Und genau hier knüpft auch der Landesaktionsplan an, der in seinem Selbstverständnis diese Gewaltproblematik nicht individualisiert, sondern feststellt, Zitat: „Die Veränderung des Machtgefälles zwischen den Männern und Frauen und den damit verbundenen Rollenzuschreibungen an die Geschlechter als Grundlagen der Gewalt gegen Frauen und Kinder sind langfristige Prozesse, die auch weiterhin als Schwerpunkte der Politik in Mecklenburg-Vorpommern befördert werden müssen. Die Spezifik der Gewalterfahrung von Frauen und Kindern im eigentlich sicheren eigenen Zuhause, in der Familie, der Partnerschaft, erfordert auch zukünftig ein Netz von spezifischen Schutz- und Unterstützungseinrichtungen, um weitere Gewalt zu verhindern und die Gewalterfahrung zu verarbeiten.“
Die konkreten Zahlen sprechen für sich: Zwei von fünf Frauen in Deutschland haben in ihrem Leben sexuelle oder körperliche Gewalt erlebt. Jede vierte Frau erlebt vom eigenen Partner Gewalt. 37 Prozent aller befragten Frauen haben körperliche Gewalt seit dem 16. Lebensjahr erfahren. 13 Prozent der befragten Frauen haben seit dem 16. Lebensjahr sexuelle Gewalt erlitten. 40 Prozent der befragten Frauen haben körperliche oder sexuelle Gewalt oder beides seit dem 14. Lebensjahr erlebt. 58 Prozent der Befragten haben unterschiedliche Formen von sexueller Belästigung erfahren. 42 Prozent aller befragten Frauen haben Formen von psychischer Gewalt wie systematische Abwertung, Demütigung, Ausgrenzung, Verleumdung, schwere Beleidigung, Bedrohung und Psychoterror erlebt.
Dazu eine persönliche Bemerkung: Über solche Zahlen sind immer wieder viele Menschen, sicher auch hier bei uns, erschrocken. Im öffentlichen Bewusstsein ist aber gerade zu dieser Frage sehr viel zu leisten. Viele Denkund Verhaltensmuster sind in unserer Gesellschaft vorhanden, die gerade diese Thematik betreffen. Wenn es öffentlich zur Sprache kommt, sind umgangssprachlich sehr oft folgende Bemerkungen zu hören: Vielleicht hat sie es gebraucht! Vielleicht hat sie es verdient! Vielleicht hat sie es provoziert! Diese solche Bemerkungen sind nicht nur unangebracht, sondern sie verharmlosen menschenverachtendes Verhalten!
Wenn jemand in einer solchen konkreten Situation sich diesem nicht bewusst entgegenstellt, akzeptiert er meiner Meinung nach solche Äußerungen und nimmt damit einen Täter in Schutz.
Meine Damen und Herren, Gewalt gegen Frauen ist sehr eng verbunden mit Gewalt gegen Kinder. Fast täglich erscheinen in den Medien Meldungen von Misshandlungen, Vernachlässigungen und Todesfällen. Dabei sind diese Todesfälle nur die Spitze eines Eisberges, medial immer aufgebaut. Gewalt gegen Kinder gibt es aber in allen Ländern dieser Erde und kommt in allen Lebensbereichen vor, und zwar in Schulen, Heimen, Internaten, auf der Straße und bei der Arbeit. Am häufigsten erfahren Kinder Misshandlungen aber ausgerechnet dort, wo sie eigentlich Schutz und Hilfe suchen, in ihren eigenen Familien.
UNICEF hat zum ersten Mal den Versuch unternommen, in einer Studie zu Todesfällen bei Kindern durch M i s s
handlung und Vernachlässigungen in den Industrieländern solche Fakten auszuwerten. Das Ergebnis ist bedrückend. Jede Woche sterben an den Folgen von Misshandlungen und Vernachlässigungen in Deutschland und England 2 Kinder, in Frankreich 3, in Japan 4 und in den USA 27. Überall sind Kleinkinder im ersten Lebensjahr besonders bedroht. Für mich besonders schockierend sind die zunehmenden Meldungen über die Tötungsdelikte bei Neugeborenen. In allen untersuchten Ländern sind Kindesmisshandlungen sehr häufig mit Armut, Stress und Isolation der Eltern, verstärkt durch Alkohol- und Drogenmissbrauch, verbunden. Das Risiko für Misshandlungen hängt aber auch mit der allgemeinen Verbreitung von Gewalt in der Gesellschaft zusammen. So verzeichnen die Länder mit den wenigsten Kindestötungen auch die wenigsten Morde unter Erwachsenen. Umgekehrt weisen die drei Länder mit den meisten gewaltsamen Todesfällen bei Kindern – USA, Mexiko und Portugal – auch die höchsten Mordraten unter Erwachsenen auf. Es gibt also einen Zusammenhang.
