Protokoll der Sitzung vom 27.01.2005

Das mag ja nun wirklich an mir liegen. Das gebe ich gern zu. Da werde ich nicht schlau,

(Barbara Borchardt, PDS: Ist heute der Tag der Selbstkritik?)

aber ich hoffe, dass es allen anderen anders geht.

Satz 1 bekundet den Willen der Landesregierung, sich über eine interministerielle Arbeitsgruppe „Standortkonversion“ gezielt um die Probleme einzelner Konversionsstandorte zu kümmern. Satz 2 relativiert allerdings schon wieder dieses Ziel, denn dort heißt es nur noch, dass Gemeinden bei den anstehenden schwierigen Fragen Hilfe angeboten werden soll. Und Satz 3 letztendlich verweist auf die kommunale Selbstverwaltung und überlässt nach dem Motto „Macht euren Kram doch alleene!“ die Federführung für die Entwicklung des Standortes den betroffenen Gemeinden.

Um das hier mal ganz klar zu sagen: Kommunale Selbstverwaltung Ja, ohne Wenn und Aber, aber zu einem Hinausstehlen aus der Verantwortung für zu verantwortende Probleme sagen wir ganz entschieden Nein.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen und insbesondere verehrter Kollege Schwarz, der vorliegende Antrag der Koalitionsfraktionen richtet zwar keinen nachhaltigen Schaden an – das ist ja immerhin auch schon etwas –,

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU, und Rainer Prachtl, CDU)

aber er hilft uns auch nicht wirklich beim Thema Konversion weiter. Insbesondere der der Konversion zugrunde liegenden Problematik der Schließung von Standorten widmet die Landesregierung ein zu geringes Augenmerk

(Beifall Andreas Petters, CDU)

und hier hätte ich gern von den Antragstellern sehr viel konkretere Aussagen gehabt, vor allen Dingen die Landesregierung deutlicher in die Pflicht genommen gewusst. Sorgen Sie doch bitte schlicht und einfach dafür, dass es nicht mehr zu derartigen Problemen kommt und die Standorte der Bundeswehr im Land Mecklenburg-Vorpommern erhalten bleiben! Dann brauchen wir uns nämlich nicht über Anträge der vorliegenden Qualität zu unterhalten und schon gar nicht darüber abzustimmen.

Ansonsten, denke ich, Herr Kollege Schwarz, ist dieser Antrag zu sehr an der Oberfläche langgeschrabt. Es reicht nicht aus, der Regierung zu sagen, das ist doch alles schön, was ihr macht, berichtet mal schön weiter. Nein, ich glaube, an den betroffenen Standorten wird von uns mehr erwartet,

(Peter Ritter, PDS: Ja, von der CDU allemal. Das stimmt schon.)

vom Landesgesetzgeber und von der Landesregierung. Und es wird mehr erwartet, als Sie ihr offensichtlich zutrauen. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Born.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Sehr verehrter Herr Dr. Born, ich würde Sie wirklich mal recht herzlich nach Stavenhagen einladen,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja!)

dann kann ich Ihnen mal zeigen, was die Regierung bisher getan hat, um die Kommune bei der Bewältigung der Konversionslasten zu unterstützen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Thomas Schwarz, SPD – Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

Aber Sie kennen mich und meine kritische und selbstkritische Herangehensweise.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Und ich sage natürlich auch heute hier: Es ist noch viel zu tun, denn seit der Bekanntgabe der ersten Standortschließungen im Zuge der Bundeswehrstrukturreform im Jahre 2001 ist es nun mal schon fast Tradition geworden, dass wir uns zu Beginn eines jeden Jahres mit der Problematik der Standortschließungen beziehungsweise der Konversion beschäftigen.

Ich will aber darauf verweisen, dass die Situation zu Beginn des Jahres 2005 eine andere ist, nämlich Konversion ist endlich Schwerpunkt im regionalen Förderprogramm des Landes. Die Fortschreibung der Leitlinien für Konversion ist endlich per Kabinettsbeschluss erfolgt. Konversion ist somit endlich Mittel und Zweck der Wirtschaftspolitik des Landes geworden. Damit sind wichtige, auf Dringen meiner Fraktion fixierte Punkte der Koalitionsvereinbarung erfüllt. Wichtiger aber ist, dass wir damit den betroffenen Kommunen wertvolle Hilfe bei der Bewältigung der Konversionslasten gegeben haben. Wir sind aber längst noch nicht über den Berg.

