Protokoll der Sitzung vom 21.04.2005

Sie sollen attraktiv sein, damit sie viele Studierende im Lande ausbilden können. Sie sollen attraktiv sein, damit wir gute Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer bei uns haben. Sie sollen wirkungsvolle Partner zur Wirtschaft und sie sollen ein Zentrum geistigen Lebens sein. Ich sage besser „Zentren“, pardon, damit ich nicht in den Verdacht komme, ich würde einer Landesuniversität an dieser Stelle gleich das Wort reden.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Lassen Sie mich eingehen auf den Punkt b) Ihres Antrages. Unsere Hochschulen von heute sind gut für die Aufgaben von heute – keine Frage –, aber sie sind nicht stark genug für die erweiterten und für die neuen Aufgaben von morgen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Deshalb wird erst mal gekürzt.)

Lassen Sie mich die neuen Aufgaben kurz anreißen, die vor uns stehen. Es geht um Weiterbildung. Hochschulen werden in ganz anderem Maße als heute aufgestellt sein müssen, um Weiterbildung zu betreiben, schon um mit diesen demographischen Problemen, die wir haben, mit der viel geringeren Zahl von qualifizierten Arbeitskräften richtig umgehen zu können. Sie werden eine viel größere Bedeutung haben für ganz neue Informationstechnologien und damit für eine ganz andere Form von Produktion, Verbreitung und Verarbeitung von Wissen. Wir werden multimediale Lehr- und Lernformen haben neben den Präsenzstudien, in viel größerem Ausmaß. Wir werden Ausbildungsmodule à la carte haben, nachgefragt bekommen. Wir werden kooperative Forschungsprojekte in größerem Umfang an unterschiedlichen Orten gleichzeitig haben. Die modularisierten Studiengänge werden längst Norm sein und das wird bedeuten, dass wir eine erhebliche Ausdifferenzierung der Hochschulen haben wollen, grundlagenforschungsbasierte Graduiertenzentren, daneben Master- und Promotionsangebote sowie BachelorHochschulen. Das Ganze wird dazu führen, dass wir wieder eine Fokussierung des Studienangebotes haben und keine Flut neuer Studiengänge. Wir werden einen internationalen Bildungsmarkt haben und wir werden vor allen Dingen, das ist jetzt schon ganz besonders greifbar, einen europäischen Forschungsraum haben.

Herr Liskow, Sie haben möglicherweise hineingeschaut in das Weißbuch der EU-Kommission zur Förderung der Grundlagenforschung in Vorbereitung für das 7. Rahmenprogramm. Da steht ganz schlicht und einfach, Förderentscheidungen werden ausschließlich an Exzellenz geknüpft, Förderentscheidungen werden herausgegeben von European Research Council entsprechend der deutschen Forschungsgemeinschaft. Es wird nur noch um Systemanträge gehen, um Netzwerke. Es werden kritische Ausstattungen als Grundlage genommen. Es werden Graduiertenzentren angesteuert, nichts sonst, nur Graduiertenzentren. Das Ganze konnte man auch schon vorher lesen. Es entspricht den Grundzügen der Exzellenzinitiative der Bundesregierung zur Förderung unserer Hochschulen.

Diese Aufgabe, diese Wettbewerbssituation, die kennen wir schon und auf die müssen wir uns heute einrichten. Deshalb müssen wir uns heute neu aufstellen und wir müssen das leisten – lassen Sie mich das ganz sorgfältig betonen – unter der Auflage, dass „die Notwendigkeit einer Konsolidierung der staatlichen Haushalte die finanziellen Spielräume erheblich einschränkt“. Dies ist ein wörtliches Zitat aus dem Konzept der bayrischen Landesregierung, die zeitgleich mit uns ein Konzept erarbeitet, das heißt „Wissenschaftsland Bayern 2020“. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern haben die gleiche Aufgabe. Wir sind Partner und Konkurrenten. Wir haben die gleichen Ziele. Wir haben die gleichen Schritte vor uns. Wir kennen beide unsere Grenzen und wir wissen beide, dass die staatlichen Haushalte unsere finanziellen Spielräume einschränken.

(Zuruf von Ilka Lochner-Borst, CDU)

Lassen Sie mich auch die Themenschwerpunkte identifizieren. Lassen Sie mich also konkret werden. Wie sollen denn die Hochschulstrukturen in Zukunft aussehen:

Profilschärfung der Hochschulen ist der Themenschwerpunkt eins, in Mecklenburg-Vorpommern wie in Bayern.

Und ein zweiter Schwerpunkt – identische Formulierung: hochschulübergreifende Abstimmung des Fächerspektrums, nichts von dem Erbsenbrei einer Landesuniversität, sondern hochschulübergreifende Abstimmung des Fächerspektrums, in Bayern wie in Mecklenburg-Vorpommern

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Dritter Punkt: Abbau von Redundanzen, in Bayern wie in Mecklenburg-Vorpommern

Vierter Punkt: Kooperation zwischen den Hochschulen, zwischen mehreren Hochschulen in der Lehre und Abstimmung des Lehrangebotes im Hinblick auf Standortkonzentrationen, in Bayern wie in Mecklenburg-Vorpommern

Fünfter Punkt: Schnittstellen zwischen Universitäten und Fachhochschulen – veribele dictum – unter Gesichtspunkten der Auswirkungen des Bologna-Prozesses auf die künftige Ausgestaltung der Studiengänge

Und ein sechster Punkt – wieder Mecklenburg-Vorpommern wie Bayern: verstärkte Zusammenarbeit in der Forschung zwischen Hochschulen und außerhochschulischen Zentren

(Harry Glawe, CDU: Das ist ja auch unstrittig.)

