Protokoll der Sitzung vom 27.01.2005

Wir haben außerdem Schülerprojekte, die im Bildungsministerium initiiert wurden, auf den Weg gebracht, die in den Themenbereichen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit an circa 200 Schulen des Landes inzwischen laufen. Fortbildungsangebote für Lehrer sind auf den Weg gebracht worden, die Jugendkriminalität, Rechtsextremismus, Gewaltprävention und Konfliktschlichtung thematisieren.

Meine Damen und Herren, ich könnte noch eine Vielzahl weiterer einzelner Punkte aus den Maßnahmen der Landesregierung nennen. Sorgen macht mir allerdings, dass manchmal zu viel politische Rhetorik und manchmal auch zu wenig konkrete Politik selbst gegen die Erscheinungen

des Rechtsextremismus stattfinden. Wehret den Anfängen heißt, wir – alle Demokraten – müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass undemokratischen Kräften in unserem Land kein Raum gelassen wird.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS, Beate Mahr, SPD, und Heinz Müller, SPD)

Dabei ist staatliches Handeln bei Polizei, Verfassungsschutz, Justiz, in der Schule und bei außerschulischer Jugendarbeit unverzichtbar. Aber ich sage noch einmal: Der Staat selber lebt hier von Voraussetzungen, die er sich selbst nicht geben kann. Insofern ist vor allem das bürgerschaftliche Handeln in den Städten und Gemeinden, in der demokratischen Gesellschaft, die wir weiterentwickeln wollen, unverzichtbar. In diesem Sinne lautet die Herausforderung für die nächsten Monate und Jahre: konkretes Handeln vor Ort, bürgerschaftliches Engagement in den Städten und Gemeinden. Das ist ein ganz wichtiger Weg, um den Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern zu bekämpfen und ihm den Raum zu entziehen, den er sich inzwischen schon bei uns erobert hat. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Jäger von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es mag an dem Tag liegen, dass ich mich als Erstes beim Kollegen Herrn Dr. Körner dafür bedanken kann, dass er sich, als er unseren Änderungsantrag gesehen hat, gefragt hat, wie man ihn verändern kann, damit ihn alle mittragen können. Und ich bin froh, dass es so aussieht, so hoffe ich jedenfalls, dass dieses Haus in diesem Punkt sehr einig ist.

Dennoch, der Herr Innenminister hat mit Recht darauf hingewiesen, dass wir einen steinigen Weg zu gehen haben, und deswegen möchte ich auch noch einige Dinge deutlich sagen, denn wir wollen nichts zuquasen. Frau Gramkow, Sie haben auf einige Gefährdungssituationen hingewiesen und deswegen reicht es auch nicht, wenn wir uns heute kräftig die Hände schütteln, sondern wir müssen gucken, was wir gemeinsam hinbekommen. Ihr Antrag steht vor diesem Hintergrund und er wird von uns auch mit dem Inhalt so unterstützt.

Wenn wir fordern, dass alle demokratischen Parteien sich gegen Rechtsextremismus wenden, dann machen wir sehr wohl den feinen Unterschied zwischen den demokratischen Parteien und denen, die nicht verboten sind. Unser Bundesverfassungsgericht hat nicht etwa bei der Ablehnung des Verbotsantrages gesagt, dass es sich um demokratische Parteien handelt, gegen die der Verbotsantrag gerichtet wurde, sondern es hat ganz andere Gründe angeführt. Das Parteienprivileg gilt in sehr viel weiterem Maße, als dass jemand für sich in Anspruch nehmen kann, demokratisch zu sein. Aus meiner Sicht sind weder die NPD noch die DVU demokratische Parteien in dem Sinne, dass sie die Demokratie auch akzeptieren. Da können Sie noch solche Satzungen haben, wir müssen sie an ihrem Verhalten und an dem Verhalten ihrer Mitglieder messen.

