-Vorpommern unter besonderer Berücksichtigung der Landkreise Ostvorpommern, Parchim, Rügen, Uecker-Randow“, in dem nachzulesen ist, dass der Verwaltungshaushalt des Landkreises Uecker-Randow einen strukturellen Fehlbedarf aufweist und seine Finanzprobleme aus eigener Kraft nicht lösen kann. Es wird weiter ausgeführt, dass die Konsolidierungsbemühungen des Landkreises an ihre Grenzen stoßen und der Schuldendienst den hauswirtschaftlichen Rahmen weiter einschränken wird. Wörtlich heißt es: „Eine weitere Kreditaufnahme, sollte sie rechtlich zugelassen werden, wäre finanzwirtschaftlich nicht vertretbar.“

Hinterfragt man die Ursachen für die hohe Verschuldung, so fällt ins Auge, dass schon seit Jahren die Zuweisungen insbesondere im Sozialbereich die tatsächlich entstandenen Kosten nicht decken, und das in Größen

ordnungen. Dass diese Situationsbeschreibung den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, darüber bestand im Kreistag Einigkeit. Diskussionen gab es nur über die Konsequenzen. Viele, so wie auch meine Fraktion, konnten nicht zustimmen, denn das würde ja in gewisser Weise bedeuten, die Dinge einfach hinzunehmen, wie sie nun einmal sind. Andere meinten, egal wie wir abstimmen, es ist nichts zu ändern und die Landesregierung würde, egal wie ernsthaft die Gründe für eine Ablehnung sind, keine Veranlassung zum Handeln sehen. Und seitdem frage ich mich und bitte insbesondere die Finanzministerin, meine Fragen nicht rhetorisch zu verstehen, sondern in aller Ernsthaftigkeit zu beantworten: Kann man von Kreistagsmitgliedern überhaupt erwarten, dass sie über einen Kreishaushalt entscheiden, der immer weiter in die Verschuldung führt, ohne dass auch nur ansatzweise Aussicht auf eine Konsolidierung in den Folgejahren besteht?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und haben diejenigen wirklich Recht, die sagen, dass, egal was wir im Kreistag tun und wie prekär die Lage auch ist, wir keine Hilfe von der Landesregierung zu erwarten haben? – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Frau Schlupp.

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Herr Dr. Bartels.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 125 Seiten Beschlussempfehlung und drei Minuten Redezeit – was sagt Mensch da?

(Wolfgang Riemann, CDU: Ich habe auch nur drei Minuten.)

Ich werde also nicht den Versuch unternehmen, eine umfassende oder auch nur annähernd umfassende Bewertung dieses Nachtragshaushalts vorzunehmen, sondern ich werde mir ein Problem herausgreifen, wozu ich etwas sagen möchte, und zwar den Verkauf der Anteile der Nord/LB und seine Folgen.

Auf Seite 110 der Beschlussempfehlung im Zusammenhang mit Paragraph 6 Absatz 15 lese ich folgende Feststellung des Finanzausschusses: „Ebenso von hohem Belang sei die geplante Verwendung der zu erzielenden Einnahmen durch die Landesregierung, da sich eine isolierte Betrachtung lediglich eines Anteilsverkaufs und dessen Einnahmen verbiete. Nur unter Berücksichtigung der Einnahmenverwendung sei eine prognostische Folgeabschätzung möglich und der Landtag werde in die Lage versetzt, sich ein umfängliches Bildung über die Konsequenzen eines Ausstiegs aus der Nord/LB für das Land Mecklenburg-Vorpommern erarbeiten zu können.“

Mir ist ja bewusst, dass, wenn wir über die Verwendung der Einnahmen reden, vielfältige Begehrlichkeiten entstehen können. Und nur unter diesem Gesichtspunkt verstehe ich sogar in gewisser Weise den Versuch der Finanzministerin, eine solche Diskussion erst gar nicht aufkommen zu lassen. Trotzdem möchte ich, bezogen auf ein ganz konkretes Beispiel, hier einmal zum Nachdenken anregen. Dieses Beispiel heißt Museum Peenemünde.

