Protokoll der Sitzung vom 30.01.2003

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Drittens schließlich die Forderungen der CDU-Fraktion, die Zahl der Ministerien von neun auf sieben zu reduzieren. Im Zusammenhang mit den kostensenkenden Strukturmaßnahmen hatte die PDS-Fraktion eine ähnliche Forderung, allerdings als Bestandteil eines Zehnpunkteprogramms entwickelt. Das war schon eine recht eigenartige Debatte. Sie haben ja den 12. Dezember 1996 auch zitiert, Herr Rehberg. Da war von Ringstorffs Märchenstunde, von Rehberg’schen Nebelkerzen oder von Schoenenburgs Beharrungsvermögen die Rede. Und nun muss ich doch kurz zitieren: „Ja, Herr Kollege Schoenenburg, Ihre zehn Punkte, um sich hier groß darzustellen! Zwei Ministerien zusammenzulegen und damit zwei Minister einzusparen, das ist doch absurd. Wir haben mit die kleinste Landesregierung in der Bundesrepublik Deutschland, was die Ministeranzahl betrifft. Ich glaube, sie ist der Struktur

und auch der Fläche des Landes angemessen.“ Zitatende, Herr Rehberg!

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Sehr geehrter Herr Rehberg, eine ehrliche und selbstkritische Relativierung Ihrer damaligen Behauptungen hätte Ihrem heutigen und dazu diametralen Antrag den Weg zu mehr Wahrhaftigkeit eröffnen können.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Benutzen Sie bitte auch hierbei das beschlossene Eckpunktepapier als Kursbuch. Es beinhaltet Ankunftsziel und Ankunftszeit! Die Zahl der Ministerien und Behörden wird reduziert werden, das können Sie sogar im Koalitionsvertrag nachlesen.

(Gesine Skrzepski, CDU: Reine Bibelworte.)

Meine Damen und Herren von der Opposition, sagen Sie jetzt bitte nicht, wir wussten ja auch nicht so recht Bescheid und irgendwas wollen wir ja auch machen. In keinem der bisher vorliegenden Positionspapiere und Statements zur Verwaltungsreform, nicht in den Positionen des Städte- und Gemeindetages, auch nicht in den kritischen Positionen des Landkreistages oder anderen Äußerungen finden sich derart konzept- und zusammenhanglose Forderungen, wie in dem von Ihnen heute vorgelegten Antrag. Auch wenn Sie, Herr Rehberg, von einem zurzeit getrübten Verhältnis zum Städte- und Gemeindetag sprechen, entbindet das doch die Opposition nicht, vorliegende Positionspapiere zumindest zur Kenntnis zu nehmen und sich sachlich und kritisch damit auseinander zu setzen.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Sie laufen Gefahr, den Reformzug endgültig zu verpassen und sich in einer Geisterbahn zu verirren.

Meine Damen und Herren, am Dienstag hat sich bekanntlich der Sonderausschuss des Landtages konstituiert. Lassen Sie mich kurz aus Sicht der PDS-Fraktion drei kurze Anmerkungen machen:

Erstens. Waren die bisherigen Aktivitäten in Vorbereitung des Eckpunktepapiers vor allem durch regierungsinterne Vorarbeiten geprägt, gibt sich der Landtag auch durch diesen Ausschuss die Möglichkeit, diese Problematik öffentlich zu diskutieren.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Eben nicht.)

Die bisher stark emotional geführten öffentlichen Debatten könnten zu tatsächlichen öffentlichen Diskussionen versachlicht werden.

Zweitens. Die Landesregierung wird die Vorhaben zur Verwaltungsreform eng und dauernd mit dem Sonderausschuss koordinieren, so nachzulesen im Kabinettsbeschluss. Dieser Beschluss sollte nach Ansicht der PDSFraktion sehr weit ausgelegt werden. Insbesondere bei der Aufgabenübertragung werden wir die Landesregierung beim Wort nehmen. Für die PDS-Fraktion werden dabei neben dem Umweltbereich, der dank des persönlichen Engagements des Ministers bereits wichtige Vorarbeiten geleistet hat, vor allem Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Finanzbehörden kritisch zu hinterfragen sein, auch gegen vorhandene Ressortegoismen.

