Protokoll der Sitzung vom 28.06.2006

Danke schön, Herr Borchert.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Liskow von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Borchert, es enttäuscht mich, ich hätte natürlich eine Zustimmung der SPD-Fraktion zu unseren Anträgen erwartet.

(Heiterkeit bei Rudolf Borchert, SPD: Wenigstens bei einem Antrag.)

Auch ich möchte zu Beginn meiner Rede im Namen des Arbeitskreises Finanzen der CDU-Fraktion unserem Ausschusssekretariat, hier im Besonderen Frau Arnold, und dem Landesrechnungshof, Herrn Dr. Schweisfurth, Ihren Mitarbeitern, unseren und meinen ganz persönlichen Dank für die geleistete Arbeit aussprechen. Wir haben uns im Arbeitskreis und im Ausschuss mit 247 Seiten Landesrechnungsbericht befasst, 247 Seiten, die Auskunft geben über die Arbeitsweise der Landesregierung und Einschätzungen der finanzpolitischen Situation des Landes beinhalten. Der interessierte Leser findet konstruktive Anregungen für Veränderungen, die auch bei unserer Meinungs- und Urteilsfindung hilfreich waren. Dafür vielen Dank!

Bevor ich ins Detail gehe, habe ich zwei Anregungen beziehungsweise Bitten an den Landesrechnungshof: Um die in den vergangenen 16 Jahren durch den Landesrechnungshof erstellten Jahres- und Sonderberichte, insbesondere die darin enthaltenen Prüfungen, Bewertungen und Ergebnisse zukünftig besser nutzbar zu machen, sollte über die Einführung von Querverweisen in zukünftigen Landesrechnungshofberichten nachgedacht werden. Dieses würde den Rückgriff auf frühere Feststellungen zu gleichen oder ähnlichen Themenfeldern wesentlich erleichtern.

Während diese Anregung bei entsprechender Bereitschaft relativ einfach umzusetzen sein dürfte, rechne ich bei meinem nächsten Vorschlag mit Vorbehalten. Der Landtag gibt jedes Jahr auf der Basis des Landesrechnungshofberichtes sein Votum zur Haushaltsführung der Landesregierung ab, greift Anregungen des Rechnungshofes auf und verabschiedet diesbezügliche Beschlüsse. So weit, so gut. Aber wie sieht es mit der Kontrolle der Umsetzung der Beschlüsse aus? Hier sehen wir Defizite. Natürlich sind wir uns bewusst, dass die letzte Landtagssitzung dieser Legislaturperiode nicht geeignet ist, diese Problematik nachhaltig zu diskutieren, aber die Organisation einer effektiven Beschlusskontrolle sollte in der nächsten Legislatur unbedingt thematisiert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz einer fairen Zusammenarbeit im Finanzausschuss zum Thema Entlastung der Landesregierung und des Landesrechnungshofes waren manchmal harte Worte aufgrund differierender Ansichten in der Sache unumgänglich. Ausdruck dieser Meinungsverschiedenheiten sind unsere vor

liegenden Anträge. Wir stimmen im Punkt der Haushaltskonsolidierung nicht mit der Koalition überein. Unserer Ansicht nach reichen die Bemühungen der Landesregierung nicht aus.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU: So ist es.)

Auch unser Landeshaushalt ist, um mit dem bekannten und inzwischen viel gescholtenen Wort zu sprechen, ein Sanierungsfall. Die Anstrengungen müssen intensiviert und die Ziele angepasst werden.

Ein Beispiel ist das Personalkonzept dieser Landesregierung. Es ist nun schon zwei Jahre alt und das dort gesetzte Ziel hat sich überlebt. Von der fehlenden Aufgaben- und Ablaufkritik im Vorfeld möchte ich hier gar nicht reden. Ich verweise an dieser Stelle nur auf ein Gutachten der Bertelsmann-Stiftung, das in Schleswig-Holstein, einem der Benchmarkländer, von einem zu hohen Personalbesatz von rund 5.500 Stellen ausgeht. Dieses Ergebnis hat noch keinen Eingang in die Planungen der Landesregierung gefunden.

(Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Und in Ihre?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Land braucht ein mittelfristig angelegtes, nachhaltiges und gesamtheitliches Konsolidierungsprogramm. Ein „Weiter so!“ darf es nicht geben. Die zukünftig sinkenden Einnahmen des Landes erfordern klare Prioritätensetzungen. Die zurzeit verbesserte Einnahmesituation darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Notwendigkeit der Konsolidierung nach wie vor besteht. Jeder verantwortungsvolle Politiker kann daher unserem dahin gehenden Änderungsantrag nur zustimmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein weiterer wichtiger Punkt ist aus unserer Sicht die Kritik des Landesrechnungshofes im Bereich des Ministeriums für Arbeit, Bau und Landesentwicklung. Wir sind der Meinung, hier reicht eine bloße Kenntnisnahme des Berichtes nicht aus. Unser Antrag lautet, den Empfehlungen und Forderungen des Landesrechnungshofes beizutreten. Im Bereich der Arbeitsmarktförderung kommt es immer wieder zu Verwerfungen. Das zeigen sowohl die Große Anfrage und die Kleine Anfrage von Herrn Glawe als auch der vorliegende Bericht des Landesrechnungshofes. Beim Studium dieser Unterlagen kann man nur zu dem Ergebnis kommen, dass die Landesregierung eine zumindest fragwürdige Auffassung von Fördermittelvergaben an den Tag legt, die aus unserer Sicht in einigen Fällen den Eindruck von Steuergeldverschwendungen erweckt.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

So wurde im Fall eines Bildungsträgers, Herr Riemann hat es vorhin schon kurz erwähnt, durch mangelnde Kontrolle des zuständigen Ministeriums ein Mietpreis für ein Schulungsgebäude genehmigt, der erheblich vom regelmäßig anzusetzenden Mietpreis abwich.

(Wolfgang Riemann, CDU: Und vom Mietspiegel der Stadt Wismar.)

Wen wundert es da, dass derselbe Bildungsträger das Schulungsgebäude mit zweckwidrig verwendeten Mitteln auch noch sanieren konnte. Gemerkt hat es erst der Rechnungshof. Oder nehmen wir die Förderung des Arbeits- und Landwirtschaftsministeriums in Höhe von fast 800.000 Euro für ein innovatives Unternehmen, das so innovativ war, dass es nie den Betrieb aufnahm und nie

Arbeitsplätze geschaffen hat. Zurückfließen in die Landeskasse wird aus dem Förderflop mangels Masse kein einziger Euro.

(Wolfgang Riemann, CDU: Und die Weißfischpilotanlage?!)

Was mir ganz besonders am Herzen liegt und ebenfalls den Änderungsanträgen zu entnehmen ist, ist der Umgang mit dem Initiativfonds. Dieser – Herr Borchert hat es schon erwähnt – wurde seit 2002 jährlich mit rund 1,65 Millio nen Euro ausgestattet und die Mittelvergabe ist ohne Richtlinien möglich. So schön es auch für eine Landesregierung ist, ein flexibles Finanzierungsinstrument zu besitzen, so groß sind auch die Risiken des Ausuferns oder der Fehlverwendung der Finanzmittel. Und wie groß die Versuchung tatsächlich war, belegen folgende Zahlen: Bewilligt waren für 2002/2003 insgesamt 3,3 Millionen Euro, ausgegeben wurden aber 8,9 Millionen Euro, also 5,6 Millionen über dem Ansatz. Möglich wurde dies nur durch offensichtlich zu weitreichende Deckungsmöglichkeiten. Flexibilität im Haushalt ist wichtig, aber nicht so. In den Beratungen konnte man den Eindruck gewinnen, dass Arbeitsplatzbeschaffung im Hause Holter jeder so definierte, wie es gerade passte, auch wenn es sich manchmal nur um eine Baulandbevorratung handelte.

