Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

Wir können nicht als Landesregierung festsetzen, was ein Eigentümer zu tun oder zu lassen hat. Das entscheidet der Eigentümer.

(Zuruf von Karin Strenz, CDU)

Als Landesregierung sind wir häufig dann gefragt, wenn der Eigentümer etwas tun will und um Fördermittel bittet, weil er sonst nichts machen könnte. Selbst finanzieren kann er es, dann kann er alles tun, wir werden ihn nicht daran hindern können, wahrscheinlich auch nicht wollen. Wenn es um Fördermittel geht, ist die Landesregierung natürlich ein Ansprechpartner und dann kommen die Flugplatzeigentümer auf uns zu. Denen muss ich sagen: Gemach, gemach!

Wir haben seit 1991 in die Flughäfen und Flugplätze des Landes insgesamt 121,8 Millionen Euro investiert

(Rudolf Borchert, SPD: Viel Geld.)

und das wurde mit insgesamt 105,6 Millionen Euro Fördermitteln unterstützt. Das ist eine ganze Menge und es ist auch eine ganze Menge geschehen, von dem man im Rückblick jetzt sagen muss, es war damals sehr mutig, was da gemacht wurde. Die Steigerung von Mut kennt jeder selbst.

(Heiterkeit bei Gesine Skrzepski, CDU)

Es war manches sehr mutig, es war auch nicht alles so hundertprozentig richtig, aber es ist viel geschehen. Es ist möglicherweise mehr geschehen, als unbedingt erforderlich wäre aus heutiger Sicht. Also da reicht es insgesamt. Und dann gibt es immer ein paar Wünsche von Flughafengesellschaften, die sagen: So, die anderen sind was, aber wir wollen auch, wir wollen auch was werden, wir wollen größer werden und so weiter. So groß ist der Kuchen nicht, dass er überall für jeden reicht. Den muss man sich teilen. Da darf man seine eigene Attraktivität als Flugplatz und als Flughafen nicht überschätzen und das eigene Passagieraufkommen muss im realistischen Bereich eingeschätzt werden. Das tut manchmal weh, weil es einen zur Bescheidenheit zwingt, aber Bescheidenheit muss ja kein Fehler sein.

Meine Damen und Herren! Wir haben immer unter Berücksichtigung der EU-Vorgaben, dass nämlich eine Subventionierung des Flugverkehrs auf Dauer nicht stattfinden soll, im Lande eine subventionierte Fluglinie, eine Fluglinie von Rostock nach München, zweimal täglich. Mittags fliegt dieser Flieger dann nach Köln/Bonn. Wir haben die Gesellschaft, die diese Fluglinie betreibt, gewechselt. Jetzt müsste ich korrekterweise sagen, nicht wir haben sie gewechselt, sondern es wird jetzt eine andere gefördert als vorher. Das ist der Schalthebel, an dem man etwas machen kann. Es ist jetzt dau-air. Sie fliegt seit Januar von Rostock-Laage nach München und nach Köln/Bonn. Es sieht so aus, als ob dau-air etwas erfolgreicher werden könnte als die Vorgängergesellschaft, die dort geflogen ist. Ich hoffe, dass wir weitere Linienverbindungen bekommen, die ohne zusätzliche Subventionen geflogen werden. Eine ist schon im Programm, das ist am Wochenende die Linie von Rostock über Dortmund nach Zürich und zurück. Wenn dieses Experiment, und es ist im

Moment nur ein Experiment, gelingt, dann kann man sich noch Weiteres vornehmen. Ich denke, wir sollten einfach der Fluglinie die Daumen drücken, dass sie die Maschine gut besetzt bekommt. Die Zusammenarbeit mit den Akteuren ist wichtig. Eine Fluggesellschaft braucht Kunden, mit denen muss man reden, die muss man gewinnen, um die muss man werben. Die Fluggesellschaft dau-air ist dabei. Ich hoffe, dass auch die Wirtschaft des Landes hier so mitzieht, wie sie das ursprünglich einmal in Aussicht gestellt hat.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist unstreitig, dass Mecklenburg-Vorpommern nicht als internationaler Großflughafen, aber als regional begrenzte Einheit Luftverkehr braucht. Wir sind uns einig, dass wir die Landeskasse möglichst wenig damit belasten sollten. Ich denke, wir sind uns auch einig, dass Investitionen in absehbarer Zeit nicht im Mittelpunkt unserer Bemühungen stehen müssen, sondern dass es jetzt darum geht, durch viele Gespräche, durch richtige Kleinarbeit tatsächlich das vorhandene Angebot zu nutzen und wirtschaftlich zum Tragen zu bringen. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Born von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte Ihnen von Herzen jetzt einen sehr viel angenehmeren Anblick und Vortrag hier gegönnt, aber da meine Kollegin Ilka Lochner-Borst erkrankt ist, hat sie mich gebeten, ihren Beitrag zu übernehmen. Ich werde mich weitgehend an das Redemanuskript halten.

30 Flughäfen gibt es in Deutschland. Davon befinden sich ganze 5 beziehungsweise rund 17 Prozent im schönen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern.

