Protokoll der Sitzung vom 09.03.2005

(Angelika Peters, SPD: Alle 24 Monate!)

Da kann ein solcher Vorstoß, das sage ich ganz bewusst,

auch ganz leicht

(Angelika Peters, SPD: Nach hinten losgehen!)

nach hinten losgehen. Offensichtlich haben Sie vergessen, wie schnell ganze Märkte zusammenbrechen, wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher erst einmal richtig verunsichert sind. Zum Glück ist ja die große Öffentlichkeit heute nicht mehr dabei und das ist vielleicht auch ganz gut so.

Aber zu den Fakten: Seit September 2003 haben die Länder im Bundesrat und auch in den Agrarministerkonferenzen immer wieder Anstrengungen unternommen, das BSE-Testalter anzuheben. Sie haben Recht, wenn Sie sagen, Brandenburg gehört auch dazu, wir aber auch. Wir haben auch dazugehört und das Thema immer wieder auf den Agrarministerkonferenzen diskutiert. Wir haben es auf die Tagesordnung gesetzt. Gebetsmühlenartig trug und trägt die Bundesregierung, unterstützt vom Bundesinstitut für Risikobewertung und den Fachleuten von Riems – es sind dieselben Argumente, die noch immer dagegen sprechen –, ausdrücklich vor:

Erstens dürfen bei der Entscheidung über eine Lockerung der Maßnahmen zum Schutz vor dem BSE-Risiko wirtschaftliche Erwägungen nur eine nachrangige Bewertung und Bedeutung einnehmen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Angelika Peters, SPD: Richtig, richtig.)

Zweitens ist primär die wissenschaftliche Bewertung von fundierten – und die haben wir bis heute nicht endgültig – und somit belastbaren Daten für eine solche Entscheidung notwendig.

Drittens ist nach einem Gutachten vom Bundesinstitut für Risikobewertung die Anhebung des Testalters insbesondere von der Durchsetzung des Verfütterungsverbotes abhängig. Scheinbar gibt es doch unterschiedliche Handhabungen in Europa. In Deutschland ist das ausgeschlossen, das sehe ich persönlich so, aber in Europa gibt es unterschiedliche Herangehensweisen.

Viertens liegen dem Bundesinstitut für Risikobewertung dafür keine vollständigen Daten über die Einhaltung der Futterverbotsregelung vor, weshalb das Risiko noch nicht abschließend bewertet werden kann.

(Angelika Peters, SPD: Hört, hört!)

Ich bitte Sie, das ausdrücklich aus dem Gutachten zur Kenntnis zu nehmen!

(Angelika Peters, SPD: Das werde ich mal lesen.)

Fünftens stammen die Daten aus den Jahren 2000 bis 2003 und lassen somit einen Rückschluss frühestens ab Mitte des Jahres 2005 zu, und zwar aufgrund des Testalters von 24 Monaten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen von

der CDU- Fraktion, ich gehe davon aus, dass Sie all das auch genau wissen, sonst hätten Sie diesen Antrag ja nicht gestellt. Trotz der zum Teil sehr emotional geführten Diskussion gilt es nach wie vor, die Fakten zu analysieren und das Für und Wider gegeneinander abzuwägen. Richtig ist jedenfalls, dass die EU-Verordnung mit der Nummer 999 aus dem Jahre 2001 alle Mitgliedstaaten verpflichtet, gesunde Schlachtrinder über 30 Monate auf BSE zu testen. Nach dem ersten BSE-Fall in Deutschland, an den wir uns alle gut erinnern, ich jedenfalls besonders, das Testalter hierzulande – im Übrigen ein Beschluss des Bundesrates, den haben Ihre Kolleginnen und Kollegen der CDU mit Recht im Bundesrat

(Angelika Peters, SPD: Mitgetragen.)

mitgetragen – in kürzester Frist auf 24 Monate herunterzusetzen, das war und ist bis heute eine richtige Entscheidung. Zum einen wollte man die Menschen vor einer Infektion schützen und zum anderen das verloren gegangene Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher

zurückgewinnen. Das kann man sicher als deutschen Alleingang kritisieren, aber wir haben in unserem Land auch eine ganz andere Verbrauchersensibilität als in anderen Regionen Europas oder dieser Welt.

