In der Bekanntmachung des Ministeriums für Unterricht über „Leitgedanken zur Schulordnung“ vom 2. Januar 1934, nachzulesen im „Regierungsblatt für Mecklenburg“, Schwerin, vom 10. Januar 1934, heißt es, ich zitiere: „Die oberste Aufgabe der Schule ist die Erziehung der Jugend zum Dienst am Volkstum und Staat im nationalsozialistischen Geist. Alles, was diese Erziehung fördert, ist zu pflegen; alles, was sie gefährdet, zu meiden und zu bekämpfen.“ Im Aufruf der Nationalen Jugend Westmecklenburgs zur Unterstützung des Volksbegehrens des Landeselternrates heißt es, ich zitiere: „An unseren Kindern zu sparen, um etwa das Geld für volksfremde Interessen ausgeben zu können, ist ein Verrat an den kommenden Generationen unseres Volkes.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, „Dienst am Volkstum“, „volksfremde Interessen“, wie sich die Vokabeln und Inhalte doch ähneln. Ich sage dazu „Volksverdummung“,
jedoch, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine sehr gefährliche und durchaus auf fruchtbaren Boden fallende. So heißt es in einer Mitteilung der Rechtsextremen über eine Aktion am 4. März 2006 in Boizenburg, ich zitiere: „So stellten wir uns über den Tag in die Boizenburger Innenstadt, bewusst waren wir durch unsere Kleidung hierbei als Nationalisten zu erkennen und machten... auch keinen Hehl um unsere politische Gesinnung. Offenbar war dies aber kein Grund für die Bürger von Boizenburg bei uns nicht zu unterschreiben. Am Ende der Aktion konnten wir nach knapp 2 1/2 Stunden über 100 Unterschriften verzeichnen. Die entstehenden Diskussionen mit den Bürgern, über die bildungspolitischen Vorstellungen unserer nationalen Opposition, endeten fast ausnahmslos mit Zustimmung für unsere Ansichten.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wird deutlich, dass das Agieren der Rechtsextremen bei uns im Land also längst kein Phänomen mehr ist. Es ist Alltag und es findet Zuspruch. Es ist also höchste Zeit, sich gemeinsam diesen Entwicklungen entgegenzustellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen aufklären, wir müssen entlarven, wir müssen glaubwürdige Alternativen anbieten! Politik darf nicht länger Verdruss und Enttäuschung praktizieren und produzieren. Wir müssen die Sorgen und Ängste der Menschen im Land ernst nehmen und gemeinsam mit ihnen ein Klima der Demokratie und Toleranz entwickeln. Und das heute zur Beschlussfassung stehende Landesprogramm kann dabei wertvolle Impulse setzen. Erfolgreich werden wir aber nur sein, wenn wir selbst konsequent sind. Und konsequent müssen wir auch bei der Frage nach den Ursachen der Anfälligkeit für rechtsextremes Gedankengut sein. Auch dabei kann ein Blick in die Vergangenheit unseres Bundeslandes nicht schaden.
Lange vor der Machtübertragung an Hitler hatte die NSDAP in Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin im März 1932 beziehungsweise im Juli 1932 die Regierungsgeschäfte übernommen. In einem interessanten Ar
tikel im „Nordkurier“ vom Januar 2003 ist über diese Zeit zu lesen, ich zitiere: „Die enormen Stimmengewinne in jener mit Wahlkämpfen angefüllten Zeit lassen sich wohl nur mit der historischen Entwicklung aus der außerordentlich zugespitzten wirtschaftlichen Situation und der daraus resultierenden Verschlechterung der Lebenslage für viele Mecklenburger erklären.... Ständige Kürzungen von Dauer und Sätzen der Erwerbslosen-, Krisen- und Wohlfahrtsunterstützung trieben in der Ära nach der Weltwirtschaftskrise viele Arbeitslose an die unterste Grenze des Existenzminimums.... Da hatten demagogische Wahlversprechen günstigen Nährboden.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir heute in der Bestandsaufnahme für unser Landesprogramm feststellen, dass viele Einwohnerinnen und Einwohner unseres Landes die Veränderungen der letzten Jahre als persönliche Krise erlebt haben, Massenarbeitslosigkeit, demografische Entwicklung und die Auflösung sozialer Bezüge das Leben prägten und viele Menschen daher anfällig sind für populistische Parolen, dann müssen doch bei uns alle Alarmglocken schrillen.
