und Sie wissen ganz genau, dass 85 Prozent der Pendler unter 20 Kilometer letztendlich die gegenwärtige Entfernungspauschale nutzen. Ihre Antwort sind Studiengebühren für Familien. Ihre Antwort heißt eigentlich Familienunfreundlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland.
Ich sage das nicht mit Häme, sondern ich sage das, weil ich ernsthaft die Gefahr sehe für alle familienpolitischen Ansätze, wo wir ja eigentlich gar nicht unterschiedlicher Auffassung sind, sondern die Nuancen und Wertigkeiten eigentlich differenzieren. Wir sind eigentlich bemüht im Land Mecklenburg-Vorpommern, mehr und bessere Bedingungen für die Familien zu schaffen. Warum machen Sie das Mehr und Besser durch derartige bundespolitische Entscheidungen wieder kaputt?
Das Wort hat jetzt der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Professor Dr. Dr. Metelmann.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Familie hat vielfältige Gestalt. Welche Gestalt Familie annimmt und wie diese kleinste Lebensgemeinschaft, Liebesgemeinschaft, soziale Gemeinschaft in unserer Gesellschaft ihr Glück sucht und ihr Glück findet, ist Privatsache. So vielfältig die Gestalt der Familie ist, so vielfältig sind auch die Wünsche, die Bedürfnisse, die Ziele von Familien. Aber ein Wunsch, ein Ziel eint alle Familien mit Kindern, und das ist der Wunsch nach guter Schule, nach Bildungschancen und Bildungsfreiheit.
Die PISA-Studie hat uns gerade in den letzten Tagen wieder ein Problem gezeigt, das Problem, dass zu viele Familien ihren Kindern zu wenig Bildungschancen und Bildungsfreiheit geben können. Ein Konzept in diesem Zusammenhang, ein Konzept für gute Schule heißt Ganztagsschule, Chancengleichheit, Anregung für alle, Stoff zum Lernen über den Unterricht hinaus, vormittags Unterricht, mittags zusammen essen, nachmittags gemeinsame Schularbeiten statt einsamer Hausaufgaben und danach eine Freizeitgestaltung für alle, unabhängig von den Möglichkeiten und Stärken der jeweiligen Familien.
Dieses Ganztagsschulprogramm ist ein Erfolgsprogramm schon quantitativ. In unserem Bundesland haben sich in den letzten sechs Jahren aus 34 Ganztagsschulen 192 Ganztagsschulen entwickelt. Dieses Ganztagsschulprogramm ist ein qualitativ großer Schritt hin zu einer anderen Lernkultur und damit auch Lebenskultur, die Einbeziehung von Partnern in die Schule, die Einbeziehung von Partnern in der Region, in der Stadt, in der Gemeinschaft, Partnern aus Sport, aus Musik, aus Kirche, aus Kultur. Vor allen Dingen aber ist diese Schulform in der Lage, dieses innere Dreieck zusammenzufügen, in dem Schule wirklich lebt, dieses Dreieck von Kindern, Eltern und Lehrern.
Welche Rolle spielt Politik dabei? Politik hat zum einen dafür zu sorgen, dass wir Freiräume schaffen, rechtlich, und dass wir Schulräume schaffen, bausubstanziell. In diesem Jahr sind inzwischen in dem Bauprogramm Ganztagsschule nahezu 43 Millionen Euro verbaut worden. Mit unseren Möglichkeiten müssen wir den richtigen Partnern helfen, in die Schule hineinzuwirken, wie zum Beispiel die deutsche Kinder- und Jugendstiftung mit ihrem Programm „Schule Plus“ oder den Landessportbund mit seinen Möglichkeiten, über Rahmenverträge Sportvereine in die Schule zu integrieren, oder über den Musikschulverband die musischen Angebote zu integrieren, die Jugendkunstschulen zu integrieren, die Bertelsmann-Stiftung mit
einem großen Projekt „Gesunde Schule – Anschub.de“ oder – nur noch ein Beispiel – „Die Zeit“-Stiftung mit ihrem Projekt „Unterricht und Unternehmen“ in besonderer Weise zu verbinden. Politik ist an dieser Stelle wichtig als Stütze des Landes in einer so überaus privaten Angelegenheit, wie sie Familie für mich darstellt. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! „Familienland Mecklenburg-Vorpommern“, das ist eine Zukunftsaufgabe, der sich alle Fraktionen, Parteien und gesellschaftlichen Kräfte in diesem Land stellen sollten. Deswegen ist es wichtig, dass wir darauf zurückschauen, dass wir am 9. November vor 16 Jahren den Mauerfall hatten. Was war dort geschehen? Der Todesstreifen wurde abgeschafft, die Meinungsfreiheit wurde zugelassen, Demokratie und Wahlrecht sowie Pressefreiheit wurden eingeführt und vor allen Dingen, meine Damen und Herren, wurde die Zusammenführung von Familien wieder zugelassen.
