Protokoll der Sitzung vom 23.06.2005

(Karin Strenz, CDU: Das hat sich gestern aber noch anders angehört.)

So schließen in unserem Land nur 21,6 Prozent der Jugendlichen eines Jahrganges mit dem Abitur ihre Schullaufbahn ab. 21,6 Prozent, im bundesweiten Maßstab sind es 38,9 Prozent.

Das heißt, wir müssen konstatieren, dass der gesellschaftliche Wandel in den letzten 15 Jahren den Alltag von Kindern und Jugendlichen gravierend verändert hat. Einerseits bieten sich der heranwachsenden Generation eine Fülle an neuen Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeiten, andererseits bringt aber der gesellschaftliche Wandel vielfach auch schwerwiegende soziale, individuelle Probleme, Überforderungssituationen für die jungen Menschen mit, die von den Kindern und Jugendlichen, von ihren Familien bewältigt werden müssen. Auf diese Situation muss die Politik unter Bündelung aller Kräfte und Ressourcen reagieren. Die Förderungen für die Kindertagesstätten, die Förderungen in der Schule, bei der Jugendhilfe und den sozialen Diensten müssen miteinander noch besser verzahnt und besser aufeinander abgestimmt werden.

Wir wissen, die Strukturen in der Jugendhilfe sind durch Bundesrecht sehr konkret und verbindlich vorgegeben. Das gilt insbesondere für die Trägerstrukturen sowie für die gesetzlichen Leistungs- und Aufgabenerfüllungsverpflichtungen. Durch das Landesorganisationsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz, durch das Kindertagesförderungsgesetz, durch das Kinder- und Jugendförderungsgesetz, das Sportfördergesetz, aber auch durch das Jugendrechtsübertragungsgesetz wurden bundesrechtliche Spielräume durch Landesrecht genutzt. Sehr deutlich wird das vor allem beim Kindertagesförderungsgesetz, bei dem das Land ja mit der erstmaligen Einführung der vorschulischen Bildung nach einem verbindlichen Rahmenplan eigene Akzente gesetzt hat, die übrigens auch der verbesserten Vernetzung mit den Schulen, wie sie vom Sozialausschuss gefordert wurde, dient.

(Torsten Renz, CDU: Davon ist aber noch nichts zu erkennen.)

Mit dem Sportfördergesetz haben wir in wohl bundesweit einmaliger Form das Niveau der Sportförderung im Lande,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Herr Renz, auch im Interesse der Kinder und Jugendlichen festgeschrieben.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Die gesamte Sportförderung des Landes beläuft sich im laufenden Jahr auf 15 Millionen Euro. Und von den rund 207.000 Mitgliedern des Landessportbundes sind circa 50 Prozent Kinder und Jugendliche. Hier, denke ich, sind also die finanziellen Mittel, sind die Potenzen sehr gut eingesetzt.

Insgesamt gibt mein Haus in diesem Jahr neben den Mitteln für die Sportförderung und die Kindertagesförderung weitere 16,12 Millionen Euro für die Kinder- und Jugendhilfe aus. Diese Mittel werden über den Landesjugendplan vergeben. Schwerpunkte dieses Landesjugendplanes sind unter anderem die Förderung und Weiterentwicklung der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes sowie die Förderung der Medienkompetenz. Ziele sind unter anderem der internationale Jugendaustausch, die Jugendverbandsarbeit sowie die Jugendherbergsförderung und die Förderung von Jugendübernachtungsstätten. Bei der Weiterentwicklung gerade dieses Förderinstrumentes, also des Landesjugendplanes, stehen die Ziele Partizipation, Chancengleichheit, Qualitätsentwicklung im Vordergrund. Deshalb setze ich mich auch bei der geplanten Novellierung des Organisationsgesetzes zur Kinder- und Jugendhilfe für eine breite Beteiligung der jungen Menschen unseres Landes ein.

Zur Beförderung von Qualitätssicherung, zur Beförderung von Partizipation hat mein Haus in bundesweit einmaliger Form gemeinsam mit dem Landesjugendring ein neues Fördermodell der Jugendverbandsarbeit entwickelt. Bisher, so war es üblich, erhielten die Jugendverbände eine Projektförderung in Form von Zuwendungsbescheiden. Im Jahr 2005 werden stattdessen Zuwendungsverträge zwischen dem Land und den einzelnen Jugendverbänden abgeschlossen. In diesen Verträgen werden Leistungen und Ziele der Jugendverbandsarbeit beschrieben, die im Laufe des Jahres erreicht werden sollen. Im Gegenzug verpflichtet sich das Land, die Strukturen und die Projekte der Jugendverbände zu finanzieren.