Die Lage ist vom Innenministerium mit dem Stand 30.09.2004 noch einmal veröffentlicht worden. 1.300 Per

sonen werden dem rechtsextremistischen Spektrum zugerechnet, 800 Personen schätzt man als gewaltbereit ein. Das Innenministerium teilt mit, dass wir einen Straftatenrückgang haben, insbesondere bei den Gewalttaten, dass ein Rückzug in den privaten Raum stattfindet, wir haben das erwähnt. Das macht die Sache nicht einfacher. Die wachsende Dominanz der ideologischen Szene in diesem Bereich wird herausgestellt. Auch das ist von Bedeutung. Für Entwarnung gibt es keine Hinweise, denn auch der Rückgang der Straftaten beruhigt mich überhaupt nicht. Er beruhigt mich deswegen nicht, weil es, auch wenn es stimmt, dass politisch motivierte Kriminalität um 18,7 Prozent nach einer Einschätzung des Verfassungsschutzes zurückgegangen sein soll, dann zumindest nicht – und da sollten wir uns nichts vormachen – in erster Linie das Ergebnis unserer gemeinsamen Bemühungen ist. Da gab es zwischendurch einen Definitionswechsel, einen, der sachlich geboten war, aber dadurch fallen manche nicht mehr in diese Kategorie.

Aber was viel wichtiger ist: Für mich ist noch nicht ganz deutlich, ob tatsächlich ein Rückgang der Straftaten objektiv zu verzeichnen ist oder ob nicht das eintritt, was überall da eintritt, wo polizeiliche Aktivitäten zurückgefahren werden, zurückgefahren werden aus Mangel an Personal. Wir haben nämlich zur gleichen Zeit ein Phänomen, das uns jubeln lassen müsste, aber den nüchtern denkenden Menschen eher traurig stimmt. Wir haben einen zahlenmäßigen, statistisch aufgearbeiteten Rückgang der Rauschgiftkriminalität. Meine Damen und Herren, jeder weiß, dass dies ein typisches Ermittlungsdelikt ist, denn weder der Dealer noch der Rauschgiftsüchtige, also der Konsument, geht zur Polizei und zeigt sich selber an oder diese sich gegenseitig, das ist nur ausnahmsweise so. Nur wenn die Polizei viel ermittelt, werden objektiv viele Straftaten angezeigt, weil das ein typisches Delikt ist, was nicht angezeigt, sondern ermittelt wird. Ich habe Bedenken, dass der Rückgang der Kriminalitätsziffern möglicherweise auch mit dem Rückzug der Polizei aus der Fläche zusammenhängt. Ich kann es nicht belegen, aber ich möchte keine Entwarnung mittragen.

Die Wahlerfolge der NPD in Sachsen kann man, meine Damen und Herren, nicht damit bekämpfen, dass man den Wählern sagt, sie durften die nicht wählen. Das geht in unserem Rechtsstaat nicht. Wir, wir Demokraten, sind aufgefordert, insbesondere den Teil der Wähler anzusprechen, der sich offenbar hat verleiten lassen, das sind die Jüngeren. Wir müssen ihnen klar machen, dass diese Demokratie einen Wert an sich darstellt, dass es Sinn macht, für Demokratie, für Toleranz einzutreten, mit kurzen Worten gesagt, für die Wertordnung dieses Grundgesetzes. Wenn junge Leute dies nicht erkennen und nicht für sich akzeptieren, ist das erschreckend, da ist etwas schief gelaufen.

Meine Damen und Herren, Entschließungen haben wir genügend verabschiedet. Wir haben Ihre Anträge vom 6. September 2000 gehabt, vom 28.04.2004. Was dem jetzt vorliegenden Antrag aus meiner Sicht fehlt, ist die Konkretheit. Wir versuchen, das über den Änderungsantrag nunmehr gemeinsam etwas nachzuschieben, denn, meine Damen und Herren, ein Stück besser sind wir schon, als der Antrag es vermuten lässt. Es gibt ein enges Zusammenwirken von politischen Verantwortungsträgern gerade auf der kommunalen Ebene. Der Innenminister hat in der Sonderausgabe des Informationsblattes „Impulse“, immerhin vom Mai 2000, dahin gehend appelliert, und zwar an alle, nicht nur an die Polizei, und das auch zu

Recht, dass man sich mit Jugendlichen, die drohen, diesen Parolen folgen zu wollen, die so aussehen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie diesen Konzepten folgen könnten, aus Mangel an Perspektiven einerseits, aber auch aus Mangel an Information über ein demokratisches und tolerantes System andererseits, dass man sich mit denen kritisch auseinander setzen muss. Das findet unsere volle Zustimmung.