(Gesine Skrzepski, CDU: Toll!)

Toll, könnte man sagen, wenn, ja wenn nicht die lästige Nutzen-Kosten- und damit Steuergeldfrage so evident wäre, denn dass das so ganz ohne öffentliche Mittel geht, hat uns der Wirtschaftsminister eben in seinem lebhaften Beitrag sehr eindrucksvoll vor Augen geführt.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS – Rainer Prachtl, CDU: Lebhaft, sehr lebhaft.)

Herzlichen Dank, das ist uns jetzt klar geworden.

Ein zukunftsweisendes und verantwortlich ausgearbeitetes Luftverkehrskonzept muss immer zwei Parameter erfüllen, nämlich infrastrukturelle Erfordernisse des Standortes mit verantwortungsvollem Mitteleinsatz öffentlicher Gelder in Einklang bringen. Sie kennen sicherlich alle diese in schöner Regelmäßigkeit erscheinende Broschüre des Lufthansakonzerns „Politikbrief – Informationsdienst für Entscheider in Politik, Medien und Wirtschaft“, so der Name des Magazins. Behandelt werden in diesem Politikbrief Fragen rund um das Thema Luftverkehrspolitik. Eine immer wieder nachzulesende Kritik wendet sich dabei gegen millionenschwere Ansiedlungsprogramme und Subventionen, die im erbitterten Standortwettbewerb der Länder mit Flughäfen ausgetra

gen werden. Wörtlich heißt es unter anderem, ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin: „Viele dezentrale Flughäfen sind teure Prestigeobjekte zu Lasten des Steuerzahlers“. Weiter: „Flughäfen sind heute vielerorts regionale Prestigeobjekte – wie Schwimmbäder in den 70er und 80er Jahren. Jeder noch so kleine Ort plante und baute, heute drücken Folgekosten, Renovierungsstau und Unterhaltung auf die kommunalen Haushalte.“ So weit das Zitat.

Was bedeuten diese Aussagen auf das Land Mecklenburg-Vorpommern übertragen? In einem Land, das mit weniger als 1,8 Millionen Einwohnern 17 Prozent aller Flughäfen Deutschlands auf seinem Gebiet unterhält, drängt sich die Frage der möglichen persönlichen Betroffenheit der gemachten Aussagen geradezu auf.

(Beifall Gesine Skrzepski, CDU)

Klar ist, glaube ich, jedem in diesem Hohen Hause, dass der Status quo mit drei Regionalflughäfen (Rostock- Laage, Neubrandenburg, Schwerin/Parchim), drei Regionalflugplätzen (Heringsdorf, Rügen, Barth), fünf Verkehrslandeplätzen (unter anderem Rechlin und Wismar) sowie zehn Sonderlandeplätzen (unter anderem Pinnow und Güstrow) sich in Zukunft nur dann aufrechterhalten lässt, wenn keine öffentlichen Gelder dafür beansprucht werden. Wie das funktionieren könnte, hat uns der Minister eben eindrucksvoll vor Augen geführt.

Mecklenburg-Vorpommern steht aus unserer Sicht im Wesentlichen vor zwei Herausforderungen: Erstens brauchen wir eine vernünftige Anbindung an das nationale und insbesondere das internationale Luftverkehrsnetz und zweitens müssen wir uns den wirtschafts- und vor allem finanzpolitischen Realitäten stellen, das heißt, die vorhandenen Mittel effizient einsetzen. Daran führt aus meiner Sicht angesichts der Entwicklung der öffentlichen Haushalte kein Weg vorbei. Die Frage ist nur, ob die Landesregierung die Ansicht zur notwendigen Prioritätensetzung teilt oder aber die notwendigen Entscheidungen scheut und stattdessen die Dinge nach dem Motto „Ja, es wird schon irgendwie gehen.“ laufen lässt.

Mit Blick auf das vorgelegte Luftverkehrskonzept in seiner Ersten Fortschreibung, so, wie es uns vorliegt, muss ich leider feststellen, dass die Landesregierung – und das klang eben auch nicht gerade sehr viel entscheidungsfreudiger – offensichtlich Entscheidungsschwächen hat in Bezug auf das Luftverkehrskonzept. Auf insgesamt 56Seiten wird nicht viel mehr getan – das ist allerdings gut getan und dafür danke ich ausdrücklich Ihrem zuständigen Referat, Herr Minister –, als den Ist-Zustand zu beschreiben. Zugegeben, wie gesagt, viele Daten werden gesammelt und Fakten aufgeführt.

(Beate Mahr, SPD: Sehr schön.)

Es ist auch alles sehr schön übersichtlich, als Broschüre ganz gut geeignet. Politische Entscheidungen werden aber dort nicht einmal als verschiedene Möglichkeiten aufgeführt. Stattdessen wird auf das beschriebene „Ja, es wird schon gehen“ gehofft. Dass es aber eben nicht schon irgendwie geht, zeigt unter anderem der hohe finanzielle Aufwand, den eine leistungsfähige Luftverkehrsinfrastruktur in der Errichtung und Unterhaltung verschlingt.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Ich glaube nicht, dass das die Rede von Frau Lochner-Borst ist.)

