Wenn wir uns einmal die Zeitvorgaben in dieser Legislaturperiode anschauen – wir haben bis zur Sommerpause nur noch vier Landtagssitzungen –, dann wage ich zu behaupten, dass diese Vorschläge bis zum Ende der Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt werden, wenn wir vielleicht noch ein drittes Deregulierungsgesetz schaffen.
Natürlich hat vieles einen politischen Hintergrund. Das sind die ständig widerstreitenden Interessen, wenn es um Deregulierung geht.
Richtig. Aber, Frau Gramkow, wenn wir uns das alles einmal überlegen für die nächste Legislaturperiode, dann möchte ich Ihnen einen Vorschlag machen. Ich hatte in diesem Haus schon einmal darauf hingewiesen, dass Deregulierung immer daran krankt – Frau Gramkow hat es eben gesagt –, dass wir in unseren herkömmlichen Denkschemen irgendwie verhaftet sind. Wenn es bei der Lösung von widerstreitenden Interessen bei so einem Gesetzentwurf auch um Lobbyismus und so weiter geht, dann passiert es uns immer wieder, dass wir unser Heil in noch mehr Regulierung oder noch genauerer Regulierung oder noch detaillierterer Reglementierung suchen als in wirklich stringentem Abbau von Vorschriften. Offensichtlich ist es aufgrund der unterschiedlichen Ressortegoismen – es sind nicht nur politisch unterschiedliche Vorstellungen, sondern es gibt auch diese berühmten Ressortegoismen unter den Fachpolitikern in den Fraktionen – richtig, aber dann ist es anscheinend der Landesregierung selbst nicht möglich, wirklich zu tief greifenden Veränderungen zu kommen. Aber nicht nur die Verwaltung, wir alle müssen uns von unseren herkömmlichen Denkschemen trennen, um uns dem Ziel von Deregulierung und Entbürokratisierung wirklich zu nähern. Bei der Deregulierung sollte das Parlament aber nicht nur auf die Initiative der Landesregierung vertrauen, obwohl – ich sage das noch einmal – der Justizminister Hervorragendes geleistet hat.
(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Ja, fragen wir alle mal Bodo! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)
Deshalb möchte ich, dass wir möglichst einvernehmlich mit allen Fraktionen die Initiative ergreifen. Der Justizminister ist diesen Weg wirklich ansatzweise schon gegangen, als er zum Beispiel im Ziegelsee-Kreis Vertreter aller Fraktionen des Landtages eingeladen hatte, um einvernehmliche Deregulierungsvorschläge zu erarbeiten. Mein Vorschlag aber wäre es, dieses gute, aber eben außerparlamentarische Gremium in das parlamentarische Verfahren zu überführen. Ich möchte Ihnen daher vorschlagen, in der nächsten Legislaturperiode die Deregulierungsgespräche in einer parlamentarischen Enquetekommission „Deregulierung“ fortzusetzen, deren Aufgabe es sein sollte, der Landesregierung konkrete Aufträge zur Umsetzung zu erteilen. Im Übrigen – und das sage ich abschließend noch einmal – hoffe ich, dass unser bisher sehr einvernehmliches Vorgehen in Sachen Deregulierung auch in der nächsten Legislatur fortbesteht. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das zweite Deregulierungsgesetz – dazu wurden öffentliche Diskussionen geführt – ist natürlich auch von der Öffentlichkeit bewertet worden. Und wie Öffentlichkeit so ist, sie nimmt es vielleicht mit der ganz exakten Zuordnung zu diesem oder jenem Gesetz, zu dieser oder jenen Verordnung nicht so ganz genau, sondern sie beschreibt ein Stimmungsbild. Wenn wir uns einmal anschauen, wie dieses Stimmungsbild in Bezug auf Deregulierung im Lande Mecklenburg-Vorpommern war, dann erinnern wir uns doch ganz sicherlich alle an Äußerungen wesentlicher Wirtschaftsvertreter. Ich darf hier an die Vereinigung der Unternehmensverbände in unserem Land erinnern, die mit dankenswerter Eindeutigkeit gesagt haben, Mecklenburg-Vorpommern ist bei der Frage der Deregulierung Spitze. Und, meine Damen und Herren, dem ist eigentlich wenig hinzuzufügen.
Wir sind Spitze in dieser Frage. Und bei all den Problemen, die der Kollege Ringguth sieht, und bei einer Reihe von Punkten – ich sage, nicht bei allen, aber bei einer Reihe von Punkten – sehe ich diese Probleme auch, sehe ich noch weiteren Handlungsbedarf. Bei all diesen Einschränkungen, meine Damen und Herren, sollten wir auch das Selbstbewusstsein haben zu sagen, das, was wir auf dem Feld der Deregulierung in diesem Lande geleistet haben, kann sich im bundesweiten Vergleich absolut sehen lassen. Ich finde, wir haben durchaus Grund, stolz zu sein auf das, was wir hier geleistet haben.
