Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

Der Lärm und die Staubbelastung wären erheblich. Neuendorf und Umgebung würden stark an Attraktivität verlieren und vor allem auch Gäste.

(Beifall Dr. Martina Bunge, PDS – Torsten Koplin, PDS: Stimmt.)

Alle bisherigen Bemühungen um touristische Entwicklungen wären damit konterkariert. Der Hinzugewinn von Arbeitsplätzen würde die Verluste an derselben Stelle an anderer Stelle nicht ausgleichen können.

(Dr. Martina Bunge, PDS: So ist es.)

Bewahren wir nicht nur deshalb dieses Stück Natur für Tier und Mensch, indem wir es unter Schutz stellen! Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Der Abgeordnete Lorenz Caffier bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Danke schön, Frau Schwebs.

Während der Einbringung, Herr Caffier, geht das leider nicht. Aber nach meiner Rednerliste kommt Frau Schwebs noch mal dran, dann können Sie nachher Ihre Frage stellen.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Zuerst hat ums Wort gebeten der Umweltminister Professor Dr. Methling. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Neuendorfer Wiek beherbergt mit der Insel Beuchel ein

traditionelles Küstenvogelschutzgebiet. Die Insel ist Brutgebiet für eine Vielzahl von Watt- und Wasservogelarten, die Frau Schwebs hier so bildhaft beschrieben hat. Sie besitzt auch überregional eine hohe Bedeutung für den Erhalt und für die Regeneration der Küstenvogelfauna.

Die Neuendorfer Wiek fungiert dabei als Pufferzone für die hochkonzentrierten Brutvogelpopulationen auf der Insel Beuchel und stellt selbst ein Brutgebiet sowie einen Rast-, Ruhe- und Nahrungsraum für mehr als 20 Wasservogelarten mit zum Teil tausenden Individuen dar. Die Randbereiche der Wiek werden von Brackwasserröhrichten und Salzwiesen eingenommen. Im Osten des Gebietes finden sich in weiterer typischer Standortabfolge auch Sandmagerrasen, verschiedene Ausprägungen mit charakteristischem Arteninventar vom Aussterben bedrohter oder stark gefährdeter Pflanzenarten wie deutsches Filzkraut.

Die Insel Beuchel als Kernzone des beschriebenen Gebietskomplexes ist seit dem Jahr 1940, wie bereits gesagt, als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Zur Gewährleistung eines ganzheitlichen Schutzes bestehen seitens der Naturschutzverwaltung bereits langjährige Planungen, den Schutzstatus auf die vollständige Wiek sowie die angrenzenden schutzwürdigen Uferbereiche auszuweiten. Dieser ganzheitliche Ansatz fand 1999 seinen Niederschlag in der einstweiligen Sicherstellung als Naturschutzgebiet für die Dauer von zwei Jahren. Ebenfalls im Jahr 1999 erfolgte die Meldung als FFH-Vorschlagsgebiet gegenüber der EU-Kommission.

Noch vor Ablauf der einstweiligen Sicherstellung ist im Jahre 2001 seitens des Umweltministeriums das Verfahren zur Festsetzung als Naturschutzgebiet eröffnet worden. Dieses Festsetzungsverfahren konnte bislang nicht zum Abschluss gebracht werden, so dass für das Gebiet mit Ausnahme der Insel Beuchel gegenwärtig weder ein nationaler Schutzstatus noch eine Veränderungssperre gemäß Paragraph 29 Landesnaturschutzgesetz vorliegt. Unbeschadet hiervon sind die naturschutzfachlichen Erfordernisse zur dauerhaften Unterschutzstellung weiterhin gegeben. Gleichzeitig – und dies geht aus dem vorliegenden Antrag der Fraktionen der PDS und SPD nur indirekt hervor – ist für einen Teil des geplanten Naturschutzgebietes im Raum Trent-Zessin durch die Heidelberger Baustoffwerke GmbH der Abbau von Kies und Sand vorgesehen.

Die rechtliche Grundlage dafür bietet zum einen das Bergwerkseigentum an der Kiessandlagerstätte TrentZessin, welche im Ergebnis des Einigungsvertrages und im Rahmen des gesetzlichen Auftrages der Treuhandgesellschaft privatisiert worden ist. Zum anderen existiert, wie dargestellt, ein Planfeststellungsbeschluss des Bergamtes Stralsund vom 12. November 1999, welcher wenige Tage vor dem In-Kraft-Treten der Verordnung zur einstweiligen Sicherstellung des geplanten Naturschutzgebietes Neuendorfer Wiek erlassen worden ist. Inhalt der bergrechtlichen Entscheidung ist die Zulassung des von der Heidelberger Baustoffwerke GmbH beantragten Rahmenbetriebsplans. Der erwähnte Planfeststellungsbeschluss besitzt aufgrund anhängiger Verfahren noch keine abschließende Bestandskraft. Insofern bestehen widerstreitende Belange für eine Teilfläche des geplanten Naturschutzgebietes, die auf der Grundlage geltenden Rechts zu bewerten und im Rahmen weiterer Entscheidungen zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen sind.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, auch wenn derartige Sachverhalte gegenwärtig noch nicht abschließend rechtlich bewertet werden können, möchte ich darauf hinweisen, dass der geplante Kiesabbau nach meiner Wahrnehmung durch einen Großteil der in der Region ansässigen Bevölkerung vehement abgelehnt wird.

