Das ist zwar machbar, man würde es möglicherweise mit interkultureller Kompetenz hinbekommen – es sind so viele Dinge machbar, die gar nicht viel Aufwand bedeut e n –, aber man müsste seinen Unterricht ein bisschen anders gestalten. Und da müssten die Kollegen möglicherweise mit Fort- und Weiterbildungsaufgaben noch mal ein wenig getriezt werden. Das muss ich so sagen.
(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Mit ein bisschen mehr Zeit wäre den Kindern schon geholfen, ein bisschen mehr Förderzeit. Das ist das Problem.)
Eine weitere Überlegung ist natürlich, dass die Kinder nicht nur in der Schule sind, dass Kinder und Jugendliche sich auch bei freien Trägern aufhalten und in Freizeiteinrichtungen sind. Wenn wir einmal die Schule als ganzheit
lichen Lebensort betrachten, dann werden auch diese Kinder integriert sein. Ich denke, in diesen Bereichen muss interkulturelle Kompetenz als Chance verstanden werden, was leider heute noch nicht der Fall ist.
Das Gleiche passiert, wenn die Kinder in den Beruf eintreten sollen. Sie haben es geschafft, einen Abschluss zu machen, einen guten Realschulabschluss. Und mit diesem Abschlusszeugnis gehen sie zu einem Unternehmer und möchten einen Beruf lernen. Erstens guckt der Unternehmer sich den Jugendlichen etwas genauer an – er ist sehr skeptisch – und dann muss er möglicherweise noch einen Test bestehen,
wo einige Dinge abgefragt werden, den auch deutsche Jugendliche bestehen müssen, aber dann fehlt es möglicherweise wieder an der Sprachkompetenz. Das heißt nicht, dass der Jugendliche möglicherweise nicht ein guter Schlosser oder guter anderer Handwerker werden würde, aber das wird von dem Ausbilder nicht so gesehen. Der hat erst einmal Skepsis und sagt sich: Na, ich bin mir nicht so sicher. Ich denke, man müsste andere Tests machen, um die soziale und interkulturelle Kompetenz dieser Jugendlichen als besondere positive Energie zu sehen, denn das passiert einfach noch nicht.
Ich weiß, dass auch unsere Jugendlichen Probleme haben, eine Lehrstelle zu bekommen. Ich weiß aber auch, dass Jugendliche mit Migrantenhintergrund noch viel, viel schlimmer dran sind. Zum Wohle und zur Koordinierung der Migranten sollten der Kinder- und Migrationsdienst und ebenso Modellprojekte wie „Schule plus“ und Projektschulen weiterhin genutzt werden. Es gibt einen Vorschlag in dem Konzept, den ich sehr gut finde, das ist die Berufsvorbereitung für die Aussiedler. Diese gibt es und sie kann verstärkt für junge Migranten genutzt werden. Das ist im Moment noch nicht so, das kostet auch kein Geld und es wäre ein Schritt, den wir gehen sollten.
Es gibt natürlich auch positive Sachen, die hier durchaus gesagt werden müssen. Wir machen eine Konzeption für unsere Migranten und werden möglicherweise nach ein, zwei, drei oder vier Jahren feststellen, was läuft gut, was läuft nicht so gut. Aber eines, was relativ gut läuft, das ist auch ein ganz praktisches Beispiel, wollte ich Ihnen mitteilen: Die Regionalgeschäftsstelle von Ausländerangelegenheiten in Rostock teilte uns ganz kurzfristig mit, dass es ein Projekt im Land gibt, das wir gerne weiterhin unterstützen sollten. Dieses Projekt soll dazu beitragen, dass Jugendliche mit Migrantenhintergrund, die über sehr gute und gute Leistungen sowie über gesellschaftliches Engagement verfügen, bessere Bildungsabschlüsse erreichen. Die Förderung umfasst ein monatliches Bildungsgeld von 100 Euro und eine PC-Grundausstattung mit Internetanschluss. Bei Bedarf können weitere 500 Euro für Deutsch-, Fremd- oder Computerkurse ausgegeben werden. Studienfahrten oder Praktika werden auch gewährt. Ich möchte von hier aus noch einmal darum bitten, dass Sie das Ihren Wahlkreisbüros mitteilen, damit dieses Projekt auch angenommen wird und das Geld nicht verfällt. Es wäre schade darum, denn es wäre eine Möglichkeit, Entwicklungen bei jungen Migranten zu erreichen.
