Protokoll der Sitzung vom 27.01.2005

Und so ist es auch kein Wunder, sondern logische Konsequenz, dass sich im heute vorliegenden Antrag zum Beispiel Forderungen des Stavenhagener Konversionsund Wirtschaftstages vom 24.11.2004 wiederfinden. Wer den Diskussionsbeitrag der Vertreterin des Bundesverteidigungsministeriums auf dieser Tagung erlebt hat, der kommt nicht umhin, die Forderung nach einer Überprüfung und Reform geltender Verwaltungsvorschriften zum Konversionsverfahren nachhaltig zu unterstützen. Genauso deutlich muss immer wieder klar gemacht werden, dass Konversion im ländlichen Raum nur möglich ist, wenn die Kommunen in die Lage versetzt werden, ihre hoheitlichen Aufgaben wie Bauleitplanung und öffentliche Erschließung fachlich und finanziell tragen zu können. Konversionsmaßnahmen brauchen höchste und nachhal

tige Förderpriorität bei der Europäischen Union, beim Bund und in den Ländern, so eine Forderung des Konversions- und Wirtschaftstages in Stavenhagen.

Mit den im Dezember von der Landesregierung beschlossenen Konversionsleitlinien, mit dem heute zu beschließenden Antrag und mit den von den betroffenen Kommunen eingeleiteten Maßnahmen sind wir in Mecklenburg-Vorpommern auf dem richtigen Weg, über den Berg sind wir noch lange nicht. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ritter.

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Thomas Schwarz von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Sehr geehrter geschätzter Kollege Dr. Born! Ich habe mich natürlich im Vorfeld mit den Betroffenen auch mal unterhalten, habe sie zu diesem Antrag befragt und diese sagten aus ihrer Sicht: Es geht in Ordnung. Und nun möchte ich mal einfach einen O-Ton – der Kollege Ritter brachte schon mal Stavenhagen –, nämlich den Bürgermeister Herrn Mahnke wiedergeben: Ohne die Unterstützung des Landes wäre Konversion in Stavenhagen nicht durchführbar. Das Land hat die Lücke ausgefüllt, die der Bund hätte wahrnehmen müssen.

(Beifall Peter Ritter, PDS)

Und zum Schluss ein Dank an die Ministerpräsidenten.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Vom Kollegen Bürgermeister Schwarz kann ich Ihnen auch etwas Entsprechendes zeigen.)

Der Kollege Mahnke gehört nicht zu meiner Partei.

(Birgit Schwebs, PDS: Zu unserer auch nicht.)

Das sage ich Ihnen mal.

(Dr. Ulrich, Born, CDU: Nein, nein, nein! Der Bürgermeister Schwarz bescheinigt Ihnen das aber auch so.)

Wie unterschiedlich die Voraussetzungen für Konversion sind, das zeigt auch das Beispiel Eggesin. Konversion heißt nicht, einfach mal ein Haus zu verkaufen. Konversion ist ein zäher Prozess, Herr Dr. Born, und die Investoren stehen nicht Schlange. Eggesin zum Beispiel wurden überdurchschnittliche Hilfen gewährt: Wohnungsbau, Infrastruktur, soziale Segmente. Der Strukturwandel aber erfolgte nach der Auflösung der NVA. Und wir kennen das ja, Eggesin war immer identisch mit NVA. Darauf ist eigentlich fast, ich sage mal, die Stadt gebaut worden.

(Birgit Schwebs, PDS: Na, na, na! So nicht!)

Die zwei Strukturreformen der Bundeswehr sind so groß, dass aus meiner Sicht mit den verfügbaren Instrumentarien, sprich Fördermitteln und anderen öffentlichen Hilfen, der Schrumpfungsprozess und Anpassungsprozess nur gedämpft wurde, aber noch nicht zufriedenstellend gelöst werden konnte.

Und ich sage, Konversion heißt für mich – und da spreche ich als Bürgermeister einer betroffenen Gemeinde – nicht nur, zu investieren in die vorhandene Infrastruktur, sondern Konversion kann auch heißen: Rückführung,

Zurückbauen von Infrastruktur. Und ich habe – ich sage mal, zu meinem Bedauern – die leidige Erfahrung machen müssen. Durch diesen Einwohnerschwund, den ich hatte, automatisch auch Kinder, habe ich zum Beispiel meine Kitas um die Hälfte verkleinern müssen, und ich habe auch eine Schule schließen müssen. Ich musste Infrastruktur zurückführen, das heißt auch Konversion, denn ich habe vorhin gesagt, wir wollten ja diese Konversionspolitik effizient und gebündelt. Es bringt uns nichts, in etwas zu investieren, was nicht haltbar ist.