Aber, meine Damen und Herren, seien Sie mir nicht böse, wenn ich jetzt etwas sage, was man auch sagen muss: Örtliche Nähe, Übersichtlichkeit des eigenen Zuständigkeitsbereiches sind manchmal schon der Beginn eines Erfolgskonzeptes. Die derzeitigen kreislichen Präventionsräte leben ein Stück von Szenekenntnis, von örtlicher Kenntnis, von Verwurzeltheit in den einzelnen Gebieten. Meine Damen und Herren, Jugend- und Sozialarbeit wird auf dieser Kreisebene geleistet. Meine Damen und Herren, die Präventionsräte bestehen derzeit auf Kreisebene. Ich frage Sie: Wie soll das in dem von Ihnen präferierten Großkreis eigentlich sein? Sollen wir dann die Jugendlichen per Internet zu Veranstaltungen holen? Machen wir dann eine Internetkonferenz? Wer das glaubt, ist sehr naiv. Wer ein bisschen Ahnung davon hat, was Präventionsarbeit heißt, weiß, das ist harte Knochenarbeit, das heißt, sich auseinander zu setzen auch mit Doktrinen und Ideologien, die uns manchmal den Magen umdrehen. Aber wer nicht bereit ist, dies vor Ort und Auge in Auge und in einer Diskussion in einer Gruppe mit Jugendlichen zu diskutieren, kann es aufgeben, das bringt nichts.

(Beifall Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Deswegen bitte ich Sie, noch einmal zu überlegen, was Sie da tun.

Wir hatten einen Antrag im Jahr 2000. Eigentlich war das für mich ein Tiefpunkt unseres eigenen Verhaltens als Parlament, als der Antrag, von dem eine Reihe Ihrer Mitglieder der Koalition sicher geglaubt haben, da könnte man eine ganze Menge mittragen, daran gescheitert ist im Endergebnis, dass Sie sich nicht ganz einig werden konnten, was denn nun. Das war so, Frau Gramkow, dass dann zunächst einmal so viele Änderungsanträge gestellt wurden, dass der damalige Landtagspräsident festgestellt hat, dass ein solcher Antrag in der Form vom Landtag, also vom Plenum, nicht mehr beschlossen werden darf, weil er verfassungsrechtliche Grundsätze einer Fraktion oder Rechte einer Fraktion verletzte. Wir waren dem damaligen Präsidenten damals sehr dankbar dafür, weil es ab und zu mal sein muss, dass Recht vor praktischem und politischem Handeln geht. Das ist auch gut so.

(Andreas Bluhm, PDS: Das ist doch immer so.)

Was haben wir denn damals eigentlich gefordert, was schlimm ist? Wir haben gesagt, wir wollten einen internationalen Jugendaustausch. Wir haben gesagt, wir wollen eine Intensivierung des Themas Nationalsozialismus im Unterricht. Wir haben gebeten, dass man es den jungen Leuten ermöglicht, Gedenkstätten zu besuchen. Wir haben heute Morgen sehr eindrucksvoll gehört, was das bewirkt, was das bei jungen Menschen innerlich bewirkt. Und wir haben etwas gefordert, was derzeit wieder in aller Munde ist, sogar beim Bundesinnenminister, wir wollten eine Änderung des Versammlungsgesetzes.

Meine Damen und Herren, ich kann es nicht mehr mit ansehen und es ist auch schwer zu erklären, dass Hun

dertschaften von Polizei auf der Straße die Rechtsextremisten schützen müssen, weil eine Demonstration, die wir alle als gegen unsere freiheitliche Grundordnung gerichtet empfinden, nicht verboten werden kann. Dahin müssen wir kommen, sonst ist dieser Rechtsstaat nicht glaubwürdig.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Ich hoffe, dass nach der Diskussion, die jetzt über Jahre geht, wenigstens der Minimalvorschlag des Bundesinnenministers angenommen wird, den ich für nicht weitgehend genug halte, weil er die wirklichen Probleme in unserem Land nicht löst, denn eine Bannmeile um das Berliner Abgeordnetenhaus und um den Reichstag reicht uns natürlich nicht. Hier muss mitten in dieser Stadt – zum Beispiel am Marienplatz, da finden diese Dinge statt – die Versammlungsbehörde in der Lage sein, njet zu sagen, nein muss sie sagen können, wenn klare Anhaltspunkte für Parolen, für Ziele da sind, die verfassungsfeindlich sind. Und die liegen auf der Hand. Aber das Demonstrationsrecht, das wissen wir alle, und das ist auch gut so, ist im Grundgesetz verankert und wir müssen eine Lösung finden, die rechtlich vertretbar, die aber auch politisch sinnvoll ist, denn wenn man den Rechtsstaat als schwächelnden Staat erlebt, ist man als junger Mensch vielleicht doch leider geneigt zu sagen, also mit denen kannst du kein wirkliches Vorankommen gewinnen, also sind die anderen vielleicht doch etwas besser. Das darf so nicht sein. Die Diskussion werden wir führen müssen und wir werden sehen müssen, dass das äußerliche Auftreten dieses Rechtsstaates auch überzeugend ist. Beide Seiten sind erforderlich.