Was ist nun aus dem Stand der Dinge abzuleiten? Die überwiegende Anzahl der Mastrinder befindet sich doch in der Gruppe unter 24 Monate – ich betone, unter 24 Monate – und wird damit zum großen Teil auch nicht getestet.

(Angelika Peters, SPD: Dafür haben wir das Geld nicht.)

Im Übrigen wissen Sie hoffentlich sehr genau, dass es einzelne Unternehmen in der Vermarktung gibt wie zum Beispiel EDEKA, die alle Tiere testen, weil sie Sicherheit haben wollen und das auch als ein Vermarktungsinstrument und Qualitätssegment bezeichnen.

Herr Born, Sie nicken mit dem Kopf und sagen, Sie finden das gut. Damit ist aber auch deutlich geworden, dass die Gruppe über 30 Monate hauptsächlich aus Milchkühen besteht. Ich denke, das ist den Fachleuten sicherlich auch bewusst.

In Zahlen ausgedrückt ergibt sich für Mecklenburg-Vorpommern folgendes Bild:

Im letzten Jahr wurden in unserem Bundesland immerhin 143.000 Rinder geschlachtet. Etwa 56.000 davon, das entspricht 39 Prozent, waren zu diesem Zeitpunkt jünger als 24 Monate und sind damit im Wesentlichen nicht getestet worden. Es verbleiben etwa 12.000 Rinder, gleichbedeutend mit 8 Prozent der Schlachttiere. Mehr als die Hälfte, nämlich rund 75.000 Rinder, 53 Prozent, sind älter als 30 Monate. Das heißt, es verbleiben etwa 12.000 Rinder,

(Angelika Peters, SPD: 8 Prozent.)

8 Prozent der Schlachttiere, zwischen 24 und 30 Monaten. Das wäre die Gruppe, diese 8 Prozent, von denen Sie erwarten, dass diese Tiere aus dem Test herausgenommen werden. Dazu kann ich nur sagen, dass das die Unternehmen ausdrücklich gefordert haben, da sie ansonsten überhaupt nicht marktfähig gewesen wären. Derzeit werden knapp zwei Drittel der geschlachteten Rinder bei uns in Mecklenburg-Vorpommern obligatorisch auf BSE untersucht, wobei wir auch von der EU finanziell unterstützt werden.

(Angelika Peters, SPD: Das ist für das Gesundheits- land Mecklenburg-Vorpommern auch notwendig.)

Sie haben selber darauf hingewiesen. Etwas mehr als ein Drittel dagegen unterliegt weder nach europäischem Recht noch nach nationalem Recht einer Untersuchungspflicht. Das heißt, hier wird freiwillig von den Unternehmen dieser Test vorgenommen.

Wie Sie auch diesen Zahlen entnehmen können, wären von der geforderten Lockerung gerade 8 Prozent der Schlachtrinder in Mecklenburg-Vorpommern betroffen. Ich betone noch einmal, diese 8 Prozent sind gerade durch die Unternehmen befürwortet worden. Ob die Wirtschaft große Vorteile davon hat, bei dieser Gruppe auf BSE-Tests zu verzichten, ohne überhaupt eine gesicherte Aussage zum bestehenden BSE-Risiko zu haben, muss man bei objektiver Betrachtung einfach bezweifeln. Die Wirtschaftbeteiligten gehen freiwillig, wie schon erwähnt, schon viel weiter, denn sie testen auf eigene Kosten auch Rinder unter 24 Monate. Das entspringt sicherlich auch

der gleichen Intention, nämlich Verbraucherschutz, obwohl die Aussagekraft der Testergebnisse bezweifelt werden darf.