Ich denke aber, Herr Dr. Born, man kann diesem Antrag trotzdem zustimmen. Es wurde von Ihnen schön gesagt: Er schädigt nicht. Nein, das finde ich nicht in Ordnung. Ich finde, wir sind auf dem richtigen Weg. Und Kollege Ritter hat gesagt, wir sind noch nicht über den Berg. Ich denke, das Land Mecklenburg-Vorpommern – und das sagte auch der Konversionsbeauftragte von Brandenburg Herr Vogt – hat Enormes geleistet.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS, Norbert Baunach, SPD, und Ute Schildt, SPD)

Vielen Dank, Herr Schwarz.

Ums Wort hat jetzt gebeten der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Dr. Ebnet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Dr. Born, Sie haben von einem Sorglos-Paket gesprochen. Da muss es ein Missverständnis geben. Wir haben Sorgen, nicht Sorglosigkeit, und wir müssen den Sorgen, die auch die Menschen haben, gerecht werden. Wir müssen sie aufnehmen und wir müssen uns um die Menschen mit ihren Sorgen kümmern. Von Sorglosigkeit kann nicht die Rede sein. Zynikerworte wie Zauberkunststücke, Taschenspielertricks und so weiter – ich denke, wir sollten uns des Themas ernsthaft annehmen, und das bedeutet: Konversion ist eine Fülle ganz praktischer Maßnahmen zur Lösung ganz praktischer Probleme der Menschen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Und wir wissen, dass die Reduzierung von Bundeswehrstandorten in unserem Land, die diesmal relativ abgeschwächt im Vergleich zu anderen Bundesländern stattgefunden hat, die betroffenen Gemeinden und die Menschen, die dort wohnen, vor große Probleme stellt. Wir lassen die Kommunen und die Menschen mit diesen Schwierigkeiten nicht allein. Die Landesregierung unterstützt die von den Strukturreformen der Bundeswehr betroffenen Kommunen. Damit wollen wir die Voraussetzung schaffen für neue Arbeitsplätze.

(Unruhe bei Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU)

Deshalb haben wir die Standortkonversionsrichtlinien erlassen, Herr Glawe,

(Harry Glawe, CDU: Ja.)

die das bestehende Förderinstrumentarium ergänzen und den Kommunen beim Strukturwandel helfen. Mit diesem Programm werden zum Beispiel der Abriss von Gebäuden, die Entsiegelung unter Renaturierung von Flächen und die Altlastenbeseitigung gefördert. Bislang wurden die betroffenen Gemeinden aus diesem Pro

gramm mit über 19,3 Millionen Euro unterstützt. Jährlich stehen im Rahmen der Standortkonversion Mittel in Höhe von rund 3,7 Millionen Euro zur Verfügung. Und Investoren können sich darüber hinaus natürlich mit unserem ganzen Förderinstrumentarium unterstützt wissen.

Meine Damen und Herren, die finanzielle Unterstützung der Gemeinden bei der Sanierung der militärisch genutzten Flächen ist wichtig. Deshalb werden wir auch in Zukunft Mittel bereitstellen, um die Folgen der Konversion abzumildern. Die Landesregierung will die betroffenen Gemeinden aber auch über finanzielle Hilfen hinaus unterstützen. Ende letzten Jahres haben wir deshalb unsere Leitlinien zur Konversion überarbeitet. Die neu gefassten Leitlinien sehen vor, den Bund bei der Bewältigung der Konversion stärker einzubinden. Und der Bund hat uns bereits signalisiert, dass er bereit ist, sich grundsätzlich an der Entwicklung der betroffenen Liegenschaften zu beteiligen. Das war vorher nicht so ganz selbstverständlich. Diese Beteiligung kann in Form von Machbarkeitsstudien oder der Altlastenerkundung geschehen. Möglich ist aber auch zum Beispiel die Beteiligung an den Kosten für Erschließungsmaßnahmen.