(Angelika Peters, SPD: Das ist richtig.)

Diese Ablehnung geht einher mit der Befürchtung gravierender Störungen des Landschaftsbildes und des Naturhaushaltes, der eigenen Lebensqualität sowie damit verbundener Nachteile für die touristische Attraktivität der Region. Die am Rande der Landtagssitzung im November übergebenen 1.118 Unterschriften sowie mehrere hundert Schreiben, die das Umweltministerium und andere erreicht haben, belegen dieses eindrucksvoll.

Ein weiterer Beleg für die widerstreitenden Belange ist auch die Tatsache, dass eine im Jahr 1995 vorgenommene landesplanerische Beurteilung des Kiesabbauvorhabens zu dem Ergebnis gekommen war, dass das Vorhaben mit den Erfordernissen der Raumordnung nicht vereinbar ist. Um entsprechenden Nachfragen vorzubeugen, betone ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich, dass es mir bei der seit langem geplanten Festsetzung des Naturschutzgebietes weder vorder- noch hintergründig um die Verhinderung des Kiesabbaus ging und geht. Die Unterschutzstellung des Gebietes war seitens der Naturschutzbehörden bereits vor der Vergabe des Bergrechtes Anfang der 90er Jahre aufgrund naturschutzfachlicher Bewertungen und Erfordernisse vorgesehen.

Unabhängig davon hat der Verordnungsgeber selbstverständlich der aktuellen rechtlichen Situation Rechnung zu tragen. Dieses ist ein Aspekt, der nicht immer von allen beachtet wird. Insbesondere ist die Verordnung zur Festsetzung des Naturschutzgebietes aus der Sicht der Landesregierung so zu fassen, dass Schadenersatzansprüche gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern ausgeschlossen werden. Ein diesem Umstand Rechnung tragender entsprechender Verordnungsentwurf ist durch das Umweltministerium bereits erarbeitet worden und liegt unter Berücksichtigung der Abwägungsergebnisse aus der Öffentlichkeitsbeteiligung in einer aktualisierten Fassung vor. Nach erfolgter Zustimmung durch die Normenprüfstelle kann eine gemeinsame Verordnung des Umweltministers und des Landwirtschaftsministers Anfang des Jahres 2005 erlassen werden. Ich muss jedoch abschließend erneut klarstellen, dass damit die Frage der Realisierung des geplanten Kiesabbaus weiterhin nicht endgültig entschieden ist. Hier bleiben zunächst die Ergebnisse der laufenden Verfahren abzuwarten.

Ich betrachte den vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen ebenso wie die Demonstration von Umweltschützern und Inselbewohnern vor dem Landtag und sogar hier im Hause als politische Unterstützung für die vorbereitete rechtmäßige Unterschutzstellung der Neuendorfer Wiek als bedeutenden Lebensraum für Küstenvögel und seltene Pflanzen. – Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Minister.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Timm. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Pienlich, pienlich, kann ik dor blot seggen, wat wi hier wedder fabrizieren. Die Koalitionsfraktionen fordern die Landesregierung auf, das im Süden der Insel Rügen gelegene Gebiet Neuendorfer Wiek mit der Insel Beuchel als Naturschutzgebiet gemäß Paragraph 22 des Landesnaturschutzgesetzes auszuweisen. Gemäß Paragraph 22 Absatz 1 ist die Oberste Naturschutzbehörde ermächtigt, Naturschutzgebiete durch Rechtsverordnung auszuweisen. Ich meine, das auch vom Herrn Minister so gehört zu haben. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Aufforderung des Landtages, um das oben genannte Gebiet als Naturschutzgebiet auszuweisen.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Für das Gebiet gibt es ein durch das Bergamt Stralsund am 12. November 1999 mit Planfeststellungsbeschluss festgestelltes Abbaurecht für Kiessand. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens wurde eine öffentliche Anhörung durchgeführt,

(Angelika Peters, SPD: Das Protokoll kommt noch?)

in deren Rahmen die Bedenken und korrigierenden Nutzungsansprüche abgewogen wurden. Gegen den Planfeststellungsbeschluss wurde seitens des Landkreises der betroffenen Kommunen und des NABU vor dem Verwaltungsgericht geklagt. Das Klageverfahren wurde im zurückliegenden Monat zugunsten des Beklagten entschieden. Sollte die Landesregierung über das Kiesgewinnungsgebiet ein Naturschutzgebiet verhängen, so dass eine Nutzung der Lagerstätten nicht möglich ist, ist mit einer Schadenersatzklage des Unternehmens Heidelberger Baustoffe GmbH zu rechnen.

