Protokoll der Sitzung vom 05.04.2006

Das ist für mich unverständlich und leider hochgradig bedenklich. Die Anregungen und Hinweise der Experten hätten eine umfassende Erörterung der Novellierung des Gesetzes und eine weitestgehende Umsetzung der Musterbauordnung ermöglichen können. Dieses Prädikat kann ich an den Bauausschuss des Landtages nicht ausgeben, Herr Vorsitzender Baunach. Ich bemerkte es bereits.

Vor eineinhalb Jahren sind wir angetreten, um aus einer guten Landesbauordnung eine noch bessere zu machen. Ich möchte hierzu auch an den Antrag der CDU-Landtagsfraktion erinnern. Am 31.03.2004 konnten wir uns leider nicht auf die unverzügliche Umsetzung der Musterbauordnung 2002 in Landesrecht verständigen. Die finale Baugenehmigung, das Allheilmittel der baulichen Zukunft in Mecklenburg-Vorpommern als eine sehr wichtige Zielstellung der Landesregierung, haben Sie uns damals versprochen, Herr Minister Holter. Ich habe daraufhin einen geringen Zeitaufschub verschmerzen können. Doch was ist nun aus dem angekündigten großen Wurf geworden? Brot haben Sie uns versprochen, Herr Minister, doch Steine werden Sie uns geben!

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ach nee, Herr Timm! – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Ja, so wat gifft dat, leif Lüd.

Was nützt beispielsweise die angestrebte finale Genehmigung, wenn es weiter dem in der Regel unkundigen Bauherren obliegt, die notwendigen, etwaigen und sonstigen Anträge selbst zu stellen? Das hat nach meiner Auffassung wenig mit dem Dienstleistungsgedanken einer Behörde zu tun. Das ist halbherzig und trägt dem oft zitierten Deregulierungsanspruch unserer Landesgesetze nicht Rechnung.

Meine Damen und Herren, nun haben wir bereits April 2006. Im Ergebnis der öffentlichen Anhörungen und B e t r a chtungen hat die CDU-Landtagsfraktion diverse Änderungsanträge zum Gesetzentwurf der Landesregierung gestellt. Leider war im Bauausschuss des Landtages keine sachorientierte Beratung möglich, denn es bestand bei den Koalitionsfraktionen nicht einmal die Spur des geringsten Interesses an einem sachdienlichen Gespräch. Auch ein mehrstündiges Gespräch im Bauministerium war erfolglos. Man konnte unseren Argumenten oft folgen, versteckte sich aber dahinter, dass man keine Änderungen mehr veranlassen könne, denn der Entwurf sei abgeschlossen. Ohne konstruktive Diskussionen beziehungsweise Erörterungen wurden sämtliche Anträge abgelehnt.

Herr Mohr hatte bereits genannt, dass es eine ganze Menge Anträge waren. Dass sie nicht alle angenommen werden können, darüber, Herr Mohr, waren wir uns selbstverständlich im Klaren. Reden wollten wir darüber. Deshalb ist aus der Vielzahl der Extrakt übrig geblieben, den wir heute mit acht Änderungsanträgen stellen.

Der Beratungsstil zur Novelle der Landesbauordnung im Bauausschuss war für mich als Bauingenieur enttäuschend. Eine derartige Ignoranz habe ich in meiner 40-jährig e n Berufspraxis nicht erlebt,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

nicht einmal in der DDR, meine Damen und Herren, denn da gab es so etwas auch nicht.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Man könnte sich die Frage stellen: Singen wir bald wieder das Lied „Bau auf, bau auf!“ und üben uns im gleichen Schritt und Tritt?

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das ist doch primitiv!)