Wer Kinder besser vor extremen Formen der Gewalt schützen will, muss ihnen deshalb ein schützendes Umfeld schaffen. Dazu gehören die Sensibilisierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Kindergärten, Schulen, Jugendeinrichtungen und Krankenhäusern sowie Hausbesuche und Hilfen für überforderte Eltern.
Doch dieses allein reicht nicht aus. Es gilt, eine Veränderung der Einstellung und des Verhaltens gegenüber Kindern in unserer Gesellschaft zu erreichen.
Ich komme zum Schluss. Wenn heute schon die Rede davon war, dass wir dieses in unsere Verfassung aufgenommen haben, dann, denke ich – und das sollten wir auch fordern –, ist die Fortschreibung des Landesaktionsplanes zu der Frage Gewalt gegen Kinder, die Aufnahme von präventiven Maßnahmen eine ganz wichtige. Ich möchte abschließend einen Satz eines amerikanischen Wissenschaftlers sagen, der insbesondere auf diesem Feld forscht. Ich denke, er hat völlig Recht damit, wenn er sagt: „Kindesmisshandlungen sind das zerstörerischste und teuerste soziale Problem unserer Tage.“
Und wenn wir dieses nicht weiter wollen, muss man präventive Arbeit – und die ist im Landesaktionsplan in vielfältigster Form festgelegt – finanzieren, und dafür müssen wir uns auch bei der Fortschreibung des Landesaktionsplanes gemeinsam einsetzen.
In Ziffer 1 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/2140 empfiehlt der Innenausschuss, die Unterrichtung auf Drucksache 4/1835 zur Kenntnis zu nehmen. Wer der Ziffer 1 der Beschlussempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist
nicht der Fall. Damit ist die Ziffer 1 der Beschlussempfehlung des Innenausschusses auf Drucksache 4/2140 einstimmig angenommen.
In Ziffer 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/2140 empfiehlt der Innenausschuss, einer Entschließung zuzustimmen. Wer der Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Innenausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Das ist nicht der Fall. Damit ist auch die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Innenausschusses auf Drucksache 4/2140 einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Konversion in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/1486, sowie Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Bericht über die weitere Ausgestaltung der Konversion in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/2039, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Wirtschaftsausschusses auf Drucksache 4/2138.
Unterrichtung durch die Landesregierung: Bericht über die weitere Ausgestaltung der Konversion in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/2039 –
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete und Ausschussvorsitzende Herr Petters von der Fraktion der CDU.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ihnen liegt auf der Drucksache 4/2138 die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses zu den Unterrichtungen durch die Landesregierung auf den Drucksachen 4/1486 und 4/2039 vor. In beiden Unterrichtungen geht es um die Konversion in Mecklenburg-Vorpommern, also um die Überführung militärisch genutzter Einrichtungen in eine zivile Nutzung. Der Wirtschaftsausschuss war sich einig, dass wir unserem Hohen Hause dazu eine Beschlussempfehlung vorlegen sollten, die Ihnen in Textform zur Verfügung steht.
Meine Damen und Herren, eine klare und kleine Feinheit der Geschäftsordnung sei mir am Rande zugestanden: Ich denke, seitdem dieser Landtag besteht, ist das die erste Beschlussempfehlung zu zwei Unterrichtungen, und das sollten wir positiv zur Kenntnis nehmen. Zwischen den beiden Unterrichtungen durch die Landesregierung liegt ein Zeitraum von knapp einem Jahr. Wir waren uns im Ausschuss, nachdem wir die erste Unterrichtung beraten und eine Anhörung durchgeführt hatten, einig, dass wir nach der damals bereits angekündigten zweiten Unterrichtung eine Beschlussempfehlung erarbeiten würden, was dann so geschehen ist.
ausschuss auch ein Stück weit Öffentlichkeitsarbeit für den Themenkomplex der Konversion machen, ein Themenkomplex, der uns seit Mitte der 90er Jahre und dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte sowie auch infolge der Bun d e swehrstrukturreformen in den Jahren 2001 und 2004
immer wieder beschäftigt, ohne dass wir die damit einhergehenden Probleme in den Standortgemeinden und betroffenen Regionen vollständig hätten bewältigen können. Es ist und bleibt eine Herausforderung für das gesamte Land, eine Herausforderung, die aber auch – und das möchte ich positiv hervorheben – dazu geführt hat, dass die betroffenen Kommunen und Regionen bei uns im Land und auch unsere Landesregierung ein erhebliches strukturelles Know-how im Umgang mit den Problemen entwickelt haben. Zuletzt wurde dies dokumentiert durch die Anfang des Jahres zwischen dem Land, den Standortgemeinden und dem Bund, mit der Bundeswehr sowie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vereinbarten Konversionspartnerschaft.