Ich möchte dazu noch einige andere Gesichtspunkte in Erinnerung bringen. Der Planfeststellungsbeschluss hat 30 Jahre Gültigkeit. Dieser Planfeststellungsbeschluss ist entstanden auf der Grundlage des Bundesrechtes des Bundesberggesetzes und der Umweltverträglichkeitsprüfungsverordnung für den Bergbau, auch ein Bundesrecht. Es ist weiter herangezogen worden das Verwaltungsverfahrenszustellungs- und Vollstreckungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern. Das heißt, alles, was auf der Grundlage in diesem Lande rechtlich geltender Bestimmungen erforderlich ist, ist eingehalten worden. Für den Rahmenbetriebsplan, der im Rahmen dieser Planfeststellung bestätigt worden ist, gilt das Gleiche: Dieser Rahmenbetriebsplan ist ausdrücklich für das Bergwerksfeld Trent-Zessin zugelassen. Die per Maßgabe in dem Planfeststellungsbeschluss getroffenen Nachfolgeregelungen sind Regelungen, die auf der Grundlage des Wasserhaushaltsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und des Wassergesetzes von Mecklenburg-Vorpommern erlassen worden sind, und sie sind so erlassen worden, dass dort Trocken- und Nassschnitt sowie die Anlage eines Baggersees zugelassen sind.

(Angelika Peters, SPD: Jawohl, hundert Meter von einem natürlichen Baggersee. Das brauchen wir! Na toll!)

Die Auffassungen gehen da auseinander, sehr geehrte Frau Peters. De ein, de leef den Baggersee, un de anner nich.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Das Landeswaldgesetz Mecklenburg-Vorpommern hat ebenfalls diesem Planfeststellungsbeschluss nichts

Rechtmäßiges entgegenzusetzen gehabt. Gleiches trifft auch zu für das Landesnaturschutzgesetz.

Das Denkmalschutzgesetz des Landes MecklenburgVorpommern setzt sich mit den Bodendenkmälern auseinander. Auch hier ist keine widersprüchliche Auffassung in den Planfeststellungsbeschluss niedergeschrieben worden. Es bleibt also die Frage zu stellen: Wo bleibt die Verlässlichkeit der Landesregierung für die Wirtschaft oder bleibt sie auf der Strecke?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig!)

Ich erinnere mich sehr gut daran, dass unsere Herren Minister uns sehr häufig von diesem Pult aus, an dem ich jetzt auch stehe, versichert haben: Naturschutzrechtliche Regelungen, FFH und, und, und – ich will das jetzt nicht ausweiten – sind keine Hinderungsgründe, um in Mecklenburg-Vorpommern Wirtschaft anzusiedeln.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Ich glaube, der Herr Wirtschaftsminister Dr. Ebnet hat gerade das, was die Ansiedlung von Wirtschaft und Industrie betrifft, so wir dann überhaupt welche herbekommen, sehr eindrücklich unterstrichen, und zwar dass wir denen gegenüber, die zu uns kommen wollen, in der Pflicht sind.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Es geht nicht darum, dass wir diesen großen Ansturm, der an unserer Haustür steht, zurückweisen müssen.

Herr Timm, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Dr. Bartels?

Nein, im Moment nicht.

Es bleibt, sich außerdem damit auseinander zu setzen, wie wir mit der Tatsache umgehen, den Kies auf Rügen, so wir dann eine Lagerstätte gefunden haben, die abbaufähiges Material in Größenordnungen aufweist, für einen längeren Zeitraum zu nutzen. Mit welcher Philosophie treten wir dem entgegen, wenn wir sagen, auf Rügen nicht, aber aus Jarmen, Demmin oder Langhagen könnt ihr ihn holen?

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

50.000 Tonnen Kies karren wir jedes Jahr über den Rügendamm, weil wir in dem einzigen noch in Betrieb befindlichen Abbaufeld in Zirkow nur noch niedere, minderwertige Bausande haben, die für keinen Straßenbau, für keinen Betonbau, für keine Mörtelherstellung mehr gebraucht werden können, wenn wir sie nicht durch entsprechendes Grobkorn und Großkorn aus anderen Revieren vom Festland aufbessern.

Frau Schwebs hat in der Zeitung „Neues Deutschland“ geschrieben oder gesagt: „Meiner Ansicht nach ist der Kies aus Trent-Zessin nicht notwendig, um den Bedarf der Insel zu decken. Zum Straßenbau könnte auch viel stärker Recyclingmaterial eingesetzt werden.“

(Angelika Peters, SPD: So ist es.)

Im Straßenbau wird bereits Recyclingmaterial angewendet, und zwar da, wo es möglich ist. Eines der wichtigsten Voraussetzungen, Recyclingmaterial anzuwenden, ist die so genannte Frostverträglichkeit, die Umwandlung des Materials, die Frostbeständigkeit. Das ist bei Schotter oder bei Straßenmaterial, Baumaterial, was wir besonders aus Betonrecycling gewinnen können, nicht der Fall.