Protokoll der Sitzung vom 17.05.2006

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich könnte ja vermuten, dass die Schweigsamkeit der Koalitionsfraktionen zu diesem Antrag, von der ich im Moment ausgehe, etwas mit schlechtem Gewissen zu tun hat. Aber das ist wohl zu viel verlangt.

Es ist schon makaber: Der hier heute mit einer Beschlussempfehlung abgeschlossene Antrag ist vom Oktober 2004 und – Frau Lochner-Borst hat es gesagt – bezieht sich auf die Umsetzung eines Gesetzes vom Sommer 2002. Ziel war es, die damals noch immer nicht vorliegenden Eckwerte endlich auf den Weg zu bringen. Mit der Novelle des Landeshochschulgesetzes vom Februar 2006 hat nun die Mehrheit dieses Hauses versucht, den Verstoß der Landesregierung gegen ein geltendes Gesetz juristisch zu heilen, indem man erklärt hat, dass die Erstellung der Eckwerte nicht nötig wäre, zumindest in der jetzigen Phase. Wie sich das später darstellen wird, werden wir alle erleben. Nicht geheilt ist damit – das will ich ausdrücklich betonen und deshalb habe ich mich auch nicht bereiterklärt, den Punkt I des Antrages für erledigt zu erklären, was ich bei dem Punkt II durchaus tue – der Verstoß gegen den Geist des Paragrafen 15 des Landeshochschulgesetzes von 2002.

Ich will kurz erinnern, in der Ersten Lesung des Gesetzentwurfes der Regierung zum Landeshochschulgesetz im Oktober 2001 hatte ich unter anderem auf das Leitbild der Universität Zürich verwiesen, in dem steht, ich zitiere: „Die staatlichen Behörden entscheiden über die grundsätzlichen Ziele … und stellen die erforderlichen Mittel zur Verfügung.“ Und dann etwas später: „Die Universität verwaltet selbständig ihre finanziellen und personellen Mittel.“ Ende des Zitats.

Genau diese grundsätzlichen Ziele sollten laut Gesetz im Punkt 1 der Eckwerte enthalten sein, denn dort sollten – ich zitiere aus dem Gesetz – „die Schwerpunkte, die im Interesse eines landesweit ausgewogenen Grundangebots in Forschung und Lehre vorzuhalten sind,“ bestimmt werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Behauptung, die immer wieder kolportiert wird, dass die arme Regierung ja nach dem Gesetz von 2002 keine Einflussmöglichkeiten hätte, einfach absurd.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Gäbe es die Eckwerte, gäbe es auch diese Eingriffsmöglichkeiten. Und wie Zielvereinbarungen ohne die Bestimmung der grundsätzlichen Ziele der Landespolitik in der Entwicklung der Hochschullandschaft überhaupt funktionieren sollen, das muss mir mensch erst einmal erklären. Dazu habe ich offensichtlich zu wenig Ahnung.

Lassen Sie mich noch eine Anmerkung machen zu Ziffer I.3. meines Antrages. Dort hatte ich im Interesse der rechtzeitigen und intensiven Einbeziehung des Landtages darauf hingewiesen, dass eine schnelle und möglichst umfangreiche Einbeziehung des Landtages in die Erarbeitung der Eckwerte notwendig ist. Ich hatte bereits in der schon erwähnten Ersten Lesung im Oktober 2001 die Hoffnung ausgesprochen, dass sich der Landtag in Zukunft wesentlich gründlicher beziehungsweise überhaupt erst einmal mit den grundsätzlichen Fragen zur Entwicklung der Hochschulen befassen wird. Genau darauf zielte dieser Punkt meines Antrages. Wenn es denn so passieren wird, wie ich vermute, dass die Zielvereinbarungen und die Zielvorgabe für die Uni Rostock heute durch den Landtag gepeitscht werden, dann ist

auch diese Hoffnung ad absurdum geführt. Und die Ablehnung meines Antrages durch die Koalitionsfraktionen macht diese absurde Praxis leider sehr deutlich. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Bartels.

Das Wort hat jetzt der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Professor Dr. Dr. Metelmann.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nüchtern und sachlich ist zusammengefasst worden, dass sich der Antrag des Abgeordneten Bartels und der darauf bezogene Änderungsantrag der CDU durch überholendes Geschehen erledigt haben. Vielen Dank.

