Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

(Zuruf von Martin Brick, CDU)

Für mich und meine Fraktion darf ich sagen: Wir möchten auf Ihr Sach- und Fachwissen nicht verzichten.

(Vincent Kokert, CDU: Wir schenken Ihnen auch etwas davon. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU – Angelika Gramkow, PDS: Das machen wir aber auch nur einmal.)

Meine Damen und Herren, gemeinsam mit meiner Kollegin Schmidt habe ich bekanntlich zu den mehrheitlich beschlossenen Empfehlungen ein Sondervotum abgegeben, welches im Bericht festgehalten ist. Die Kritikpunkte sind in Kurzform folgende:

1. die fehlenden abschließenden Untersuchungen zu den Beziehungen zwischen Struktur und Inhalt, also zwischen Funktionalreform und künftigen Ämter- und Gemeindestrukturen,

2. aus unserer Sicht nicht zwingende Argumente für die Festlegung von Regel- und Mindesteinwohnergrößen und

3. auch die Frage – unter den Bedingungen unseres dünn besiedelten Flächenlandes –, dass das Ausmaß notwendiger Ausnahmeregelungen vorgeschriebene Regelgrößen letztlich ad absurdum führen könnte.

Da nun aber ein Schwerpunkt unseres gemeinsamen Reformvorhabens die umfassende Funktionalreform sein wird, könnten unsere Bedenken zum Teil ausgeräumt werden.

Und auch hinsichtlich der von der PDS betonten strikten Freiwilligkeit ist für uns klar, dass eine Verwaltungsmodernisierung und Funktionalreform ohne Vorgaben von Zeiten und Zielen letztendlich zur Never-ending-Story mutieren müsste,

(Beifall Angelika Gramkow, PDS und Regine Lück, PDS)

wie im Parlament auch eben mein Vorredner bestimmt hatte. Die PDS-Fraktion wird dieses Reformvorhaben nicht lediglich mittragen, sondern aktiv mitgestalten und Akzente setzen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Auch am Schluss?!)

Vier Anmerkungen dazu:

Erstens sind es auch die Geschäftsbereiche der einzelnen Ministerien, die im Zuge der Funktionalreform einer umfassenden Aufgabenkritik auf Landes- wie auf kommunaler Ebene unterworfen werden.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Und die Ministerien selbst? – Wolfgang Riemann, CDU: Was ist mit den ganzen Ministerien?)

Für die PDS muss am Ende dieses Prozesses selbstverständlich eine Organisationsstraffung und strukturelle Verschlankung der Regierungsebene stehen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Herr Holter ist Arbeits- und Wirtschaftsminister. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das ist übrigens im Koalitionsvertrag unter Punkt 220 ausdrücklich durch beide Partner dokumentiert.

Zweitens müssen Verwaltungsmodernisierung und Funktionalreform einen spürbaren Kompetenzgewinn für die kommunale Ebene, also unsere Städte und Gemeinden, mit sich bringen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Und der Landkreise.)

Das muss zur Belebung und Stärkung kommunaler Selbstverwaltung führen. Hierfür reicht es nicht aus, ein neues Namensschild als Eingang zur gesamten öffentlichen Verwaltung an alte Türen zu nageln.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig. – Dr. Armin Jäger, CDU: Da sind wir uns einig.)

Drittens wird es der PDS nicht genügen, die Zweckmäßigkeit neuer Strukturen lediglich zu vermuten oder zu erhoffen. Hier sind in der Arbeit des künftigen Sonderausschusses Fragen zu stellen und zu beantworten. Dabei ist uns wichtig, dass

a) Diskussionen nicht über Medienöffentlichkeit geführt werden, denn das führt sonst letztendlich zur Verunsicherung,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, sagen Sie das mal Ihrem Innenminister!)

b) nicht administrative Aspekte im Vordergrund stehen dürfen, da es hier um kommunale Selbstverwaltung geht und die können wir, denke ich, nur stärken,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sagen Sie das Ihrem Innenminister auch mal!)

c) ein 4-Regionen-Modell für Landkreise vielleicht Orientierung sein kann, es darf uns aber nicht als Dogma vorkommen. Es könnte uns den Weg für etwaige weitere Überlegungen verbauen.

Viertens. Die PDS unterliegt mitunter anzutreffender Einspareuphorie nicht. Kurz- und mittelfristig verursachen Verwaltungsreformen eher Kosten

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es! Sehr richtig. – Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das.)

und langfristig regiert häufig das Prinzip Hoffnung. Aber, meine Damen und Herren, im Rahmen der anstehenden Reformen werden sich die Finanzdebatten zunehmend auch als Personalfragen entpuppen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Für uns wird daher Personalentwicklung einer der Reformschwerpunkte sein, das heißt, es geht uns um die Einbeziehung der Beschäftigten, damit Verwaltungsmodernisierung als Chance und nicht als Existenzbedrohung angenommen wird.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Und es geht um die gesetzliche Definition des Reformgrundsatzes „Personal folgt Aufgaben“ sowie um gemeinsames Personalentwicklungsmanagement von Land und Kommunen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns im Landtag und im Sonderausschuss zügig Reformziele, Rahmenbedingungen benennen, Reformpotenzen und Grenzen definieren und sinnvollere Reformschritte bemessen! Lassen Sie uns beginnen, in der Sache das Reformvorhaben parteiübergreifend konstruktiv zu unterstützen und nicht über Formalien zu streiten!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Unruhe bei Ministerin Sigrid Keler und Minister Dr. Gottfried Timm)

Danke schön, Frau Schulz.

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Jäger für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und...

Herr Jäger, einen kleinen Moment.

Können wir bitte ein bisschen Ruhe auf der Regierungsbank haben?

Ich denke, der Herr Minister teilt seinen Kollegen gerade mit, was er uns beim Städteund Gemeindetag versucht hat zu übermitteln. Herr Minister, da brauchen Sie länger. Da gehen Sie am besten raus. Das dauert dann doch ein bisschen.

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Schulz hat eben sehr deutlich ein Jein gesagt zur kommunalen Reform und das ist nicht neu.

(Heiterkeit bei Kerstin Fiedler, CDU – Angelika Gramkow, PDS: Wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie das Ja gehört. Aber das wollen Sie ja gar nicht hören.)

Das war am Ende der letzten Runde auch so in der dritten Wahlperiode, um da bei dem Beispiel zu bleiben, das wir hier gehört haben, das sehr nett war mit dem Pferd, so von hinten aufgezäumt und so weiter. Da war es so, da haben Sie vorne gezerrt und als wir dann gesagt haben, na gut, dann gehen wir mit in die Richtung, nun machen wir mal was, kam dieses tatkräftige Jein. Das war Dissenting Vote, wie Sie so nett sagten, und so wollen wir nicht wieder enden.

(Zuruf von Regine Lück, PDS)

Das Zweite ist, Sie haben gesagt, die Enquetekommission kann ja nur Empfehlungen...

Nein, sie hat das ja gut gemacht. Wir haben alle begeistert geguckt, wie auf einmal die Revolte da stattgefunden hat, und das kurz vor der Wahl – beeindruckend.

Das Zweite, was Sie gesagt haben, finde ich auch sehr beeindruckend. Sie haben gesagt, diese Enquetekommission kann ja nur Empfehlungen geben. Ein Sonderausschuss kann auch nur Empfehlungen geben, beschließen tun wir hier im Plenum.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)