Noch einmal zum Verständnis: Die Zahl der BSE-Fälle in Deutschland lag im Jahr 2003 bei 54 Einzelfällen und im letzten Jahr, nämlich 2004, immerhin bei 65 Tieren in Deutschland. Das ist aus meiner Sicht auch kein signifikanter Anstieg, sondern liegt in der normalen Schwankungsbreite, wie es uns die Fachleute auch bestätigen. Aber es ist längst kein Grund, die Zügel schleifen zu lassen.

(Angelika Peters, SPD: Sehr richtig.)

Diese Entwicklung wird auch von der Europäischen Kommission sehr aufmerksam verfolgt.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Und zu den Erfahrungen, die wir auch in anderen Bereichen gesammelt haben, kann ich nur sagen, im Gegenteil, wir ziehen die Zügel hier straff an!

Wichtige Erkenntnisse werden von der so genannten Pathogenesestudie erwartet. Darin wird die Ausbreitung des Krankheitserregers beobachtet – ich habe davon schon einmal gesprochen – und die Entstehung von Krankheitssymptomen in Abhängigkeit von Erregerdosis und Zeitintervall verfolgt. Dieser Versuch läuft in Mecklenburg-Vorpommern auf der Insel Riems.

Für mich ist eins vollkommen klar: Konkrete wissenschaftliche Ergebnisse dieser Art müssen in die Risikobewertung des Bundesinstitutes eingeflossen sein, wenn wir ernsthaft über eine Anhebung des Testalters entscheiden wollen. Dafür bitte ich ausdrücklich um Verständnis, denn alles andere wäre aus meiner Sicht absolut unverantwortlich.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Gestatten Sie mir aus aktuellem Anlass noch eine Anmerkung zur so genannten Kohortenlösung. Schon im September 2004 hat sich insbesondere auch Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat dafür stark gemacht, weiblich e Kohortentiere bei Auftreten eines BSE-Falles von der Tötung vor dem Hintergrund auszunehmen, die trächtigen Tiere abkalben zu lassen und damit den wirtschaftlichen Schaden in Grenzen zu halten. Das Ziel ist es, dass Mutterkühe und Milchrinder bis zum Ende der üblichen Nutzungsdauer weiter zur Zucht beziehungsweise zur Milchgewinnung genutzt werden dürfen, bevor ihre Tierkörper anschließend risikofrei entsorgt werden. Dafür bedarf es allerdings einer einheitlichen Regelung auf EU-Ebene.

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Dr. Born?

Ja bitte, aber das darf auf meine Zeit nicht angerechnet werden.

Die ist eh drüber.

Ich bin auch gleich fertig.

Bitte schön, Herr Dr. Born.

Herr Minister, ich betone ausdrücklich, dass ich vieles, was Sie uns eben gesagt haben, auch als Laie nachvollziehen kann. Ich möchte aber noch einmal nachfragen, ob Sie Bedenken hinsichtlich des letzten Spiegelstriches der Ziffer 2 haben, wo es

heißt: „Die Landesregierung wird dazu aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass die wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Transmissiblen Spongiformen Enzephalopathie (TSE) weiter vorangetrieben wird.“ So hatte ich Sie vorhin verstanden und dazu hätte ich gerne noch einmal eine Klarstellung.

Sehr geehrter Herr Dr. Born, ich habe ja ausdrücklich gesagt, im Inhalt Ihres Antrages wird der Widerspruch des eigenen Antrages deutlich. Auf der einen Seite sagen Sie, wir wollen das Testalter heruntersetzen, und auf der anderen Seite sagen Sie, wir sollen erst einmal die wissenschaftlichen Erkenntnisse vorantreiben. Das habe ich damit gesagt. Der Widerspruch in diesem Antrag ist so was von glasklar, dass man diesen Antrag verantwortungsbewusst so nicht durchgehen lassen kann.

Aber dieser Punkt ist sinnvoll.

Dieser Punkt ist absolut sinnvoll.