Drittens. Schließlich sollte der Sonderausschuss eigene über das Eckpunktepapier der Landesregierung hinausgehende Problemkreise skizzieren und für seine Arbeit thematisieren. Sollte die Landesregierung beispielsweise Aspekte der Effizienz künftiger Verwaltungsstrukturen favorisieren, so wird meine Fraktion Aspekte demokratischer Beteiligungen und Fragen der Legitimation künftiger Strukturen ergänzend einbringen.

Meine Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen – und damit möchte ich schließen – sehen ihren Auftrag darin, die Landesregierung bei ihrem Reformvorhaben tatkräftig zu unterstützen. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, haben im Sonderausschuss ausreichend Möglichkeiten einer konstruktiven Beteiligung. Nutzen Sie diese besser als die bisherigen Anträge dazu im Parlament!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke, Frau Schulz.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende Herr Rehberg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten!

Herr Müller, zuerst ein persönliches Wort: Ich kann Ihren Frust verstehen,

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD: Welchen Frust?)

dass Sie gegen eine junge Kollegin Ihren Wahlkreis nicht direkt geholt haben.

(Zuruf von Siegfried Friese, SPD)

Na, gucken Sie sich doch mal bitte in aller Ruhe Ihre Relation zwischen Erst- und Zweitstimmen an

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

und lassen Sie mich mal meinen Wahlkreis in der vierten Periode so betreuen, wie ich das für richtig halte! Die Menschen akzeptieren das, das zeigt das Wahlergebnis.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heike Polzin, SPD: Ganz schön weit unten.)

Das lassen Sie ganz einfach meine Sorge sein!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben scheinbar den Ernst der Lage nicht erkannt. Sie haben deswegen den Ernst der Lage offenkundig nicht erkannt, weil der Anteil an den Personalausgaben in den letzten Jahren seit 1999 dramatisch gestiegen ist und bis 2005 ein Anteil von 27,8 Prozent erreicht werden soll. Die Investitionsausgaben sollen von 25,1 Prozent auf 18,7 Prozent sinken. Diese Zahlen sagen eigentlich noch gar nichts. Die größere Dramatik ist, dass Sie in diesem Zeitraum 1 Milliarde DM oder 500 Millionen Euro an Investitionen im Landeshaushalt gestrichen haben. Und das Ergebnis haben Sie heute Morgen vorm Schloss gesehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Sie haben offenbar die Dramatik wirklich noch nicht erkannt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und ein Weiteres: Betrachten wir nur mal die Ausgangssituation. Was haben Sie denn in den letzten Jahren

geleistet und wo haben Sie Personal eingespart? Haben Sie sich mal die Mühe gemacht, sich die offiziellen Unterlagen der Landesregierung in Ruhe anzugucken? Ein Minus von 2000 bis jetzt bei den Schulen von 2.731, ein Minus bei der Forst von 158, ein Minus bei Gerichten und Staatsanwaltschaften von 200, ein Minus bei der Polizei von 30 Stellen, ein Plus bei Ministerium und Staatskanzlei von 188. Das ist die Realität!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: So ist es. Genau richtig!)

