Torsten Koplin

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die sozialistische Tageszeitung „Neues Deutschland“ hat wie alle oder die meisten überregionalen Tageszeitungen einen Feuilletonteil und am 13. und 14. Mai diesen Jahres gab es darin ein bemerkenswertes Porträt über Matthias Vernaldi, einem an Muskelschwund erkrankten jungen Mann. Dort hieß es in diesem Porträt von ihm beziehungsweise über ihn, ich zitiere: „,Ich bin assistenzsüchtig‘, sagt er und lacht etwas schief. Ob in der Nase bohren oder den Hintern abwischen, Rad fahren, Blumen pfl ücken, mit der Faust auf den Tisch hauen, jemanden umarmen, alles, was mit Bewegung zu tun hat, ist Vernaldi versagt. Seine Droge ist fremde Muskelkraft. Eine Sucht per Defi nition, eine Krankheit, die stets zum Tode führt, ermöglicht sein Leben. Ein Leben in totaler Abhängigkeit. Entzug führt zum Tod. Kann einer, der sich nicht allein bewegen kann, etwas bewegen, ein bewegtes Leben haben?“ Ich gehe hier einmal aus dem Text und bejahe diese Frage.
Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Landtag hat bereits oft bewiesen, dass er alles ihm Mögliche tun will, um Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben zu gewährleisten. Mit einem Ja zu diesem Antrag „Trägerübergreifendes persönliches Budget“ fördern wir einmal mehr die Selbstautonomie von chronisch Kranken und Menschen mit Behinderungen.
Worum geht es bei diesem Antrag, sehr geehrte Damen und Herren? Bis vor einiger Zeit wurden jegliche Hilfen für die Betroffenen als Sachleistungen gewährt. Diese Sachleistungen erfolgten auf der Grundlage der
jeweiligen Pfl egestufe und umfassten bis zu 21 Verrichtungen, so, wie sie im Paragrafen 14 SGB XI niedergelegt oder fi xiert sind. Insofern bestand für die Betroffenen eine Angebotsabhängigkeit. Mit der Einführung eines persönlichen Budgets in der Behindertenhilfe im Jahre 2001 erfolgte ein erster Schritt für einen Wandel von der versorgenden Fürsorge hin zu einer selbstbestimmten Versorgung. Ein persönliches Budget ermöglicht hilfebedürftigen Menschen, unmittelbar fi nanzielle Mittel zu erhalten. Sie können so selbst entscheiden, welcher Dienst oder welche Person die Hilfe erbringen soll, da sie die Leistungen oder die Hilfsmittel unmittelbar bezahlen können, also auch über den Leistungskatalog hinaus Leistungen anfordern können. So können sie zum Beispiel Nachbarn beauftragen, hauswirtschaftliche Aufgaben zu übernehmen. Vielleicht braucht der oder die Pfl egebedürftige aber auch jemanden, der vorliest, der sie oder ihn auf einem Spaziergang begleitet. Die Leistungen können, und das ist die Besonderheit, auch von Personen und Diensten erbracht werden, die mit den Pfl egekassen keinen Versorgungsvertrag abgeschlossen haben. Auf dieser Grundlage können Lebensumstände eigenverantwortlicher und selbstbestimmter gestaltet werden.
Das persönliche Budget wurde zwar neu in das Sozialrecht aufgenommen, ist jedoch lediglich eine neue Form der Leistungsgewährung, also eine alternative Form. Die Hilfebedürftigen können wählen, ob sie weiterhin Sachleistungen erhalten oder alternativ über ein Finanzbudget verfügen wollen. Das trägerübergreifende Budget ist eine besondere Form des persönlichen Budgets. Zuerst stellt der behinderte Mensch einen Antrag bei einem Leistungserbringer seiner Wahl, vorzugsweise bei dem, bei dem er den größten Hilfebedarf hat. Dieser Leistungsträger wird somit sein Beauftragter. Der Beauftragte wiederum setzt sich mit allen weiteren in Betracht kommenden Leistungsträgern in Verbindung. Dafür hat er zwei Wochen Zeit, dann muss de facto das Leistungspaket geschnürt sein. Zum Abschluss, wenn aufgrund der Höhe des persönlichen Budgets und des Umfangs der Hilfeleistungen eine Zielvereinbarung abgeschlossen ist, erlässt der Beauftragte den Verwaltungsakt und das Budget wird ausgezahlt.
Alles, was ich jetzt zum trägerübergreifenden Budget gesagt habe, befi ndet sich bundesweit in einer Erprobungsphase. Sie wird in 14 Modellregionen durchgeführt, leider nicht in Mecklenburg-Vorpommern. Deshalb hat sich der Sozialausschuss Ende 2004 auf seiner Ausschussreise über Erfahrungen in Rheinland-Pfalz kundig gemacht. Derzeit gibt es einen Ermessensanspruch für die betroffenen Personen, ob man einem Hilfebedürftigen Leistungen in Form eines persönlichen Budgets gewährt oder nicht. Ab dem 1. Januar 2008 hat jeder Leistungsberechtigte einen Rechtsanspruch auf das persönliche Budget, darauf müssen wir uns im Land vorbereiten. Betroffene benötigen Beratung und Leistungserbringer müssen koordiniert werden. Landespolitisch haben wir insofern hierbei eine Fürsorgepfl icht, deshalb dieser Antrag. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will gestehen, Herr Heydorn, dass ich Sie recht gut leiden kann,
weil Sie ein sehr aufrichtiger Mensch sind, kein Heckenschütze und Sie ja vorher schon gesagt haben, mensch, es kommt mir hier vor wie so ein Schau fensterantrag, aber auch deutlich gemacht haben, welche Erkenntnis Sie gewonnen haben in der Befassung mit dem Thema.
Nein, nein, das ist kein Schaufensterantrag, weil es neben den vielen Chancen, die hier betont wurden von allen Rednern,
selbstverständlich auch Risiken gibt, wie überall im Leben und auch Unwägbarkeiten. Zum Beispiel Unwägbarkeiten für die Betroffenen: Wie gelange ich überhaupt an solch ein persönliches Budget? An wen muss ich mich wenden und was ist zu berücksichtigen? Für die Sozialleistungsträger stehen die Fragen: Wie ist das Budget zu bemessen? Welches Verfahren gibt es überhaupt dafür? Und für die Leistungserbringer: Wie kommt man zu einer Zielvereinbarung mit anderen Leistungserbringern und was ist rechtlich zu berücksichtigen? Letztendlich geht es auch darum, die Betroffenen zu schützen, denn ein persönliches Budget, wenn es eingeführt wird, kann durchaus zu fi nanziellen Nachteilen führen.
Also ich habe mir das mal angeguckt. Wir waren in Rheinland-Pfalz, es war sehr aufschlussreich. Und dann
gibt es, wie gesagt, ja auch in anderen Ländern oder Stadtstaaten bereits erste Erfahrungen. Die Hansestadt Hamburg hat einem Mann und einer Frau mit zwei schulpfl ichtigen Kindern, die beide behindert sind und bislang Sachleistungen in Höhe von 2.000 Euro bekommen haben, gesagt, ihr kriegt jetzt ein persönliches Budget, das könnt ihr haben, ihr habt das beantragt, aber wir kürzen mal um 580 Euro. Oder in Hildesheim ist einem Mann, der vorher Sachleistungen bekommen hat, ein um 450 Euro niedrigeres Budget angeboten worden.
Dahinter steht ja auch die Gefahr, dass angesichts der klammen Kassen, die es gibt, dann beigegangen und gesagt wird: Also ihr kriegt zwar das Geld jetzt in bar und könnt darüber verfügen, aber das Niveau ist nicht mehr das gleiche, es wird abgesenkt.
Ja, selbstverständlich.
Ich möchte gern auf die Frage eingehen, lieber Gerhard, denn Sinn dieses Antrages ist es auch, zum einen zu sensibilisieren, aber auch selber weiterzukommen auf diesem Weg.
Ich beziehe mich da auf die Sozialministerin, die vorhin die Aktivitäten in der Stadt und der Region Rostock angesprochen hat. Hier macht sich, so meine Einschätzung, Herr Grabow, ein liberaler Politiker, Kommunalpolitiker im Übrigen, auf behindertenpolitischem Gebiet sehr verdient. Frau Ministerin hat ja darauf hingewiesen, dass diese Erfahrungen ausgewertet und begleitet werden sollen, und insofern unterstütze ich das sehr.