Die offensive Auseinandersetzung mit Inhalten und Methoden, so sagen Sie in Ihrem Antrag, ist politische Pflicht aller. Da sind wir uns einig, das tragen wir mit. Wir haben versucht, das zu konkretisieren, ich will unseren Änderungsantrag nicht vorlesen, er liegt Ihnen vor. Es geht, meine Damen und Herren, aber auch darum, dass wir als Demokraten wissen, was wir können in der Ordnung des Grundgesetzes und was wir nicht können. Was wir ganz offenbar nicht können, ist, den Wählern zu verbieten, eine nicht verbotene Partei zu wählen. Das ist zwar nicht schön, aber dies kennzeichnet auch einen Rechtsstaat.

Wir reden immer vom Rechtsextremismus. Meine Damen und Herren, es gibt auch linksextreme Gruppierungen in unserem Staat. Ich persönlich zum Beispiel würde auch dort gerne agiler nach vorne gehen. Wir haben im Augenblick das Problem miteinander, dass wir immer zu sehr auf eine Seite gucken. Wir müssen das gesamte Spektrum unseres Grundgesetzes einmal daraufhin abklopfen, wo die Gefährdungen dieser freiheitlich-demokratischen Grundordnung sind. Ich will nicht Salz in Wunden streuen, aber der Eindruck, der entstanden ist bei Demonstrationen mit gleichzeitiger Anwesenheit von unterschiedlichen Gruppierungen, war nicht gut für diesen Rechtsstaat. Es war nicht gut, dass die Rechtsextremen zusammen mit teilweise in Parlamenten sitzenden Parteien aufgetreten sind. Meine Damen und Herren, da bitte ich jeden, einmal zu überlegen, ob das gut ist und ob man kurzfristige Erfolge lieber nicht wahrnimmt in der Stimmungsmache oder in der Stimmungsaufnahme und dafür etwas deutlicher macht, wie wir uns von Rechtsextremen abgrenzen. Ich hätte mir das gewünscht.

Wir haben ursprünglich gewollt, dass der Handlungsrahmen und seine Erfüllung wissenschaftlich untersucht

werden. Herr Körner hat mich davon überzeugt, dass wissenschaftlich heißt, dass es sehr sorgfältig ist und dass das Zeit kostet. Dem sind wir auch gerne gefolgt, denn uns genügt eine Bewertung. Sie muss fachlich sein. Wir werden sicher uns auch in den Ausschüssen dieses Hauses darüber unterhalten können, wie man das am besten installiert, wie man das am besten bewerkstelligt. Da bin ich mir sehr sicher und da bin ich auch sehr zuversichtlich. Wir müssen aber ganz konkrete Vorgaben erarbeiten, denn die Landesregierung kann nur in dem Rahmen arbeiten, den wir ihr als Parlament geben. Und im Wesentlichen sind das, was wir vorgeben, Finanzen. Wir müssen einmal überlegen, was wir noch tun können, um in diesem Bereich effektivere und möglicherweise auch noch etwas Geld kostende Maßnahmen hinzuzubekommen. Ich entsinne mich nur, der Innenminister hat es gesagt, dass ein bestimmtes Projekt überhaupt nicht im Entwurf der Landesregierung finanziert war. Und es war, Herr Ritter, das gemeinsame Bemühen in einem Ausschuss dieses Hauses, das überhaupt zu finanzieren. Da kenne ich übrigens keine parteipolitischen Scheuklappen. Die sollten wir auch nicht haben.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Das ist eigentlich an einem solchen Tage ein für mich sehr positiver Rückblick auf Haushaltsberatungen, die sonst nicht so erfreulich waren, und zwar dass man, wenn man will, das auch hinbekommt.

