Protokoll der Sitzung vom 11.12.2002

Unsere reichhaltige und vielfältige Kulturlandschaft gilt es daher zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zusammen

mit den kommunalen Trägern, den Theatern und Orchestern wird eine tragfähige Theater- und Orchesterkonzeption für das Land erarbeitet. Die Kulturwirtschaft wird im Rahmen der vorhandenen Förderprogramme weiter gestärkt. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt in der Förderung von Projekten für die Jugend und für die internationale Kulturarbeit im Ostseeraum. Aber längst reichen die Mittel nicht für alles, was wünschenswert und oft auch notwendig wäre. Das wissen wir alle. Mehr denn je wird es deshalb in Zukunft darauf ankommen, dass Staat und Bürger die Verantwortung für ihre Kultur gemeinsam tragen. Kultur geht alle an. Kultur ist eine Gemeinschaftsaufgabe, und das nicht erst, seit die öffentlichen Gelder knapp sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Meine Damen und Herren! Auch der Sport hat bei uns im Land einen hohen Stellenwert. Das in der letzten Legislaturperiode verabschiedete Sportfördergesetz belegt das eindrucksvoll. Es ist auch die Grundlage für die Förderung des Sports in dieser Legislaturperiode.

Meine Damen und Herren, wir investieren in ein Land zum Leben:

Ein Buch kann man zuschlagen, eine CD kann man weglegen, aber an einem Haus kann man nicht vorbeigehen, ohne es zu sehen. Wir wollen Städte, keine in Beton umgesetzten Flächennutzungspläne, Städte, in denen man Kind sein möchte und Kinder haben möchte, Städte, in denen Junge und Alte, Gesunde und Kranke, Gesellige und Einsame miteinander leben und doch zugleich die Chance haben auf ein selbstbestimmtes Leben.

Das ist ein hoher Anspruch und vielleicht werden wir ihn nie vollständig einlösen können. Aber wir wollen es wenigstens versuchen. Dabei sind wir in den letzten Jahren ein großes Stück vorangekommen. Ich glaube, es ist unbestreitbar, unsere Städte und Gemeinden sind attraktiver geworden. Das Angebot und die Qualität des Bestandes haben sich erheblich verbessert. Doch es besteht weiterhin ein großer Sanierungsbedarf. Unsere bisherige Politik mit den Schwerpunkten Sanierung und Umfeldverbesserung werden wir daher fortführen. Deshalb werden alle Bundes- und EU-Mittel in der Wohnungs- und Städtebauförderung weiterhin vollständig komplementiert. Unsere Innenstädte sollen zukünftig noch lebendiger und schöner werden.

Ich glaube, das Bund-Länder-Programm „Stadtumbau Ost“ bietet Chancen für die Zukunft. Der einst herrschende Wohnungsmangel hat sich längst ins Gegenteil verkehrt. Stadtentwicklung bedeutet daher neben Sanierung und Modernisierung bestehender Gebäude auch einen behutsamen Rückbau nicht mehr benötigter Wohnungen und Einrichtungen.

Stadtentwicklung heute heißt Qualität statt Quantität. Und um diese Entwicklung zu beschleunigen, brauchen wir rasch für alle abgerissenen Wohnungen die Befreiung von Altschulden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Auch Landesentwicklung braucht einen zeitgemäßen Rahmen. Mit dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung stellt die Landesregierung deshalb das Landesraumordnungsprogramm aus dem Jahre 1993 als Landesentwicklungsprogramm neu auf. Sie wird dazu ein breites Beteiligungsverfahren durchführen.

