Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Was wir anders haben wollen, und da möchte ich doch mal den Schwerpunkt setzen, wir sind dafür, dass Beratungen auf gleicher Augenhöhe stattfinden

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Jawohl.)

und das können sie nur in einer Enquetekommission. Und da können Sie drum herumreden, so viel, wie Sie wollen, so ist das.

Und zu Ihrem Änderungsantrag: Der hat mich überhaupt nicht überrascht, denn der ursprüngliche Antrag wäre gar nicht verfassungsgemäß gewesen. Nun versuchen Sie, ihn verfassungsgemäß zu machen, aber da tun Sie etwas, was uns allen so ein bisschen den Schauder über den Rücken jagt. Wenn ich mal sehe, Sie wollen sieben Stellen im höheren Dienst, das sind schlappe 350.000 Euro. Haben wir das über? Haben wir das wirklich über, was Sie hier wollen? Oder wer soll hier eigentlich versorgt werden? Meine Damen und Herren, darüber hätte ich mal gerne eine Auskunft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig! Genau! – Zurufe von Heike Polzin, SPD, und Ute Schildt, SPD)

Ja, ja, wir werden das sehen. Wir gucken uns das sehr genau an.

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Der Ministerpräsident hat ja gestern schon – wir haben ja jetzt mittlerweile einen Vormund für das Parlament – gesagt, wir machen einen Sonderausschuss, obwohl wir heute erst darüber beraten. Ich finde das alles ganz niedlich. Ob wir einen Sonderausschuss machen, werden Sie entscheiden. Die Mehrheit wird entscheiden. Ich stelle nur fest: Wir werden uns sehr genau ansehen, was Sie mit diesen Stellen, die Sie sich selber bewilligen, dann machen.

Und, meine Damen und Herren, von wegen Personalentwicklung und das Personal bei den Kommunen mitnehmen, Frau Kollegin Schulz. Jetzt wollen wir doch mal ganz ehrlich sein. Wenn der Innenminister sich mit seiner Idee durchsetzen würde, dann werden Sie doch nur vier Landkreise überbehalten von den derzeitigen zwölf. Wo soll denn das Personal bleiben? Also bleiben Sie ehrlich!

Wenn wir Behörden zusammenschließen, wenn wir die kommunale Struktur der Landkreise eliminieren, und das tun Sie damit,

(Gabriele Schulz, PDS: Gerade deshalb habe ich das benannt.)

und damit auch ein Stück kommunaler Selbstverwaltung, dann landen wir auch praktisch bei der Frage: Was macht man mit Leuten, die dann nicht mehr gebraucht werden? Sie werden das nicht so machen können wie bei den britischen Eisenbahnen. – Ich bin begeisterter Hobbyeisenbahner, Sie dürfen mich darauf festnageln. – Die haben die Dampflok abgeschafft, aber da ist noch jahrzehntelang ein Heizer mitgefahren auf der E-Lok, weil die Gewerkschaften das gewollt haben.

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

Das kriegen Sie bei uns im Lande aber nicht hin, da wird Frau Keler Ihnen schon sagen, wo es langgeht, und da wird sie sogar unsere Unterstützung finden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Ja, meine Damen und Herren, wo stehen wir denn eigentlich wirklich? Wir stehen vor der Frage, sind wir bereit, das, was die Enquetekommission als Empfehlung vorgelegt hat, was dieser letzte Landtag der dritten Wahlperiode – und einige von uns sind ja noch dabei – einstimmig empfohlen hat, weiterzuentwickeln. Wir wollten dort weitermachen, wo wir aus Zeitgründen nicht weitermachen konnten. Das hätten wir gerne und das wollen Sie ganz offenbar nicht. Sie wollen den Innenausschuss entmachten, indem Sie einen Sonderausschuss einrichten, und Sie wollen keine Enquetekommission, weil Sie die Damen und Herren der kommunalen Landesverbände nicht mit Stimmrecht dabeihaben wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Kerstin Fiedler, CDU: Genau. – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