Der vorliegende Antrag beschreibt daher in seiner Einleitung richtig, dass der umfassende Neuordnungsprozess die Probleme des Landes verstärkt und – ich zitiere – „die noch immer durch die Konversion der Flächen der Nationalen Volksarmee sowie der Westgruppe der russischen Truppen belastet sind“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir deshalb auch einen kurzen Blick zurück und eine Bewertung aktueller Hilfsangebote seitens verschiedener Akteure auf der Bundesebene, so auch der Bundestagsfraktionen von CDU und CSU. Der Blick zurück: Die personelle Stärke der Truppen in der DDR war 1989 mit rund 530.000 Mann, davon 160.000 Mann NVA und 370.000 Mann Westgruppe der russischen Truppen, erheblich geringer als in der damaligen Bundesrepublik mit rund 840.000 Soldaten. Die Militärs in der damaligen DDR verfügten aber über rund 480.000 Hektar Militärfläche, in der alten Bundesrepublik nur 340.000 Hektar. So kamen in der DDR 33 Soldaten auf 1.000 Einwohner, in der Bundesrepublik nur 13. In der DDR betrug der Anteil der Militärfläche am Gesamtterritorium 4,4 Prozent, in der Bundesrepublik alt nur 1,4 Prozent. Mit einer Gesamtfläche von 243.000 Hektar und 1.026 Liegenschaften nutzte die Westgruppe der russischen Streitkräfte über die Hälfte der 4,4 Prozent Anteil der Militärfläche.

Das alles war Teil unserer Mitgift, die wir in die Deutsche Einheit und damit zugleich in die Europäische Union einbrachten. Einige Anforderungen dieser so genannten alten Konversion wurden auch bei uns im Land gemeistert. Vieles aber ist noch offen und ungelöst und wer mit

offenen Augen durchs Land fährt, wird diese Stellen sehen und kennen.

Wenn man sich dann aber aktuelle Antragstellungen der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU sowie SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Thema Konversion ansieht, dann wird man feststellen, dass diese Probleme wie viele andere Probleme des Ostens einfach ignoriert werden. Da ist zwar von den Auswirkungen der aktuellen Standortschließungen in den Antragstellungen zu lesen, die im Dezember des vergangenen Jahres in den Bundestag eingebracht wurden. Da ist auch zu lesen von den Auswirkungen der Änderung bei der Stationierung der US-Streitkräfte in den alten Bundesländern. Die Probleme der neuen Bundesländer mit den Anforderungen der alten Konversion werden aber in den vorliegenden Anträgen im Bundestag nicht erwähnt. Keine Erwähnung findet auch die Notwendigkeit, geschweige denn das Angebot eines Bundeskonversionsprogrammes. Stattdessen wird im Antrag von SPD und Grünen im Bundestag auf Drucksache 15/4520 erneut betont, ich zitiere: „Nach der föderalen Aufgabenverteilung liegt die strukturpolitische Verantwortung für die Bewältigung der Konversionslasten vorrangig in der Verantwortung der betroffenen Länder und Kommunen.“

Die hiesige Opposition braucht nun aber nicht mit dem Finger auf die jetzige Bundesregierung zu zeigen, denn die jetzige Koalition im Bund bedient sich der gleichen Argumente wie die Kohl-Regierung Anfang der 90er Jahr e. Nicht umsonst findet sich im schon erwähnten Antrag von SPD und Grünen der Verweis, dass 1993 der Umsatzsteueranteil der Länder um zwei Prozentpunkte erhöht wurde, unter anderem zur finanziellen Flankierung der Folgen des Truppenabbaus.