Meine Damen und Herren! Neben der 1000-jährigen Kultur ist es die herrliche Natur, die von Einheimischen und Gästen gleichermaßen geschätzt wird. Gäste, die zu uns kommen, suchen Erholung, Entspannung und Ruhe. Das setzt eine intakte Natur, saubere Gewässer und klare Luft voraus. Wir würden uns den Ast absägen, auf dem wir heute mit dem Tourismus sitzen, wenn wir unsere wirtschaftliche Entwicklung ohne Rücksicht auf die natürlichen Lebensgrundlagen vorantreiben würden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Nur durch konsequenten Umweltschutz eröffnen sich wachsende Marktchancen beispielsweise im Gesundheits- und Wellnessbereich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Durch zusätzliche neue Naturparke bewahren wir die Schönheit unserer Natur und schaffen weitere ausgezeichnete Erholungsmöglichkeiten. Auch der Erfolg der regenerativen Energien bei uns im Land zeigt, dass sich Wirtschaftlichkeit und Ökologie nicht ausschließen, ganz im Gegenteil. Das ist ein Bereich, den wir weiter ausbauen werden, in dem weitere attraktive Arbeitsplätze entstehen, gerade auch für junge Techniker und Ingenieure.

Durch ein Bündel umfangreicher Maßnahmen wird eine nachhaltige Entwicklung – orientiert an der AGENDA 21 – im Land vorangebracht. Das Klimaschutzkonzept werden wir zu einem ressortübergreifenden Aktionsplan „Klimaschutz“ fortschreiben. Gegenüber dem Bund dringen wir weiterhin darauf, dass zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung der Schiffssicherheit und zur wirksamen Bekämpfung von Schiffshavarien in der Ostsee ergriffen werden.

(Reinhardt Thomas, CDU: Ja, ja!)

Wie verheerend die Auswirkungen eines Tankerunglücks sein können, das erleben wir zurzeit an der spanischen Küste. Die EU hat zwar endlich erste Konsequenzen gezogen. Schweröltanker ohne doppelte Hülle dürfen Häfen in EU-Staaten nicht mehr anlaufen, dürfen in EUStaaten nicht vor Anker gehen. Aber ich sage, das reicht noch nicht aus.

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Schweröl ist zwar das gefährlichste Gut, was in diesen Tankern transportiert wird, aber auch ein Unfall mit normalem Erdöl hätte verheerende Folgen für unsere Küste, für unsere Tourismuswirtschaft. Es kommt nun darauf an, dass in diese Vereinbarungen die Beitrittsstaaten einbezogen werden, die 2004 voraussichtlich beitreten werden, und vor allen Dingen auch Russland, denn Russland ist ein großer Erdölexporteur und der Hafen Primorsk ist ein Hafen, der fast nur auf Erdöl spezialisiert ist. Also dort gibt es noch Weiteres zu tun.

In der Abfallwirtschaft ist es gelungen, für den öffentlichen und den privaten Bereich zukunftsfähige Entsorgungsstrukturen zu schaffen. Der derzeitige Wettbewerb der Entsorgungsträger wird von uns begrüßt, denn er sorgt dafür, dass die Gebühren für die Verbraucher möglichst niedrig gehalten werden. Das Land will die landeseigene Deponie Ihlenberg als Säule der Abfallwirtschaft im Land weiter ausbauen. Der Altteil der Deponie wird geschlossen. Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit und zur Reduzierung der Emissionen werden konsequent fortgesetzt.

Meine Damen und Herren, wir investieren in ein sicheres Zusammenleben:

In Mecklenburg-Vorpommern können die Bürgerinnen und Bürger sicher leben. Und um dies auch in Zukunft zu gewährleisten, führen wir den Kampf gegen die Kriminalität und ihre Ursachen weiter. Bei dieser Doppelstrategie liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Bekämpfung der Jugend- und Gewaltkriminalität.

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Eine gut ausgebildete, ausgestattete und motivierte Polizei ist dafür eine Voraussetzung. Durch die Polizeistrukturreform ist die Polizei im Straßenbild präsenter geworden. Das stärkt das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger und das ist uns wichtig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Sicherheit vor körperlicher Gewalt wollen wir insbesondere auch für Frauen und Kinder erreichen. Deshalb haben wir einen Aktionsplan verabschiedet und in wesentlichen Teilen bereits in der letzten Legislaturperiode umgesetzt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

So hat Mecklenburg-Vorpommern als erstes Bundesland sein Sicherheits- und Ordnungsgesetz dahin gehend erweitert, dass Täter bei häuslicher Gewalt der Wohnung verwiesen werden und Betretungsverbote ausgesprochen werden können. Damit wurde ein wesentlich verbesserter Schutz für Opfer häuslicher Gewalt erreicht und daran werden wir kontinuierlich weiterarbeiten.