Ich bin da auch im Grunde genommen, sehr geehrte Damen und Herren, am Ende dessen, was ich hierzu noch sagen wollte. Chancen und Risiken sind angesprochen. Die Chancen überwiegen. Lassen Sie uns weitergehen auf diesem Weg im Interesse der Betroffenen, der Hilfebedürftigen! – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde in die gleiche Kerbe hauen. Herr Glawe, Sie hören Stimmen,
ich verstehe die Welt nicht mehr. Das zu Ihrem Antrag. Denn im Grunde genommen waren es CDU/CSU und FDP, die 1996 mit der bundesrechtlichen Veränderung in der Altenhilfe die Planungsinstrumente abgeschafft und gesagt haben, die Balance stellt sich durch die Anbieter und Nachfrager von selbst her. Nunmehr wollen Sie die Landesregierung zur Planwirtschaft verpfl ichten und das kann ich nun gar nicht verstehen.
Es ist darauf verwiesen worden, dass es in den Kommunen ebenso wie auf Landesebene Konferenzen gibt zur Pfl ege. Die halte ich für sehr wichtig. Die Ergebnisse, die dort präsentiert werden, und die Ergebnisse der Konferenzen selbst sind wichtig für die Entwicklung der Pfl egelandschaft. Das beweisen Pfl egeeinrichtungen wie zum Beispiel eine Pfl egeeinrichtung von der AWO in Neustrelitz, die mir jetzt gerade präsentiert hat, dass sie sich nach der ersten Pfl egekonferenz des Landes, die die Sozialministerin nach Güstrow einberufen hatte, entschlossen hat, Wohngruppen zu bilden, also ihre Pfl egearbeit und die Struktur dort in dem Haus zu verändern zum Positiven für die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner. Das ist eine gute Sache. Ich denke, mit diesem Antrag zur Altenhilfeplanung, so, wie Sie ihn vorgestellt haben, kommen wir nicht weiter. Ich unterstütze den Gedanken, den Herr Heydorn hier vorgetragen hat, eine Enquetekommission
in der nächsten Legislaturperiode zu diesem Thema einzubringen.
Dann würden Sie Ihrer Überlegung auch treu bleiben, Herr Renz. Sie würden sich deshalb treu bleiben, weil Herr Glawe zu Recht darauf verwiesen hat, dass es eine enorme Vernetzung in diesem Bereich gibt.
Die Altenhilfeplanung als Instrument allein ist nur ein Segment.
Man muss sich anschauen, wie wirkt dieser Bereich insgesamt in der Gesellschaft, wie wirken andere Bereiche auf ihn. Hier ist mehr notwendig, als ein einzelnes Instrument einzubringen. Insofern lehnen wir diesen Antrag ab. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen die Beschlussempfehlung und den Bericht des Sozialausschusses nahebringen. Der Landtag hat den Antrag der Fraktion der CDU in seiner Sitzung am 7. April 2006 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss sowie zur Mitberatung an den Bildungsausschuss überwiesen. Die Unterrichtung durch die Landesregierung auf Drucksache 4/2289 „Landesaktionsplan zur Suchtprävention in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen“ wurde von der Präsidentin im Benehmen mit dem Ältestenrat am 18. Juno diesen Jahres zur Beratung dem Sozialausschuss zugewiesen. Der Sozialausschuss hat sich mit beiden Vorlagen in seiner Sitzung am 14. Juni sehr ausführlich befasst und empfiehlt vor dem Hintergrund der Entschließung unter Ziffer 1 der Beschlussempfehlung, die
Ihnen vorliegt, den Antrag der Fraktion der CDU abzulehnen.
Festhalten und betonen möchte ich allerdings, dass hinsichtlich des Ziels, die Schulen, aber auch Freizeit- und andere Einrichtungen im Land Mecklenburg-Vorpommern zu rauch- und suchtfreien Bereichen zu machen, Einigkeit zwischen allen Fraktionen im Sozialausschuss bestand. Lediglich hinsichtlich des zu beschreitenden Weges gab es unterschiedliche Auffassungen. Die Koalitionsfraktionen haben die Auffassung vertreten, dass die im Landesaktionsplan zur Suchtprävention in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern enthaltenen Maßnahmen geeignet seien, die vorstehend genannten Ziele zu erreichen, nicht zuletzt durch die in der Unterrichtung dargelegte Strategie der Partizipation der Kinder und Jugendlichen, der Eltern, des Lehr- und Erzieherpersonals und anderer. Der in der Unterrichtung dargelegte Weg sei gegenüber dem Antrag der Fraktion der CDU weitreichender und geeignet, nachhaltige Wirkungen zu erzielen.
Aus der Suchtforschung seien verschiedene Ursachen für das Rauchen, aber auch für andere Formen der Sucht und des Süchtigwerdens von Kindern und Jugendlichen bekannt, wie zum Beispiel der gesundheitsschädigende Genuss von Alkohol und der Gebrauch von Medikamenten oder illegalen Drogen. Diesen Ursachen müssten entsprechende Präventionsmaßnahmen, insbesondere Aufklärung, Ermutigung, Motivation sowie Fürsorge, entgegensetzt werden. Dabei seien Anstrengungen aller gesellschaftlichen Kräfte und staatlicher Stellen erforderlich, die Einfluss auf das Leben der jungen Menschen nehmen würden, um Kinder und Jugendliche rauchfrei aufwachsen zu lassen.
Da sich der Landesaktionsplan von diesen Prämissen leiten lasse, haben sich die Fraktionen der SPD und Linkspartei.PDS für eine konsequente Umsetzung ausgesprochen und den Antrag der Fraktion der CDU abgelehnt. Seitens der Fraktion der CDU wurde hierzu vorgetragen, dass der in der Unterrichtung der Landesregierung aufgezeigte Lösungsweg nicht nachhaltig und damit nicht wirksam sei. Die Koalitionsfraktionen würden sich für die Umsetzung zu viel Zeit lassen. Die bislang durch die Landesregierung initiierten Programme hätten gezeigt, dass sie nicht greifen würden. Es gehe um die grundsätzliche Herangehensweise, wie Rauchen verhindert werden könne. Das Rauchverbot an Schulen sei der erste Schritt, um das Rauchen in der Öffentlichkeit allgemein zu verbieten.
Hier ist so eine Unruhe. Interessiert Sie, was ich sage? Ich gehe einmal davon aus.
Das Rauchverbot an Schulen wäre also der erste Schritt, um Rauchfreiheit in der Öffentlichkeit zu erzeugen. Mecklenburg-Vorpommern sei eines der letzten Bundesländer, in dem die flächendeckende Einführung der rauchfreien Schule bisher nicht auf den Weg gebracht worden sei.
Die Koalitionsfraktionen haben hierzu die Auffassung vertreten, dass der Landesaktionsplan zur Suchtprävention in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern nicht wirkungslos sei. Letztlich gehe es um Suchtprävention insgesamt. Insofern
biete die Unterrichtung der Landesregierung eine schlüssige Gesamtstrategie an. Daher lehne man den Antrag der Fraktion der CDU ab.
Vor diesem Hintergrund hat der Sozialausschuss die Ziffern 1 und 2 der Beschlussempfehlung jeweils mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion der CDU angenommen. Ich bitte Sie, der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses zu folgen und der Drucksache 4/2321 zuzustimmen. – Danke schön für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Positionen unserer Fraktion hat mein geschätzter Kollege Döring vorgetragen.
Ich möchte noch einige andere Aspekte, Herr Ankermann, hier beleuchten.
Zunächst will ich aber feststellen, und das grundsätzlich, dass auch mich die Unterrichtung an vielen Stellen sehr überzeugt hat, spricht sie doch von einer imposanten Entwicklung auf diesem Gebiet. Ich habe über die Jahre mitverfolgt, wie hat sich denn die Anzahl der Beschäftigten, die Anzahl der Unternehmen entwickelt. Während wir noch vor einigen Jahren von 1.200 Beschäftigten und 1.700 Beschäftigten sprachen, heißt es nun in der Unterrichtung, 88 Unternehmen sind auf dem Gebiet des Lifescience mit 2.100 Beschäftigten tätig. Wenn man bedenkt, wie schwierig es ist, in diesem Feld überhaupt Arbeitsplätze zu schaffen und Aufträge zu akquirieren, Umsätze zu realisieren, dann ringt mir das große Hochachtung ab.
Ausdrücklich begrüße ich einzelne Maßnahmen zum Ausbau des Landes zum Gesundheitsland Nummer eins. Erwähnen möchte ich die Präventionsangebote, die in der Unterrichtung enthalten sind, Gesundheit und Ernährung in Form von Wettbewerben an Kitas und Schulen. Ich brauche mich hier nicht groß darüber zu verbreiten, wie wichtig das ist angesichts der gesundheitlichen Situation von Kindern und Jugendlichen.