Wenn ich dennoch ganz kurz das Wort ergreife, dann deshalb, weil, lieber Herr Dr. Bartels, dieser Antrag beiträgt zu einer jahrelangen persönlichen Verbundenheit. Und ich halte mir schon vor Augen, dass wir sehr viele, sehr konkrete, sehr kontroverse, sehr gute Gespräche genau zu diesem Thema geführt haben. Ich erinnere mich gerne an die Gespräche, in die auch Professor Zobel mit einbezogen war oder Herr Dr. Rißmann. Dann hatten wir vier Positionen, aber wir hatten eine Überzeugung, dass es um das Stichwort „gute Hochschule“ geht, und wir hatten einen Ansatz, der hieß: Landesinteressen gehen vor Partikularinteressen. Das ist etwas, das ich von Ihnen übernommen habe. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Minister.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/2263, die Ziffer I des Antrages abzulehnen sowie die Ziffer II und den Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1386 für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses auf Drucksache 4/2263 bei Zustimmung der Fraktionen der SPD, Linkspartei.PDS und CDU sowie einer Gegenstimme des fraktionslosen Abgeordneten zugestimmt worden.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Neuordnung der politischen Bildung, auf Drucksache 4/1791, hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Bildungsausschusses auf Drucksache 4/2262.

Unterrichtung durch die Landesregierung: Neuordnung der politischen Bildung – Drucksache 4/1791 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur – Drucksache 4/2262 –

Das Wort zur Berichterstattung hat die Ausschussvorsitzende Frau Lochner-Borst.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung und dem Bericht zur Neuordnung der politischen Bildung ist es nunmehr im Bildungsausschuss gelungen, sich auf der Grundlage eines Antrages der Fraktion der CDU zu einer Entschließung zu verständigen, die von allen drei Fraktionen getragen wird.

(Heike Polzin, SPD: Sehr wohl.)

Mit dieser Entschließung zur Unterrichtung der Landesregierung ist dem Landtag ein Positionspapier zum Inhalt und zu den weiteren Aufgaben der politischen Bildung vorgelegt worden.

Im gesamten Diskussionsprozess in den vergangenen Jahren lagen immer die Fragen zugrunde: Welche Bedeutung kommt der politischen Bildung heute zu? Welche Relevanz wird ihr im öffentlichen Raum beigemessen? Und was ist sie uns wert? Besonders bei der Beantwortung der letzten Frage denke ich an die Aussage von Professor Dr. Ulrich Beck, Lehrstuhlinhaber am Institut für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, der in seinem im vorigen Jahr erschienenen Buch „Was zur Wahl steht“ feststellte, dass es inzwischen selbst unter den Politikern zum guten Ton gehört, den Bildungsbereich von den sonst alle Bereiche demolierenden Einsparungen auszunehmen. Und weiter stellt er fest, dass es sich gerade hier um Investitionen in die Zukunft handelt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Mit der Positionierung zur politischen Bildung im Bildungsausschuss und der vorliegenden Entschließung werden die Handlungsfelder insbesondere für die Arbeit in der 5. Wahlperiode aufgezeigt. Die fraktionsübergreifende Verständigung auf folgende Schwerpunkte ist in meinen Augen eine Herausforderung, die sowohl hohe Anforderungen an den Bildungsausschuss der 5. Wahlperiode als auch ressortübergreifend an die Landesregierung und an die Träger der politischen Bildung stellen wird. Die Schwerpunkte sind im Einzelnen:

1. das Prinzip des lebenslangen Lernens in der politischen Bildung konsequent umzusetzen

2. der vorsorgende Ansatz „politische Bildung von Anfang an“

3. das Leitbild politische Bildung in Mecklenburg-Vorpommern

4. die Novellierung des Weiterbildungsgesetzes

5. die Wandlung der Landeszentrale für politische Bildung zur Dienstleisterin für die Förderung politischer Bildung in unserem Land und

6. die Förderrichtlinie der Landeszentrale für politische Bildung

Wir brauchen – und da gibt es wohl auch keine andere Auffassung – eine politische Bildung in hoher Qualität und wir brauchen aktive und selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger, die sich einmischen und gegebenenfalls unseren Betrieb auch einmal stören. In diesem Sinne sollte der Landtag der vorliegenden Entschließung zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, Mathias Brodkorb, SPD, und Heike Polzin, SPD)

Vielen Dank, Frau Ausschussvorsitzende.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von insgesamt 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Brodkorb von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich heute ganz besonders, mal eine Rede zu einem Tagesordnungspunkt halten zu dürfen, der interfraktionelle Zustimmung genießt. Und das ist für mich auch der erste wesentliche Punkt, auf den ich eingehen möchte.