(Beifall bei der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Auch die Sicherheit auf unseren Straßen werden wir weiter verbessern. Dazu werden wir den Dreierschritt – Geschwindigkeitsreduzierung, Baumaßnahmen und Erhöhung des Überwachungsdruckes – fortsetzen. Zugleich gilt es aber auch, die Sicherheit der Bevölkerung vor Straftätern zu erhöhen. Straftäter werden in MecklenburgVorpommern schnell, konsequent und mit der notwendigen Härte verfolgt. Oberstes Ziel im Strafvollzug und im Maßregelvollzug ist es, Wiederholungstaten möglichst auszuschließen. Hieran orientieren sich alle Maßnahmen, vom Lockerungssystem über die bauliche Sicherheit der Haftanstalten bis hin zu Maßnahmen der Resozialisierung.

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

2. Innovation

Neben Investitionen sind Innovationen der Schlüssel zur Fortentwicklung unseres Landes. Wir fördern Innovationen in allen Bereichen. Ein Bereich, der eine gehörige Portion Innovation gut vertragen kann, ist die Verwaltung. Was ist nach allgemeiner Auffassung an allem schuld, dauert nach allgemeinem Ermessen viel zu lange und kann es ohnehin sowieso niemandem recht machen? Ja, richtig – die Verwaltung. Auch wenn das natürlich übertrieben ist, in ganz Deutschland ist es Zeit dafür, den „Verwaltungsdschungel“ zu lichten. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern will dabei vorangehen und in dieser Legislaturperiode Grundlagen für eine tiefgreifende Reform der Verwaltung schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Dabei werden wir genau prüfen, welche Aufgabe zukünftig überhaupt noch von der öffentlichen Verwaltung wahrgenommen werden muss. Und wer ernsthaft eine

schlanke Verwaltung will, der muss alle Ebenen zur Mitarbeit herausfordern, das Land, die Kreise und die Gemeinden. Nur mit diesem umfassenden Ziel erreichen wir mehr Bürgernähe, weniger Bürokratie, höhere Leistung und vor allem Sparsamkeit.

Obwohl wir im Land schon seit Jahren die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst zurückgeführt haben, haben wir im Vergleich zu den alten Bundesländern immer noch zu viel Landesbedienstete. Ihre Zahl soll in den nächsten Jahren daher sozialverträglich weiter deutlich reduziert werden, von jetzt noch über 44.000 auf 38.500 bis 2006. Damit vergrößern wir auch den Spielraum für Investitionen.

Meine Damen und Herren! Diese anstehende Aufgabe Verwaltungsreform sollten wir aus dem Parteienstreit heraushalten, denn sie betrifft alle. Schon in der letzten Legislaturperiode hat es dazu gute Ideen gegeben, unter anderem vom ehemaligen Greifswalder Oberbürgermeister Herrn von der Wense, die in die Arbeit der Enquetekommission eingegangen sind. Eine effektive Verwaltung ist eine Grundbedingung für wirtschaftlichen Erfolg und Bürgerzufriedenheit.

Auf welcher Ebene werden Aufgaben am besten erledigt? Wie kann Bürokratie weiter abgebaut werden? Der Bürger fragt nicht danach, wo die Dienstleistung erbracht wird, er fragt, wo er sie bekommt. Und das soll zukünftig an einer Stelle geschehen. Mit unserer Reform wollen wir ein Verwaltungssystem schaffen, das dicht an den Bürgerinnen und Bürgern und effizient ist.