Und ich wiederhole deshalb meine Feststellung aus der Januardebatte dieses Jahres. Ich sehe es als problematisch und wenig glaubwürdig an, dass einerseits soziale Schieflagen und Ungerechtigkeiten als Ursache für die Aufnahmebereitschaft von rechtsextremem Gedankengut erkannt werden, andererseits aber der eingeschlagene Weg der so genannten Arbeitsmarktreformen weitergegangen und sogar noch verschärft wird. Erfolgt hier keine Umkehr, wird die einfach Parole „Schnauze voll“ mehr und mehr auf Zustimmung treffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, das Ringen um mehr Demokratie und Toleranz muss neben eben beschriebener Problematik aber alle weiteren Bereiche des gesellschaftlichen Lebens erfassen. Ich bin daher froh, dass wir heute den ehemaligen Handlungsrahmen der Landesregierung in einem inhaltlich weiterentwickelten Landesprogramm fortschreiben. Das Programm formuliert Aufgaben und Anforderungen an verschiedenste Bereiche unserer Gesellschaft. Auch die Prüfung eines NPD-Verbots gehört dazu. Ich halte es jedoch für falsch, dass die mediale Widerspiegelung des gesamten Programms, wie Anfang dieser Woche geschehen, sich nur mit dieser Frage beschäftigt.
Das Programm, meine sehr verehrten Damen und Herren, stellt zu Recht das bürgerschaftliche Engagement an den Anfang. Das Programm formuliert Aufgaben zur Stärkung der Familie, der Schulen und der Hochschulen. Es erinnert an die Verantwortung der Medien, beschreibt Erwartungen an die demokratischen Parteien, die Kirchen des Landes und die Wirtschaft. Ein umfassender Abschnitt ist der Jugendarbeit gewidmet. Dabei wird besonders auf die Notwendigkeit der Herausbildung eines qualifizierten Mitarbeiterstammes in den Jugendstrukturen und seiner ständigen Aus- und Weiterbildung verwiesen. Unter diesen Prämissen soll auch die Landesinitiative „Jugend- und Schulsozialarbeit“ fortgeführt werden. Jüngst
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin auch froh, dass sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass der Prozess der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus ressortübergreifend und langfristig ausgelegt sein muss. Ich bedanke mich daher ausdrücklich bei den Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU, und zwar bei Herrn Schlotmann und Herrn Dr. Jäger, für die zielorientierte Zusammenarbeit in den letzten Wochen. Lassen Sie uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, diesen Weg gemeinsam weitergehen! Das ist keine Floskel, sondern eine dringende Bitte. Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag auf Drucksache 16/972 geht hervor, dass die Zukunft solch wichtiger Projekte wie CIVITAS akut gefährdet ist. Das zuständige Bundesministerium von Frau von der Leyen macht haushaltstechnische Gründe geltend und verweist auf regionale Zuständigkeiten. Das halte ich für falsch!
Deshalb meine Bitte an Sie: Machen Sie sich gegenüber Ihren Bundestagsfraktionen stark, damit die Unterstützung dieser und anderer Projekte in unserem Land gesichert bleibt! Wollen wir, wie im Landesprogramm beschrieben, aus den jetzigen Strukturen der bei uns tätigen CIVITAS-Projekte die Zentren für demokratische Kultur entwickeln, brauchen wir verlässliche Begleitung und Unterstützung des Bundes. Auch das hat etwas mit Glaubwürdigkeit von Politik zu tun.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die hinter uns liegenden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, RheinlandPfalz und Baden-Württemberg haben bei uns zu durchaus unterschiedlichen Einschätzungen geführt. Einig sollten wir uns aber darüber sein, dass der Nichteinzug von rechtsextremen Parteien in die genannten Landesparlamente für uns keine Entwarnung sein darf. Unsere Verantwortung liegt darin, deutlich zu machen, Rechtsextremismus löst keine Probleme, Rechtsextremismus ist das Problem!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen keine Nazis, nicht auf der Straße, nicht in den Parlamenten und nicht in den Köpfen. Lassen Sie uns deshalb unser gemeinsames Programm auch gemeinsam zum Erfolg führen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen und sehr verehrter Herr Dr. Jäger, ich komme aber nicht umhin, noch eine Bemerkung zu dem Problem G8-Gipfel zu machen. Ich wiederhole hier erneut: Ich wünsche mir dringend eine Debatte zum G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm hier im Landtag, damit wir endlich einmal unsere Positionen, so, wie es sich gehört, auch austauschen können. Dazu möchte ich heute Folgendes feststellen:
Erstens. Globalisierungskritiker sind nicht per se Chaoten und wir sollten sie auch nicht dazu stempeln.
(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)
Diese Positionen muss man als Demokrat aushalten können. Bitte unterlassen Sie es, meiner Partei vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen hat! – Danke schön.