Wir reden jetzt über die Migranten, die wir hier im Land haben. Wir wollen versuchen, diese so gut, wie wir es können, zu integrieren. Wir wollen ein anderes Verständnis für sie haben. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir alle Probleme hier in Mecklenburg-Vorpommern oder in Deutschland mit Ausländern lösen können.
Es wird immer Menschen geben, die aus solidarischen Problemen, aus wirtschaftlichen Problemen, aus Kriegszwecken und aus humanen Gründen zu uns kommen.
Wir sollten versuchen, für sie Gastgeber zu sein, sie in unsere Gesellschaft aufzunehmen und sie als ganz normale Menschen zu betrachten, und zwar als Menschen wie Sie und ich mit Fehlern, mit Schwächen und mit positiven Merkmalen.
Ich habe eben gesagt, diese Konzeption ist für die Migranten, die wir hier haben, aber wir sollten uns auch um die Probleme der Welt kümmern. Und wenn ich in der Zeitung lese, dass wir doch lieber den Weizen oder den Roggen verbrennen sollten, weil er einfach ökologisch oder finanziell günstiger verbraucht werden kann, kann ich nur sagen, nach dieser Zeitungsgeschichte habe ich mich erst einmal geschüttelt. Aus diesem Grund habe ich folgende Frage: Haben wir nicht genug Hunger auf dieser Welt, um möglicherweise eine andere Lösung für unser Getreide zu schaffen?
„Wer hat die Dritte Welt gemacht? Wer hat uns die erste Welt zugeteilt? Wie kam eigentlich die zweite dazwischen? Wer hat die erste Klasse eingerichtet und sich darin eingerichtet und den anderen die zweite und die dritte und die letzte überlassen?“
Übrigens überlassen: Wer hat die Menschen eigentlich in Rassen aufgespaltet und vorgeschrieben, dass eine Rasse hoch steht und die andere darum etwas tiefer stehen muss? In der Schöpfungsgeschichte ist mit keinem Wort von der dritten Welt, von Klassen oder von Rassen die Rede.
Aber die Rede ist von einer einzigen Welt für eine einzige Menschheit. Alle Menschen führen die einzigen dazu,
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst bin ich froh, dass dieses Thema nicht kurz vor Mitternacht behandelt wird wie ursprünglich ausgedruckt. Vielleicht sollten wir das alle einmal zum Anlass nehmen und unsere Redezeiten etwas realistischer anmelden.
Und zum Zweiten möchte ich zu Beginn meiner Rede auch meiner Kollegin Frau Voland ein herzliches Dankeschön aussprechen für ihr Engagement auf einem Politikfeld, was leider immer noch nicht bei uns allen so verankert ist, wie es notwendig sein müsste.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Tag ist ein wichtiger Tag für die in Mecklenburg-Vorpommern lebenden Migrantinnen und Migranten. Von diesem Tag und von dieser Debatte geht die unmissverständliche Botschaft aus, dass Integrationspolitik in Mecklenburg-Vorpommern eben mehr ist als Ausländerpolitik oder Minderheitenpolitik, mehr ist als Sprachförderung oder Eingliederungshilfe. Denn die Koalitionsfraktionen und die Landesregierung tragen bekenntnishaft nicht nur der Tatsache Rechnung, dass Deutschland seit Langem ein Einwanderungsland ist, sondern sie sind gewillt, Integration bewusst, gezielt und systematisch zu gestalten. Aber wir sind, das sage ich hier ganz deutlich, erst am Anfang.
Deshalb war es für die Fraktion der Linkspartei außerordentlich wichtig, zusätzlich zu den Vorhaben der Koalitionsvereinbarung und in Konsequenz, die sich aus den Leitlinien zur Integration von Migrantinnen und Migranten ergibt, diese Landeskonzeption zu erstellen. Und das, das möchte ich hier deutlich machen, geschah nicht am grünen Tisch, sondern in einem gemeinsamen Diskussionsprozess mit den wesentlichen Trägern der Migrationsarbeit in unserem Bundesland. Und deshalb an alle Beteiligten, an alle beteiligten Ausländerbeauftragten, an Kirchen, Vereine und Verbände von dieser Stelle aus ein herzliches Dankeschön!
