Protokoll der Sitzung vom 09.03.2005

und zwar die Ziele der Agenda 2010, Teilhabe fördern, Chancen eröffnen, Sozialstaat sichern? Wie entwickeln sich beispielsweise soziale Beziehungen, die ja immer etwas mit Kommunikation zu tun haben, wenn den über 200.000 ALG-II-Empfängern hierfür 20,87 Euro monatlich zur Verfügung stehen? Das reicht zwar für die Grundgebühren fürs Telefon, aber nicht fürs Telefonieren. Das reicht zwar für ein Modem für den Internetzugang, aber nicht für die Internetnutzung.

(Gabriele Schulz, PDS: Waschmaschine ja, aber niemals die Reparatur.)

Eine weitere Frage ist: Wie entwickeln sich volkswirtschaftliche Kreisläufe angesichts rückläufiger Kaufkraft – da gucke ich mal in Richtung von Frau Mahr und meiner Kollegin Frau Wien, die sich im Tourismusausschuss engagieren – zum Beispiel in Bezug auf die Tourismusbranche? Wir wollen, dass viele Menschen in Mecklenburg-Vorpommern Urlaub machen,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

selbstverständlich auch Arbeitslosengeld-II-Empfängerinnen und -empfänger. Die möchten das und sollen dies, sind gern gesehen, aus dem eigenen Land und auch aus anderen Ländern.

(Zuruf von Barbara Borchardt, PDS)

Wie aber sollen sie hier Urlaub machen, wenn ihnen für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen monatlich 9,63 Euro zugestanden werden?

Eine weitere Frage: Welche gesundheitlichen Folgen haben die neuen Armutsrisiken?

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Für die Gesundheitspflege stehen dem ALG-II-Empfänger 12,64 Euro monatlich zur Verfügung. Das ist am Quartalsanfang einmal die Praxisgebühr. Für einmal Nasentropfen reicht es dann nicht mehr, dann muss die Nase laufen,

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

weil man ansparen müsste für den nächsten Monat.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Sehr geehrte Damen und Herren, im Ergebnis des Berichts soll aufgezeigt werden, wie wir Lebenschancen angesichts solcher Risiken zurückgewinnen. Deshalb muss der Bericht auch Ungleichheiten...

(Wolfgang Riemann, CDU: Und Sie wollen bei den Universitäten die Stellen abbauen!)

Er muss nicht eingehen auf schreiende und zwischenrufende Abgeordnete, aber er muss Ungleichheiten aufzeigen, Herr Riemann,

(Birgit Schwebs, PDS: Jawohl!)

eben die zwischen Armut und Reichtum.

Die Einkommenssituation hat immer etwas mit Lebenserwartung zu tun. Nach vorliegenden Untersuchungen, ich verweise auf Professor Rosenbrock, hat ein Professor eine um sieben Jahre höhere Lebenserwartung als eine Raumpflegerin. Ist das hinnehmbar? – Ich sage, nein.

(Harry Glawe, CDU: Und was ändert der Bericht daran, Herr Koplin? Was ändert der Bericht daran?)

Insofern brauchen wir eine Kampfansage gegen die staatliche Reichtumpflege, Kampf gegen staatliche Reichtumpflege, Herr Glawe, da brauchen Sie nicht abzuwinken.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Gabriele Schulz, PDS)

Wir brauchen fundiert durch den Bericht eine Besinnung auf die Baugesetze dieser Gesellschaft, davon bin ich zutiefst überzeugt.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Es gibt zumindest zwei Baugesetze dieser Gesellschaft, die wir erwähnen sollten. Das eine heißt Solidarität, also das Gesetz von der wechselseitigen Verantwortung füreinander,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

das andere Subsidiarität, das Gesetz, nach welchem der jeweilige Träger der Verantwortung zu identifizieren ist. Im Übrigen: Die politische Verantwortung für die Geschehnisse in diesem Land tragen wir gemeinsam.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

Schönen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Koplin.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von den Fraktionen der PDS und SPD eingebrachten Antrag auf Drucksache 4/1317 und über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1332.

In Ziffer 1 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/1571 empfiehlt der Sozialausschuss, den Antrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 4/1317 in der Fassung des Änderungsantrages der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1332 anzunehmen. Wer dieser Ziffer 1 der Beschlussempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich ums Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses auf Drucksache 4/1571 einstimmig angenommen.

In Ziffer 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa

che 4/1571 empfiehlt der Sozialausschuss, einer Entschließung zuzustimmen. Wer der Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses auf Drucksache 4/1571 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses auf Drucksache 4/1571 mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrages der Landesregierung – Zustimmung des Landtages gemäß § 64 Absatz 1 LHO in Verbindung mit § 12 Absatz 2 Satz 2 HRG 2004/2005, hier: Landtausch von Waldobjekten zwischen den Eheleuten Weber und dem Land Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/1553.