Wir haben im Rahmen von Workshops, von Seminaren gemeinsam mit dem Landesjugendring und auch gemeinsam mit Vertretern der Verbände die Jugendlichen auf diese Aufgaben vorbereitet. Mit rund 1,5 Millionen Euro im Jahr 2005 bleibt die Höhe der Landesförderung für die Jugendverbände nach wie vor auf einem hohen Niveau. Aber eben anders als in der Vergangenheit entscheidet nicht mehr die Größe des Verbandes, sondern die Anzahl der vorgelegten Projekte. Praktisch die Zahl der Initiativen, die mit der Verbandsarbeit erreicht werden soll, spielt eine wichtige Rolle. Das, denke ich, ist ein Schritt zu mehr Teilhabe, mehr Verantwortung an die Jugendlichen zu übertragen. Die Jugendlichen selbst können die Vorgaben für ihre Arbeit definieren, sie können die Ziele für das laufende Förderjahr bestimmen. Und die engagierte Mitarbeit bei der Vorbereitung der Verträge, die in diesem Jahr abgeschlossen werden, zeigt, wie stark diese neue Fördermodalität, diese neue Förderart mobilisiert und motiviert.

Hier zeigt sich ganz deutlich: Qualität sowie Qualitätssicherung und Partizipation sind keine beiläufigen Zufallsprodukte, sondern sie müssen organisiert werden und gehören zum Selbstverständnis aller Partner in der Jugendhilfe. Auch deshalb wird die Arbeit an einem neuen Kinder- und Jugendprogramm der Landesregierung dazu genutzt, im Sinne von Pluralität, von Demokratie einen breiten Dialog mit den Kindern und Jugendlichen und den Akteuren der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu führen. Ziel dieses Programms ist es, die Lebensverhältnisse und die Lebensperspektiven für Kinder und Jugendliche im Lande zu verbessern, denn alle jungen Menschen, alle Jungen und Mädchen des Landes müssen für ihre persönliche Entwicklung über die gleichen Startchancen verfügen. Bildungschancen und die Chancen beim Berufseinstieg stehen hierbei natürlich ganz besonders im Mittelpunkt.

Das Kinder- und Jugendprogramm selbst wird deshalb in enger Kommunikation mit den Vertretern der jungen Generation erarbeitet. Es ist unsere Aufgabe, Demokratie für die junge Generation erfahrbar und erlebbar zu machen. Mecklenburg-Vorpommern braucht für junge Menschen eine Politik, es braucht vor allen Dingen eine Politik mit den jungen Menschen. Und diesem Anliegen dient das im Ergebnis des vorliegenden Jugendhilfeberichtes zu erarbeitende Kinder- und Jugendprogramm der Landesregierung. Ich empfehle die Annahme der Entschließung des Sozialausschusses. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Renz von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Ministerin, zu Beginn eine kurze Ansprache an Ihre Person. Frau Linke, der erste Teil Ihrer Ausführungen enthielt eine Bestandsanalyse, Sie sind eingegangen auf die gesellschaftlichen Veränderungen, die sich hier vollziehen. Aus meiner Sicht haben Sie aber zu wenig auf den Ausblick, der teilweise auch in diesem Bericht vorgenommen wurde, und zu wenig beziehungsweise gar nicht in die Zukunft reflektiert. Ich denke, gerade wir in der Politik, auch Sie als Ministerin, haben einfach die Pflicht, hier Perspektiven zu eröffnen und das auch unseren Menschen in der Öffentlichkeit so zu sagen und sich nicht nur immer einen ganz kleinen Teil herauszugreifen. Und das tun Sie immer wieder, indem Sie sich auf das KiföG berufen. Aus meiner Sicht wäre es an dieser Stelle angebracht gewesen, Sie hätten nicht nur über die Risiken dieser gesellschaftlichen Veränderungen, sondern Sie hätten auch über die Chancen, die sich sehr wohl ergeben, doch etwas mehr referiert. Und gerade zu dem Punkt KiföG, was Sie hier angesprochen haben, da muss ich Ihnen deutlich widersprechen. Worauf Sie hinweisen, dass das wegweisend ist bezogen auf die Ankopplung an die Grundschule, das habe ich noch nicht gehört, dass Experten das begrüßt haben, dass hier tatsächlich ein abgestimmtes System dieses Vorschulplans mit dem Grundschulplan erfolgte. Das war immer eine Kritik.

(Beifall Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Außerdem ist es so gewesen, das war immer unsere Position, dass wir gesagt haben, die Sinnhaftigkeit, das

Herausgreifen eines Jahres stellen wir in Frage, sondern wir wollten immer einen Plan, der komplett vom Beginn der Kindergartenzeit an die gesamte Kindergartenzeit mit Ankopplung an die Grundschule darstellt. Das, denke ich, ist Ihnen auch mit Ihrem Gesetzentwurf beziehungsweise mit diesem Bildungsplan nicht gelungen.