Kernstück ist eine zweistufige Funktionalreform, das heißt die Verlagerung von Landesaufgaben auf die Landkreisebene und die Verlagerung von Aufgaben der Kreise auf die Ämterebene. Dies setzt aber, das sage ich in Richtung Union, leistungsfähige Kreisstrukturen und leistungsfähige Ämter voraus. Die jetzigen Strukturen, das sage ich hier deutlich, werden dem noch nicht gerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Meiner Ansicht nach ist diese Verwaltungsreform eine gewaltige, aber notwendige Aufgabe. Wenn sie gelingt, dann wird Mecklenburg-Vorpommern die modernste Verwaltung Deutschlands haben. Und das ist ein Ziel, für das es sich lohnt, parteiübergreifend konstruktiv zusammenzuarbeiten, zum Beispiel im neuen Sonderausschuss.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Eine Entbürokratisierung brauchen wir auch im Hinblick auf die zahlreichen Förderprogramme des Landes. Um die Förderprogramme übersichtlicher zu gestalten, werden sie gestrafft und soweit wie möglich mit denen des Bundes kombiniert. Sie werden kontinuierlich auf ihre Wirksamkeit überprüft. Was nichts bringt, wird gestrichen. Förderung ist kein Selbstzweck.

Noch mehr Innovationen brauchen wir in Bezug auf die Forschung und Entwicklung. Dazu werden wir unsere Technologieoffensive fortsetzen. Dabei geht es uns vor allem um die weitere Optimierung der Zusammenarbeit von Unternehmen und wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen bei der Entwicklung neuer Verfahren und Produkte in den Schwerpunktbereichen Biotechnologie, Medizintechnik, Informations- und Kommunikationstechnologien und auch regenerative Energien.

Innovationen, meine Damen und Herren, sind auch auf dem zweiten Arbeitsmarkt gefordert. Innovativ ist unser

neues Arbeits- und Strukturentwicklungsprogramm, ASP, mit dem eine nachhaltige, regionale Wirtschaftsentwicklung unterstützt wird. Dieses Programm kann ein Vorbild auch für die anderen neuen Bundesländer sein.

Arbeitsmarktpolitische Akteure vor Ort werden in der Entscheidungsfindung bei der Verteilung von Fördermitteln mit einbezogen. Dies eröffnet insbesondere Frauen eine Perspektive, denn im ASP wird die Berücksichtigung der Chancengleichheit von Männern und Frauen festgeschrieben. Diese Maßnahmen werden konsequent an den Erfordernissen des ersten Arbeitsmarktes ausgerichtet. Und schon heute können bedeutende Vorhaben, zum Beispiel Planungsleistungen zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt, aus dem Initiativfonds des ASP unterstützt werden. Dazu gehören zum Beispiel Projekte zur Bauleitplanung und Standortvorbereitung von Industrie- und Gewerbegroßstandorten. Es gibt unter anderem Zuschüsse für die kreisfreien Städte zur Einstellungsförderung, zum Beispiel von Langzeitarbeitslosen und Sozialhilfeempfängern. Darüber hinaus erhalten Projekte zur Förderung des Unternehmergeistes bei Schülern, Studenten und Hochschulabsolventen aus dem ASP finanzielle Mittel. Sie sehen also, hier hat sich in der Vergangenheit schon viel bewegt und diesen Weg werden wir weitergehen.

Ein Grundproblem des zweiten Arbeitsmarktes war es bisher, dass Angebot und Nachfrage oft nicht zusammengepasst oder auch nicht schnell genug zusammengefunden haben. Hier setzt das Hartz-Konzept mit seinem Maßnahmekatalog an. Die Landesregierung wird sich dafür einsetzen, dass diese Maßnahmen flexibel auch auf regionale Lösungen ausgerichtet werden können. Wir dürfen allerdings nicht übersehen, dass im Osten das Hauptproblem nicht die Vermittlung, sondern die zu geringe Zahl von Arbeitsplätzen ist. Und wir sind uns bewusst, dass die Neustrukturierung des zweiten Arbeitsmarktes nach Hartz zuerst sicherlich nicht einfach wird, aber langfristig wird es sich auszahlen.