So, meine Damen und Herren, jetzt will ich Ihnen mal meine Vermutung schildern, warum Sie das wollen. Das

hat was damit zu tun, wie sich die kommunalen Landesverbände bisher geäußert haben. Da gab es eine Sitzung des Landesausschusses des Städte- und Gemeindetages und dort hat uns der Vorstand einen davor gefassten Entschließungsantrag – ich bin selbst Mitglied – vorgetragen. Das haben wir zur Kenntnis genommen. Darüber kann man jetzt streiten, ob wir da auch hätten beschließen sollen als Landesausschuss oder nicht, das will ich gar nicht bewerten. Fest steht jedenfalls, das konnte Ihnen nicht gefallen. Da gibt es nämlich einen Punkt 8 in diesem Beschluss und da steht etwas drin, was Sie hassen wie die Pest, nämlich die Frage: Wie stellt sich eigentlich die Landesregierung mit ihrer Verantwortung zur Kosteneinsparung? Sie hatten gerade, es ist wenige Wochen her, die Gelegenheit, mit der Kosteneinsparung – die Landesregierung jedenfalls, der Herr Ministerpräsident ist nicht da, aber der Innenminister wird es ihm mitteilen – zu beginnen. Sie konnten nämlich Ihre Ressorts reduzieren.

Und jetzt rede ich mal als kommunaler Praktiker. Unsere Arbeit draußen vor Ort wird im Wesentlichen noch nicht einmal dadurch bestimmt, wie viel Minister es gibt, aber doch davon, wie viele Referate und Abteilungen es insgesamt in der Landesregierung gibt. Denn wir, die kommunalen Gebietskörperschaften, ob die Gemeinde- oder die Kreisstufe, haben draußen umzusetzen, was dort so alles ersonnen und an uns heruntergegeben wird. Und deswegen geht eine Verwaltungs- und Strukturreform, eine Strukturreform der Verwaltung nur, indem man oben anfängt,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

feststellt, was brauchen wir dort.

Ich gehöre zu den begünstigten Personen, die etwas mehr über die Vorstellungen des Innenministers zur Kenntnis nehmen durften als andere, die nur Zeitung lesen durften. Wir haben im Landesausschuss des Städte- und Gemeindetages einen relativ inhaltslosen, aber immerhin längeren Vortrag des Innenministers gehört. Und da kam er mit seinen vier Regionalkreisen.

Übrigens, Herr Minister, ich weiß nicht, ob Sie heute Morgen bei der Debatte über den Föderalismus dabei waren. Da haben einige der Kollegen – meines Erachtens zu Recht – darauf hingewiesen, was Regionen sind. Das ist ein Begriff aus der Europäischen Union und dient dem Schutz der Länder – das war hier übrigens auch noch mal deutlich gesagt worden –, wenn wir uns als Landesparlamentarier mit eigener Bedeutung, nämlich die Länderparlamente, verstehen. Das sind die Regionen. Was Sie da von Regionalkreisen reden, das hat mit dieser Diskussion nichts zu tun und die haben Sie bis heute nicht definiert.

Aber zu den vieren, die Sie behalten wollen, habe ich etwas dazugelernt. Die vier, haben Sie gesagt, und das hat Logik, müssen deswegen sein, weil wir auf der Ebene der unteren Verwaltungsbehörden sind und von denen wollen wir möglichst viele – da bin ich sofort dabei, das nennt man Einräumigkeit der Verwaltung – in die Kreisverwaltung einbeziehen oder in die kreisfreien Städte, aber halt, die wollen Sie ja abschaffen, also nur auf die Kreisebene. Das wollen Sie machen und da sagen Sie vier. Vier müssen deswegen sein, weil dieser Landtag die Landesverfassung geändert hat, das Konnexitätsprinzip eingeführt hat. Die Landesregierung muss den Kommunen die Kosten erstatten von Aufgaben, die sie überträgt.

Wenn sie jetzt vier Landesbehörden haben, ich nehme jetzt mal die Aufgaben der Landesplanungsbehörde, die ist bei uns eine staatliche Behörde. Diese Behörde übertragen Sie jetzt auf Kreise. Wenn Sie das auf zwölf Kreise übertragen, brauchen Sie mehr Personal als nur für vier. So einfach ist das. Nur, Herr Minister, da merkt man, dass Sie nicht zu Ende denken können. Warum haben Sie eigentlich nicht begonnen zu fragen: Welche Aufgaben müssen wir als Staat überhaupt nicht mehr wahrnehmen?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig.)