Es geht nicht nur um Aussagen der Wirtschaft, die uns dieses bestätigen. Das, was als Testregion – der Minister hat darüber gesprochen – durchaus etwas Diskussionswürdiges ist, wird in der Bundesrepublik sehr aufmerksam beobachtet, das wird wahrgenommen und da wird geguckt, ob man tatsächlich die Schlüsse ziehen kann, ob bestimmte Maßnahmen sinnvoll sind oder nicht. Auch hier haben wir eine Vorreiterrolle und ich sage es noch einmal:
Wir dürfen uns hier sehr wohl selbst ein Stückchen auf die Schulter klopfen. Aber natürlich ist es eine Politik der kleinen Schritte. Ich glaube, wer Realist ist, der weiß, den einen großen Wurf, um das Thema Bürokratie und bürokratische Auswüchse zu beseitigen, wird es nicht geben, den gibt es auch woanders nicht. Wir brauchen – aber wir machen eine Politik der kleinen, der kontinuierlichen Schritte – Punkt für Punkt, um unser Land nach vorn zu bringen, denn machen wir uns nichts vor, Bürokratieabbau ist auch ein Stück Wirtschaftsfaktor.
Und insofern, lieber Kollege Ringguth, sind wir uns sofort darüber einig, wenn wir ganz abstrakt sagen, wir haben noch nicht alles erreicht, was wir erreichen wollen. Wir haben noch sehr viel Arbeit und ein neues Gremium müsste man nicht vorschlagen, wenn man nicht noch Handlungsbedarfe sehen würde.
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Was machen Sie am Freitag im nächsten Jahr? – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)
Handlungsbedarfe sehen wir selbstverständlich auch noch, aber wir möchten natürlich sehen, dass wir in der Vergangenheit bereits sehr viel getan haben und vieles im Rohr ist, wie man so schön sagt.
Ich darf nur an zwei Dinge ganz konkret anknüpfen, die Sie genannt haben, und das eine ist die Organisation der Wasser- und Bodenverbände. Das ist ein altes Klagelied, das uns gerade die kommunalen Verbände vortragen. Nun haben wir bei der Anhörung, die wir zum Verwaltungsmodernisierungsgesetz durchgeführt haben, den Geschäftsführer der Wasser- und Bodenverbände des Landesverbandes hier gehabt. Ich habe mit ihm gesprochen und ich werde dem Sonderausschuss darüber demnächst berichten. Und ich kann Ihnen sagen, das ist ein ausgesprochen zähes und ausgesprochen widerborstiges Thema. Einfache Lösungen scheinen hier nicht gegeben zu sein.
Was das Thema Förderprogramme angeht, da hat uns der Staatssekretär des Finanzministeriums – gewiss, es ist schon einige Zeit her – dargestellt, wie das Finanzministerium an diesem Thema arbeitet. Ich denke, wir werden im Sonderausschuss in Kürze das Verwaltungsmodernisierungsgesetz zu einem, wie ich hoffe, vernünftigen Ende bringen und dann werden wir am Ende der Legislaturperiode durchaus noch Zeit haben, uns auch solchen Themen zu widmen.
Also das zweite Deregulierungsgesetz reiht sich hier ein in eine Gesamtlinie, die von der Landesregierung und von der Koalition verfolgt wird und wo es erfreulicherweise eine Menge inhaltlicher Übereinstimmung mit der Opposition, aber auch mit wichtigen gesellschaftlichen Kräften gibt, Schritt für Schritt Verwaltung zu vereinfachen, zu deregulieren, zu modernisieren.
Wenn Sie gesagt haben, Kollege Ringguth, dass wir hier Selbstverständlichkeiten beschließen, bei allem Respekt, meine Erfahrung mit Verwaltung ist häufig eine andere. Ich glaube, auch ein Praktiker wie der Kollege Bodo Krumbholz wird uns sagen können, wie seine Erfahrung ist. Aber ich glaube, viele Menschen in unserem Lande nehmen es ebenso wahr, dass Beschleunigung eben nicht im Mittelpunkt der Bemühungen unserer Verwaltungsmitarbeiter steht. Ich will das hier gar nicht auf einzelne Personen als Kritik zuschneidern, aber wir müssen es als Kritik an unseren Behörden sehen, dass insbeson
dere Aspekte etwa der Rechtssicherheit, oft auch einer übersteigerten Rechtssicherheit, viel wichtiger sind als Aspekte von Wirtschaftlichkeit, von Schnelligkeit und von Bürgerfreundlichkeit. Und hier muss bei Verwaltungen ein Mentalitätswechsel einsetzen.
