Protokoll der Sitzung vom 10.03.2005

Nun aber zum Tagesordnungspunkt, der Gegenstand unserer Erörterungen ist. Und hier möchte ich mich im Gegensatz zu meinen drei Vorrednern beziehungsweise Vorrednerinnen weniger auf den vorliegenden Gesetzentwurf des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes beziehen, sondern auf das, was uns die CDU hier als Antrag vorgelegt hat. Alle drei Vorredner mit Verlaub haben sich sehr stark auf den Gesetzentwurf der Landesregierung bezogen und nicht zu sehr auf das, was die CDU uns hier präsentiert,

(Gabriele Schulz, PDS: Ich habe zu allen Punkten der CDU gesprochen, Herr Müller!)

und genau das möchte ich tun.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Frau Schulz hat das aber sehr wohl getan. – Torsten Koplin, PDS: In wesentlichen Teilen.)

Ja, Frau Schulz hat das in einem Teil ihrer Rede gehabt

(Dr. Armin Jäger, CDU: Aus meiner Sicht sehr kompetent gemacht.)

und hat die Überweisung beantragt. Aber ich glaube, dieser CDU-Entwurf ist es schon wert, dass man sich mit ihm und mit seinem Wortlaut befasst.

(Heiterkeit bei Gabriele Schulz, PDS: Ich wusste ja, dass wir da übereinstimmen! – Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Ja, Sie wussten, dass ich komme, natürlich.

Wenn wir uns zunächst einmal diesen Entwurf ganz formal angucken, zerfällt er in drei Teile. Wir haben so eine Art Vorwort, Präambel oder wie immer man das bezeichnen will, wir haben einen Beschlusstext in vier Ziffern und wir haben eine Begründung. Ich möchte mich im Wesentlichen auf den Beschlusstext, auf diese vier Ziffern, beziehen.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

In Ziffer 1 wird gesagt, dass die „Vorschläge der Landesregierung zur Funktionalreform... eine arbeitsfähige Grundlage“ für die weitere Diskussion sind.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Meine Damen und Herren, dieser Aussage stimme ich absolut und uneingeschränkt zu. Das ist richtig, was da steht. Arbeitsfähige Grundlage heißt, da ist sehr vernünftig gearbeitet worden, da liegt etwas Vernünftiges auf dem Tisch.

(Dr. Armin Jäger, CDU: So wollen wir das auch haben.)

Das heißt selbstverständlich nicht, dass wir jetzt schon sagen, jedes Vota davon werden wir so akzeptieren. Natürlich müssen wir als Parlament dies alles einer kritischen Würdigung und Wertung unterziehen, gegebenenfalls Veränderungen einbauen, aber als Arbeitsgrundlage ist das sehr ordentlich, was uns die Regierung hier vorge

legt hat. Da kann ich nur sagen: Danke schön! Der CDU kann ich sagen: Zustimmung.

(Beifall Siegfried Friese, SPD)

Als Zweites ist in dieser Ziffer 1 die Forderung formuliert, dass ergänzend zu einer solchen Funktionalreform eine umfassende Aufgabenkritik vorgenommen werden muss.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Dazu sage ich: Stimmt, richtig. Das tun wir ja, aber wir alle merken, wenn wir an unsere Arbeit im Sonderausschuss denken, dass dieses ein außerordentlich dorniges und schwieriges Feld ist.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Einverstanden.)

Herr Rehberg hat vorhin, wie ich finde, zu Recht, darauf verwiesen, dass die Öffentlichkeit hier sehr hohe Erwartungen an uns stellt. Ja, das stimmt. Die Öffentlichkeit empört sich sehr schnell und sehr umfassend und oft auch sehr pauschal über Bürokratie, über überbordende Gesetze und viel an dieser Empörung ist ja berechtigt, meine Damen und Herren. Aber wir in unserer Arbeit im Sonderausschuss merken doch – und das werden mir meine Kollegen, glaube ich, alle bestätigen –, wie schwierig es ist, im Einzelfall an diese Hydrabürokratie wirklich heranzugehen und ihr einen Kopf nach dem anderen abzuschlagen, nicht zuletzt weil die Gefahr des Nachwachsens besteht. Aber wenn ich mir allein anschaue, liebe Kollegen von der CDU, wie lange wir jetzt bereits an Ihrem Gesetzentwurf, der zwar Verwaltungsmodernisierung heißt, aber im Wesentlichen Deregulierung beinhaltet,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, so ist das.)

arbeiten, ohne dass Sie mir oder anderen Verzögerungstaktik vorwerfen könnten, glaube ich,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das würden wir nie tun, nein.)

dann wird deutlich, dass dieses ein außerordentlich schwieriges Geschäft ist. Wir brauchen sehr viel Hartnäckigkeit und wir brauchen sehr viel Geduld auf diesem Feld, aber der Aussage grundsätzlich, dass wir das brauchen, dass wir das wollen, können wir zustimmen. Ich sage aber auch, es ist gar nicht neu, denn das machen wir ja schon eine geraume Zeit. Vielleicht waren die Erwartungen höher als jetzt die Tatsachen, aber das ist ein Feld, auf dem wir längst arbeiten.

In der Ziffer 2 Ihres Antrages wird die Anwendung der Konnexität verlangt.

(Dr. Martina Bunge, PDS: Natürlich.)

Nun, meine Damen und Herren, das steht in der Landesverfassung und natürlich können wir hier sagen, die Landesverfassung gilt. Das werden wir auch immer tun. Wir werden unsere Hände nicht für ein Gesetz heben, bei dem die Landesverfassung verletzt wird, ob das das Konnexitätsprinzip angeht oder ob das andere Regelungen der Landesverfassung angeht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, genau.)

