Protokoll der Sitzung vom 07.09.2005

Bei Hartz IV bleibt alles beim Alten und ich sage klar: Auch von 345 Euro kann man nicht leben.

(Beifall Dr. Martina Bunge, Die Linkspartei.PDS)

Die Kommunen bleiben auf den zusätzlichen Kosten der Unterkunft sitzen. Ob das Unsinn ist, können wir gemeinsam beraten. Mit Hartz IV werden keine Arbeitsplätze geschaffen, dagegen wachsen Armut und Zukunftsängste. 1-Euro-Jobs treten an die Stelle von aktiver Arbeitsmarktpolitik, Lohnkürzungen, Senkung der Lohnnebenkosten über Mehrwertsteuererhöhung, Verlängerung der Arbeitszeiten, Angriffe auf den Kündigungsschutz. Meine Damen und Herren, all das wird keine zusätzlichen Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern schaffen!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Genau!)

Steuern runter! Abgaben runter! Vermögen schonen kostet den Staat – auch Mecklenburg-Vorpommern und seinen Kommunen – weitere Einnahmen und beraubt uns so wichtiger hoheitlicher Funktionen. Wir müssten reagieren mit Sozialabbau. Es entstehen Probleme in der inneren und äußeren Sicherheit oder auch Probleme mit der Chancengleichheit in der Bildung. Das sind doch Realitäten!

(Harry Glawe, CDU: Nur Schulden! 11 Milliarden!)

Ich bin froh, dass es nun auch in der öffentlichen Debatte wieder eine Alternative gibt, und zwar in Ost wie in West.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Mit der PDS! – Zurufe von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS, und Gerd Walther, Die Linkspartei.PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Halten Sie mal den Ball schön flach, Herr Walther! – Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Herr Riemann!)

Und wie Sie als große etablierte Parteien sich die größte Mühe geben,

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

die vorgeschlagenen sozialen und demokratischen Alternativen der Linkspartei.PDS zu verunglimpfen, haben wir eben gehört.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Das sagt ja Ihr Haushalt schon. In der Praxis sind Sie ja richtig stark beim Streichen. Öffentlich erklären und dann tun Sie immer das Gegenteil.)

Aber, Herr Glawe, öffentlich geförderte Beschäftigung schafft Arbeitsplätze!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ein Zukunftsinvestitionsprogramm bringt doch Nachfrage und Wachstum.

(Heiterkeit bei Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS – Harry Glawe, CDU: Lesen Sie doch Ihren Haushalt!)

Wenn wir die Kosten, die wir ausgeben für das Arbeitslosengeld II, die Kosten für den 1-Euro-Job

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

und die Kosten der Unterkunft zusammenlegen, sind wir bei 1.000 Euro.

(Harry Glawe, CDU: Jaja. – Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Wer würde für 1.000 Euro nicht gerne arbeiten gehen, meine Damen und Herren?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Richtig! – Harry Glawe, CDU: Das ist ja eine komische Rechnung!)

Lassen Sie uns doch dann diese Verhältnisse umwandeln in versicherungspflichtige Arbeit!

(Wolfgang Riemann, CDU: Frau Gramkow, Sie sind so weit von der Wirklichkeit entfernt. – Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Gut, dass wir Sie haben! – Heinz Müller, SPD: Ja.)

Ach, Herr Riemann! Bildung für alle – Sie haben sie mal genossen – mit längerem gemeinsamen Lernen und lebenslangem Lernen, Herr Riemann,...

(Heiterkeit bei Rudolf Borchert, SPD: Das waren noch Zeiten! – Minister Dr. Till Backhaus: Das hat aber nichts geholfen bei Herrn Riemann! Das hat nichts geholfen! – Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Herr Riemann!

(Minister Dr. Till Backhaus: Er hat immer den Trecker umgeschmissen!)

Frau Gramkow, ich entziehe Ihnen einen Moment das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe eine Mitteilung zu machen: Die Atmosphäre in dieser Debatte

wird zunehmend unaushaltbar. Herr Backhaus, von der Regierungsbank keine Zwischenrufe! Ich werde, wenn hier die Würde des Hauses weiter so verletzt wird, mit Ordnungsrufen beziehungsweise Ausschlüssen, die sich daraus ableiten, agieren. So geht es nicht!

Frau Gramkow, Sie haben das Wort.

Lieber Wolfgang Riemann, Bildung für alle mit längerem gemeinsamen Lernen und lebenslanges Lernen sind ein gutes Startkapital. Man kann es sogar an Ihnen sehen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und der Linkspartei.PDS – Eckhardt Rehberg, CDU: Das gibt es nicht! – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Das gibt einen Ordnungsruf.)