Gleichwohl halte ich die Unterrichtung in gewissem Sinne doch für einseitig. Sie folgt sehr dem Mainstream: Gesundheit gleich Markt – Mensch gleich Kunde. Deutlich wird das an mehreren Stellen. So zielt laut Unterrichtung Seite 10 die Entwicklung der Vorsorge- und Reha-Einrichtungen alleinig auf den frei finanzierten Gesundheitsmarkt ab. Ich will nicht die ganzen Einzelheiten aufzählen, die haben Sie sicherlich selber gelesen. Vielmehr will ich darauf hinweisen, dass sich die Betonung auf marktwirtschaftliche Aspekte durch die ganze Unterrichtung zieht. Zu Beginn der Unterrichtung jedoch – Sie haben das sicherlich gesehen – gibt es eine Abbildung, die kommt im Verlauf der Unterrichtung noch ein zweites Mal, auf Seite 2. Da ist ein Zwiebelmodell abgebildet und die stationäre und ambulante Versorgung, also das Gesundheitswesen, stellt den Kern dieser Zwiebel dar. Ausdrücklich heißt es dann auf der Folgeseite: „Gesundheitswesen und Gesundheitswirtschaft bilden die tragenden Säulen des Gesundheitslandes Mecklenburg-Vorpommern.“ Das halte ich für ausgesprochen wichtig, dass es dort steht und dass es betont wird.
In der Folge wird in der Unterrichtung aber der Bereich des Gesundheitswesens reichlich unterbelichtet. Von den sechs Leitprojekten, über die hier gesprochen wurde, kann lediglich das Projekt „Gesundheitsinsel Rügen“ aus dem Jahre 2003 originär dem Gesundheitswesen zugeordnet werden. Ich schätze dieses Projekt sehr, will das aber zumindest hier erwähnen. Beim Masterplan aus dem Jahr 2006 und seinen acht Gestaltungsfeldern geht mit Ausnahme der medizinischen Versorgungszentren der Kern des Zwiebelmodells völlig unter. Ich habe die begründete Sorge, dass das Gesundheitswesen schleichend der Wirtschaft untergeordnet wird, heißt es aber doch in der Unterrichtung, dass es sich um zwei Säulen handelt, die gleichermaßen Beachtung finden müssen.
Und ich habe manche Frage an die Unterrichtung, zum Beispiel zur Organisationsform. Wenn, wie aus dem Zwie
belmodell ersichtlich, die Selbsthilfe beispielsweise eine wichtige Rolle spielt – und ich halte sie für wichtig –, wie ist sie dann organisatorisch eingebunden? Ist die Selbsthilfe überhaupt organisatorisch eingebunden? Oder wenn die Seniorenwirtschaft so wichtig ist – was ich nicht bezweifle –, wie wird der Landesseniorenbeirat einbezogen? Wird er überhaupt einbezogen? Und weil ich gerade beim Fragen bin: Warum erfährt man weder in der Unterrichtung noch im Internet etwas darüber, wer die Mitglieder des Kuratoriums Gesundheitswirtschaft sind? Ich bin Frau Schildt heute sehr dankbar, dass sie viele ergänzende Informationen zur Unterrichtung hier vorgetragen hat. Und wo ich mich all das frage, frage ich mich auch, warum die Förder- und Projektgelder doch sehr deutlich vornehmlich in eine Region unseres Landes gehen.
Nun, sehr geehrte Damen und Herren, ich denke, das Thema wird und muss uns weiterhin beschäftigen, im Detail und grundsätzlich. Was die Details betrifft: Ist es zum Beispiel notwendig, dass es ein Gremium gibt, das Mittel bewilligt? Und soweit ich Kenntnis davon habe, steht die Frage: Wie geht es ab Oktober 2006 mit dem Projekt „Agnes“ auf Rügen weiter? Ein wichtiges Projekt. Oder was das Grundsätzliche betrifft: Wie erreichen wir eine Balance zwischen Gesundheitswesen und Gesundheitswirtschaft?
Wir sind auf gutem Weg, ein anerkanntes Gesundheitsland zu werden, und wir sind auf diesem Weg, den wir seit einigen Jahren beschreiten, auch ein erhebliches Stück vorangekommen. Das ist gut so. Gut ist es jedoch auch, nicht zu vergessen, dass die Infrastruktur des Gesundheitslandes Mecklenburg-Vorpommern auf einem stabilen und solidarischen Gesundheitswesen fußen muss. – Danke schön für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als gelernter Fahrzeugschlosser muss ich zugestehen, dass ich mich diesem Thema erst nähern musste, und ich verdanke das Wissen, über das ich jetzt verfüge, vor allen Dingen zwei Personen: Eine hat vor mir gesprochen. Frau Kühnel hat mich informiert über Zusammenhänge. Zum anderen meine ich den Präsidenten des Bauernverbandes des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Tietböhl, der mir Einsicht gewährte in einige Unterlagen der Präsidiumssitzungen, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben.
Meine Vorrednerinnen haben bereits darauf hingewiesen, dass de facto die Landwirtschaftspolitik sowohl des Bundes als auch des Landes nicht allein etwas zu tun hat mit Agrarprodukten, sondern immer auch Sozialpolitik ist. Insofern möchte ich als Sozialpolitiker das Gute an dem Antrag zuvorderst würdigen. Ich finde das gut, dass Sie das Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben, denn aus dem Antrag sprechen Sorge beziehungsweise Fürsorge für die sozialen Belange der Landwirte und für die Beschäftigten in der Landwirtschaft.
Und diese Sorge hat ja, das haben wir gehört, einen realen Hintergrund, denn wir verzeichnen einen dauerhaften Rückgang der Anzahl der Beitragszahler und wir haben es mit einer Abhängigkeit von Bundesmitteln zu tun. Das konstatiere ich, das stelle ich also nicht in Kritik, aber diese Abhängigkeit hat natürlich Folgewirkungen. Hinzu kommt, dass die Bundesmittelkürzungen, von denen hier die Rede war, im Bereich der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung und der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung zu erheblichen Beitragssatzerhöhungen für die Landwirte geführt haben und meines Wissens dadurch auch einige Landwirte an den Rand ihrer Existenz gekommen sind. Der Erhalt und vielmehr noch die Weiterentwicklung des landwirtschaftlichen Sozialversicherungssystems sind also notwendig. Da sind wir uns einig.
Dennoch verwundert mich der Antrag der CDU aus politischen Gründen, denn Sie verweisen in dem Antrag zu Recht auf Vorhaben der Bundesregierung, die Sie selbst stellen, und insofern, so empfinde ich das, ist der Antrag ein gewisser Misstrauensantrag an die eigene Bundesregierung.
Es heißt in Ihrem Antrag, Herr Riemann, es stehen einschneidende Verwerfungen bei der Neustrukturierung der landwirtschaftlichen Sozialversicherungssysteme zu befürchten, insbesondere für die neuen Bundesländer. Hört, hört, möchte ich da sagen. Und verwunderlich ist zugleich, dass Sie eine gewisse Wasch-mich-aber-mach
mich-nicht-nass-Mentalität mit diesem Antrag an den Tag legen,
denn einerseits soll nach Ihrer Meinung das landwirtschaftliche Sozialversicherungssystem reformiert werden – verständlich, nachvollziehbar. Andererseits sollen das soziale Sondersystem, die regionale Gliederung und die strukturelle Verschiedenheit aber erhalten bleiben. Was nun? Das eine oder das andere? Also da schieben Sie den Ball sozusagen in Richtung Landesregierung und sagen, sie möchten sich dafür einsetzen. Ich bin mir ganz sicher, dass die Landesregierung sich dafür einsetzen wird, und damit bin ich auch schon bei dem, wo ich meine, dass der Antrag auch Mängel hat,
und die möchte ich nicht, Herr Liskow, unter den Tisch kehren. Das Schlechte – und das ist Dialektik, es ist doch nicht alles weiß oder alles schwarz, Herr Glawe –, das Schlechte an dem Antrag ist die fehlende Schlüssigkeit.
Auch wenn Sie das nicht hören möchten. Ich finde, dass er nicht schlüssig ist in sich. Statt ein gesetzlich abgesichertes, dauerhaftes und verlässliches Engagement des Bundes einzufordern, findet sich der Antrag bereits mit der Senkung der Bundesmittel ab. Und statt in Rechnung zu stellen, dass die Landwirtschaftliche Krankenversicherung ein Zweig der Gesetzlichen Krankenversicherung ist, berücksichtigt der Antrag in keiner Weise den Diskussionsstand zur Veränderung des Gesundheitswesens auf Bundesebene. Insofern gebe ich Frau Kühnel völlig recht, der Antrag ist ein Zu-früh-Kommer.
Die Linkspartei.PDS unterstützt Beschlüsse des Präsidiums des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern, jedoch nicht Ihren Antrag.