Dass die Ihnen, meine Damen und Herren, heute vorliegende Beschlussempfehlung selbst einstimmig zustande gekommen ist, spricht für sich und spricht auch – und diese Anmerkung sei mir gestattet – für den sach- und ergebnisbezogenen Ansatz der Kolleginnen und Kollegen im Wirtschaftsausschuss.
Als Vorsitzender des Ausschusses möchte ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen für die konstruktiven und sachbezogenen Beratungen bedanken. Mein Dank gilt selbstverständlich auch Ihnen, Herr Dr. Ebnet, und Ihrem Haus für die Erarbeitung der Unterrichtungen und die ergänzenden Ausführungen im Ausschuss. Ich denke, die Umsortierung des Bereiches Konversion in die Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums hat der Sache gut getan.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Wirtschaftsausschuss hat sich einstimmig auf die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung verständigt. Aus diesem Grunde bitte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Namen und im Auftrag des gesamten Wirtschaftsausschusses um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Bericht dokumentiert die Landesregierung den Stand der Konversion in Mecklenburg-Vorpommern. Über die Aufgabe, vor der wir stehen, sind wir uns alle einig. Wir müssen im Anschluss an die militärische Nutzung von Gelände und Immobilien zivile Nutzungen finden und wir müssen Ersatzarbeitsplätze finden für die Arbeitsplätze, die durch die Reduzierung der Bundeswehr im Land weggefallen sind.
Der Konversionsbericht zeigt die Instrumente und Maßnahmen auf, mit denen die Standortgemeinden bei der Bewältigung der Konversion unterstützt werden. Dabei wird deutlich, die Landesregierung lässt die Kommunen,
die von der erheblichen Reduzierung der Bundeswehr betroffen sind, nicht allein. Wir stehen den Gemeinden mit dem gesamten Förderinstrumentarium des Landes zur Seite. Insbesondere unsere Standortkonversionsrichtlinie ist ein wirksames Instrument, um den betroffenen Kommunen dabei zu helfen, ehemals militärische Liegenschaften für eine zivile Nutzung herzurichten.
In den Jahren 2000 bis 2005 wurden allein aus unserem Standortkonversionsprogramm insgesamt rund 24 Millionen Euro bewilligt, mit denen 51 Vorhaben in den betroffenen Gemeinden gefördert wurden. Der größte Teil dieser Mittel ging in die Verbesserung der kommunalen Infrastruktur. Potenzielle Investoren, die an der Nutzung ehemaliger Militärflächen interessiert sind, können wir darüber hinaus mit unserer Wirtschaftsförderung tatkräftig unterstützen.
Meine Damen und Herren! Die finanzielle Unterstützung der Gemeinden bei der Sanierung der militärisch genutzten Flächen ist wichtig. Deshalb werden wir auch in Zukunft Mittel bereitstellen, um die Folgen der Konversion abzumildern. Der Schwerpunkt wird sich allerdings verschieben, wenn die Infrastruktur geschaffen ist. In Zukunft wird er auf der Ansiedlung von Unternehmen auf dieser Infrastruktur liegen.
Genauso wichtig ist aber für die betroffenen Kommunen, dass alle Akteure, die an der Bewältigung der Konversion beteiligt sind, an einem Strang ziehen. Das ist Gott sei Dank der Fall und führt auch zu Erfolgen. Deshalb hat die Landesregierung mit den betroffenen Standortgemeinden und dem Bund eine Konversionspartnerschaft vereinbart, ein bundesweit einzigartiges Modell. Im Rahmen dieser Konversionspartnerschaft verpflichten sich die Standortgemeinden, das Land und der Bund als Eigentümer der Militärflächen, die ehemaligen Militärflächen möglichst frühzeitig für eine zivile Nutzung vorzubereiten und eine optimale Vermarktung der Flächen zu gewährleisten. Dazu gehört auch, und darauf ist hinzuweisen, dass vom Bund für die Grundstücke realistische, marktgerechte Verkaufspreise festgelegt werden, damit ein möglicher Verkauf und eine mögliche Ansiedlung von Investoren nicht an überhöhten Preisvorstellungen scheitern.