Während aber mit Themen wie Baukultur auf Veranstaltungen Schönwetter gemacht wird, kommt in der konkreten Ausschussarbeit nicht einmal eine sachorientierte Beratung zu Stande. Nicht nur die Anträge der CDU, sondern auch einstimmige Beschlüsse mitberatender Fachausschüsse dieses Landtages wurden im federführenden Ausschuss einfach übergangen. Sie wurden von Ihnen, meine Damen und Herren von SPD und Linkspartei.PDS, in unerträglicher Weise ignoriert.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

So blieb die Stellungnahme des Landwirtschaftsausschusses mit einem fraktionsübergreifenden Beschluss dieses Ausschusses ohne Berücksichtigung. Dieses wollen wir heute mit einem Änderungsantrag versuchen zu korrigieren. Wir wollen einmal sehen, ob sich die Ausschussmitglieder des Landwirtschaftsausschusses an ihrem einstimmigen Beschluss, bis zu 250 Quadratmeter große land- und forstwirtschaftliche Gebäude verfahrensfrei zu stellen, gebunden sehen.

Durch die Arroganz der Mehrheiten werden weit reichende Sicherheitslücken gerissen, mit Ignoranz und Großmannssucht gehen SPD und Linkspartei.PDS bei einem weiteren Gesetz über sachliche Einwände hinweg. Der Beratungsstil zur Novelle der Landesbauordnung im zuständigen Landtagsausschuss war enttäuschend. Wieder einmal haben die Koalitionsfraktionen deutlich gemacht, dass sie an der Einbeziehung von Fachwissen wenig oder gar nicht interessiert sind. Lustlos und ohne erkennbare Sachkenntnis agierten die Vertreter der Koalitionsfraktionen im Ausschuss.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das ist eine ungeheuerliche Unterstellung! – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Das war ungeheuerlich, wie man mit uns umgegangen ist, Frau Fraktionsvorsitzende.

(Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Ja, ja, ja, ja! – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

In der konkreten Ausschussarbeit kam keine sachorientierte Beratung zustande.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Auf meine Genossen trifft das nicht zu, schon gar nicht auf den Minister! – Reinhard Dankert, SPD: Wie war das denn in CDU-geführten Ländern?!)

Das muss man sich anhören, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, auch wenn es wehtut!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Ich muss das in diesem Landtag oft genug ertragen, dass mir die Dinge über die Hutschnur gehen. Ich muss es ertragen,

(Heiterkeit bei Dr. Margret Seemann, SPD – Reinhard Dankert, SPD: Ja.)

also tun Sie es heute auch einmal! Zeigen Sie Stil!

Nicht nur die Anträge der CDU, sondern auch einstimmige Beschlüsse mitberatender Fachausschüsse wurden, wie schon gesagt, im federführenden Ausschuss mangelhaft beraten.

Meine Damen und Herren, ich kann es gar nicht oft genug sagen, dass die Regierungsfraktionen von Linkspartei.PDS und SPD bei diesem Gesetz über sachliche Einwände, und zwar auch bei den Expertenanhörungen, korrigierende und präzisierende Anträge anderer Ausschüsse und sonstiger Anträge der Opposition, hinweggingen. Mit einer solchen Politik haben SPD und Linkspartei.PDS bereits Chaos im Bereich der Schulpolitik verursacht und sich in Fragen der Verwaltungsmodernisierung in einen Hohlweg begeben,

(Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Das wird noch abzuwarten sein!)

der sich zudem noch als Sackgasse herausstellt. Aber dazu werden wir uns ja bis zum Morgengrauen noch verständigen.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das glaube ich nicht.)

Die Bürger auf der Straße, auf der Brücke, auch Ihre Genossen von der Insel Rügen, liebe Frau Gramkow, haben dazu eine ganz andere Auffassung.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Jetzt gehen Sie die gleichen Wege bei der Landesbauordnung. Dieser Landesregierung ist nicht mehr zu helfen. Es wird Zeit, dass das Ende der Legislatur auch das Ende dieser Regierungskoalition einleitet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Margret Seemann, SPD: Große Worte!)

Richtig.