(Regine Lück, Die Linkspartei.PDS: Na, na, na, na!)

Deshalb bedarf es beim Initiativfonds einer klaren Richtlinie und zusätzlich muss die Überschreitung des Haushaltsansatzes auf 20 Prozent des Jahresansatzes begrenzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir als CDUFraktion werden der Entlastung der Landesregierung für das Jahr 2003 nicht zustimmen, ebenso wie wir der Entlastung der Landesregierung für das Jahr 2002 nicht zugestimmt haben. Das dürfte eigentlich niemanden überraschen, da wir den Haushalt 2003 beklagt haben und das Landesverfassungsgericht unsere Ansicht mit dem Urteil vom 07.07.2005 bestätigt hat. Demnach hatte die Landesregierung einen in Teilen nichtigen Haushaltsplan für das Jahr 2003 in Bezug auf fehlende Kreditermächtigungen vorgelegt. Daraus resultiert aus unserer Sicht, dass die Landesregierung für die Haushaltsführung nicht entlastet werden kann. Hier wurden Gelder verausgabt, die bei sachlicher Beurteilung und Darstellung der Situation und Würdigung der rechtlichen Lage nicht hätten ausgegeben werden dürfen. Das im Nachhinein durch eine Entlastung zu billigen können Sie von uns nicht erwarten. Der Entlastung des Landesrechnungshofes hingegen werden wir aufgrund einer guten Arbeit selbstverständlich zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Ministerin Sigrid Keler: Das haben wir aber geheilt. – Egbert Liskow, CDU: Im Nachhinein.)

Danke schön, Herr Liskow.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schwebs von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wir möchten uns bei allen Beteiligten für die geleistete Arbeit und die sachdienliche Zusammenarbeit bedanken.

Die Mitglieder des Finanzausschusses haben sich wie immer intensiv mit dem Bericht des Landesrechnungshofes 2005 über die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Jahres 2003 befasst. Er enthält viele wichtige Hinweise für das Parlament, für die Regierung und insbesondere auch für das Verwaltungshandeln. Er lässt uns genauer hinsehen und legt an der einen oder anderen Stelle den Finger in die Wunde. Die Feststellungen des Landesrechnungshofes haben wir nicht einfach hingenommen, wir haben sie detailliert beraten und vertieft. Sie gehörten zweifellos zu den wichtigsten und zeitaufwendigsten Beratungsgegenständen im Finanzausschuss.

Ich gebe zu, es war nicht immer einfach, sich den Positionen des Landesrechnungshofes anzuschließen. An der einen oder anderen Stelle waren wir klar anderer Auffassung und konnten uns den Empfehlungen beziehungsweise den Feststellungen des Landesrechnungshofes wirklich nicht anschließen. Deshalb lehnen wir beispielsweise auch den Änderungsantrag der CDU-Fraktion auf der Drucksache 4/2348 ab, denn vom Haushaltsgesetzgeber ist es so gewollt, die Flexibilität im Rahmen dieses Titels, nämlich des Initiativfonds, zu erhalten. Deckungsfähigkeiten sind generell nicht nur praktikabel, sondern sie sind ein notweniges Instrument der Bewirtschaftung von Titeln über den gesamten Haushalt. Der Sinn des Initiativfonds besteht eben gerade darin, dass er als Feuerwehrfonds für den Einzelfall zur Verfügung steht und von den Vorschriften starrer Richtlinien nicht erfasst werden kann.