Ich denke, wir sind uns alle einig, dass wir hier ein ganz wichtiges nationales Erbe vorliegen haben, und ich hoffe, dass die hervorragende Leistung der jetzigen Mannschaft,

die dort arbeitet, weitgehend Würdigung auch in diesem Hohen Hause findet.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Ich meine das auch, aber nicht nur, unter Bezug auf die Bewältigung der Wehrmachtsausstellungen mit den politischen, finanziellen und organisatorischen Problemen, wovor ich meine ganz große Hochachtung ausdrücken möchte.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Ich möchte auch meine Hochachtung vor dem Engagement der Kommune Peenemünde ausdrücken, ohne die es dieses Museum heute nicht gäbe. Dieses Museum mit seiner nationalen und internationalen Bedeutung ist aber ein kommunaler Eigenbetrieb der Gemeinde Peenemünde und das, denke ich, muss Mensch sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Wie gesagt, es sagt nichts gegen das Engagement der Gemeinde, ganz im Gegenteil. Wir haben natürlich vielfältige Probleme und ich möchte nur ein Problem andeuten:

Die Verantwortlichen in Peenemünde weisen darauf hin, dass wir einen Rückgang der Besucherzahlen haben, was mit einem an und für sich positiven Ereignis zusammenhängt, nämlich dem, dass immer mehr Urlauber immer wieder nach Usedom kommen. Das ist ja erfreulich für den Tourismus auf Usedom, aber viele dieser Leute gehen natürlich kein drittes oder viertes Mal in ein Museum, das sie schon besucht haben – ich komme sofort zum Schluss, Frau Präsidentin –, wenn nicht Sonderausstellungen und zusätzliche Aktivitäten sie dazu anreizen. Es gibt dazu schon lange die Idee einer Stiftung für das Museum Peenemünde. Mir wird gesagt, der Bund hätte erklärt, wir lassen mit uns reden, wenn das Land Aktivitäten zeigt. Ich frage, ob wir das nicht mal austesten wollen. Wollen wir nicht ernsthaft nachdenken? Der Bedarf für die Stiftung wird auf ein Gesamtvolumen von bis zu 5 Millionen Euro Stiftungskapital geschätzt. Und wenn der Bund nur 50 Prozent – man kann ja verhandeln, vielleicht erreicht man mehr – übernehmen würde, könnten wir mit circa 2,5 Millionen Euro richtig was bewegen.

Bei allem Verständnis, dass die Begehrlichkeiten schnell die tatsächlichen Einnahmen um das Vier- bis Fünffache übersteigen können, würde ich uns alle bitten zu akzeptieren, dass wir hier mit relativ wenig Geld ein wichtiges und sehr bedeutendes Zeichen setzen können. Ich bitte Sie alle, dass wir gemeinsam darüber nachdenken. – Danke schön.

Danke, Herr Dr. Bartels.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Riemann von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ich möchte zunächst zurückweisen, Frau Gramkow, dass wir unsolide scheinheilige Anträge stellen, zurückweisen, dass wir an den Hochschulbau ranwollen! Das gerade nicht! Ich werde das auch im Folgenden noch erläutern.

Kein Geld in diesem Land, um die Werften am Leben zu erhalten, kein Geld für die Bildung, kein Geld für die Kommunen!

(Dr. Klaus-Michael Körner, SPD: BMW nicht vergessen!)

Meine Damen und Herren, das ist eine Lüge! Wir fahren einen überdurchschnittlichen Haushalt, Übernormalhaushalt, 2 Milliarden Euro.

(Zuruf von Beate Mahr, SPD)

Kein Geld in diesem Land?! Wie kann es dann passieren, dass durch verspätete Klageerhebung im Landwirtschaftsministerium 15 Millionen Euro diesem Land verloren gehen?

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Kein Geld in diesem Land?! Schauen Sie rein in die Große Anfrage und Sie werden dort finden Tatbestände, wie Ministerien, die sich selber fördern: Ministerium Antragsteller, Ministerium Bewilliger, Ministerium Fördermittelempfänger. Sie werden dort finden Abweichungen von Richtlinien. Sie werden dort finden, dass in Wahljahren schon mal – entgegen EU-Richtlinien – auch Spektakel gefördert werden.

(Reinhard Dankert, SPD: Ihre eigene Fraktion kann die Große Anfrage nur nicht richtig lesen.)