Da liegt der Schlüssel,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Ja, genau da liegt der Schlüssel!)

welche Rechtsnormen zum Beispiel, ob gesetzlicher oder untergesetzlicher Art, oder diese Vielzahl von Erlassen. Wenn ich Ihre Erlassfolge in den letzten eineinhalb Jahren, ich glaube, zum Paragraphen 57 c – das ist die Frage der Veräußerung von Gemeindevermögen – ansehe, wie Sie die dauernd geändert haben, wir sind ja mit dem Nachheften gar nicht mehr nachgekommen,

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

dann kann ich nur sagen: Da fangen Sie bitte an! Prüfen Sie mal, was verzichtbar ist!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Da hat uns doch auch der Herr Ministerpräsident wirklich Mutvolles mitgegeben und hat gesagt, man muss auch mal überlegen, was man sich noch leisten kann. Fangen Sie mal mit Ihrer Vorschriftenflut an, die können wir uns bestimmt nicht mehr leisten.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und wenn wir an diesem Punkt gemeinsam wären, dann könnten wir darüber nachdenken, welche Ebene ist jetzt die richtige unterhalb der Landesebene, die diese Aufgaben, die wir nach unten geben wollen, die erheblich reduziert werden müssen, überhaupt noch erfüllt. Und da ist Ihr Vierersprung einfach zu kurz gedacht.

Schauen Sie sich doch mal die Größe dieser Landkreise an! Die sind keine Landkreise mehr, sondern das sind Regierungspräsidien mit anderem Namen. Es ist ja auch sehr interessant, dass man von Ihnen nicht hört, wie denn eigentlich später mal die Amtsinhaber in dieses Amt hineinkommen sollen. Wollen Sie die bestimmen? Wollen Sie die würfeln oder sollen die gewählt werden? Sollen die noch direkt gewählt werden? Alles das ist nicht ausgedacht und das ist ein Vorwurf, den darf ich Ihnen nicht ersparen. Sie reden hier mutwillig über das Engagement von ehrenamtlichen Mitgliedern in kommunalen Gebietskörperschaften, unseren Kollegen in den Kreistagen und den kreisfreien Städten, und Sie machen sich keinen Kopf darüber, was Sie alles zerstören, indem Sie aus über 600 Mandaten nur noch 200 überbehalten,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

denn Sie werden ja wohl keine Kreistage haben wollen, die größer sind als dieser Landtag. Ansonsten können Sie sich ja auch noch überlegen, so ein Landtag ist auch etwas Teures, Herr Minister, ob man sich den noch leisten kann.

Ich sehe, Sie haben das alles noch nicht bedacht und deswegen ist unser erster Ansatz, bitte schön, sagen Sie uns, was Sie eigentlich so an Material haben, was aus

reicht, um dem Verfassungsgrundsatz Genüge zu tun. Öffentliches Interesse, das zwingend die Eliminierung von zwölf Gebietskörperschaften auf Kreisebene fordert, nichts anderes ist Ihre Revision, oder wie ich das auch immer bezeichnen mag, sind Ihre vier so genannten Regionalkreise.

Meine Damen und Herren! Wir müssen über Kreisreformen reden.

(Frank Ronald Lohse, SPD: Reine Bedenkenträgerei.)

Nein, nein.

Wir können auch auf drei gehen, die kennen viele noch gut, aber ich weiß nicht, ob das so gut war.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Jedenfalls hatte das mit kommunaler Selbstverwaltung nichts zu tun. Vielen Dank für den Hinweis, aber da bin ich Herrn Timm ja dankbar, dass er schon in vieren denkt, das ist ja eins weniger als der Daumen, das ist ja schon eine Leistung. Vielen Dank!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Kerstin Fiedler, CDU, und Eckhardt Rehberg, CDU)

Ja, meine Damen und Herren, aber ganz ernsthaft. Mir ist das wirklich ziemlich ernst. Ich möchte darüber nicht witzeln.

(Zuruf von Regine Lück, PDS)