Das Präsidium des Bauernverbandes MecklenburgVorpommern ist beispielsweise für eine stärkere risikoorientierte Beitragsveranlagung und gegen die jetzt vorgetragenen Fusionspläne der Träger der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Und das Präsidium des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommerns ist für die gesetzliche Festschreibung der Bundesmittelzuschüsse zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung und gegen eine Risikoabsicherung nach Kassenlage. Das teilen wir. Insofern denke ich, wir werden im Gespräch bleiben zu diesem Thema. Wir lehnen diesen Antrag in der gestellten Form aber ab. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem der Präsident diesen Beratungsgegenstand in der geänderten Tagesordnung aufgerufen hat, beginnt ein Abschnitt des heutigen Tages, der eine ganze Reihe von gesundheitspolitischen, sozialpolitischen und kinder- und jugendpolitischen Themen betrifft.
Ich darf Ihnen hiermit die Beschlussempfehlung des Sozialausschusses zum Änderungsgesetzentwurf für den Öffentlichen Gesundheitsdienst nahebringen. Es geht bei
diesem Gesetzentwurf darum, dass bei Arzneimitteln, die am Menschen zur Anwendung kommen sollen, klinische Prüfungen notwendig sind. In diesem Zusammenhang ist es ebenso notwendig und richtig, dass Ethikkommissionen tätig werden, um hier Prüfungen vorzunehmen. Insofern haben wir landesrechtlich Bundesrecht nachzuvollziehen.
Der Sozialausschuss hat diesen Gesetzentwurf am 6. April 2006 überwiesen bekommen, hat eine öffentliche Anhörung durchgeführt und hat sich im Ergebnis der öffentlichen Anhörung dafür ausgesprochen, den Abschluss von Haftpflichtversicherungen, die die Ethikkommissionen abzuschließen haben, nicht wie vorgesehen im Gesetzentwurf auf 10 Millionen Euro festzuschreiben, sondern abzusenken und die Höhe von jeweils 5 Millionen Euro zu versichern. Diese Position des Sozialausschusses kam nicht einstimmig zustande. Die Koalitionäre haben sich für diesen Weg entschieden und mehrheitlich ein solches Votum erzeugt. Die Opposition sprach sich dafür aus, dass nicht die Ethikkommissionen die Haftpflichtsumme vertraglich absichern sollten, sondern das Land hier in der Pflicht sei.
Gleichwohl, die Mehrheitsentscheidung gilt. Ich möchte Ihnen deshalb nahelegen, dem Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 4/2168 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses auf Drucksache 4/2284 zuzustimmen, und danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Infektionsschutzausführungsgesetz ist in seinem Entwurf in einer Ersten Lesung im Januar in diesem Hohen Hause beraten und federführend an den Sozialausschuss sowie mitberatend an den Innen- und den Finanzausschuss überwiesen worden. Hintergrund ist zum einen, dass das Bundesseuchengesetz abgelöst wurde durch das Infektionsschutzgesetz des Bundes, und zum anderen ist der Hintergrund die Erweiterung der Meldepflicht für einzelne
Infektionskrankheiten, die landesrechtlicher Regelung bedurften. Wir haben eine öffentliche Anhörung zu diesem Gesetzentwurf durchgeführt. Hinsichtlich der Anhörungsergebnisse verweise ich auf die Beschlussempfehlung.
Die mitberatenden Ausschüsse haben, soweit ihre Zuständigkeit betroffen ist, unveränderte Annahme empfohlen. Der Sozialausschuss hat in seinen vorgeschlagenen Korrekturen keine inhaltlichen substanziellen Fragen behandelt, sondern lediglich redaktionelle Veränderungen vorgenommen. Ich bitte Sie daher, dem Gesetzentwurf der Landesregierung auf der besagten Drucksache in der Fassung der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses zuzustimmen. – Danke schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landtag hat den Gesetzentwurf am 8. März 2006 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss sowie zur Mitberatung an den Innenausschuss und den Landwirtschaftsausschuss überwiesen. Der Sozialausschuss hat hierzu am 26. April 2006 eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen durchgeführt. Hinsichtlich der Ergebnisse der öffentlichen Anhörung verweise ich wie schon vorhin auf die Beschlussempfehlung, die Ihnen vorliegt.
Mit dem von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf soll durch die Änderung des Bestattungsgesetzes vorgeschrieben werden, dass die Krankenhäuser dafür Sorge zu tragen haben, dass auch die nicht bestattungspflichtigen Tot- und Fehlgeborenen, deren Eltern nicht von ihrem Recht auf individuelle Bestattung Gebrauch machen, auf einem Friedhof beigesetzt werden.
Zur Sicherung der Qualität der Leichenschau eröffnet der Gesetzentwurf zukünftig dem Arzt, der die Leichenschau vornimmt, die Möglichkeit, sich in bestimmten Fällen am Sterbeort auf die Todesfeststellung zu beschränken und die vollständige Leichenschau an einem geeigneten Ort durchzuführen. Ferner kann der Arzt zukünftig, wenn er die Todesbescheinigung nicht sofort vollständig ausstellen kann, weil ihm der Verstorbene vorher nicht bekannt war und/oder ihm deshalb Angaben, beispielsweise zu Grundleiden, fehlen, zunächst eine Bescheinigung über die Feststellung des Todes ausstellen. Dieses sichert die ordnungsgemäße Ausstellung der Todesbescheinigung. Die bisher erforderliche Zustimmung der Hinterbliebenen zur Durchführung einer Obduktion wird durch die sogenannte Widerspruchslösung ersetzt.
Ferner sehen die Änderungen des Sozialausschusses vor, dass die Trägerschaft in Bezug auf Friedhöfe nunmehr auch unter Aufsicht des Landes stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts eröffnet wird. Damit wird der Weg dafür frei gemacht, dass Bestattungen künftig auch außerhalb gemeindlicher oder kirchlicher Friedhöfe, etwa in Landeswäldern, vorgenommen werden können. Der öffentliche Charakter des Bestattungsortes wird dabei gewahrt und die Bestattungen in privater Trägerschaft bleiben ausgeschlossen. Ferner dürfen Särge zukünftig zu Transportzwecken nur noch dann mehrfach verwendet werden, sofern sie rückstandsfrei reinigbar
sind. Die Empfehlung des Sozialausschusses geht zurück auf die Stellungnahme des Landesverbandes des Bestattungsgewerbes Mecklenburg-Vorpommern. Dort wurde darauf hingewiesen, dass für Transporte von Verunfallten bereits gebrauchte kostengünstigere Holzsärge mehrfach Verwendung finden würden. Diese Praxis wird aufgrund des Änderungsvorschlages des Sozialausschusses aus ethischen und aus hygienischen Gründen beendet.
Der Sozialausschuss hat die Beschlussempfehlung einvernehmlich bei Enthaltung seitens der Fraktion der CDU einschließlich der beschlossenen Änderungen angenommen. Ich bitte Sie daher, den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Fassung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Sozialausschusses auf Drucksache 4/2322(neu), Ihnen wurde die letzte Fassung heute Vormittag vorgelegt, anzunehmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch einmal an die Diskussion anknüpfen, die wir im Sozialausschuss geführt haben, insbesondere die Anhörung. Sie gehört für mich – ich möchte zumindest für mich persönlich sprechen – zu den Anhörungen mit dem höchsten Erkenntnisgewinn. Das ist ein Thema, von dem ich meinte, hier werden sozusagen einige Regelungen gesetzestechnischer Natur getroffen. Am Ende stellte sich heraus, es handelt sich um ein hoch sensibles und emotional sehr tiefgehendes Thema.
Zu den Fragen im Detail: Was muss getan werden, damit es keine Mängel bei der Ausstellung von Todesbescheinigungen gibt? Was ist zu tun, damit Transporte von Verstorbenen ohne Beanstandungen erfolgen? Was spricht womöglich für und was gegen eine Privatisierung von Krematorien? Welche veränderten Formen der Trauer- und der Erinnerungskultur gibt es mittlerweile und wie sind sie zu berücksichtigen?
Ich denke, in der gebotenen Sensibilität haben wir nach Kompromissen gesucht und uns völlig zu Recht entschieden, dass es nunmehr Regelungen zur Beisetzung von Tot- und Fehlgeborenen gibt, Herr Glawe und
Herr Dr. Nieszery sind darauf eingegangen. Wir haben somit eine wichtige ethische Frage geklärt. Wir haben gesagt, die zweite Leichenschau soll von Rechtsmedizinern vorgenommen werden und erst nachrangig von anderen Medizinern. Hier ist die Frage der Qualität berührt. Es wird zukünftig Friedwälder geben. Die Kirchen waren mit dieser Überlegung und mit dieser Idee, die wir im Ausschuss behandelt haben, nicht einverstanden und haben entsprechend interveniert. Wir halten es dennoch für sinnvoll und wichtig, eine solche Möglichkeit zu eröffnen, weil sie eine alternative Form der sich entwickelnden Trauer- und Erinnerungskultur widerspiegelt. Wir haben uns dafür entschieden, dass es private Krematorien im Land nicht geben wird. Ich halte das für vernünftig, obwohl es eine umstrittene Lösung bei uns ist. Wir haben uns letztendlich dazu verständigt, es bei der Situation zu belassen. Hier fiel auch ins Gewicht, dass gerade Kommunen wie Rostock gesagt haben, wie wichtig dieser Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge für das Leben in der Kommune und für die Gestaltung ist. Wir haben dem entsprochen. Auch ich wäre dafür, dass wir diesen Gesetzentwurf in der veränderten Fassung annehmen. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu dem Gesetzentwurf hat der Sozialausschuss am 3. Mai 2006 eine umfangreiche Anhörung durchgeführt. Details können Sie der Beschlussempfehlung entnehmen.