Das, was wir hier festgeschrieben haben, Verfahrensbeschleunigung, Sternverfahren, Mitteilung über die Vollständigkeit von Unterlagen, sind Dinge, die in der Verwaltungspraxis häufig nicht stattfinden, und deswegen ist es richtig, dass wir sie festschreiben. Wir alle – und in Bürgergesprächen werden wir das ganz häufig belegt bekommen – erleben und die Bürger erleben, dass Anträge sehr lange liegen, bis man nachhakt und fragt, warum da nichts passiert, und man vom Verwaltungsmitarbeiter gesagt bekommt, da fehlt noch die Unterlage XY. Wenn wir die Verwaltungen hier zwingen, eine solche Mitteilung innerhalb von vier Wochen zu machen, welche Unterlagen noch fehlen oder ob alles da ist, dann mag das für manchen eine Selbstverständlichkeit sein, in der Wirklichkeit ist es das leider nicht. Deswegen ist es gut, dass wir so etwas festschreiben.
Darüber hinaus schaffen wir auch ein paar überflüssige Gremien ab. Auch das tut dem einen oder anderen weh, denn solche Gremien sind vielleicht lieb geworden, aber wir müssen auch klipp und klar sehen, ob solche Gremien eigentlich noch eine Bedeutung haben. Also der Beirat nach dem Versorgungsrücklagengesetz beispielsweise – dass wir über solche Gremien verfügen, dass sie irgendwann einmal entstanden sind, mag seine Berechtigung haben –, dass wir hier sagen, solche alten Zöpfe schneiden wir ab. Ich halte das für gut, ich halte das für richtungsweisend und wir sollten auf diesem Weg fortschreiten. Und dass wir noch ein bisschen Rechtsbereinigung betreiben – die Magnetschwebebahnkostenverordnung scheint mir im Augenblick in Mecklenburg-Vorpommern auch nicht die Relevanz zu haben, dass wir sie weiterhin aufrechterhalten müssen.
Lieber Herr Riemann, auch Selbstverständlichkeiten sind manchmal schwierig zu tun und wir tun sie. Wir machen etwas ganz Selbstverständliches, wir machen nämlich unsere Verwaltungen besser, und das auf allen Ebenen. Vielleicht sollte das auch für Sie auf allen Ebenen ebenfalls selbstverständlich sein.
Das ist ein Schritt auf einem langen Weg und dabei ist jeder Schritt wichtig. Wir werden weitermachen. Ich glaube auch, dass uns die Ideen nicht ausgehen, lieber Kollege Ringguth. Wir haben gerade die Einladung zur nächsten Ziegelsee-Gesprächsrunde auf den Tisch bekommen. Ich nehme an, Sie auch. Das, was dort an Anregungen enthalten ist, ist, glaube ich, schon wieder eine ganze Menge Futter, um eine weitere Etappe hier anzugehen, ein weiteres Kapitel in diesem umfangreichen Buch zu schreiben. Also lassen Sie uns weitergehen mit diesem Gesetz, mit einer Reihe weiterer Gesetze in dieser und in der nächsten Legislaturperiode. Die Frage, wie wir das organisatorisch in der nächsten Legislaturperiode handhaben wollen, wird der nächste Landtag entscheiden. Ich wünsche diesem Landtag und ich wünsche dem nächsten Landtag, dass wir ganz, ganz viel an überflüssiger Verwaltung reduzieren, in welcher Organisationsform auch immer. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS, und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)
Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, ich kann mich dem Lob, das hier von allen Seiten ausgesprochen wurde, im Prinzip nur anschließen. Ich möchte aber noch eine Vorbemerkung an meinen Kollegen Ringguth machen. Zu seiner Frage, was wir denn in der nächsten Legislatur an den Freitagen machen, kann ich nur sagen: Wenn wir das, was wir bei der Deregulierung parteiübergreifend gemeinsam geleistet haben, an Freitagen fortführen in Form von monatlich einem Ziegelsee-Gespräch und einer Beratung in unseren eigenen Fraktionen, um die Fachegoismen, ehe wir nämlich auf andere mit Fingern zeigen, aufzubrechen, könnten in der nächsten Legislaturperiode noch viele Deregulierungsgesetze folgen.