Diese vorliegende Konzeption lässt sich davon leiten, dass die Menschenrechte nicht Rechte einer Mehrheit oder einer Minderheit sind, sondern Rechte eines jeden Einzelnen. Und deshalb ist es auch unser Anspruch, dass Menschen mit Migrationshintergrund, die einen festen Aufenthaltstitel besitzen oder eingebürgert sind oder per Gesetz Deutsche sind wie die Spätaussiedler, auch Asylsuchende und Flüchtlinge, in Integrationsmaßnahmen einbezogen werden sollen. Das ist ein Novum, darauf hat Frau Voland schon hingewiesen.
Integration verstehen auch wir als einen wechselseitigen Prozess, in welchem sich sowohl Migranten als auch die aufnehmende Gesellschaft aktiv und bewusst einbringen müssen. Migrantinnen und Migranten sind Bürgerinnen und Bürger mit allen Rechten, aber auch Pflichten. Sie müssen Möglichkeiten zur Teilhabe erhalten und auch weiterhin ihren Teil zur Entwicklung des Landes und zur eigenen Integration beitragen. Das bildet eine Einheit. Diese Maximen stellen im Vergleich zu dem, was uns sonst so an genannter Ausländerpolitik täglich zum Beispiel von Bundespolitikern begegnet und zugemutet wird, einen Paradigmenwechsel dar. Sie sind nicht vereinbar mit einem ganzen System der Abschottung von Einwanderinnen und Einwandern, insbesondere von Flüchtlingen mit staatlichen Benachteiligungen, wie das Arbeitsverbot für Asylsuchende und Geduldete oder mit der rituell anmutenden, auch gesetzlich sanktionierten Verschärfung des Misstrauens gerade gegenüber Migrantinnen und Migranten.
Ich möchte an dieser Stelle, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, an einige erschreckende Aussagen erinnern: Da sagte der Bundesinnenminister im Zusammenhang mit dem unsäglichen Unionskatalog für Einwanderungskriterien, ich zitiere: „Wer Deutscher werden will, muss die deutsche Vergangenheit als seine nationale Vergangenheit mit übernehmen.“ Zitatende.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich meine, wer das Grundgesetz respektiert, respektiert auch wesentliche Lehren aus der Geschichte. Das ist entscheidend.
Bekenntnisse zur Geschichte, aber noch dazu zu höchst widersprüchlichen deutschen Geschichte laufen auf eine verordnete Assimilierung hinaus. Das ist respektlos gegenüber den Migrantinnen und Migranten und es mündet erneut in eine vermeintliche deutsche Leitkultur, die es eben nicht gibt. Da ist zum Beispiel der CSU-Chef Herr Stoiber, der tönt, dass bei uns das Gewaltmonopol des Staates und nicht etwa das des türkischen Mannes gelte, oder da ist der CSU-Fraktionschef Herr Kauder, der sagte: „Wer Deutscher werden wolle, müsse mehr wissen, als dass man hier Sozialleistungen erhalten könne.“ Zitatende.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist kein Wunder, dass es von rechts außen frohlockt. Mit weiteren Äußerungen möchte ich Sie daher verschonen, sie gehen in die gleiche Richtung: Schüren von Ängsten in der deutschen Bevölkerung, Diskriminierung und Kriminalisierung von Migrantinnen und Migranten, das Bedienen von Stammtischen. Gute Integrationspolitik muss die kulturelle Vielfalt fördern und den sozialen Zusammenhalt stärken. Integration ist kein Erziehungsauftrag an Migrantinnen und Migranten, sondern ein komplexer Anspruch an die gesamte Gesellschaft. Es geht darum, das Einwanderungsbundesland Mecklenburg-Vorpommern besser, sozialer und demokratischer zu gestalten, und dann werden wir diesen Prozess alle gewinnen.
Wenn es gelingt, die vorliegende Konzeption umzusetzen, wird es auch zu mehr und zu zügigerer Einbürgerung
führen. Einbürgerung ist ein Schritt, wenn auch ein wichtiger, der Integration, jedoch nicht Ende und Höhepunkt der Integration. Aber nur der, der wertvoller Staatsbürger mit gleichen Rechten und Pflichten werden kann, wird auch selbst die eigene Bereitschaft zur Integration und Selbstidentifikation mit unserem Land mitbringen und mitentwickeln. Dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist allerdings aus unserer Sicht auch die Tolerierung der Beibehaltung der ursprünglichen Staatsbürgerschaft zu akzeptieren. Das wäre ein wichtiges Signal an die Einzubürgernden, dass sie ihre erworbene kulturelle Identität nicht aufzugeben brauchen.