Etwas zur Intention der Landesregierung: Mit dem von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf werden die Voraussetzungen geschaffen, Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie dafür zu sorgen, dass wir eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft nachhaltig gewährleisten, um ihnen, und das ist das Ziel, eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.
Die Beschlüsse des Sozialausschusses sehen unter anderem vor, dass das Gender-Mainstreaming eindeutig im Gesetz umgesetzt wird. Ferner sehen die Beschlüsse des Sozialausschusses eine Beweiserleichterung zugunsten von Menschen mit Behinderungen vor, die gegebenenfalls eine Benachteiligung glaubhaft machen müssen. Im Hinblick auf den Einsatz von Gebärdendolmetschern sehen die Beschlüsse des Sozialausschusses für bestimmte Fälle vor, dass, wenn bestimmte vorgegebene Fristen nicht eingehalten werden, weil ein Gebärdendolmetscher oder eine andere geeignete Kommunikationshilfe nicht rechtzeitig zur Verfügung stand, diese besagte Frist angemessen zu verlängern ist.
Da im Ausschuss die Kostenfolgen des Gesetzes Gegenstand der Beratungen waren, hat der Sozialausschuss beschlossen, die Landesregierung aufzufordern, dem Landtag bis zum 31. März 2009 über die Kostenfolgen des Gesetzes zu berichten. Diese Berichtspflicht finden Sie im Paragrafen 14 des Artikels 1 Absatz 5 wieder. Bei den übrigen Änderungen handelt es sich im Wesentlichen um redaktionelle Änderungen und Anpassungen von Verweisen und Folgeänderungen. Ferner sollen die zwischenzeitlich verkündeten Gesetze im Gesetzentwurf berücksichtigt werden.
Der Sozialausschuss hat die Beschlussempfehlung einvernehmlich bei Enthaltung seitens der Fraktion der CDU angenommen. Die von der Oppositionsfraktion gestellten Änderungsanträge sind in meinem schriftlichen Bericht unter „Beratungsergebnisse“ sehr ausführlich dargestellt worden. Insofern verweise ich auf den Ihnen vorliegenden Text und bitte Sie, dem Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 4/2114 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses auf Drucksache 4/2332 zuzustimmen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Unterschied zu den anderen Gesetzentwürfen, die ich vorstellen durfte, was die Beratungsergebnisse des Sozialausschusses betrifft,
haben wir es hier mit einem Gesetzentwurf zu tun, zu dem es keine Anhörung im Sozialausschuss gab. Der Sozialausschuss empfiehlt die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfes der Landesregierung. Gleichwohl hat es – das entnehmen Sie der Beschlussempfehlung – lediglich ein mehrheitliches Votum gegeben. Die Koalitionäre haben für den Gesetzentwurf gestimmt, die CDU-Fraktion dagegen.
Mit dem von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf werden die Wahl der Gleichstellungsbeauftragten auf der Ebene des Schulamtes an die Neuorganisation angepasst und die Gleichstellungsbeauftragte für das zentrale Personalmanagement eingeführt. Ferner wird eine Regelung für eine Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten der Landesverwaltung in das Gleichstellungsgesetz aufgenommen. Hierfür möchte ich werben und bitte deshalb um Zustimmung für den vorliegenden Gesetzentwurf. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu diesem hier zur Debatte stehenden Gesetzentwurf hat der Sozialausschuss am 26. April eine Anhörung durchgeführt. Hinsichtlich der Ergebnisse der öffentlichen Anhörung verweise ich auf die schriftliche Stellungnahme des Sozialausschusses.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht vor, bisher nicht eindeutig geregelte Aufgabenzuweisungen zu konkretisieren. Durch die Neufassung der entsprechenden Regelungen wird der Spielraum im Sinne einer fachgerechteren Besetzung der Jugendhilfeausschüsse und des Landesjugendhilfeausschusses erhöht und eine weitergehende Beteiligungsmöglichkeit für junge Menschen eröffnet. Durch die Einfügung eines neuen Paragraphen 13a wird der Landesjugendhilfeausschuss als wichtiges plurales Entscheidungsgremium aufgewertet, Herr Glawe.
Die Beschlüsse des Sozialausschusses sehen unter anderem vor, dass dem Jugendhilfeausschuss zukünftig 15 stimmberechtigte Mitglieder einschließlich des Vorsitzenden angehören. Dies dient dem Ziel, das Gremium arbeitsfähig zu halten. Ferner soll es dem Jugendhilfeausschuss selbst überlassen bleiben, ob dieser für die Jugendhilfeplanung und andere Aufgaben Unterausschüsse bildet oder es eben nicht tut. Die Beschlüsse des Sozialausschusses stellen klar, dass das Landesjugendamt weiterhin die Aufgabe der Kostenerstattung bei der Gewährung von Jugendhilfe nach der Einreise gemäß Paragraph 98 des SGB VIII wahrnimmt. Durch die Beschlüsse des Sozialausschusses wird ferner sichergestellt, dass der Landesjugendhilfeausschuss frühzeitig am Gesetzgebungsverfahren sowie an der Erarbeitung von Richtlinien und Empfehlungen, die die Kinder- und Jugendhilfe betreffen, durch die Landesregierung beteiligt wird. Auch soll zukünftig ein vom Sozialausschuss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern zu benennender Vertreter beziehungsweise eine Vertreterin als beratendes Mitglied dem Landesjugendhilfeausschuss angehören. Ein weiterer Eckstein der Empfehlungen des Sozialausschusses besteht darin, dass die Erarbeitung eines Kinder- und Jugendprogramms des Landes nunmehr gesetzlich fixiert wird.
Der Sozialausschuss hat die Beschlussempfehlung einvernehmlich bei Enthaltung seitens der Fraktion der CDU angenommen. Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, den
Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung anzunehmen, und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss zugestehen, dass ich an diesem Antrag meine helle Freude hatte. Und ich habe natürlich geahnt, dass Sie auf diese Art und Weise versuchen glauben zu machen, dass die PDSAbgeordnete im Bundestag das eine sagt und wir dann das andere sagen.
Um deutlich zu machen, das Ziel haben wir auch:
gleiche Vergütung für gleiche Leistung.
Nur der Weg dahin ist ein anderer,
weil Sie versuchen, einen Webfehler, der im System liegt, durch eine Stellschraube zu beheben,
und wir sagen, das System muss gewechselt werden.
Das kann ich nicht beantworten, Herr Riemann.
Ich suche eine Antwort,
ich suche eine Antwort auf Ihren Antrag in vier Punkten. Einmal möchte ich zu Formalem reden, dann zu Kuriosem, zu Absonderlichem und zu Alternativen.
Das Formale: Ich bin Autoschlosser und kein Mediziner. Also habe ich mich hingesetzt und habe mich gefragt, was will uns die CDU mit diesem Antrag sagen.
Ich habe im Internet recherchiert. Unter dem Stichwort „Basisfallwert“ oder „Landesbasisfallwert“ komme ich auf eine Internetseite und als ich das dort lese, denke ich, mensch, das hast du schon mal gelesen.
Ich gucke in den CDU-Antrag und siehe da, original www.hkgev.de.
Sie haben abgeschrieben.
Wer ist aber www.hkgev.de? Das ist die Hamburgische Krankenhausgesellschaft, von der Sie abschreiben.
Nun muss man aber wissen, dass die Hamburgische Krankenhausgesellschaft
ganz andere Interessen, ganz andere Interessen hat.
Das ist nicht schlecht recherchiert. Das bringe ich Ihnen im Anschluss an meine Rede bei.
Die haben andere Interessen.
Die sind nämlich Kostentreiber im System. Und an der Stelle sage ich, sie machen sich nicht zu Interessenvertretern der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, sondern zu Interessenvertretern von Kostentreibern und Konzernen, die außerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern agieren.
Zu Frau Pau komme ich noch. Wir sind gar nicht im Widerspruch. Das sage ich noch.
Nun zu dem Kuriosen. Erst einmal klingt der Vorschlag ja vernünftig. Warum sollte es nicht eine gleiche Vergütung für die gleiche Leistung geben?