Lassen Sie mich den Punkt c) Ihres Antrages ansprechen, wie gehen wir vor, wie nähern wir uns. In Bayern hat man die Rektoren und die Präsidenten beauftragt, ein gemeinsames Optimierungspapier vorzulegen. Dieses Optimierungspapier hat die Landesregierung der Kommission unter der Leitung von Professor Mittelstraß übergeben und die hat daraus ein Konzept „Wissenschaftsland Bayern 2020“ erstellt.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Natürlich. Gerne, Herr Liskow.

Bitte, Herr Liskow.

Herr Professor, Sie kennen ja die Meinung der beiden Senate der Universitäten Rostock und Greifswald, die sich ganz speziell noch mal mit dem Vorgang der Landesregierung beschäftigt haben, die nach meiner Meinung gesagt haben …

Bitte formulieren Sie Ihre Frage.

Ja, meine Frage ist erst mal, er kennt die Meinung

(Angelika Peters, SPD, und Minister Dr. Till Backhaus: Wer ist „er“? – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

und ich möchte gerne wissen, ob er denn auch der Meinung ist – er, der Minister –, ob er genau der Gleichen Meinung ist wie die Senate, dass man Hochschulpolitik nicht damit betreiben kann, indem man Mittel kürzt.

(Heiterkeit bei Volker Schlotmann, SPD – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Also ich habe die Wahrnehmung, und ich durfte selbst bei den Senatssitzungen dabei sein, dass beide Senate sich der hochschulpolitischen Aufgabe wesentlich mehr bewusst

sind, als Sie hier zum Ausdruck bringen. Das sind keine Sparsenate. Die machen richtig Hochschulpolitik, die entwickeln Strukturen, Herr Liskow.

Ja, genau.

Ja, was wollen Sie als Antwort jetzt hören? Dass die das doch nicht machen?

Nein, ein …

Moment!

E n t s c h u ldigung.

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Frage des Abgeordneten Liskow?

Selbstverständlich. Wir waren gerade im Dialog. Ich bitte um Entschuldigung.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Bitte, Herr Liskow.

(Zurufe von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Dr. Martina Bunge, PDS)

Es soll ja kein Dialog sein. Meine Frage ist: Wie ich es verstanden habe, sind die Senate der Meinung, dass man wesentlich mehr Geld braucht, um vernünftige Hochschulpolitik in der Zukunft zu gestalten für unser Land, für die einzelnen Universitäten. Sehen Sie es genauso?

B e i d e Senate haben sich damit beschäftigt, auf der Grundlage der vorhandenen Haushalte vielleicht sogar zu neuen Finanzierungsmodalitäten zu kommen. Sie haben gerade in Greifswald sicherlich verfolgen können, dass der Senat einen Tendenzbeschluss gefasst hat, Studiengebühren einzuführen. Das ist eine ganz interessante Entwicklung.

(Dr. Martina Bunge, PDS: Es gibt doch aber auch andere kreative Leute.)

Aber das ist eine Frage, die wir dem Senat jetzt stellen müssen, was er daraus machen will. Man ist sich der schmalen Haushaltslage bewusst und man ist sich bewusst, dass man damit umgehen muss. Von beiden Senaten ist gefragt worden, mit wie viel Stellen können wir denn in Zukunft umgehen. Darauf will ich sowieso gleich noch eingehen.

Vielen Dank.

Ich habe das Verfahren in Bayern angesprochen. Das Verfahren in Mecklenburg-Vorpommern sieht ausgesprochen ähnlich aus. Wir haben die Landesrektorenkonferenz, die hat ein gemeinsames Papier erstellt. „Kernaussagen“ ist es genannt worden. Es zeigt die sechs Hochschulen und wo sie gemeinsam Schwerpunkte setzen wollen – universitäts- und fachhochschulübergreifend, fakultätsübergreifend. Das Papier ist in der Landtagsdrucksache 4/784 veröffentlicht worden. Auf der Grundlage dieses Papiers ist zum Beispiel die Wilms-Kommission tätig geworden, in der Medizin daraus dann Anwendungen zu erstellen. Wir haben die nach Landeshochschulgesetz dafür zuständige Kommission für Hochschule und Forschung, die sich

damit beschäftigen wird. Und wir – und da nehme ich die Autonomie der Hochschulen ganz ernst – setzen keine große Globalexpertenkommission ein, sondern wir sitzen in Hasenwinkel zusammen, ein Stück gelebte Hochschulautonomie, um Stück für Stück an diesem Papier weiterzuarbeiten.

Lassen Sie mich auf Hasenwinkel eingehen: Die Hochschulen haben ihr Kernaussagen-Papier vorgelegt. Sie haben dann die Frage gestellt, völlig berechtigt, im Winter, mit wie viel Personalstellen können wir jetzt eigentlich unsere Konkretisierungen vornehmen. Die Landesregierung hat im Januar mitgeteilt, dass die Hochschulen bis zum Jahr 2020 mit 652 Stellen weniger rechnen müssen.

Im Februar – Hasenwinkel I. Die Rektoren haben ihre Vorstellungen auf den Tisch gelegt.

Im März – Hasenwinkel II. Die Vorschläge der Fachhochschulrektoren und Schnittstellen sind angesprochen worden.

Und jetzt kommt April – Hasenwinkel III. Was hält das Land für wissenschaftliche Schwerpunktsetzungen im Interesse der Landesentwicklung für erforderlich? Unsere Kernaussagen.

Hasenwinkel IV wird dann sicherlich beinhalten: Was wollen und was können die Hochschulen über diese Landesschwerpunkte hinaus leisten, vor allen Dingen, wie können sie sich das leisten?