Meine Damen und Herren, was mir besonders zu fehlen scheint – ich habe das gestern in einem Gespräch mit Schülern noch einmal deutlich hier im Hause sagen können –, ist eine wirklich umfassende politische Aufklärung. Die jungen Leute, die wir heute in der Schlosskapelle erlebt haben, sind nicht etwa repräsentativ für unsere gesamte Jugend. Die Gespräche, die wir mit jungen Leuten gerade in dieser Altersstufe führen, sind manchmal sehr, sehr enttäuschend, nicht weil diese jungen Leute nichts taugen, das wäre sehr, sehr ungerecht, sondern weil kaum einer es in die Hand nimmt, dieses Thema in aller Entschiedenheit an sie heranzutragen. Das ist kein Beschimpfen irgendwelcher Lehrer, das ist kein Beschimpfen eines Kultusministers oder der Kultusminister, die wir alle erlebt haben, sondern das ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die wir alle miteinander haben. Vielleicht sollten wir so manche Verästelung bei irgendwelchen hoch komplizierten Gesetzen nicht so sehr viel mit den Leuten diskutieren, sondern einmal die Grundwerte unseres Grundgesetzes. Die sind eigentlich Freiheit und Toleranz. Das ist der Grundpfeiler, auf dem wir stehen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU, Angelika Gramkow, PDS, und Regine Lück, PDS)

Und da möchte ich uns alle ermuntern, das zu tun.

Politische Bildung kann nicht allein darin bestehen, dass wir immer dann wieder zulegen, wenn rechtsextremistische Entwicklungen von uns gestoppt werden sollen. Das ist ein ganz, ganz dickes Brett, das politische Bildung erarbeiten und bearbeiten muss. Das Brett ist schwer zu sägen. Jeder von uns, der in diesem Bereich einmal Diskussionen geführt hat, weiß, dass es sehr schwierig ist zu vermeiden, dass man irgendwo in die falsche Ecke geschoben wird, egal wie Sie diskutieren. Sie müssen, wenn Sie mit jungen Leuten reden, bei ihnen den Eindruck erwecken – jedenfalls habe ich das erlebt, und je älter man wird, um so ruhiger wird man doch vielleicht im Hinneh

men von solchen Meinungen –, dass Sie sie erst einmal aufnehmen müssen mit ihrer Meinung. Wenn man ihnen zuerst erzählt, dass sie dumm sind und dass sie als junge Leute überhaupt nicht kapieren können, worüber Sie da gerade reden – was einem manchmal so in den Kopf kommt, wenn man manches, was ihnen da vorgequarzt worden ist von interessierten Gruppen –, wird es das nicht bringen. Wir brauchen hier qualifizierte Angebote, qualifiziertes Zugehen auf junge Leute.

Meine Damen und Herren, Demokratie lebt vom demokratischen Ehrenamt. Sie werden jetzt sicher böse werden, aber ich muss es noch einmal sagen: Aus meiner Sicht stört mich an der Kreisstrukturreform, die Sie vorhaben, nicht, dass es weniger Verwaltungen gibt. Das ist mir schnuppe, ehrlich gesagt. Das kann man anders organisieren, also wir können die Sonderverwaltung des Landes auch anders zusammenfassen. Aber was mich sehr stört, ist die Reduzierung der kommunalen Mitwirkungsmöglichkeiten, konkret die Reduzierung von Mandaten von Bürgerinnen und Bürgern in den Kreistagen in diesem Lande. Meine Damen und Herren, verkennen Sie nicht, dass Demokratie von jungen Menschen empfunden wird, so, wie sie sich nach außen ausdrückt. Und manchmal sind wir in den Städten oder in den Kreistagen vielleicht nicht gerade besonders vorbildlich in der Art und Weise, wie wir da reden oder miteinander umgehen, aber ein junger Mensch hat wenigstens die Chance – und die wird wahrgenommen, wie ich festgestellt habe – zu gucken, was machen die da eigentlich, worüber setzen sie sich auseinander und mit welcher Ernsthaftigkeit setzen sie sich auseinander. Und wenn sie die bisher vorhandenen Landkreise auf fünf oder vier, ich weiß nicht, was Sie im Endergebnis wollen, reduzieren, verlieren Sie damit ein Stück Überzeugungskraft kommunal dargestellter Demokratie. Denken Sie bitte auch daran! Ich werde nicht aufhören, darauf hinzuweisen, weil es wenig hilft, dass Menschen Demokratie aus Büchern erlesen. Demokratie will dargestellt sein. Sie soll von uns, die wir demokratisch erlangte Mandate haben, auch wirklich deutlich vorgelebt werden. Und jedes Mandat, das in diesem Lande wegfällt, ist für mich ein Verlust an demokratischer Vorbildhaftigkeit. Deswegen spreche ich das noch einmal an.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ich komme mit einer Schleife zurück an den Anfang. Ich wünsche mir, dass es so ist, wie es zumindest zwischen Herrn Dr. Körner und mir vereinbart worden ist, dass wir in diesem Punkt so einig sind und ein Beispiel setzen, trotz unterschiedlicher Ausgangspositionen, und heute in der Fassung des Änderungsantrages, den wir gemeinsam dann abgestimmt haben, den wir also miteinander abgestimmt haben, diesen Antrag beschließen. Und ich freue mich auf die Arbeit in den Ausschüssen dieses Landtages zu diesem Thema. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, einzelnen Abgeordneten der PDS und Heike Polzin, SPD)