Aber an dieser Stelle muss man immer bedenken, alles Handeln im Leben hat Konsequenzen. Auch wenn ich die Basisfallwerte anhebe, hat das Konsequenzen, ganz konkret für die Menschen in unserem Land, für die Versicherten in der Bundesrepublik insgesamt. Und nun passiert das Kuriose, das darin besteht, dass die CDU ihre eigene Logik über den Haufen wirft.
Sie vertreten ja immer den Lohnnebenkostenfetisch. Und die Logik wäre dann, wenn die Fallwerte steigen, steigen die Ausgaben der Krankenkassen. Herr Borchert hat das ja vorhin auch schon mal ausgeführt.
Ich will das noch mal vertiefen. Wenn die Ausgaben der Krankenkassen steigen, steigen die Beiträge der Versicherten, und das wiederum führt zu höheren Lohnnebenkosten. Auch an dieser Stelle, wenn ich mal Ihrer Logik folge, handeln Sie insofern gegen Ihre eigenen Interessen. Das verstehe ich nun rein gar nicht.
Und nun passiert Folgendes. Ich habe heute früh einen Geschäftsführer eines Krankenhauses angerufen und er hat gesagt, natürlich haben wir ein Interesse daran, dass wir ordentliche Vergütungen finden. Aber an dieser Stelle, muss ich sagen, läuft die CDU gegen die Auswirkungen Ihrer eigenen Politik Sturm. Ich habe mir nämlich mal erklären lassen, wie es überhaupt zu den Landesbasisfallwerten gekommen ist, welchen Weg alles genommen hat, und musste erfahren, dass diese Basisfallwerte keine reale Widerspiegelung der Kostensituation sind, sondern sie reflektieren de facto historische Kosten. Das heißt, in dem Moment, in dem die neuen Bundesländer mit dem Abrechnungssystem faktisch konfrontiert worden sind, haben sie in diesem System eine besondere Stellung erhalten. Mecklenburg-Vorpommern ist verglichen worden mit der Kostenstruktur in Schleswig-Holstein, deswe
gen gibt es da eine Kopplung. Die Situation dort ist aber eine andere als bei uns.
Die Kostenermittlung hat ergeben, dass wir eine Situation haben wie 1992. Vor allen Dingen die Stadtstaaten – Preistreiber ist ja nicht Bayern –, und zwar die Stadtstaaten Hamburg und Berlin haben höhere Basisfallwerte und wir geringere.
Die Geschäftsführung des Krankenhauses, das ich angerufen habe, hat aber gesagt, den richtigen Schlag – wo auch immer hin – haben wir bekommen im kritischen Jahr 1996. Damals hat der Gesetzgeber die Leistung gekappt. Wir konnten also nicht mehr höher steigen und er hat mit der Deckelung angefangen, die wir im Übrigen auch beklagen. Wenn Sie heute diesen Antrag stellen, beklagen Sie die Auswirkungen Ihrer eigenen Politik aus dem Jahre 1996, wenn ich das mal sagen darf.
Sie sind lernfähig?
So, und jetzt Folgendes. Ich habe mir überlegt, jetzt müsste ja Folgendes passieren.
Wissen Sie, wenn reine Marktwirtschaft, Sie sind ja Verfechter der reinen Marktwirtschaft,...
Okay. Der neuen, genau, der neuen sozialen Marktwirtschaft.
Jetzt passiert es, jetzt habe ich folgende Denklogik aufgemacht und gesagt, wenn wir die geringeren Fallwerte haben, dann müssten doch zum Beispiel die Berliner ein Interesse haben, Busse zu chartern, um zur Entfernung des Blinddarms und so weiter hier nach MecklenburgVorpommern zu fahren, denn die Krankenkassen in Berlin würden davon profitieren, würden ja weniger zahlen müssen.
Da ist mir gesagt worden in Berlin, wir haben daran gar kein Interesse. Wir haben eine Landeskinderregelung und haben ein Interesse, dass die Leute bei uns behandelt werden. Klar, Herr Schubert hat es ja selber gesagt, weil Vivantes Unterstützung erfahren muss. Wenn nämlich die Patienten hier behandelt werden, obwohl es billiger wäre, obwohl das auch ginge – da steht rechtlich nichts dagegen –,
dann bleiben die auf der reinen Notfallversorgung sitzen. Das könnte dazu führen, dass ihre großen Kranken
hauskonzerne wie Vivantes in Hamburg oder woanders krachen gehen, weil die regulären Behandlungen ausgelagert werden würden, in unser Bundesland kommen und sie auf teuren Fällen und Notfallbehandlungen sitzen bleiben würden. Die haben also gar kein Interesse, an der Stelle marktwirtschaftlich zu denken. Das führt bei mir zu dem Fazit – und insofern gebe ich Frau Pau recht –, wir wollen gleiche Vergütung für gleiche Leistung,
aber dieser Webfehler kann in diesem System mit der jetzigen Systematik im Gesundheitswesen nicht geheilt werden. Es wäre ein anderes System notwendig.
Und jetzt komme ich mit einem Vorschlag, den Sie kennen. Wir plädieren für eine solidarische Bürgerversicherung: Erstens zahlen alle ein und alle Vermögenswerte werden herangezogen.
Zweitens, dieser ganze Trouble mit den Kassen – eine Kasse reicht in diesem Land und drittens reicht dann auch ein Vergütungssystem.
Das klingt alles sehr seltsam für Sie, aber das ist eine mögliche Alternative.
Wenn wir das hätten, dann würde es auch mit den Basiswerten klappen. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht die Vorreden kommentieren. Ich möchte Ihnen gerne eine Begebenheit schildern, die sich zugetragen hat hier vorn
am Platz der Jugend, gleich da, wo ich wohne. Eine junge Frau im Military-Look – das sind diese Sachen, die so wie Tarnanzüge aussehen – schiebt einen Kinderwagen über den Platz der Jugend, ein weiteres Kind kündigt sich offensichtlich an. An der Haltestelle kommentieren zwei Damen in satter Zufriedenheit das Geschehen. Die eine sagt: „Wenn Kinder Kinder kriegen.“ Und die andere sagt: „Ja, solche wie die vermehren sich wie Karnickel.“
Ich war sehr schockiert, aber solche widerliche Debatte flammt immer mal auf. Jetzt wollen wir die anderen Kinder, die von reicheren Eltern, bildungsnäher, intelligenter womöglich. Ich halte das für eine kreuzgefährliche Debatte. Kinder sind uns doch alle willkommen.
Und es ist doch wohl egal, aus welchen Haushalten sie kommen. Kinder sind willkommen, alle.
Alle? Alle, muss ich fragen. Das Elterngeld zum Beispiel gibt es für alle jungen Muttis und Vatis, aber es wirkt sehr unterschiedlich. Bevorteilt sind Gutverdienende und Sehrgut-Verdienende, Herr Borchert hat es dankenswerterweise ganz ehrlich und deutlich gesagt. Vordem war es so, dass verheiratete Personen, die mehr als 1.372,50 Euro Einkommen hatten, kein Erziehungsgeld mehr bekommen haben. Nunmehr bekommen sie und diejenigen, die mehr an Einkommen aufzuweisen haben, bis zu 1.800 Euro im Monat. Das ist ein sattes Plus und das ist auch gar nicht so verkehrt. Jedoch muss man sich auch die Kehrseite der Medaille angucken. Wer vordem zwei Jahre 307 Euro erhielt, bekommt jetzt 1 Jahr oder 14 Monate mindestens 300 Euro. Nimmt man die Geringverdienerkomponente – das ist ein ganz kompliziertes Rechenbeispiel, ich habe mir die Mühe mal gemacht – hinzu, haben Arbeitslosengeld-IIBezieherinnen beziehungsweise -Bezieher immer noch einen Verlust von 2.552 Euro. Das wiederum führt mich zu der Frage: Ist die Erziehungsarbeit für das Mädchen in dem Military-Look, um mal bei dem Beispiel zu bleiben, nicht gleichermaßen anspruchsvoll wie die der Dame im Chanel? Warum wird die Erziehungsarbeit der Dame im Chanel höher bewertet?
Ich sehe drei Webfehler in diesem System, von einem Systemwechsel ist ja gesprochen worden:
Erstens. Aus dem skandinavischen Wohlfahrtsmodell des Elterngeldes wurde ein Elterngeld vor allen Dingen für Gutverdienende und Reiche geschnitzt.
Zweitens. Es ist ein Systemwechsel ohne System. Wenn alle Eltern 14 Monate nach der Geburt wieder arbeiten sollen, dann müssen die Kinder ab dem Zeitpunkt betreut werden. In Mecklenburg-Vorpommern haben wir recht gute Bedingungen. In anderen Bundesländern ist das aber nicht der Fall, noch nicht.
Drittens. Der ungleiche Verdienst zwischen Männern und Frauen trotz gleicher Arbeit, denn es gibt ja nicht, das ist ja unbestritten, gleichen Lohn für gleiche Arbeit, wird über das Elterngeld fortgeschrieben.