(Reinhard Dankert, SPD: Herr Timm, wir tragen Ihre Wahlkampfrede mit Fassung! – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Meine Damen und Herren, man möchte fast fragen: „Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn! Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen.“ Das sagte Schiller einmal.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Vorschläge, die bei der Anhörung von den Teilnehmern aller Verbände vorgetragen wurden, blieben am Ende

unberücksichtigt. So kann man mit wesentlichen Aspekten des Verbraucherschutzes nicht umgehen!

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Rechtsvereinheitlichung durch die Musterbauordnung von 2002 ist das eine, aber wir schreiben das Jahr 2006 und müssen aus Bad Reichenhall und Katowice lernen: Verbraucher schützen, vor Schaden bewahren, Qualität erhöhen! So hat der Bauausschuss des Landtages nach mühevoller Überzeugungsarbeit auf Antrag der CDUFraktion einstimmig beschlossen, eine Pflicht zur Ausrüstung von Wohnungen mit Rauchwarnmeldern in die Landesbauordnung aufzunehmen.

(Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

Auf Antrag der CDU-Fraktion wird im Paragrafen 48 ein neuer Absatz 4 in die Landesbauordnung aufgenommen, der die Pflicht zum Einbau von Rauchwarnmeldern festschreibt. Insbesondere Schlafräume und Kinderzimmer sind damit auszustatten. Für neue Wohnungen gilt diese Regelung bereits ab 2006, bei bestehenden Wohnungen hat die Nachrüstung durch den Besitzer bis zum 31. Dezember 2009 zu erfolgen.

In Deutschland verunglücken rund 600 Menschen pro Jahr tödlich durch Brände, die überwiegende Zahl in ihren Wohnungen. Nahezu 90 Prozent von ihnen sterben an einer Rauchvergiftung. Die Gefahren eines Brandes sind meist wenig bekannt und es besteht daher nur eine geringe Bereitschaft, Bränden vorzubeugen und sich vorab mit dem richtigen Verhalten bei Bränden auseinander zu setzen. Rauchwarnmelder können Leben retten! Ihr Alarm ermöglicht bei Bränden die rechtzeitige Flucht oder schnelle und wirksame Gegenmaßnahmen noch vor einer völligen Verrauchung eines Raumes. Der Stand der heutigen Technik macht die Brandfrüherkennung außerdem zu günstigen Preisen möglich. Rauchwarnmelder sind eine entscheidende Bedingung für rasche und wirksame Gegenmaßnahmen und ermöglichen die Flucht der gefährdeten Personen bei Bränden.

Meine Damen und Herren, wir erfinden das Rad nicht neu. Zuletzt schrieb Hamburg im Dezember 2005 diese Verpflichtung gesetzlich fest: Rauchmelder retten Leben! Dies war eine breit angelegte Kampagne, doch getan hat sich daraufhin nicht viel. Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften haben ihren Mietern kostenlose Geräte angeboten, doch nur wenige machten davon Gebrauch. Auch das ist eine Gefahr, die man erkennen muss. Manche Befragungen suggerieren uns einen Verbreitungsgrad von 30 Prozent. Doch diese Daten sind zu ungenau, da werden beispielsweise nur drei Haushalte in Mecklenburg-Vorpommern befragt.

Herr Minister, Ihre Einlassung zu diesem Thema kann ich nun gar nicht nachvollziehen. Nicht nur der Zeitpunkt, diesen einstimmigen Beschluss zu kritisieren, war deplaziert, sondern viel schlimmer war die Art und Weise ihrer Argumentation zum Wohnungsbrand in Rostock im letzten Jahr, die kam einer Verspottung der Brandopfer gleich.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Dr. Margret Seemann, SPD: Das ist ja wohl nicht wahr! – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das ist ja wohl eine Frechheit! – Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Das ist eine Zumutung!)

Die Tragödie in der Hansestadt Rostock hat die schreckliche Dramatik erneut deutlich gemacht.