Es hat jetzt ums Wort gebeten der Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Dr. Ringstorff. Bitte schön, Herr Ministerpräsident.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die im Landtag vertretenen Parteien zeigen den Rechtsextremisten gemeinsam die rote Karte. Mit dem Landesprogramm „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“ zeigt sich die Demokratie wehrhaft. Die breite Mehrheit der Bevölkerung im Land kann sich sicher sein, die demokratischen Parteien nehmen die „braune Bedrohung“ ernst und sie handeln. Die Rechtsextremisten, aber auch ihre Sympathisanten und Unterstützer, und damit meine ich ausdrücklich auch die Wähler von rechtsextremistischen Parteien, müssen wissen, Menschenverachtung, Gewalt und nazihafte Parolen haben in Mecklenburg-Vorpommern nichts verloren, denn die demokratische Kraft des Miteinander in Mecklenburg-Vorpommern ist stärker.
Meine Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger von Mecklenburg-Vorpommern begrüßen das gemeinsame Handeln der Fraktionen im Landtag. Sie wollen nicht, dass unser Land durch eine unbelehrbare Minderheit in Misskredit gebracht wird. Die ganz überwiegende Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hat inzwischen erkannt, dass jede Stimme für eine rechtsextremistische Partei eine verlorene Stimme ist.
Im Sächsischen Landtag befindet sich die NPD-Fraktion in einem Auflösungsprozess und ist auf neun Abgeordnete geschrumpft. Dort haben die Rechtsextremisten auch dem Letzten klar gemacht, dass sie sich entgegen ihren vollmundigen Wahlversprechungen nicht im Geringsten für die Interessen der Bürger einsetzen. Sie setzen sich nur für sich selbst ein. Sie versuchen, sich Pfründe zu sichern, und treten politisch allenfalls durch platte Skandale in Erscheinung. Und ihr unrühmliches Verhalten im Sächsischen Landtag dürfte mit dazu beigetragen haben, dass die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg für die Rechtsextremisten enttäuschend verlaufen sind.
Was das Scheitern der rechtsextremistischen Parteien angeht, waren die Ergebnisse der drei Landtagswahlen vor anderthalb Wochen erfreulich. Ganz und gar nicht zufrieden stellen können aber die geringen Wahlbeteiligungen und die demokratischen Parteien müssen deshalb alles daransetzen, wieder mehr Wähler zu erreichen.
Ich sage das ausdrücklich auch im Hinblick auf unsere Landtagswahlen am 17. September. Bisher war die Wahlbeteiligung bei Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern vergleichsweise hoch. Diesmal ist die Landtagswahl nun erstmals von der Bundestagswahl entkoppelt und umso größer müssen diesmal die Anstrengungen der demokratischen Parteien im Land sein, das Interesse der Bürger an der Wahl zu wecken. Ich fordere deshalb die demokratischen Parteien im Land auf: Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass die Wahlbeteiligung im September möglichst hoch ist!
Man muss wissen, dass davon letzten Endes auch abhängt, ob die NPD in den Landtag einziehen kann. Dieses zu verhindern ist, glaube ich, unser aller gemeinsames Ziel und deshalb müssen wir alles daransetzen, eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wenn wir nach den Gründen fragen, warum sich in einigen Regionen unseres Landes rechtsextremistische Strukturen verfestigen, müssen wir uns auch an die eigene Nase fassen, obwohl ich Ihren Vergleich, Herr Ritter, nicht gelten lasse, den Vergleich der Zeit nach der großen Weltwirtschaftskrise und der Zeit nach der Wende.
Aber gerade in den Hochburgen der Rechtsextremisten dürfen wir das Feld nicht braunen Biedermännern und -frauen überlassen. Die demokratischen Parteien müssen dort in Zukunft aktiver werden, und das nicht nur im Wahlkampf, sondern während der gesamten Legislatur. Wir sollten die Rechtsextremisten, die nicht länger in Bomberjacken, sondern häufig mit Schlips und Kragen daherkommen, als politische Konkurrenten ernst nehmen, denn sie haben gelernt. Das Wichtige aber ist, wir dürfen die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Nöten und Ängsten nicht allein lassen, dann wird es den Braunen auch nicht länger gelingen, mit Trojanischen Pferden in Dörfer und Städte in unserem Land einzuziehen. Denn Aktionen wie beispielsweise „Schöner Wohnen“ in Wolgast, Ueckermünde und Anklam oder „Kulturkreis Mecklenburg-Strelitz“ beziehungsweise „Pommern“ sind nichts anderes als rechtsextremistische Tarnorganisationen.
Wir müssen vor Ort präsent sein und die Menschen mit Beispielen konkreten Handelns der Rechtsradikalen konfrontieren und überzeugen. Wer gegen ausländische Ladenbesitzer agitiert oder politische Konkurrenten zusammenschlägt, wird nicht zum guten Demokraten, nur weil er mehr Spielplätze fordert,