(Beifall Heike Polzin, SPD, Ute Schildt, SPD, Dr. Armin Jäger, CDU, Ilka Lochner-Borst, CDU, und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)

Für mich persönlich ist es ein Wert an sich, wenn wir in einem demokratischen Parlament – so, wie es bei der Verfassung üblich ist, wie es üblich ist beim Schutz der Verfassung, also auch bei Aktivitäten gegen Extremisten, bei denen wir uns einig sind, so auch im Bereich der politischen Bildung, das der dazugehört – hoffentlich zum Wohle aller oder doch der meisten eine Einigung erzielen können, die unser aller Zustimmung findet. Das ist für mich ein Signal an die Öffentlichkeit, auch an die Beteiligten an politischer Bildung ein wichtiges Signal und daher ein Wert an sich.

(Beifall Heike Polzin, SPD, und Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS)

Ich danke natürlich vor diesem Hintergrund erstens der CDU-Fraktion dafür, dass sie eine gute Diskussionsgrundlage mit ihrem Antrag geschaffen hat. Und zweitens danke ich uns selbst, dass wir alle so konstruktiv daran mitgewirkt haben, dass daraus etwas wurde.

(Beifall Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Der zweite Punkt, der mir wesentlich erscheint: Wir – ich darf jetzt im Plural sprechen – als Parlamentsfraktionen unterstützen ausdrücklich den Neuordnungsgrundsatz der politischen Bildung, dass wir hinkommen wollen zu einem stärker zivilgesellschaftlich orientierten Ansatz politischer Bildung, wo wir also den Staat etwas zurücknehmen und wo wir Institutionen und Bürger befähigen und unterstützen wollen, im Sinne der Demokratie, die von unten nach oben wachsen muss, tätig zu werden, um politische Bildung zu betreiben. Dies widerspiegelt sich unter anderem in der neuen Aufgabenstellung, die das Kuratorium erfüllt. Und ich denke, wir alle sind uns am Ende darüber einig, dass ein ganz wesentlicher strategischer Punkt durch uns selbst zu leisten ist, nämlich eine angemessene Besetzung des Kuratoriums mit der nächsten Legislatur. Und wir wollen zweitens diesen Prozess noch weiter dadurch unterstützen, dass wir den Ministerpräsidenten bitten, hier eine Deregulierung vorzunehmen, um die Gestaltungsspielräume im Interesse eines solchen zivilgesellschaftlichen Ansatzes zu vergrößern.

Zweitens, denke ich, unterstützen wir alle – inzwischen bin ich ja eigentlich bei Drittens, aber bei Zweitens der wirklich inhaltlichen Ausführungen – die neue Rolle, die die Landeszentrale für politische Bildung einnehmen soll, denn sie ist das Spiegelbild unseres gemeinsam formulierten Ziels, nämlich dass sie sich stärker hin zu einer Dienstleisterin entwickeln soll, zu einer Dienstleisterin der politischen Bildung sowohl für die Institutionen, die politische Bildung anbieten, als auch für die Bürger, die sie

konsumieren. Die verschiedenen Aufgaben, die sie in Zukunft übernehmen soll, sind ja noch mal aus unserer Sicht in diesem Antrag niedergelegt. Das bedeutet natürlich auch für die Landeszentrale als Institution, dass wir uns insgesamt auf einen Lernprozess begeben müssen, auf einen Veränderungsprozess. Ich hoffe, dass uns das gelingt.

Als vierten Punkt möchte ich nur kurz erwähnen, dass es auch im Detail – über diese Dinge wird ja häufig wenig gesprochen – sehr viele positive Veränderungen gibt, wenn man einen Blick auf die Förderrichtlinie der Landeszentrale wirft. Es sind wirklich viele Erleichterungen geschaffen worden. Das beginnt bei der Art und Weise, wie Mittel ausgereicht werden, geht über Verwaltungskostenpauschalen und Vereinfachungen bei Abrechnungen und zieht sich durch bis zu den Erhöhungen von abrechnungsfähigen Ansätzen et cetera. Ich möchte mit dieser ganzen Technik hier niemanden, wie soll ich es sagen, langweilen vielleicht nicht, aber doch etwas viel der Konzentration abverlangen,

(Heiterkeit bei Karin Schmidt, Die Linkspartei.PDS)

weil es ja immer Detailprozesse sind, in denen nicht alle drinstecken. Aber auch da sind durch ganz kleine Maßnahmen viele, viele Erleichterungen für diejenigen geschaffen worden, die im Bereich der politischen Bildung tätig sind.