Danke schön, Herr Dr. Jäger.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Körner von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Nach der beeindruckenden Rede unserer Präsidentin während der Feier

stunde und in der Schlosskirche, wo Sie den Antrag, über den wir heute zu reden haben, in einen Begründungszusammenhang gestellt hat, wo Sie den Antrag, über den wir jetzt und hier zu reden haben, eingebunden hat in einen geschichtlichen Kontext, einschließlich unserer aktuellen Situation, möchte ich zu diesem Thema, also zum Begründungzusammenhang dieses Antrages und zur Einbindung in die Geschichte und die historische Situation, nichts weiter anmerken und ausführen. Ich kann das Anliegen unseres Antrages in dieser Hinsicht nicht besser einbetten und mache mir in diesem Punkt namens der SPD-Fraktion die Ausführungen von Frau Bretschneider ausdrücklich zu Eigen und bitte darum, dass diese Rede den Abgeordneten des Landtages zur Verfügung gestellt wird.

Insofern kann ich gleich auf die konkreten Handlungsschritte eingehen, die sich für uns aus dem heute Morgen Gehörten und nun auch aus dem auf dem Tisch liegenden Antrag ganz konkret ergeben. Der Antrag ist ganz bewusst sehr kurz gehalten worden. Eigentlich hätte der Punkt 1 ausgereicht, die Intention zu umreißen, die wir in den konkreten, nun folgenden Handlungsschritten vor uns haben. Worum geht es? Es geht darum, den „Handlungsrahmen für Demokratie und Toleranz“ weiterzuentwickeln. Damit ist alles gesagt. Damit ist alles gesagt, was gegenwärtig erforderlich ist. Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten dazu ganz konkrete Vorschläge liefern. Wir werden auf die im Land einschlägig vorliegenden Erfahrungen zurückgreifen. Wir werden die Beratungsteams, den Verfassungsschutz, die Mobile Aufklärungseinheit Extremismus, die Projektträger, den Präventionsrat und natürlich auch die Ministerien in eine Arbeitsgruppe einbinden. Diese Arbeitsgruppe wird ganz konkrete Handlungsvorschläge machen. Diese Handlungsvorschläge werden den Rahmen für die Auseinandersetzung mit diesem Thema in den nächsten zwei, drei Jahren umreißen. Wir werden dieses in den nächsten Monaten vorlegen und dann in den entsprechenden Fachausschüssen darüber weiter reden können.

Zwei, drei Anmerkungen möchte ich zur aktuellen Situation doch noch machen. Zunächst einige Anmerkungen zu den Vorgängen in Wismar im Rahmen der Jungen Union. Ich bin sehr froh, dass dieses Thema sehr schnell und auch deutlich einem Ende zugeführt wurde. Was mich irritiert in diesem Zusammenhang, ist, dass es – nach meiner Einschätzung jedenfalls – in erster Linie der öffentliche Druck und die öffentlichen Auseinandersetzungen waren, die zu diesem radikalen Schritt geführt haben. Ich habe gehört, dass es aus den eigenen Reihen, nachdem schon etliche Briefe verschickt worden waren, zu diesem Thema nur eine verhaltene Kritik gab. Wenn das so ist, dann muss ich fragen: Warum ist die starke Kritik zu diesem Thema nicht zuerst aus den eigenen Reihen gekommen? Ein zweiter Vorfall, auch aus diesem Land, denn wir wollen nicht gleich immer nach Sachsen schauen, aus dem Kreis Ostvorpommern. Es ist mir zur Kenntnis gelangt, dass dort ein Vertreter der NPD in den regionalen Planungsverband gewählt wurde. Er hat mehr Stimmen erhalten, als die NPD Mandate hat.

Lassen Sie uns in unser Land schauen. Ich will, wenn ich das Beispiel Junge Union hier erwähne,

(Minister Dr. Till Backhaus: Da gibt es noch ganz andere Beispiele.)

in keiner Weise eine parteipolitische Instrumentalisierung vornehmen, sondern ich will damit deutlich machen,