Meine Damen und Herren von der Landesregierung, mit diesem Gesetzentwurf reden Sie unsere Hochschulen schlecht
und Sie machen sie national und international unmöglich. Denn während alle Welt darum bemüht ist, die Reformprozesse an den Hochschulen zu beschleunigen, moderne Steuerungsinstrumente und autonome Strukturen einzuführen, während die Welt des Wissens und der Informationen an uns vorbeirast, müssen wir einen Gesetzentwurf diskutieren, der symptomatisch für die rückwärtsgewandte Alles-bleibt-beim-Alten-Politik dieser Landesregierung ist.
Meine Damen und Herren, es kann doch niemand im Ministerium ernsthaft glauben, dass er in der Lage ist, von Schwerin aus zu entscheiden, welche Studiengänge an welcher Hochschule in welchem Angebotsumfang vorgehalten werden müssen.
(Wolfgang Riemann, CDU: Und dann noch im Finanzministerium zu entscheiden! – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
Das kann und das darf nur in den Hochschulen selbst entschieden werden, denn die Notwendigkeit der Schließung oder Aufrechterhaltung eines Studienganges kann immer nur in der Gesamtbetrachtung der Fächerkombinationen, der interdisziplinären Arbeit und der Lehrund Forschungstätigkeit vor Ort erfolgen.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Für die Einzelhochschule stimmt das.)
Daran schließt sich dann auch die Frage an, wie Fachbereiche zusammengelegt oder gemeinsam gegründet werden sollen. Wie soll das organisatorisch ablaufen? Außerdem fehlt im Zusammenhang mit dem Paragraphen 92 a e i ne Differenzierung der Hochschularten. Sie reden hier immer von Hochschulen, noch haben wir aber Fachhochschulen und Universitäten in unserem Land. Oder bereiten Sie hier schon den Weg für eine Landesuniversität Mecklenburg-Vorpommern vor, wie man im Diskussionspapier des Kollegen Brodkorb auf den Seiten 12/13 nachlesen kann?
In Ihr Verständnis von Hochschulpolitik würde das passen: eine staatlich detailgesteuerte, gegängelte und gemaßregelte Landeshochschule,
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Reinhard Dankert, SPD: Jetzt übertreiben Sie aber! – Wolfgang Riemann, CDU: Und für die PDS führen wir noch Parteisekretäre ein.)
und am besten gleich dem Finanzministerium zugeordnet wird. Das ist Ihre Vorstellung von Hochschulpolitik.
Ich möchte auch zum Thema langfristige Finanzierungsvereinbarungen und Zielvereinbarungen an dieser Stelle ein paar Worte sagen. Zielvereinbarungen – damit das dem einen oder anderen vielleicht einmal klar wird – haben die Leistungen des Landes und die Leistungen der Hochschulen über einen festzulegenden Zeitraum, meist zwischen drei und fünf Jahren, zum Inhalt. Während das Land die Finanzierung der Hochschulen sicherstellt, verdeutlichen die Hochschulen ihre Leistungsbereiche, mit denen sie ihren Finanzierungsbedarf begründen. Darüber hinaus können Themenbereiche benannt werden, bei denen bestimmte Ziele oder Verbesserungen erreicht werden sollen, zum Beispiel bei der Erhöhung der Absolventenquote, der Verkürzung der Studiendauer und anderen Bereichen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen Sie aber künftig alleine Zielvorgaben erlassen. Sie wollen nicht mit den Hochschulen verhandeln. Sie betrachten die Hochschulen nicht als Partner auf gleicher Augenhöhe, sondern als nachgeordnete Behörden. Sie wollen die Hochschulen um jeden Preis in Ihr finanzpolitisches Korsett zwängen und nehmen dabei in Kauf, dass der wichtigste Zukunfts- und Innovationsbereich unseres Landes zerstört wird.
Was Ihre Einlassung zu langfristigen Finanzierungsvereinbarungen bedeuten soll, darauf bin ich sehr gespannt. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass Sie die Finanzierung der Hochschulen kontinuierlich und zielgerichtet herabsetzen. Wollen Sie das jetzt auch langfristig festschreiben? Der 1,5-prozentige Aufwuchs des Hochschulfinanzkorridors ist längst Geschichte. Und auch für das Haushaltsjahr 2006 haben Sie eine Absenkung, aber keinen Aufwuchs geplant.
(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ich habe den Haushalt wirklich gelesen. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion wird das von Ihnen geplante Gesetzesvorhaben in keiner Weise unterstützen und lehnt die Überweisung in die Ausschüsse ab.
Die CDU steht in diesem Land für Hochschulautonomie und für die Freiheit von Wissenschaft und Forschung,
denn wir haben längst erkannt, was Sie nicht erkennen wollen: „Stirbt der forschende Geist, dann stirbt die Gesellschaft.“
Sie, meine Damen und Herren der Landesregierung, machen sich gemäß dieses Cato-Zitates mit Ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Landeshochschulgesetzes zum Totengräber von Hochschule, Wissenschaft und Forschung in unserem Land.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass ich diese Novelle des Landeshochschulgesetzes in vollem Umfang und grundsätzlich ablehne, wird wohl niemanden überraschen. Ich möchte trotzdem noch einige Anmerkungen machen. Zum Dohmen-Gutachten ist einiges gesagt worden, ich will auf eins hinweisen: Es wird immer so getan, als sei dieses Dohmen-Gutachten aufgetaucht, nachdem das LHG beschlossen war.
Das ist einfach nicht wahr! Das Dohmen-Gutachten lag schon zwei Jahre auf dem Tisch, als wir dieses LHG verabschiedet haben.
Und die zweite Frage in diesem Zusammenhang: Warum werden eigentlich Studien- und Forschungsergebnisse von Professor Matschke, Greifswald, und Professor Kramer, Wismar, nie herangezogen im Zusammenhang mit der Demografie? Stimmen vielleicht deren Ergebnisse nicht? Ein Schelm, wer Arges dabei denkt!
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Genau. So ist es. – Harry Glawe, CDU: Offensichtlich.)
Und einen dritten Hinweis in dem Zusammenhang: Ich verweise auf die Anhörung im Rechtsausschuss in der vergangenen Woche,
wo der Rostocker Verfassungsrechtler Professor Czybulka auf die Verfassungswidrigkeit der Begründung dieses Gesetzes hingewiesen hat, im „Nordkurier“ vom 30.09. dieses Jahres nachzulesen.
Zweitens. Auf der ersten Seite dieses Gesetzentwurfes steht der schöne Satz, der Minister hat ihn auch schon zitiert: „Gegenwärtig bestehen keine gesetzlichen Möglichkeiten für das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, eine derartige Umstrukturierung durchzusetzen.“ Richtig, das ist ein sehr richtiger Satz!
Und ich sage Ihnen, ich bin darauf ein bisschen stolz und sehr traurig. Ein bisschen stolz deshalb, weil wir hier Schritte der Hochschulautonomie im Landeshochschulgesetz verankert haben, die es unmöglich machen, ohne Weiteres 600 Stellen zu streichen.