Ich meine schon, dass das ein denkwürdiger Tag heute hier in diesem Hohen Hause ist. Deswegen haben wir uns unter anderem entschlossen, dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Das, was Kolleginnen und Kollegen vorgetragen haben, ist in gewisser Weise richtig, aber teilweise entspricht es nicht in allen Intentionen unseren Vorstellungen, denn die Frage, die wir zu beantworten haben, ist: Wollen wir Familie? Und wenn wir diese Frage mit Ja beantworten, dann müssen wir auch die Frage beantworten: Was können wir in unserem Land für Familien, für Kinder und Eltern sowie für die ältere Generation tun? Und da hilft es wenig, wenn die PDS
nur darauf reitet, was der Bund macht, und wir darüber nachdenken, was wir nicht machen wollen, meine Damen und Herren,
denn Familie braucht eine intakte Infrastruktur, sie braucht materielle Sicherheit, sie braucht aber auch soziale Absicherung.
Meine Damen und Herren, aber das, was Sie an sozialpolitischen Leistungen in den letzten Jahren hervorgebracht haben, ist nun nicht das rühmlichste Blatt, womit Sie sich schmücken können.
(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ja, das kann sich wirklich sehen lassen. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)
Ja, Frau Gramkow, und da ist die Frage: Wie sehe ich es denn überhaupt, wenn ich das Landeserziehungsgeld, das auf dem Grundsatz des Bundeserziehungsgeldes aufsetzt, abschaffe? Das ist doch keine familienfreundliche Leistung, das ist doch eine Fehlleistung dieser Koalition.
Das müssen Sie doch wohl zumindest zugeben. Sie haben es ja nun mit dem letzten Haushalt geschafft, das Landeserziehungsgeld abzuschaffen. Das ist eine Tatsache.
Meine Damen und Herren, Sie haben es auch geschafft, die Diskussion zu den Familienberatungsstellen in Gang zu setzen und die Frage zu beantworten: Wollen wir sie oder wollen wir sie nicht?
In einer ellenlangen Diskussion ist es jetzt gelungen, die 21 Familienberatungsstellen im Land zu sichern. Aber warum? Weil die Koalition auf Anraten der CDU – das muss man nun auch sagen – es verstanden hat, dass die Familienberatungsstellen für Familien im Land wichtig sind,
und dass es nicht darum geht, nur den Arbeitslosenverband in Mecklenburg-Vorpommern zu stärken. Ich denke, das ist wichtig.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Wie wäre es denn, wenn wir beides machen würden, Herr Glawe?)
Herr Kollege Backhaus, ein Wort an Ihre Person. Sie sagen, dass es in besonderer Weise viele Verbände und Vereine gibt, die zufrieden sind. Es gibt aber auch sehr viele andere. Und da will ich Sie mal auf den Haushaltstitel 1005, Maßnahmegruppe 62 – das ist die Frage der Wohlfahrtsverbände und deren Leistungen – hinweisen.
Dort haben Sie in diesem Jahr eine Absenkung von 440.000 Euro vor und das geht in besonderer Weise zulasten von Beratungslandschaften, zulasten von Familien, zulasten von Kindern.
Herr Kollege Backhaus – und, Frau Ministerin, Sie sollten vielleicht auch mal zuhören in dieser Frage –,
die wahrscheinlich gerade mit dem Kollegen Arbeitsminister über das Wahlversprechen, was 1998 gegeben worden ist, gesprochen hat bezüglich der Frage,
dass man die Arbeitslosenzahlen in den ersten vier Jahren um 20.000 senken wollte und dann um weitere 20.000 bis zum Jahre 2006.
Sie sind als Arbeitsminister, Herr Holter, von diesem Ziel sehr, sehr weit entfernt. Ich glaube schon, dass die Konzepte, die Sie hier vorlegen, nicht mehr greifen werden, und Sie werden Ihre arbeitsmarktpolitische Bilanz nicht schönen können, indem Sie jetzt immer auf dem Punkt rumreiten, sondern Sie werden hier im Land Ihre Fehler oder auch Ihre Missleistungen, die Sie in den letzten Jahren getätigt haben, noch verantworten müssen. Dafür werden wir sorgen, meine Damen und Herren!