Wir haben den Vorschlag gemacht, und ich bitte Sie, Frau Ministerin, das mit aufzunehmen in Ihre Initiativen in
der Jugendministerkonferenz, die Konzeption des Elterngeldes vor In-Kraft-Treten des Gesetzes noch einmal zu erweitern, noch einmal zu verändern:
1. Keine Kürzung bei den Ärmsten, der Bezug des Sockelbetrages soll für 24 Monate gelten.
2. Gutverdienende müssen einen Beitrag zur Finanzierbarkeit leisten. Wir sind der Meinung, die maximale Höhe des Elterngeldes sollte 1.564 Euro, also das durchschnittliche Nettoäquivalenteinkommen, betragen.
3. Gleichstellung sollte konsequent umgesetzt werden, was die Anteile von Männern und Frauen betrifft.
Dennoch will ich mich hier nicht hinstellen und das Elterngeld nur kritisieren. Das Elterngeld hat etwas damit zu tun, Kinder zu versorgen und zu erziehen. Das ist positiv. Elterngeld ermöglicht die Anwesenheit beider Elternteile in der Säuglings- und Kleinkindphase. Das ist positiv. Ebenso positiv ist es, das Elterngeld für Väter erleichtert die Entwicklung von Bindung zu den Kindern, etwas sehr Wichtiges, wie ich meine. Und was das Beste ist, finde ich, Familie ist wieder ein Topthema geworden.
Nun stand immer die Frage: Wer hat hier die größten Anteile? Und da will ich mich mal mit einmischen.
Es stellt sich die Frage: Wem ist es zu verdanken? Oder nach diesem Werbemännchen: Wer hat es erfunden? Ich möchte daran erinnern, dass zum Beispiel die PDS-Bundestagsgruppe beziehungsweise PDS-Bundestagsfraktion 1999 einen Antrag „Familienförderung durch Änderung der Steuergesetzgebung mit einer Elterngeldkomponente“ gestellt hat. Müde haben die Mehrheiten damals im Bundestag abgewinkt und haben gesagt, das brauchen wir nicht.
Oder: PDS 2001, wir haben gesagt, Kindertagesbetreuung muss kostenfrei sein. Wir sind verhöhnt worden, verlacht worden. Heute – FDP beginnend – übervorteilen sich alle und sagen, wir sind doch diejenigen, die die Kindertagesstätten kostenfrei machen wollen.
Ich sage Ihnen, Herr Renz – meine Lampe brennt –, willkommen im Club! – Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Beschlussempfehlung des Sozialausschusses ist erwähnt worden. Ich darf darauf verweisen, dass wir uns im Sozialausschuss im Rahmen einer Anhörung mit diesem Gesetz beschäftigt haben und in Auswertung dieser Anhörung sehr viel debattiert haben, um nach Optimierung zu suchen, was die Verteilungsmechanismen der Gelder auf die Kreise und kreisfreien Städte betrifft. So hat uns unter anderem die Frage beschäftigt: Sollte man die Leistungskreise, also die Regelung, dass die Landkreise und die kreisfreien Städte gesondert betrachtet werden, aufheben? Wir haben darüber diskutiert und sind in Abwägung zu der Erkenntnis gekommen, dass an dieser Stelle eine Aufhebung der Leistungskreise eher zu einer Verschlechterung der Situation der meisten Kreise und kreisfreien Städte führen würde.
Zwei Dinge haben wir im Sozialausschuss an diesem Gesetz geändert. Wir haben uns zum einen verständigt zu einer Änderung der Mittelbindung für investive Zwecke. Da gab es den Vorschlag seitens der CDU-Fraktion, er liegt Ihnen heute auch noch einmal vor, die investive Bindung völlig aufzuheben. Die Argumentation der Koalitionsfraktionen dagegen war, dass wir gesagt haben, die investive Mittelbindung war Bestandteil des Willens des Bundesgesetzgebers und wir wollten dem zum einen entsprechen, zum anderen haben wir dies mit Blick auf die Haushaltssituation des Landes und die Notwendigkeit der Investitionsquote getan. Es ist in dieser Frage zu einer Abstimmung gekommen. Die CDU, wie gesagt, wollte gänzlich die Streichung der Mittelbindung und der Ausschuss hat letztlich mit der Mehrheit der Koalition diesen Antrag der CDU abgelehnt und eine Änderung ins Gesetz eingepflegt, die investive Mittelbindung von 65 auf 40 Prozent zu senken.
Eine weitere Änderung, die wir vorgenommen haben, ist ein Betrag, der eingestellt war im Gesetz entsprechend dem Flüchtlingsaufnahmegesetz, also de facto aus dem gesamten Topf der Mittel einen Vorwegabzug vorzunehmen. Er war vordem geplant in Höhe von 2,27 Millionen Euro und wurde jetzt auf 2,85 Millionen Euro aufgestockt.
Das sind die beiden Änderungen, die ich hier erwähnen möchte. Ich bitte Sie, die Beschlussempfehlung des Sozialausschusses anzunehmen. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ausführungsgesetz zum SGB II, das wir heute in Zweiter Lesung behandeln, ist zurückzuführen auf das SGB II, also Bestandteil der Hartz-Gesetze. Und welche grundsätzlichen Positionen die Linkspartei dazu hat, hatte ich in der Ersten Lesung vorgetragen. Das hat vielen im Hause nicht gefallen,
weil Sie ja wissen, dass wir die Hartz-Gesetze ablehnen.
Ich brauche das insofern nicht zu wiederholen, weil ich Sie nicht agitieren möchte. Herr Ringguth, ich glaube, ich kann Sie nicht für unsere Position gewinnen.
Gleichwohl ist die Linkspartei.PDS der Auffassung, dass dieses Ausführungsgesetz, was heute zur Debatte steht, einschließlich der Änderungen eine Verbesserung gegenüber der bisherigen Rechtslage darstellt.
Die angestrebte Ausgleichsfunktion bei der Verteilung der finanziellen Mittel, die wir auch schon mit dem vorherigen Gesetz wollten, ist so nicht eingetreten, konnte nicht erbracht werden, und insofern relativ kurzfristig diese Änderung. Wie aber eine gerechte Alternative finden? Auf
der Bundesebene wurde die vorgesehene Revisionsklausel wegen Nichtrealisierbarkeit kurzerhand gekappt und die Kreise und kreisfreien Städte – ich bin Herrn Timm sehr dankbar für die sehr sachliche Wiedergabe der Geschehnisse – sahen sich außerstande, etwaige Entlastungen gegen Belastungen aufzurechnen und hier sozusagen einen Konsens zu erreichen.
Unser Ziel war es, die Finanzverteilung von unsicheren Fakten, die es ja unbestreitbar gab, abzukoppeln. Insofern jetzt dieses doch komplizierte Konstrukt mit Vorwegabzügen, „Feuerwehrtopf“, der verbleibende Betrag wird in zwei Leistungskreise gegliedert, also die kreisfreien Städte zum einen, die Landkreise zum anderen, und jeder Leistungskreis für sich wird noch mal betrachtet nach den Kosten der Unterkunft und nach der Anzahl der Fälle des Arbeitslosengeldes II. Das Verfahren ist vielleicht nicht das beste, aber ein besseres haben wir nicht gefunden und insofern jedoch Planungssicherheit für die Kommunen geschaffen.
Auf der Suche nach einer optimierten Lösung haben wir den Wegfall der Leistungskreise betrachtet. Dazu habe ich vorhin schon etwas gesagt, das kann ich mir jetzt ersparen. Am widersprüchlichsten war immer wieder die Debatte – und das zeigt sich auch heute –, was wird aus der investiven Mittelbindung.
Es war sehr einleuchtend, wenn zum Beispiel nicht nur Güstrow gesagt hat, sondern auch die Landrätin von Ostvorpommern, das ist doch im Grunde genommen widersinnig, wir bekommen das Geld, sind verpflichtet, es investiv einzustellen in den Vermögenshaushalt, im Verwaltungshaushalt müssen wir die Ausgaben tätigen
und kommen zu einem Kassenkredit, weil sozusagen die Mittel dann aufgebracht werden müssen. Das war uns einleuchtend und insofern haben wir uns ja nicht stoisch den Betrachtungen der CDU verweigert, wenn sie sagte …
Nee, nee, Herr Liskow, Hand aufs Herz,
wir haben uns das nicht so einfach gemacht und haben gesagt, was steht dagegen. Wir sind ja nicht im luftleeren Raum. Wir müssen mit betrachten, wie gestalten sich die Finanzbeziehungen der Bundesländer insgesamt und wie stellt sich das Land Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel im Fortschrittsbericht dar. All das muss ja mit in Betracht gezogen werden. Und ich finde – Herr Borchert hat den Antrag der Koalitionäre vorgetragen –, das ist eine intelligente Lösung, weil sie beiden gerecht wird und keine Fesseln anlegt.
