Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 67. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet.
Die Fraktionen haben sich gemäß Paragraph 73 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung darüber verständigt, dass die ihnen zugegangene vorläufige Tagesordnung der 67. und 68. Sitzung des Landtages dahingehend ergänzt werden soll, dass nach Tagesordnungspunkt 10 der Zusatztagesordnungspunkt „Wahl von Mitgliedern des Landtages für den Verwaltungsrat der Landesforstanstalt gemäß § 6 Absatz 4 des Landesforstanstaltserrichtungsgesetzes“ aufgerufen wird. Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 67. und 68. Sitzung des Landtages gemäß Paragraph 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Lebensmittelsicherheit in Mecklenburg-Vorpommern weiter stärken“ beantragt.
das Fest der Liebe – danke schön –, wie man es auch immer empfindet oder erlebt, beginnt in zehn Tagen. Und dieses Fest ist auch mit Begriffen wie „Festtagsbraten“, „Festtagsmenü“ und „Großeinkäufen“ zu Weihnachten verbunden. Bei allem, was uns durch den Magen geht, entwickeln wir eine hohe Sensibilität. Das ist auch ein richtiger Reflex, wenn es um Lebensmittel geht. Es sind, wie der Name schon sagt, Mittel zum Leben und deshalb müssen sie gut und sicher sein, sonst ist das Leben in Gefahr.
Mit den Worten „Gammelfleischskandal“ oder „Ekelfleisch“ wird umschrieben, was wir derzeit erleben. Altes Fleisch wird umetikettiert, Schlachtabfälle landen in der menschlichen Nahrungskette, Fleischgeschäfte mit abgelaufenen Haltbarkeitsdaten werden in Größenordnungen aufgedeckt. Es ist unappetitlich, aber auch nicht mehr. Wir haben bisher zum Glück keine Vergiftungen oder gar Opfer zu beklagen und eigentlich sind solche Skandale nichts Neues in der Geschichte. Ich erinnere hier an Frostschutzmittel im Wein oder Östrogene im Kalbfleisch. Die Liste ist lang, sie ist zu lang. Dass diese und viele andere Fälle bekannt wurden, ist einer funktionierenden Kontrolltätigkeit und -struktur sowie engagierten Medienarbeit zu danken. Aber, meine Damen und Herren, wo liegen eigentlich die Ursachen dafür?
Folgen wir dem vorhandenen Mainstream, dann ist die Geiz-ist-geil-Mentalität vor allen Dingen schuld. Selbst
Aber die Werbekampagne, Herr Glawe, haben nicht die Verbraucher gemacht, sie haben sie sich nicht ausgedacht und sie ist auch noch nicht so alt wie die Geschichte der Lebensmittelskandale. Die Hauptursache liegt in einer Lücke und diese Lücke lässt profitable Geschäfte zu. Es geht nämlich einzig und allein darum und der Hauptantrieb der handelnden Personen ist die Gier, die Gier nach mehr Umsatz und nach mehr Profit.
Natürlich hat auch die Konzentration des Einzelhandelsumsatzes bei preisaggressiven Discountern dazu geführt, dass leider in erster Linie der Preis das Maß der Dinge bestimmt. Qualität und Herkunft sind nicht in den Werbeüberschriften zu finden. Wir unterstützen – und nicht erst jetzt – den seit langem geführten Kampf der bäuerlichen Berufsstände um die Anerkennung, um den Wert unserer Lebensmittel. Unsere Position ist, Verbraucher und Verbraucherinnen müssen in jedem Fall davon ausgehen können, dass das, was sie kaufen und verzehren, sicher und gesundheitlich unbedenklich ist.
Sichere Lebensmittel sind deshalb ein Grundrecht der Verbraucherinnen und Verbraucher. Deshalb ist der Schutz vor solchen Machenschaften keine Aufgabe, die temporäre Kampagnen nach sich ziehen sollte, sondern eine ständige und immer weiter zu verbessernde Arbeit.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern, unser Land, ist als Standort der Lebensmittelproduktion, als institutioneller Lebensmittelkontrolleur und als Vertreter der Verbraucherinteressen betroffen, Frau Holznagel. Wir sind alle betroffen, auch ohne einen Skandal im Land, und deshalb ist es unsere Pflicht, darauf zu achten. Die Kontrolle der Lebensmittelsicherheit liegt in der Hand der Länder und sie ist in Mecklenburg-Vorpommern, meine Damen und Herren, sehr gut aufgehoben.
In circa 22.000 Betrieben werden Lebensmittel verarbeitet, circa 45.000 Kontrollen wurden durchgeführt. Es gab keine wesentlichen Beanstandungen, die etwa zu Schließungen oder Sperrungen von Produktionsstätten führten. Es gab 9.000 Feststellungen der Kontrolleure, der Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter, die auf Abstellung kleinerer Verstöße zielten, und sie wurden abgestellt. Das zeigt einerseits die Notwendigkeit der Kontrollen und andererseits, dass die Kontrolleure hier in Mecklenburg-Vorpommern ihre Arbeit gut machen, und dafür sollten wir ihnen auch heute einmal danken.