Das ist die Realität. Das ist die Politik, die Sie zu verantworten haben! Und, meine Damen und Herren, in Prozenten heißt das, dass Sie drei Viertel Ihrer Stelleneinsparungen auch für die Zukunft bei den Schulen realisieren wollen und dass Sie fast 90 Prozent der Stelleneinsparungen außerhalb der Kernverwaltung realisieren wollen. Das ist die nackte Tatsache. Und deswegen dieser Antrag als erster Schritt neben der Reform von Strukturen, dass Sie den Ansatz machen. Ich kann – und das wissen wir doch selber – gerade B5er und B6er nicht von heute auf morgen entlassen. Aber ich muss kw-Vermerke ausbringen. Das muss ich tun! Und der Vergleich zu 1996 zieht überhaupt nicht, Frau Kollegin Schulz. Damals hatten wir acht Ministerien und deutlich weniger Abteilungen als heute.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Genau so. – Gabriele Schulz, PDS: Hört, hört!)

Sie haben 1998 aus rein machtpolitischen Gründen neun Ministerien geschaffen und die Zahl der Abteilungen deutlich aufgestockt. Das ist die Wahrheit!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, und wer hat denn mit Strukturen angefangen? Doch nicht wir. Wer hat denn dieses Rotstiftdiagramm in die Öffentlichkeit gebracht?

(Angelika Gramkow, PDS: Die SVZ.)

Das war doch der Herr Innenminister Dr. Timm. Er hat es bis heute übrigens nicht widerrufen. Und wenn ich das so sehe, wenn wir über Strukturen reden: Das Sozialministerium hat gar keine Behörden mehr, das Ministerium für Arbeit und Bau auch nicht, dem Ministerium für Landwirtschaft bleiben gerade noch die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei und die beruflichen Schulen für Landwirtschaft. Beim Wirtschaftsministerium sieht es auch nicht besser aus. Ich will es dabei bewenden lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, uns Chaos, chaotische Politik vorzuwerfen, uns Diskontinuität vorzuwerfen – wir haben keine Strukturdebatte angefangen. Wir sagen nur eins: Wer nicht bei sich selber beginnt, auch aus rein finanzpolitischem Interesse, der wird scheitern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind natürlich, Herr Müller, gespannt, was die Landesregierung denn an Wegfall von Verwaltungsaufgaben zu bieten hat. Ich habe in meiner Antwort zur Regierungserklärung den Bau eines Bootssteges an der Peene als Beispiel genommen. Ich habe gesagt, dazu stehe ich, dass dafür heute sechs Behörden nötig sind. Wenn wir nur noch zwei haben, Herr Ministerpräsident, dann haben Sie ein Stückchen Erfolg bei der Verwaltungsreform erreicht. Ich bin hoch gespannt, was Sie für Aufgaben und Verlagerungen drauf

haben. Was mich misstrauisch macht, das sind die Strukturen, die Sie geschaffen haben, die Kommissionen. Und ich muss Ihnen sagen, bei allem persönlichen Respekt vor dem Justizminister, ich habe noch nicht gehört, dass sich Juristen dadurch ausgezeichnet haben, dass sie für Deregulierung und Entbürokratisierung gewesen sind, denn die Deregulierungskommission soll der Justizminister federführend leiten.

(Gabriele Schulz, PDS: Und was ist daran Schlechtes?)

Haben Sie sich mal angeguckt, wenn Sie davon reden, das richtige Schrittmaß zu finden, wie 1995 die Funktionalreform angegangen worden ist, die kostensenkenden Strukturmaßnahmen? Und, Herr Müller, ich bin gern bereit, Ihnen zu erzählen, wer da wo blockiert hat, gerade im Umweltrecht. Die Liste war viel länger. Ich habe die Liste noch da, was eigentlich an Aufgaben wegfallen sollte, was an Aufgaben runtergegeben werden sollte. Dort hat jemand blockiert, der war Mitglied der SPD-Fraktion, und das ganz massiv. Anderthalb Jahre ist dort gearbeitet worden unter Federführung der Staatskanzlei. Und es war sicher nicht der große Wurf, wenn man sich heute noch mal die Ergebnisse anguckt, weil die Debatte zu den Amtsgerichten alles überdeckt hat, gerade auch was an Aufgabenverlagerungen herausgekommen ist.