Insofern bitte ich um Zustimmung für diesen Änderungsantrag. Der Änderungsantrag der Koalitionäre widerspricht ja nicht dem anderen.
Er konkretisiert die Gestaltungsspielräume und das ist gar nicht verkehrt.
Weil das andere, was ich vorhin sagte, dass wir nicht im luftleeren Raum leben, dass wir bedenken müssen, welche Spielregeln noch gelten – wir wollen unser Land ja nach vorne bringen –,
dass wir das mit berücksichtigen, denke ich mal, ist eine gute Lösung, über diesen Änderungsantrag zu gehen und dann mit der Veränderung die Beschlussempfehlung und das Gesetz so anzunehmen. Ich bedanke mich recht herzlich für die Aufmerksamkeit und denke, dass wir an diesem Punkt im Interesse der Handlungsfähigkeit der Kommunen etwas Gutes auf den Weg bringen. – Danke schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Zunächst möchte ich mich an Herrn Caffier wenden. In der Tat, wir sind recht berechenbar. Ich möchte diese Rede nutzen, um über Grundsätzliches zu sprechen.
Wenn wir hier zum Ausführungsgesetz des Vierten Gesetzes zur Verbesserung der Dienstleistungen am Arbeitsmarkt sprechen, müssen wir selbstverständlich auch über die Grundlagen sprechen. An dieser Stelle möchte ich für alle historisch Interessierten darauf verweisen, dass vor nunmehr fünf Jahren Herr Peter Hartz beauftragt wurde, in einer Kommission entsprechende Verbesserungen der Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vorzubereiten. Herr Hartz war derjenige, der als Betriebswirt beauftragt wurde, eine Volkswirtschaft zu verändern, der aber aufgrund dubioser Lustreisen nach Brasilien dann seinen Hut genommen hat. Beauftragt wurde er von seinem Freund, Herrn Schröder, der Bundeskanzler war und nunmehr bei Rothschild die Türkei, den Orient und Asien kapitalisiert. Herr Müntefering hat so etwas einmal...
Ich bin nicht neidisch!
Ich möchte darauf verweisen, dass Herr Müntefering vor Eintritt in die Koalition mit Ihnen solche Unternehmen wie Rothschild als Heuschrecken bezeichnet hat. Ich sage das nur, um Zusammenhänge herzustellen, denn Politik hat immer etwas mit Interessen zu tun. Wessen Interessen werden vertreten? Von wem werden welche Interessen vertreten?
Es war, das möchte ich gerne sagen, vorgegeben und wir haben auch ein Interesse daran, die Kommunen zu entlasten. Das war ein Punkt, weil aus der Hartz-Kommission heraus vor einem realen Hintergrund gesagt wurde: Bund, Länder und Kommunen müssen immer Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe leisten und diese Kosten schlagen durch die Decke. Nun habe ich mich darangesetzt und einmal geschaut, wie es mit den Kosten 2004 aussah, also vor dieser Reform, und wie sah es 2005 aus:
Arbeitslosengeld 2004 29,07 Milliarden Euro bundesweit
Arbeitslosenhilfe 18,76 Milliarden Euro bundesweit
Hilfe zum Lebensunterhalt für Sozialhilfeempfänger 9,98 Milliarden Euro
Grundsicherung für Erwerbsunfähigkeit und Altersrentner 2,09 Milliarden Euro und
Wohngeld 5,18 Milliarden Euro
Das macht zusammen 65,08 Milliarden Euro an Sozialleistungen im Jahre 2004. Selbst wenn man Arbeitslosengeld als Versicherungsleistung nicht mitrechnet, dann verbleibt ein Betrag von 36,07 Milliarden Euro.
Wie stellte sich die Entwicklung 2005 dar?
Arbeitslosengeld II 15,9 Milliarden Euro
Kosten der Unterkunft 12,25 Milliarden Euro
SV-Beiträge – in der Tat zu würdigen, Herr Heydorn – 9,18 Milliarden Euro
Macht zusammen 37,33 Milliarden Euro.
Nun sind nicht alle genannten Positionen vergleichbar, deshalb beschränke ich mich in meiner Betrachtung zunächst allein auf die vergleichbaren Positionen, also Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe einerseits und das Arbeitslosengeld II sowie die Unterkunftskosten andererseits. Waren es im Jahre 2004 noch 28,74 Milliarden Euro – also diese beiden Positionen –, die Bund und Kommunen ausgegeben haben, so sind es 2005 bereits 8,59 Milliarden Euro mehr, allein für die Kosten des Lebensunterhalts und die Unterkunftskosten. Zählt man die Ausgaben des Bundes in Höhe von 6,3 Milliarden für die Eingliederungsleistungen – sehr wichtig im Übrigen – noch hinzu, erhöht sich der Betrag auf insgesamt 43,63 Milliarden Euro. Also 15 Milliarden Euro ist diese ganze Sache teurer geworden.
Mir fällt es schwer, bei solchen Steigerungen die versprochene Einsparung erkennen zu können. Wo aber fehlt das Geld, was Bund und Kommunen hier investieren? Denn das Geld wird ja real ausgegeben. Spürbar für den Einzelnen in den Kommunen, zumindest mittelbar, wird dieses an der Kultur-, Jugend- und Seniorenarbeit, an Beratungsstellen oder Präventionsleistungen, zum Beispiel für den Einsatz von Schulsozialarbeitern oder für die Arbeit mit Migranten. Nach den Ereignissen an der RütliSchule in Berlin sind neben ausländerfeindlichen Angriffen eines Herrn Stoiber schnell Vorschläge auf den Tisch gelegt worden, aber sie alle kosten Geld. Es fehlt da, wo wirklich etwas für den Arbeitsmarkt getan werden könnte, und zwar bei der Entwicklung der Kommunen und beim Ausbau der Infrastruktur.
Geld fehlt auch bei den unmittelbar Betroffenen, deren Anzahl inzwischen bundesweit, Herr Heydorn, auf 7,1 Millionen gestiegen ist.
Sie nannten die Zahlfälle und ich nenne die betroffenen Personen insgesamt. Der private Konsum der Betroffenen hat sich reduziert. Damit reduzieren sich logischerweise die Bundeseinnahmen aus der Umsatzsteuer. Postwendend soll diese aber kommendes Jahr erhöht werden. Nicht nur an dieser Stelle kommt es zu volkswirtschaftlich aberwitzigen Reflexen, so auch bei der in Rede stehenden Neujustierung des Regelsatzes. Ministerpräsident Wulff...
Ich würde das gern im Anschluss beantworten, Herr Caffier.
Ministerpräsident Wulff aus Niedersachsen hat jüngst bei Frau Christiansen über seine Überlegungen und die weiterer politischer Freunde folgende Logik aufgemacht: Wenn sich das Verbrauchsverhalten der Menschen verändert hat, sie also 2003 weniger Geld ausgegeben haben, dann muss die Bemessung des Regelsatzes korrigiert werden – nach unten, versteht sich. Das ist doch klar, denn wenn die Betroffenen bewiesen haben, dass sie ihren Lebensunterhalt mit geringeren Mittel bestreiten
können, so scheint ihr Existenzminimum erwiesenermaßen geringer zu sein als angenommen. Deshalb wird rasch eine Debatte zur Absenkung des Arbeitslosengeldes II, das am 1. Juli erhöht werden soll auf 345 Euro, auf 225 Euro angezettelt. Was zu beweisen war, würden die Mathematiker sagen, wie menschenverachtend, sage jedoch ich an dieser Stelle. Sinnvoller wäre es aus meiner Sicht gewesen, die Milliarden zu investieren, um den Menschen existenzsichernde Arbeit zu geben, also wirklich eine Verbesserung des Arbeitsmarktes herbeizuführen.
Das mögen Sie nicht, Herr Glawe, das glaube ich gern,
weil die Agenda 2010 natürlich für Sie eine Geschäftsgrundlage ist.
Mit mehr verfügbarem Einkommen aus menschenwürdiger Arbeit...
... wären sehr viel höhere Einnahmen aus der Umsatzsteuer erzielbar.
Herr Präsident, ich nehme das zur Kenntnis. Ich bedauere sehr, dass das als ein Redebeitrag angesehen wird, der nicht zur Sache ist. Das eine Gesetz hat mit dem anderen zu tun.
Sie möchten gerne,...
Nein, ich habe das Thema nicht verfehlt.
Es ist eine politische Frage. Sie möchten das Thema gern auf technische Fragen reduzieren,
aber hier geht es um die Lebenswirklichkeit der Menschen,
und weil es darum geht und Sie das so nicht anerkennen, breche ich meine Rede an dieser Stelle ab und bedanke mich.