Darüber hinaus ist das Vielfache von Kontrollen der Betriebe selbst nachweisbar, sie werden nach strengen Regeln durchgeführt und auch in diesem Sinne sind wir Vorreiter. Aber, meine Damen und Herren, gerade in der aktuellen Debatte muss man sagen, es ist nichts so gut, dass es nicht noch verbessert werden könnte. Wir sollten jetzt die vorhandenen Chancen nutzen und wir müssen auf diese eingehen. Ein erster Schritt könnte eine freiwillige Verpflichtung unserer Produzenten, Verarbeiter und Handelsbetriebe sein, die Eigenkontrollen zu verstärken,
vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen, Rückverfolgbarkeit transparenter zu machen, den Verbrauchern stolz gute Qualität regionaler Kreisläufe mit kurzen Wegen und einem vorbildlichen Hygieneregime vorzuweisen.
Ich möchte vor allen Dingen den Ehrgeiz wecken, mehr zu machen, als die neuen verschärften Vorschriften umzusetzen, zu denen wir gezwungen werden. Deshalb, glaube ich, tun wir gut daran, über das 10-Punkte-Programm vom Landwirtschaftsminister Seehofer hinauszugehen in Mecklenburg-Vorpommern.
Lassen Sie uns den Standortvorteil für unser Land entwickeln, aber bitte nicht nur für Fleisch. Auch die Backwaren, Molkereiprodukte, Fischprodukte und Getränke, selbst die Süßwaren müssen den hohen Qualitätsansprüchen entsprechen.
Mecklenburg-Vorpommern kann Gesundheitsland Nummer eins werden. Wir haben es allerorts gelesen und wir haben es auf der Branchenkonferenz verfolgen können. Professor Klinkmann hat uns ins Stammbuch geschrieben, dass der Wettbewerb nur über Qualität zu entscheiden ist. Wenn wir wirklich das Gesundheitsland Nummer eins werden wollen – und ich halte dies für eine bedeutende Entwicklungschance in diesem Lande –, dann kann es nur selbstverständlich sein, dass wir auch das Lebensmittelsicherheitsland Nummer eins werden. Beides sind zwei Seiten einer Medaille. Und deshalb, glaube ich, ist es wichtig, dass Hersteller, Produzenten, Verarbeiter, Erzeuger, Verbraucherverbände, Handwerkskammern, Bauernverband und IHK, Unternehmerverbände, Gewerkschaften, Vereine und Politik zusammengehen, Ideen sammeln und im Interesse des besseren Verbraucherschutzes zu Ergebnissen kommen. Wir brauchen ein Qualitätssiegel, das dem Verbraucher signalisiert, diese Lebensmittel, unsere Lebensmittel sind sicher. Sie haben eine gute Qualität und sind unserem Land würdig.
Das, meine Damen und Herren, wäre ein Teil Landesmarketing nach meinem Geschmack. Das kann man schmecken mit der Chance, dass es wie Liebe durch den Magen geht und so auf dem kürzesten Wege durch den Kopf signalisiert: Mecklenburg-Vorpommern tut gut!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Lebensmittel aus Mecklenburg-Vorpommern sind etwas Besonderes. Sie sichern nicht nur unser Leben im wahrsten Sinne des Wortes, sondern sie sind natürlich auch ein wichtiges Image für unser Land. Slogans wie „Produkte so natürlich wie das Land“ sprechen für Mecklenburg-Vorpommern, sprechen für den Erfolg. Die Land- und Ernährungswirtschaft zählt zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen in unserem Land und zu den wichtigsten Standbeinen. Dies alles hat natürlich nur einen Sinn, Frau Gramkow – und hier gebe ich Ihnen gern Recht –, wenn das bei entsprechender Lebensmittelsicherheit abgerundet wird.
Wir wollen natürlich Glaubwürdigkeit in diesem Punkt unterstützen und unterstreichen, ganz besonders bei dem Namen „Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern“. Da sind wir uns sehr einig und mich wundert nur, dass dieses Thema „Lebensmittelsicherheit in Mecklenburg-Vorpommern weiter stärken“ heute das Thema der Aktuellen Stunde ist, weil es mir so zu kurz gegriffen scheint.
Auffälligkeiten und Unregelmäßigkeiten sind – bei den Skandalen, die wir länderweit mitverfolgen konnten – in unserem Land zum Glück nicht aufgetreten.
Und ich denke, da haben Sie als Fraktion sicher sehr viel Vertrauen in den Landwirtschaftsminister Herrn Backhaus.
(Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Vertrauen ist gut, ne? – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sonst hätten wir das jetzt nicht beantragt.)