Zuwendungen aus der Gemeinschaftsaufgabe, die Ausrüstung der Luftsichtstellen an den Flugplätzen, die Fluglinienförderung und die vom Land finanzierten Verlustausgleiche, zum Beispiel für Heringsdorf, sind nur einige der Haushaltspositionen, die das Land Millionen kosten.

(Wolfgang Riemann, CDU: Die Investition ist gerechtfertigt. – Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Es ist immer besser, wenn man die Zwischenrufe von Herrn Riemann nicht versteht. – Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Allein die konkreten Investitionspläne...

Ich habe es zum Glück akustisch nicht wahrnehmen können, sonst hätte ich beim Vorsitzenden des Finanzausschusses Schlimmes zu befürchten.

Allein die konkreten Investitionspläne der vier Flughäfen beziehungsweise -plätze, wie sie auf Seite 43 des Luftverkehrskonzeptes angeführt werden, summieren sich auf gut 27 Millionen Euro. In Teilen will ich die Bemühungen der Landesregierung, des Ministers, durchaus anerkennen, beispielsweise zur Einrichtung der Fluglinien von Rostock nach München, Köln oder Zürich. Ich will die nicht nur anerkennen, ich finde das sehr gut. Und wenn wir nach München fliegen können,

(Jochen Schulte, SPD: Von der SPD lernen heißt siegen lernen.)

ist das eine gute Voraussetzung, um die Anbindungen an die internationalen Flugverkehre zu haben. Für ein schlüssiges, Prioritäten setzendes und den wirtschaftsund finanzpolitischen Anforderungen gerecht werdendes Konzept reicht das aber noch nicht.

Einigkeit in diesem Hause herrscht darin, dass unsere Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen dringend diese Mobilitätsvoraussetzungen brauchen, auch wenn sie kleiner sind als früher oder kleiner werden, allein schon, um sich dem landesgrenzenlosen Wettbewerb stellen zu können. Vernetzte Forschung und Entwicklung oder internationale Arbeitsteilung sind Schlagwörter, die das Erfordernis beschreiben. Deshalb gefällt uns auch durchaus die auf Seite 35 der Unterrichtung dargestellte Gesamtbewertung der Flughäfen und Verkehrslandeplätze. Das ist, wie gesagt, sehr schön übersichtlich. Unter den gewichteten Kriterien Entfernung zu Ober- und Mittelzentren, Verkehrsanbindung, Luftverkehrsaufkommen und Infrastrukturausstattung wird versucht, eine Prioritätensetzung vorzunehmen. Und das Ergebnis dieser Untersuchung ist nicht so überraschend,

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

wird doch mit Rostock-Laage der Flughafen an erster Stelle genannt, der zum Beispiel beim Passagieraufkommen im Jahre 2004 mehr als die Hälfte aller Passagierbewegungen in Mecklenburg-Vorpommern auf sich vereinen konnte. Die Notwendigkeit eines fortgeschriebenen Luftverkehrskonzeptes seitens der Landesregierung, das belegt vermutlich auch das genannte Beispiel, ist deshalb nötiger denn je.

Die Regierung ist aufgefordert, ein Luftverkehrskonzept als integralen Bestandteil der Verkehrspolitik des Landes Mecklenburg-Vorpommern zu verstehen und auch Wirtschafts- und Raumordnungspolitik unter dieser Prämisse zu behandeln. Eine bloße Zustandsbeschreibung, wie sie

der vorliegende Bericht in weiten Teilen darstellt, kostet, wie uns das der Minister eben mündlich sehr schön blumenreich erläutert hat, alles Geld und die können eigentlich machen, was sie wollen, aber wenn sie öffentliches Geld brauchen, dann brauchen sie unsere Unterstützung.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Herr Dr. Born, was würden Sie denn vorschla- gen? – Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Er ist noch nicht so weit.)

Und genau deswegen, Herr Minister, müssen Sie auch ein Konzept vorlegen, damit Sie wissen, nach welchen Kriterien Sie eigentlich fördern sollen. Also die bloße Zustandsbeschreibung reicht bei Weitem nicht.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das hat ihm Frau Lochner-Borst doch nicht aufgeschrieben, was er da alles vorträgt.)

Obwohl alle objektiven Daten für Rostock-Laage sprechen, zögert die Landesregierung mit einem klaren Bekenntnis zu einem leistungsfähigen Verkehrsflughafen im Land Mecklenburg-Vorpommern. Es ist auch sinnvoll, zum Beispiel den Frachtverkehr sinnvoll in dieses Land zu verlagern. Da hätte man sich vorher vielleicht noch stärker anstrengen müssen.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Na, na, na, na!)

denn das, was Leipzig hinbekommen hat, hätte man in Parchim auch erreichen können.

(Unruhe bei Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Verehrte Kollegin Gramkow,

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Herr Dr. Born, Sie sind doch ein kluger Mensch!)