Antrag der Landesregierung: Zustimmung des Landtages gemäß § 64 Absatz 1 LHO in Verbindung mit § 12 Absatz 2 Satz 2 HRG 2004/2005 hier: Landtausch von Waldobjekten zwischen den Eheleuten Weber und dem Land Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/1553 –

Das Wort zur Begründung hat der Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei Dr. Backhaus. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Danke schön, Herr Präsident.

LHO ist nicht das Landeshochschulgesetz.

(Heiterkeit bei Gabriele Schulz, PDS: Hat er ja gesagt, aber er träumt halt davon.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat dem Landtag mit der Drucksache, die Ihnen jetzt zur Beratung vorliegt, eine Vorlage zur Beschlussfassung übermittelt. Hierüber wurde in den letzten Tagen, ja man kann schon sagen, in den letzten Wochen – leider, betone ich an dieser Stelle – zum Teil sehr emotional und, aus meiner Überzeugung heraus, nicht mit der gebotenen Sachlichkeit diskutiert. Es geht um den Tausch – ich betone, um den Tausch und nicht den Verkauf, sondern den Tausch – von Waldflächen, die im Eigentum des Landes Mecklenburg-Vorpommern stehen.

Gegentauschobjekte sind Flächen, die sich im Eigentum einer in Zachow bei Neubrandenburg ansässigen Unternehmerfamilie befinden beziehungsweise die diese nach erfolgter öffentlicher Ausschreibung – auch das betone ich ausdrücklich – zum Verkehrswert von der BVVG, also von der Bodenverwaltungs- und verwertungsgesellschaft, und nicht vom Land erwerben möchte.

Es waren im Übrigen die Interessenten der Gegenseite, die mit der Bitte an das Land Mecklenburg-Vorpommern herangetreten sind, gegebenenfalls auch diese Waldflächen vom Land Mecklenburg-Vorpommern zu erwerben. Im Interesse der Erweiterung des Landwirtschaftsbetriebes in Zachow wollte diese Unternehmerfamilie eigentlich diese rund 450 Hektar Landeswald bei Zachow im Forstamtsbereich Wilhelminenhof käuflich erwerben. Ich habe das eben schon angedeutet. Dieses Ansinnen habe ich ausdrücklich abgelehnt. Ich bin auch dankbar, dass es nach wie vor eine klare Beschlusslage in diesem Hohen Hause gibt, dass Wald und landwirtschaftliche Nutzflächen grundsätzlich nicht veräußert werden. Ich halte diesen Grundsatz nach wie vor für absolut richtig und sinnvoll.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Heinz Müller, SPD: Sehr gut.)

Allerdings, meine sehr geehrten Damen und Herren, wurde daraufhin vor einiger Zeit die Frage aufgeworfen, ob man nicht auch im Wege eines Waldtausches zu einem beiderseits vorteilhaften Geschäft, wenn man es so sagen darf, kommen könnte. Die Unternehmerfamilie bot nämlich an, Flächen der BVVG, an denen das Land Mecklenburg-Vorpommern seit Jahren allerhöchstes Interesse hat, zum Verkehrswert zu erwerben, um sie dann mit Landeswald in einem Flurneuordnungsverfahren auszutauschen.

Gestatten Sie mir, an dieser Stelle noch ein Stückchen weiter auszuholen. Das Landeswaldgesetz schreibt ausdrücklich vor, dass der Landeswald – und ich darf zitieren – „in seinem Bestand und in seiner Flächenausdehnung erhalten, nach Möglichkeit vermehrt und verbessert werden“ soll. Ich werde auch nicht müde zu sagen, dass, wenn wir Wald austauschen, dieses nur zum gegenseitigen Vorteil genügen kann. Ich sehe es daher nicht nur als Option, sondern geradezu als Auftrag des Gesetzgebers an, die Flächenstruktur des Landeswaldes in Mecklenburg-Vorpommern zu optimieren,

(Beifall Ute Schildt, SPD)

ja, auch damit das Eigentum zu mehren und verfügbar zu machen und letzten Endes Beschäftigung und finanzielle Ressourcen zu bündeln. Fachleute bezeichnen diesen Prozess als Arrondierung und wir wollen daran auch weiter festhalten.

Entsprechend der Gemeinwohlorientierung des Landeswaldes sind neben den forstwirtschaftlichen natürlich aber insbesondere landeskulturelle und naturschutzfachliche Fragen und gegebenenfalls auch jagdliche Aspekte zu berücksichtigen. Wie Sie alle wissen, sind die Flächenstrukturen in Mecklenburg-Vorpommern infolge diverser – ich betone, diverser – geschichtlicher Ereignisse sehr vielgestaltig, man könnte auch sagen, abwechslungsreich, und die Eigentumsstruktur ist ebenfalls sehr differenziert im Wald von Mecklenburg-Vorpommern vorhanden. Ich erinnere an die Enteignungen nach dem Ersten Weltkrieg, aber ausdrücklich natürlich auch nach dem Zweiten Welt