Ich denke dabei nicht so sehr schon in die 2. Legislaturperiode, sondern sage hier sehr deutlich: Wir sollten alles tun, dass die bevorstehenden Möglichkeiten und die Handlungsfelder, die wir noch haben, wirklich geknackt werden und wir in der jetzigen Legislatur noch das dritte Deregulierungsgesetz verabschieden können. Ich denke, dann sind wir ein Stück weiter auf diesem Gebiet.
Heute wollen wir das zweite Gesetz zur Deregulierung verabschieden, das die Mitglieder im Sonderausschuss parteiübergreifend im Konsens beschlossen haben. Was sich hier so eindeutig anhört, war durchaus sehr strittig, auch durch die Bewertung des Justizministeriums selber in der Beratung im Sonderausschuss. Trotzdem, sei es, wie es sei, wir haben Sachargumente gegenseitig ausgetauscht auf allen Ebenen, wir haben sie aufgegriffen, auch wenn oder weil sie von der Opposition kamen, Herr Ringguth, und haben uns letztendlich dafür entschieden, dieses Gesetz im Konsens und einstimmig zu verabschieden. Sie selbst haben die Stichwörter genannt, wo es durchaus unterschiedliche Auffassungen gab.
Ich kann nur sagen, wenn wir diskutiert haben, diese Problematik mit Artikel 2 Paragraf 13 b und eine Entscheidung für die Ermächtigung getroffen haben, dann sind wir auf der einen Seite sicher froh, dass wir so entschieden haben. Aber wir wissen auch noch nicht hundertprozentig, ob die Entscheidung, dass wir im Parlament letztendlich uns manche Entscheidung auch zurückholen wollen, uns vielleicht nicht doch einen „Bärendienst“ erweist. Auch da sind wir uns noch nicht hundertprozentig im Klaren, wie es wirkt. Ich denke, auch die jetzt verabschiedeten Deregulierungsgesetze gehören immer wieder mit auf den Prüfstand: Funktioniert das alles?
Mit unserem heute vorliegenden Gesetz wird der Katalog der landesrechtlichen Vorschriften erweitert, die in der Testregion Bürokratieabbau Westmecklenburg nicht oder mit besonderen Maßgaben gelten, so wie etwa die Durchführung der hier schon erwähnten Sternverfahren obligatorisch. Ich will es noch einmal sagen, da inzwischen so viele Kollegen eingetroffen sind, wir waren ja am Anfang hier im Hohen Hause recht wenige: Das Sternverfahren dient der Beschleunigung von Verwaltungsverfahren, in
denen mehrere Behörden vor der Entscheidung einer Behörde zu beteiligen sind. Bürgernähe und Bürgerfreundlichkeit sind dann besser möglich, wenn nicht nacheinander Genehmigungen einzuholen sind, sondern sie im Verfahren gleichzeitig einzuleiten sind und damit auch für den Bürger schneller entscheidungsreif herbeigeführt werden können. Die Bedeutung dieses Sternverfahrens für die Verwaltungsverfahren im Land, so ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, wird nach der Novellierung der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommerns, die unter anderem die Einführung einer formellen Konzentrationswirkung der Baugenehmigung vorsieht, noch weiter zunehmen. Wir sind also auch hier auf dem richtigen und praktischen Weg, bürokratische Hürden zu nehmen. Aber wie auch Herr Ringguth vorhin sagte, es ist ein Auf und Ab dabei und jede Deregulierung macht am Ende auch immer zuerst eine Regulierung erforderlich. Dem müssen wir uns stellen. Ich glaube, wir sind mit den ersten beiden Gesetzen auf einem guten Weg.
Ich will auch noch einmal ein Problem aufmachen, was Herr Ringguth schon angerissen hatte, obwohl ich mir dazu schon Gedanken gemacht habe, dass es uns oft so geht bei den Reden zu diesem Thema, dass wir mit denselben Pressemitteilungen arbeiten, aber das ergibt sich so. Es liegt wohl offensichtlich an unseren kommunalpolitischen Herzen, die neben dem landespolitischen schlagen.
Im Rahmen unserer Anhörung zum vorliegenden Gesetz wurde durch die Ingenieurkammer des Landes auf einen wichtigen Zusammenhang dieses Gesetzes zum Verwaltungsmodernisierungsgesetz aufmerksam gemacht. Worin besteht das Problem? Soll das Sternverfahren, von dem wir eben gesprochen haben, seine Wirksamkeit entfalten, so war der Hinweis der Ingenieurkammer, müssen wir im Zuge der Verwaltungsreform auch darauf achten, dass Bauaufsichtsbehörden bei den entscheidenden Behörden verbleiben.