Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach 173 Tagen Leben mit Hartz zeigt sich in Mecklenburg-Vorpommern folgendes Bild: Über 200.000 Menschen sind direkt betroffen von der Zahlung des Arbeitslosengeldes II, aber indirekt sind wir alle betroffen.
In meiner Heimatstadt Schwerin waren 7.200 Bedarfsgemeinschaften prognostiziert. Es sind heute 10.300 und 17.000 Menschen müssen jetzt mit Hartz IV umgehen. Die Kosten explodieren in den Kommunen und die Zahl der betroffenen Menschen, vor allem Frauen, die einen Leistungsbescheid null haben, weil ein Partner eine geringe Rente oder ein geringes Einkommen hat, lässt sich nicht ermitteln, genauso nicht wie die, die heute nicht mehr krankenversichert sind. Es fragt sich, wer sich eigentlich in Zukunft um sie kümmert. Sie haben keinerlei Verständnis, warum sie nicht wenigstens auch einen 1-Euro-Job bekommen können.
Positiv zu vermerken ist, die gebildeten Arbeitsgemeinschaften sind arbeitsfähig, auch der Sozialbetrieb in Ostvorpommern. Mit großem Engagement haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür gesorgt, dass die Betroffenen ihr Geld bekommen. Sie bemühen sich, die Anforderungen zu schaffen. Überstunden, hohe Arbeitsbelastungen sind auf der Tagesordnung. Sie sind auch Betroffene, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, eines handwerklich schlechten und politisch nicht zu verantwortenden Gesetzes.
Eigenheimzulage rein oder nicht, Kinderbett gewähren für eine schwangere Arbeitslosengeld-II-Empfängerin, ja oder nein – das Ergebnis ist, ein Drittel der Bescheide sind falsch. Sie sind nicht lesbar und nicht verständlich. Die Menschen wehren sich und deshalb kommen die Agenturen mit der Bearbeitung der Widersprüche nicht hinterher. Es geht das geflügelte Wort um „Die Akten werden nicht kalt“. Bei der Arbeit um die Leistungsbewilligung und die Bedürftigkeitsprüfung kann von Betreuung, Fördern oder gar Vermitteln nicht die Rede sein. Das Prinzip „Fordern und Fördern“ verkommt zu einer Lächerlichkeit in unserem Land.
Der so hoch gepriesene Einsatz der arbeitsmarktpolitischen Elemente konzentriert sich auf die Organisation von 1-Euro-Jobs. Wir haben inzwischen 10.000, 50 Prozent davon werden von Jugendlichen unter 25 Jahren besetzt. Träger, Vereine und Beschäftigungsgesellschaften arbeiten mit hohem Engagement daran, Projekte und Maßnahmen zu entwickeln, und müssen über sehr bürokratische Hürden springen. Und die Menschen in unserem Land stehen Schlange, weil sie das wenige Geld des 1-EuroJobs brauchen, um leben zu können und aus ihrer häuslichen Isolation herauszukommen.
Was denken denn Menschen in unserem Land? Ich zitiere: „Ich schäme mich dafür, keine Arbeit zu haben,
(Wolfgang Riemann, CDU: Das ist doch Ihrer Politik geschuldet, Frau Gramkow! – Gabriele Meˇsˇt’an, PDS: Ach, Herr Riemann, was Sie alles wissen!)
(Wolfgang Riemann, CDU: Sie haben genauso Mitverantwortung für dieses Land. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)
(Wolfgang Riemann, CDU: Wie heißt denn der Arbeitsminister in diesem Land? – Zuruf von Peter Ritter, PDS)
„Es ist erniedrigend, seinen Sohn nach drei Wochen fragen zu müssen, ob er mal wohl 50 Euro zum Tanken übrig hat.“
Oder eine Mutter: „Wir gehen mit unseren Kindern noch auf den Rummel, aber wir gehen nur noch zum Zusehen.“
Das ist die Situation nach fünf Monaten Hartz in Mecklenburg-Vorpommern. Das Ergebnis der Landtour der PDS-Landtagsfraktion steht fest und ist eine bittere Einschätzung: Hartz IV ist der falsche Weg. Es schafft nicht einen einzigen Arbeitsplatz – halt! –, außer in den Arbeitsgemeinschaften selbst beim Verwalten von Arbeitslosigkeit.
Hartz IV wird viel teurer als gedacht und Hartz IV kann die Brücke zum ersten Arbeitsmarkt nicht herstellen.
Und Hartz IV – überzeugen Sie sich, auch in Ihren Büros sitzen Betroffene, die Ihnen das erzählen – ist Armut,
verschärft Resignation und Perspektivlosigkeit. Es ist ein bürokratisches Monster und viel zu teuer.
Und es ist beschämend, wie viel gesellschaftlich notwendige Arbeit, die aufgrund der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen des Bundes weggebrochen ist, heute durch 1-Euro-Jobs realisiert werden kann. Das ist erniedrigend für diejenigen, die es machen müssen, und für die Gesellschaft insgesamt.
Und deshalb hat sich bestätigt in unserem Werben, dass der Ansatz der rot-roten Regierung in MecklenburgVorpommern, Arbeitsmarktpolitik über GAB-Projekte anders zu gestalten, existenzsichernde Löhne auch in diesem Bereich zu zahlen,
Hartz IV, meine Damen und Herren, muss weg. Es ist Gift für Mecklenburg-Vorpommern und seine Menschen.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Gabriele Meˇsˇt’an, PDS: Richtig! Richtig, Angelika! – Wolfgang Riemann, CDU: Das ist euer Koalitionspartner!)
Und eine letzte Bemerkung: Bei der Preisverleihung des Medienpreises gestern hat die Reportage über Menschen, die von hier weggegangen sind, um in Österreich zu arbeiten, den ersten Preis gewonnen. Und der Autor hat zu seinem Werk etwas sehr Bemerkenswertes gesagt. Er sagt sinngemäß: Die Erkenntnis dieser Reportage ist für mich in eine einfache Formel zu gießen: Die Arbeit, die die Menschen gefunden haben, die Männer und Frauen aus Mecklenburg-Vorpommern, hat ihnen ihre Würde und Selbstachtung wiedergegeben.
Lassen Sie uns darum kämpfen, dass Menschen wieder Würde und Selbstachtung durch Arbeit in diesem Land haben, und nicht durch Verwaltung von Arbeitslosigkeit!
(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Dafür haben wir den Arbeitsminister. – Zuruf von Michael Ankermann, CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Hartz IV – 173 Tage SGB II in Mecklenburg-Vorpommern“, so lautet der PDS-Antrag.
(Torsten Koplin, PDS: Das Thema hätten Sie sicherlich nicht gewählt. Das ist schon klar. – Zuruf von Barbara Borchardt, PDS)
Ich darf zitieren Herrn Bundeskanzler Schröder eine Woche vor der Wahl 1998: „Wenn wir es nicht schaffen, die Arbeitslosenquote signifikant zu senken, dann haben wir es weder verdient, wieder gewählt zu werden, noch werden wir wieder gewählt.“ Wo er Recht hat, hat er Recht, der Kanzler.
Ministerpräsident Harald Ringstorff setzte die Ziele ein wenig kleiner an: 20.000 Arbeitslose wollen wir weniger haben. Herr Holter träumte und träumt
und Frau Gramkow träumt immer noch vom dritten Arbeitsmarkt. Und ich sage Ihnen, Frau Gramkow, mit Schwitzzelten, mit ABM für ABM, mit Kräuterhexen und mit „Iss dich fit“ aus dem Holter’schen Arbeitsmarktprogramm