Jedoch teilte mir die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern auf meine Kleine Anfrage bereits im Juni 2002 mit, ich zitiere: „Die Länder haben die höheren Umsatzsteuereinnahmen vor allem wegen der unzureichenden Deckungsquote der neuen Länder erhalten. Ein Zusammenhang mit der Kompensation von Konversionslasten ist hier nicht bekannt.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, es ist daher an der Zeit, dass die Bundesregierung ihre Taschenspielertricks beendet und den Ländern und Kommunen bei der Bewältigung der Konversionsaufgaben wirkungsvoll unter die Armee greift. Der im vorliegenden Antrag formulierten Aufforderung an die Landesregierung – i ch zitiere –, „sich weiterhin nachhaltig bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass der Bund aktiv seine Verantwortung … wahrnimmt“, ist deshalb nichts hinzuzufügen und sie ist auch von der Opposition voll zu unterstützen,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Macht die Landesregierung das nicht von sich aus?)

ich möchte aber hinzufügen, außer der Erwartungshaltung, dass die Landesregierung nicht nur, wie im Punkt 2 gefordert, über die Umsetzung der Konversionsleitlinien berichtet, sondern auch darlegt, welche Aktivitäten sie gegenüber der Bundesregierung unternommen hat.

Herr Dr. Born, wenn Sie jetzt fragen, was die Regierung unternommen hat,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Nein, frag ich nicht. Nein, das frag ich nicht.)

dann empfehle ich Ihnen einen Blick in die Koalitionsvereinbarung, in der zum Beispiel steht, dass wir die Bun

desratsinitiative zur Erarbeitung eines Bundeskonversionsprogrammes erarbeiten.

Herr Ritter, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Dr. Born? interjection: (Zustimmung)

Bitte, Herr Dr. Born, formulieren Sie Ihre Frage.

Da ich mich frage, ob ich doch vielleicht zustimmen soll: Weshalb ist es denn aus Ihrer Sicht notwendig, die Landesregierung aufzufordern, sich nachhaltig bei der Bundesregierung einzusetzen? Haben Sie den Eindruck, dass sie das bisher nicht getan hat und es erst eines Beschlusses dieses Hohen Hauses bedarf? Dann könnte ich ja vielleicht doch zustimmen.

Herr Dr. Born, aus meinem parlamentarischen Verständnis heraus ist es immer gut, wenn das gesamte Parlament die Landesregierung bei ihren Aktivitäten unterstützt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Deshalb hier noch mal der Appell an alle, die Landesregierung zu unterstützen bei ihren Aktivitäten gegenüber der Bundesregierung.

Danke schön.

Bitte schön.

(Barbara Borchardt, PDS: Und stimmt er jetzt zu? – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Holger Friedrich, SPD: Er denkt darüber nach.)

Ich will an dieser Stelle aber einfügen, dass nicht nur die Unterstützung der Opposition an dieser Stelle wichtig wäre, sondern auch Unterstützung außerhalb des Parlaments und der Regierung eine willkommene wäre. Zum Beispiel sollten die Bündnisgrünen dieses Landes, die sich oft und gern an anderen Stellen profilieren wollen, nicht länger zum Thema Bundeskonversionsprogramm schweigen. Aber wir wissen, dass sich die Grünen auch von vielen anderen Visionen verabschiedet haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir alle wissen – das ist in den Redebeiträgen bis jetzt deutlich geworden –, dass es kein einfacher landespolitischer Weg war, um die Rahmenbedingungen für Konversion zu schaffen, die heute existieren. Vieles konnte so auch nur auf den Weg gebracht werden, weil die betroffenen Kommunen nicht auf ein Wunder hofften, sondern selbst aktiv wurden, Erfahrungen sammelten und Vorschläge unterbreiteten, die sich auch jetzt so in den Konversionsleitlinien wiederfanden.

Und so ist es auch kein Wunder, sondern logische Konsequenz, dass sich im heute vorliegenden Antrag zum Beispiel Forderungen des Stavenhagener Konversionsund Wirtschaftstages vom 24.11.2004 wiederfinden. Wer den Diskussionsbeitrag der Vertreterin des Bundesverteidigungsministeriums auf dieser Tagung erlebt hat, der kommt nicht umhin, die Forderung nach einer Überprüfung und Reform geltender Verwaltungsvorschriften zum Konversionsverfahren nachhaltig zu unterstützen. Genauso deutlich muss immer wieder klar gemacht werden, dass Konversion im ländlichen Raum nur möglich ist, wenn die Kommunen in die Lage versetzt werden, ihre hoheitlichen Aufgaben wie Bauleitplanung und öffentliche Erschließung fachlich und finanziell tragen zu können. Konversionsmaßnahmen brauchen höchste und nachhal