Ich möchte aber trotzdem mit Freude diese Aktuelle Stunde nutzen, um den vielen Kontrolleuren zu danken,
ebenso den Tierärzten, die hier ganz fleißige Arbeit leisten. Auch an das Amt, an das LALLF – weil es die neue Bezeichnung hat, möchte ich noch mal sagen, es ist das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei – möchte ich mein Dankeschön richten, an das Landwirtschaftsministerium und den Minister,
und zwar aus folgendem Grunde: 80 Prozent der Unternehmen im Lebensmittelbereich sind im Jahr kontrolliert worden. In Nordrhein-Westfalen sind unter der Verbraucherschutzministerin Frau Bärbel Höhn nur 30 Prozent der Betriebe kontrolliert worden und ich denke, das spricht Bände. Und gerade auch, wenn man diese Debatte verfolgt, muss man natürlich sagen, bei der Interpretation der Gammelfleischskandale sollten vielleicht einige grüne Politiker darüber nachdenken, ob sie nicht im Glashaus sitzen.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, in Mecklenburg-Vorpommern hat es keine Auffälligkeiten gegeben, keine Überlagerungen und auch keine verdorbenen Fleischreste. Das hat der Minister festgestellt, das wurde bei den Kontrollen so ermittelt. Erkennbar wurde aber, dass zum Teil mehrere Zwischenhändler oder Transportfirmen an den Geschäften beteiligt sind, also gibt es ein Risiko über unsere Landesgrenzen hinaus. Und das ist so ein bisschen der Anklang einer Kritik, Frau Gramkow, dass wir uns damit wirklich weiterhin beschäftigen müssen, nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern bundesweit und auch europaweit. Und ich glaube, das ist auch ein Ergebnis dieses Skandals in Deutschland, dass man deutlicher sieht, dass dies Fragen sind, die in der EU und im Bund zu klären sind.
Deswegen ist für mich Lebensmittelsicherheit hier nicht zu kurz zu betrachten. Lebensmittelsicherheit ist auch ein ganz besonderer Teil des Verbraucherschutzes. Das möchte ich wirklich unterstreichen und das ist, glaube ich,
auch der Punkt, in dem wir uns alle einig sind, dass dieses 10-Punkte-Programm, was Herr Seehofer jetzt erlassen hat, die richtige Richtung weist, in der wir weitergehen und zusammenarbeiten können. Ich möchte nun nicht die zehn Punkte hier vortragen. Ich denke, jeder hat sich damit beschäftigt. Ich möchte aber vielleicht auf zwei Punkte hinweisen, die für unser Land sehr wichtig sind.
Ich nehme mal den Punkt 4. Hier wird deutlich beschrieben, dass eine bessere länderübergreifende Koordinierung notwendig ist, also eine bessere Zusammenarbeit der Länder. Ich glaube, das ist ganz wichtig, um konsequent die Lebensmittelkontrollen in anderen Ländern durchzuführen.
Für mich bedeutsam ist auch besonders der Punkt 8, Lebensmittelunternehmer zu verpflichten, die zuständigen Behörden über die Lieferungen von nicht sicheren Lebensmitteln zu unterrichten. Nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher sind die Betrogenen, oftmals verlassen sich auch Unternehmen gutgläubig auf die Kennzeichnung und stehen hinterher mit verdorbenem wertlosen Fleisch ebenso als Betrogene da. Ich denke, das ist ein Punkt, der wirklich zu beachten ist.
Meine Damen und Herren, Verbraucher haben hier eine Schlüsselstellung und ich glaube, es ist auch ganz wichtig, als Verbraucher mit Zivilcourage die Missstände anzukreiden, sie zu benennen. Was mir noch besonders wichtig ist: Wir sollten in der Adventszeit, in der Weihnachtszeit darüber nachdenken, dass Lebensmittel mehr zu achten sind, einmal qualitativ, aber auch in ihrer Bedeutung für den Menschen, denn sie erhalten unser Leben. Es geht um die Achtung der Produktionsketten vom Feld bis zum Tisch und darum mein Appell, gerade zu Weihnachten sich die Zeit zu nehmen, mit Kindern darüber zu reden, wie bedeutsam die Lebensmittel sind. Mir erscheint es wichtig, deutlich zu unterstreichen, welchen Sinn sie haben und wie sie zu achten sind.
Deutsche geben immer weniger Geld für Lebensmittel aus, für ihre Versorgung. Das hat auch etwas mit den Werbeslogans zu tun. Es hat aber auch etwas damit zu tun, dass eben diese Thematik vielleicht viel zu wenig beachtet und zu wenig in den Werbekampagnen bedacht wird. Verbraucher spielen hier eine ganz wichtige Rolle. Und man muss den Verbrauchern auch sagen und ihnen deutlich machen, Lebensmittel sind zurzeit so sicher wie noch nie, aber es gibt kein Nullrisiko. Risiken müssen in Grenzen gehalten werden und Risiken muss vorgebeugt werden. Das ist die Arbeit, die hier die Lebensmittelkontrolleure durchzuführen haben, auch vor allen Dingen die Primärproduzenten. Verantwortungsvolle hygienische Produktion bei den Primärproduzenten, Eigenkontrolle der Betriebe, Lebensmittelkontrolle der Behörden und Verbraucher müssen zusammengehen. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass man hier Verbraucher und Landwirte nicht gegeneinander – ich sage es jetzt einmal so deutlich – hetzen sollte, sondern die Gemeinsamkeiten herausstreichen sollte, denn auch die Landwirte sind Verbraucher, und sie sitzen hier alle gemeinsam in einem Boot.