Ich denke, es ist gut, dass der Bund in diesen Punkten seine Bereitschaft zur Mitarbeit deutlich gemacht hat, aber besonders wichtig für die betroffenen Gemeinden ist es, dass die Konversionsflächen so schnell wie möglich an potentielle Investoren verkauft werden können. Eigentümer der Flächen ist der Bund und dieser will, so war es wenigstens bisher, möglichst hohe Erlöse aus dem Verkauf der ehemaligen militärischen Liegenschaften erzielen. Aber das Interesse an möglichst hohen Erlösen darf nicht dazu führen, dass sich der Verkauf dieser Grundstücke verzögert und so zum Beispiel mögliche Investoren abgeschreckt werden.

Deshalb hat die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder im Dezember 2004 den Bund aufgefordert, nicht allein auf einen möglichst hohen Erlös zu achten, sondern auch die Interessen der betroffenen Gemeinden zu berücksichtigen. Und deshalb setzen wir uns auch beim Bund dafür ein, dass für die Grundstücke realistische marktgerechte Verkaufspreise festgelegt werden, die für Investoren attraktiv sind. Realistische marktgerechte Verkaufspreise haben in Mecklenburg-Vorpommern Gott sei Dank den Vorteil, dass sie ein Argument für Investitionen in diesem Land sind.

(Beifall Ute Schildt, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Nur so können wir die Grundstücke auch zügig an den Mann bringen. Außerdem haben wir mit dem Bund vereinbart, geeignete Konversionsliegenschaften in unserer Gewerbeflächendatenbank Investguide anzubieten. Diese zentrale Gewerbeflächendatenbank informiert umfassend und detailliert über alle Gewerbeflächen in MecklenburgVorpommern. Damit verfügen wir über ein hervorragendes Angebot für Investoren, von dem auch die von der Konversion betroffenen Gemeinden profitieren können.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, wir dürfen uns aber nichts vormachen: Um Konversionsstandorte wirtschaftlich voranzubringen, brauchen wir Investoren, und deshalb bemühen wir uns, Investoren für diese Standorte zu gewinnen. Aber wir wissen alle, Investoren entscheiden

allein darüber, wo sie etwas tun, wo sie investieren wollen. Das können nicht wir entscheiden, das entscheiden die Unternehmer. Der Staat kann die Unternehmen nicht zwingen, an einen bestimmten Standort zu gehen. Wir tun, was wir tun können. Wir werben für diese Standorte, wir unterstützen die Kommunen und wir stehen bereit, Investitionen zu fördern.

Meine Damen und Herren, Konversion ist, da sind wir uns einig, ein wichtiges Thema, nicht nur für Mecklenburg-Vorpommern, auch für andere Bundesländer, die – und die sind es noch stärker – von der Reduzierung von Bundeswehrstandorten betroffen sind. Und auch in anderen Bundesländern wird natürlich darüber nachgedacht, wie den betroffenen Standorten trotz knapper Kassen geholfen werden kann. Aber da wird es schon gefährlich. Es gab zum Beispiel den Vorschlag einiger westlicher Bundesländer, Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur für Konversionsstandorte in Ost- und Westdeutschland zu reservieren. Und, Herr Dr. Born, ich habe gleich eine Bitte an Sie.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ich lausche!)

Das kann nicht in unserem Sinn sein, weil das nämlich heißt, dass aus der GA weitere Mittel von Ost nach West umgeschichtet werden sollen,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

um dann mit Geldern, die jetzt im Osten für den Aufbau zur Verfügung stehen, in Zukunft Konversionsmaßnahmen in Westdeutschland zu finanzieren.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Hier habe ich die erste Bitte an Sie, Sie werden mir die sicher erfüllen: Wirken Sie ein auf Ihre Parteifreunde, die diesen Vorschlag gebracht haben und die diesen Vorschlag dann bitte schön in Zukunft nicht aufrechterhalten wollen und sollen. Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Unterstützung. Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe würden sonst nach Westdeutschland fließen, obwohl die ostdeutschen Bundesländer diese Mittel dringend für den Aufbau Ost benötigen. Das kann nicht sein, das darf nicht sein! Und deshalb haben wir uns auch dafür eingesetzt, dass dieser Vorschlag schnell vom Tisch kommt. Wir haben hart für diese Position gekämpft und wir haben erreicht, dass dieser Vorschlag auf der Wirtschaftsministerkonferenz mit großer Mehrheit abgelehnt worden ist.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut.)

Aber das war ein Etappensieg, nur ein Etappensieg. Es ist durchaus möglich, dass dieser Vorschlag erneut auf den Tisch kommt.

(Harry Glawe, CDU: Schlecht vorbereitet.)