Ein Neuansatz für strukturschwache Regionen in Ost und West zum Beispiel über eine konsequente Regionalisierung in der Förderung wäre machbar. Ein einfaches, gerechtes und soziales Steuersystem, das mehr Geld in die öffentlichen Kassen bringt, dabei geringe Einkommen entlastet, aber hohe Einkommen und Vermögen belastet, so ein Steuerkonzept wäre ein mutiger Schritt. Ich sehe ihn bei Ihnen allerdings überhaupt nicht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Und, Herr von Storch, ich habe die Bücher schon vor Jahren gelesen. Ich habe einmal meine Studenten danach unterrichtet.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

250 Euro Kindergeld, meine Damen und Herren, wäre das nicht besser als ein Kinderfreibetrag für die Kinder und die Familien in Mecklenburg-Vorpommern?

Die Linkspartei.PDS in Mecklenburg-Vorpommern könnte sich deshalb wahrlich bessere Rahmenbedingungen für die Politik unseres Landes vorstellen. Aber wir müssen natürlich die Rahmenbedingungen so nehmen, wie sie sind. Wir haben mit ihnen umzugehen und die Handlungs- und Gestaltungsspielräume sind eng. Wir werden deshalb an Bewährtem festhalten, uns neuen Wegen aber nicht verschließen und uns Wichtiges für unsere Bürgerinnen und Bürger in diesem Land leisten, auch wenn es zurzeit nicht opportun ist. Die Politik in Mecklenburg-Vorpommern für 2006 und 2007 wird deshalb durch Kontinuität und Innovation die Zukunftsfähigkeit des Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger sichern helfen.

Lassen Sie mich zu einigen wichtigen Punkten Stellung nehmen:

Erstens. Wir wollen die Bedingungen für Arbeit verbessern. Dazu wird eine Allianz von konzentrierter Wirtschaftsförderung, Wirtschaftsentwicklung im ländlichen Raum, innovativer Arbeitsmarktpolitik und konsequenter Umweltausrichtung zu entwickeln sein. Die Neuausrichtung der europäischen Strukturfonds ab dem Jahr 2007 auf Vorschlag der Landerregierung zeigt dies bereits deutlich. Wir sichern dabei eine hohe Investitionsförderung. Sie wird konsequent an die Schaffung von Arbeitsplätzen gebunden.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Mit den Förderschwerpunkten in der gewerblichen Wirtschaft, der wirtschaftsnahen Infrastruktur und dem

Straßenbau sowie in der Technologieförderung sind wir auf dem richtigen Weg. Wir müssen allerdings weiterhin innovative Beteiligungen für Unternehmen sichern. Eines größeren Schrittes bedarf es noch bei der Unterstützung von wichtigen Wachstumsfeldern in Mecklenburg-Vorpommern, wie zum Beispiel die Möglichkeiten der Gesundheitswirtschaft.

Ich bedauere namens meiner Fraktion sehr, dass sich die Landesregierung nicht dazu durchgerungen hat, zumindest einen bescheidenen Teil der Wirtschaftszuschüsse in Förderdarlehen umzuwandeln. Eine kreative Fondslösung aus beidem wäre ein Angebot für die wirtschaftliche Entwicklung auch von kleinen mittelständischen Unternehmen im Land.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: So ist es.)

Diese Frage sollte nach unserem Dafürhalten auch vor dem Hintergrund positiver Erfahrungen, zum Beispiel mit dem Mikrodarlehensprogramm aus dem Hause Holter, noch einmal intensiv diskutiert werden. Was ist denn Schlechtes daran, wenn wir europäische Mittel in nationale Mittel umwandeln können, welche wir im Land behalten, wenn die europäischen Mittel nach der Fondsperiode 2013 nicht mehr zur Verfügung stehen?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ernte ist eingefahren, die Bäuerinnen und Bauern haben Hervorragendes geleistet trotz schlechter Witterung. Sie haben damit bewiesen, dass Sie den Fördermaßnahmen des Landes entsprechen und dass diese notwendig sind. Die Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums können sich wirklich sehen lassen. Die Förderung von nachwachsenden Rohstoffen und der Ausbau der ökologischen Landwirtschaft sind neue Standbeine für Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern, die sich vielleicht zukünftig Energiewirte nennen werden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

Allerdings sind wir dafür verantwortlich, Herr Landwirtschaftsminister, neben der europäischen Komponente für die Planungs- und Investitionssicherheit auch zwischen den Fondsperioden für die Landwirte etwas zu tun, notfalls mit Vorfinanzierung.