Aber dieses ist etwas, wo ich mich frage, was ändert sich, wenn wir es beschließen, denn gelten wird die Landesverfassung in jedem Fall. Das ist auch gut so. Ich kann es natürlich beschließen, ich kann es auch nicht beschließen. Eine Veränderung in der tatsächlichen Situation tritt dadurch nicht ein.

Auf die Ziffer 3 komme ich später. Ich will zunächst einmal auf die Ziffer 4 eingehen. Sie enthält wieder zwei Schlüsselbegriffe. Der eine Schlüsselbegriff ist „kommunale Selbstverwaltung“. Ja, meine Damen und Herren, auch da herrscht in diesem Hause Einigkeit. Wir wollen die kommunale Selbstverwaltung stärken. Und wenn Herr Rehberg das Thema „Übertragung in den eigenen Wirkungskreis und in den übertragenen Wirkungskreis“ angesprochen hat, dann kann ich nur aus dem Sonderausschuss berichten, es gibt fraktionsübergreifend Einvernehmen, dass wir so weit wie möglich in den eigenen Wirkungskreis wollen. Aber es gibt – das haben wir zwar nicht in die Beschlussvorlagen geschrieben, aber unter uns räumen wir das ein – natürlich schon die Einschätzung, dass das in vielen Fällen nicht ganz so einfach werden wird. Wir sind uns also in der Zielsetzung einig, wir sind uns einig, dass dies gar nicht so unproblematisch ist, und wir arbeiten daran, das so gut wie möglich in die Tat umzusetzen. Ich stelle mir wieder die Frage: Warum schließen wir das jetzt?

Und dann enthält die Ziffer 4 einen zweiten Schlüsselbegriff, und zwar das „Ehrenamt“. Auch dazu kann ich sagen, ja, das haben wir schon häufig diskutiert, dazu bekennen wir uns alle, dazu sagen wir alle, das wollen wir. Es geht nicht um die Frage, ob es geht, es geht um die Frage „Wie“. Und zur Frage „Wie“ sagt Ihr Antrag nichts aus. Er sagt nur das, aber das ist mit Verlaub etwas, was hier längst beschlossene Sache ist.

Und deswegen, meine Damen und Herren, wenn ich mir nur die Ziffern 1, 2 und 4 anschaue, dann frage ich mich: Was passiert eigentlich, wenn wir Ihren Antrag annehmen,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

oder was passiert, wenn wir ihn ablehnen?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Wir werden das, was wir bisher hier in Übereinstimmung festgestellt haben, was geltendes Recht ist beim Thema Konnexität, nicht noch einmal beschließen müssen. Wir können es natürlich tun, aber die Welt wird sich dadurch nicht verändern.

Spannend – und damit sind wir wahrscheinlich bei des Pudels Kern – ist der Punkt 3. Beim Punkt 3 sagt der CDUAntrag: „Eine Kreisgebietsreform ist keine zwingende Voraussetzung“ – das ist Ihre Formulierung – für eine „Verwaltungsreform“.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist richtig.)

Und Herr Rehberg hat in seiner Einbringungsrede ausdrücklich gesagt: Aufgaben sind das eine, Strukturen sind das andere, separat betrachten und voneinander getrennt diskutieren.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Die Strukturen folgen den Aufgaben.)

Meine Damen und Herren, ich möchte zunächst einmal – und ich glaube, da sind wir uns wieder einig – für die weiteren Betrachtungen zwei Grundvoraussetzungen machen.

Erste Grundvoraussetzung: Wir sind uns zwar einig, dass wir so weit wie möglich und so weit wie vertretbar öffentliche Aufgaben wegfallen lassen, in Kooperation mit anderen erledigen et cetera, dass wir aber, und damit komme ich zu meiner Voraussetzung, wenn wir diese Auf

gabe auch weiterhin von der öffentlichen Hand erfüllen lassen wollen, den Anspruch stellen, dass die Qualität der Aufgabenerfüllung nicht leidet.

Eine der großen Stärken Deutschlands ist Rechtssicherheit, eine der großen Stärken sind Verwaltungen, die zwar oft langsam, aber mit hoher Qualität arbeiten. Und wenn wir eine Aufgabe auch weiterhin erfüllen werden als öffentliche Hand, müssen Rechtssicherheit und Qualität des Verwaltungshandelns erhalten bleiben. Beschleunigungen werden wir sicher alle gern akzeptieren. Das ist die Grundannahme eins.

Und wir machen eine Grundannahme zwei – da freue ich mich, dass Herr Rehberg das ebenfalls, wenn auch mit anderen Worten, so formuliert hat –, es geht in der Zielsetzung darum, nun nehme ich meine Worte, Bürokratie zu reduzieren. Herr Rehberg hat das so formuliert, dass er gesagt hat, entscheidend sei Kosteneinsparung. Das ist von einer etwas anderen Warte betrachtet genau das Gleiche. Wir brauchen weniger Bürokratie und damit sparen wir Kosten ein. Das, meine Damen und Herren, sind die beiden Voraussetzungen, die ich schaffe, Qualität des Verwaltungshandelns und Einsparung von Kosten.

Die CDU sieht das übrigens ganz genauso. Das habe ich am Beispiel von Herrn Rehberg schon getan, allerdings nur solange wir uns hier in Schwerin bewegen. Wenn wir dann draußen in die Provinz gehen, dann wird von den örtlichen CDU-Vertretern gern gesagt, aber meine Bürokraten müssen bleiben. Dann werden die großen Kampagnen entrollt, Pasewalk muss Kreisstadt bleiben,

(Wolfgang Riemann, CDU: Rügen bleibt Rügen.)

dann wird argumentiert, jeder Bürokrat ist Kaufkraft, und wir werden mit allen Mitteln dafür kämpfen,