Ich möchte meinen Dank an dieser Stelle aussprechen an Herrn Koplin für den Bericht, den er hier als Ausschussvorsitzender gegeben hat, auch Dank sagen für den kurzen prägnanten Bericht mit dem Hinweis, dass alles Weitere hier in der Beschlussvorlage nachzulesen ist.

(Gerd Walther, PDS: Steht alles drin.)

Und da ich aufgrund der enormen Aufgaben, die vor jedem einzelnen Abgeordneten stehen, denke, dass vielleicht der eine oder andere doch nicht auf die Entschließung der CDU-Fraktion im Sozialausschuss getroffen ist, sehe ich mich einfach verpflichtet, hier noch mal zwei, drei wesentliche Punkte zu sagen, warum die CDUFraktion dieser Unterrichtung die Zustimmung verweigert, sich der Stimme enthalten wird. Deswegen möchte ich noch mal ergänzen, es war ein Ansatz unserer Fraktion, im Sozialausschuss mitzuteilen unter Punkt 2, dass wir nicht, ich betone, nicht die durchweg positive Sicht der Landesregierung im Rahmen der Bestandsanalyse zur Wirksamkeit sowie zur Strukturanalyse und zum landesrechtlichen Änderungsbedarf sehen. Das haben wir kritisiert. Wir haben weiterhin kritisiert, dass aus unserer Sicht – unter Punkt 3 haben wir das auch so eingebracht – zu viel positive Bekundungen vorgenommen werden und zu wenig selbstkritische Aussagen der Landesregierung in diesem Bericht enthalten sind.

(Torsten Koplin, PDS: Wir sind eben positiv denkend.)

Das ist schön, wenn man positiv denkend ist, deswegen muss man aber die Realität zur Kenntnis nehmen, Herr Koplin,

(Torsten Koplin, PDS: Das ist klar.)

und auch die Fehler analysieren,

(Heiterkeit bei Gerd Walther, PDS: Dafür haben wir ja Sie, Herr Renz.)

und die spreche ich hier noch mal an. Das ist gemeint mit selbstkritisch, das müssen Sie sich an dieser Stelle einfach mal gefallen lassen. Ich denke, in ganz ruhiger und sachlicher Art werden wir diese ein, zwei Punkte hier noch abarbeiten können.

(Torsten Koplin, PDS: Das ist okay.)

Wenn es um selbstkritische Aussagen geht, hatte ich im Prinzip diesen Punkt schon aufgerufen, dass die Frau Ministerin eine Vorlage geliefert hat, weil Sie wieder das beschlossene KiföG in den Vordergrund gestellt hat. Denn insbesondere, und das ist auch unter Punkt 4 unserer Entschließung nachzulesen, die getätigten Aussagen in dieser Unterrichtung, bezogen auf das KiföG, stellen aus unserer Sicht zu wenig beziehungsweise überhaupt keine selbstkritischen Aussagen der Landesregierung dar.

Und da, denke ich, gilt es noch mal einzuhaken. Wenn wir an einen Tagesordnungspunkt im Vorfeld, also zwei, drei Tagesordnungspunkte zurückdenken, als es um die Petitionen ging, da habe ich zumindest vermisst, in diesem Petitionsbericht ist es auch tatsächlich so gewesen, die Petenten haben dort über 100 Eingaben zum Thema

Schulpolitik getätigt, aber mir liegt jetzt auch wieder eine Petition vor aus dem Juni, wo es doch um die immensen Mehrkosten geht, die durch dieses Kifö-Gesetz, das Sie ja hier so feiern, auf den Weg gebracht worden sind. Und besonders interessant ist dann auch noch, dass gerade … (Auf Beschluss des Landtages werden an dieser Stelle personenbezogene Daten nicht veröffentlicht.) hier diese Eingabe, diese Petition einbringt und ganz treffend aus unserer Sicht von immensen Mehrkosten spricht.

(Gerd Walther, PDS: Wie kommen Sie denn an die Petition?)

Es ist ja auch allgemein bekannt,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Herr Abgeordneter, …

Entschuldigung!

(Reinhard Dankert, SPD: Sie dürfen doch gar nicht die Petenten nennen.)

Dafür muss ich mich an dieser Stelle entschuldigen.

(Torsten Koplin, PDS: Die haben wir alle gelesen.)

Es darf nicht öffentlich zitiert werden aus Petitionen im Landtag.

(Barbara Borchardt, PDS: Je, je, je, je!)

Ich muss jetzt hier ergänzen,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

dass die Familie sich in … Darf ich den Ort jetzt sagen? Ich bin mir nicht so sicher.

(Barbara Borchardt, PDS: Nein! – Heiterkeit bei Gerd Walther, PDS)

Dann nehme ich das mit einer großen Entschuldigung an dieser Stelle zurück.