Immer wieder und seit Jahren wird die Wirksamkeit von Förderprogrammen hier im Landtag heftig debattiert. Im Fokus des Landesrechnungshofberichtes waren im vorliegen Bericht unter anderem der Initiativfonds sowie das Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungsprogramm des Landes. Der Landesrechnungshof beanstandete insbesondere bei den Maßnamen des Initiativfonds die angeblich fehlenden arbeitsmarktpolitischen Effekte. In der Debatte wurde aber recht schnell deutlich, dass es unterschiedliche Auffassungen zu dem, was aktive Arbeitsmarktpolitik leisten soll und leisten kann, gibt.

(Wolfgang Riemann, CDU: Es soll auf alle Fälle keine Drehtür sein!)

Auch die Mittel und die Wege dorthin sind natürlich umstritten. Aber mit dem Initiativfonds haben wir endlich die Möglichkeit, Maßnahmen vor allem unbürokratisch und flexibel zu fördern, die eben nicht in die herkömmliche Förderkulisse passen. Hinzu kommt, dass mit diesem Instrumentarium schnell auf dringende regionale Bedürfnisse und Problemlagen reagiert werden kann. Eine solche unkonventionelle Unterstützung für Unternehmen, für verschiedene Projektträger und für viele Kommunen, insgesamt hat es fast 100 Förderfälle gegeben aus dem Initiativfonds, hat nachweislich dazu geführt, dass Arbeitsplätze erhalten und Arbeitsplätze direkt oder aber auch im Umfeld geschaffen werden konnten.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Das Arbeitsministerium hat den Finanz- und den Bauausschuss sehr ausführlich informiert und alle Fragen zu den einzelnen Fördermaßnahmen beantwortet. Wir, die Koalitionsfraktionen, sehen jedenfalls keinen Grund, den Initiativfonds aufzugeben, denn er hat sich bewährt.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Im Übrigen berichtet das Arbeitsministerium sehr regelmäßig in den betreffenden Ausschüssen darüber. Die geförderten Projekte liegen zur Einsicht vor. Eine solche Transparenz, wie sie gerade bei diesem Förderinstrument besteht, würde ich mir bei manch anderen klassischen Förderprogrammen ebenfalls wünschen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Regine Lück, Die Linkspartei.PDS: Genau.)

Meine Damen und Herren, darüber hinaus äußerte der Landesrechnungshof Bedenken zu den Erfolgskontrollen, was das Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungsprogramm betrifft. Für den Landesrechnungshof sei nicht erkennbar, ob und dass die konkreten Maßnahmen zum Erfolg geführt haben. An dieser Stelle geht es ja um die Schaffung von Arbeitsplätzen. Auch hier offenbarten sich Missverständnisse und völlig unterschiedliche Sichtweisen zwischen Landesrechnungshof und den politisch Handelnden, denn es geht im Rahmen der ESF-Förderung und des ASP eben nicht zu allererst und ausschließlich um die Sicherung und Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, sondern um aktive Hilfe für diejenigen, die nicht direkt auf den ersten Arbeitsmarkt gehen können.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig. – Wolfgang Riemann, CDU: Insbesondere zur Sanierung von Gebäuden.)

Mit dem ASP und mit dem Einsatz der Europäischen Strukturfondsmittel sind – bekanntermaßen von der EU vorgegeben – verschiedene Ziele zu verfolgen.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Selbst CDU-Landräte greifen gerne zu beim ASP.)

Das sind zum Beispiel Qualifikationen, Chancengleichheit von Frauen und aktive Unterstützung von Menschen mit besonderen Integrationsproblemen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich denke, wie das ASP diesen Anforderungen gerecht wird, wird jeder in seinem Wahlkreis erfragen können.

(Wolfgang Riemann, CDU: Darum sind die Kosten je Bildungsträger so unterschiedlich.)

Er wird dort auch Beispiele finden können, dass diese Unterstützung dankbar angenommen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Eine Erfolgskontrolle des ASP, gebunden an konkret entstandene Arbeitsplätze, so, wie sich das der Landesrechnungshof vorstellt, lässt sich aus unserer Sicht nicht realisieren.