Protokoll der Sitzung vom 08.07.2010

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auffallend ist, dass Vermögende und Personen mit hohem Einkommen dagegen keinen einzigen Cent leisten zur Finanzierung dieses Sparpakets.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Die müssen ja auch nicht sparen.)

Nachdem Erben, Hotelketten und gewinnverlagernde Konzerne mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz bedient wurden, müssen jetzt Arbeitslose und Familien schwere Einschnitte hinnehmen. Das ist, meine Damen und Herren, keine gerechte Verteilung der Kosten der Krise.

(Toralf Schnur, FDP: Nein. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Geben Sie ihnen Arbeit, dann zahlen sie auch Steuern!)

Und wenn die Kanzlerin Frau Merkel das Sparpaket als sozial ausgewogen bezeichnet, dann ist das aus meiner Sicht zynisch und es zeigt auch inzwischen, von welchem hohen Realitätsverlust diese Bundesregierung gezeichnet ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Harry Glawe, CDU: Das ist ja nicht zu fassen. – Toralf Schnur, FDP: Sie haben nur 110 Millionen im Jahr Minus gemacht.)

Im Gegensatz zum Antrag der LINKEN muss ich allerdings sagen, dass wir nicht nur die fehlende soziale Balance bei diesem Sparpaket kritisieren, sondern ich möchte noch zwei weitere wichtige Kritikpunkte anfügen, die so im Antrag der LINKEN bisher nicht deutlich geworden sind.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Wo ist denn der Änderungsantrag?)

Zweiter Kritikpunkt: Das Sparpaket ist künstlich hochgerechnet. Es geht, meine Damen und Herren, um Finanzpolitik, und die sollte und muss seriös sein.

(Toralf Schnur, FDP: Immer rauf.)

Dieses Sparpaket ist finanzpolitisch ein völliges Chaos,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

es sind Luftbuchungen und Hoffnungswerte eingerechnet,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

die vor allen Dingen in den Jahren 2013 und 2014 in die Milliarden gehen.

(Zurufe von Birgit Schwebs, DIE LINKE, und Toralf Schnur, FDP)

Zum Beispiel: Die ökologische Luftverkehrsabgabe, die vom Grunde her in Ordnung ist, liegt momentan im Streit zwischen Umweltministerium und Verkehrsministerium. Es ist überhaupt gar nicht absehbar, ob sie denn wirklich kommt. Aber bereits für 2011, in Kürze,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

soll dort bereits 1 Milliarde Euro an Mehreinnahmen erzielt werden.

Zweites Beispiel: Völlig unklar ist die Beteiligung des Bankensektors, völlig unklar.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das ist doch klar.)

Der G20-Gipfel hat gerade

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

erwartungsgemäß die Finanztransaktionssteuer abgelehnt. In Europa tut man sich sehr schwer. Anerkannterweise bemüht sich Frau Merkel, ich hoffe, sie hat Erfolg, aber bisher keine konkreten Ergebnisse in Sicht.

(Michael Andrejewski, NPD: Die simuliert.)

Im Sparpaket, meine Damen und Herren,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

sind bereits aber ab 2012, da ist nicht mehr lange Zeit hin, pro Jahr 2 Milliarden Euro Mehreinnahmen eingeplant.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das heißt, das ist eine Luftbuchung von 6 Milliarden Euro insgesamt bis 2014.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Die Brennelementesteuer durch die Kernwirtschaft ist sicherlich positiv,

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

aber wie sollen ab 2011 gesetzlich untersetzt bis 2014 dann insgesamt 9,2 Milliarden Euro mehr eingenommen werden? Bei dieser Auseinandersetzung, die innerhalb der Koalition der CDU, CSU und FDP zu dem Thema läuft – insbesondere mit den Südländern und natürlich der Kernenergiewirtschaft –, eine absolute Luftbuchung.

Und viertens, ebenfalls eine Luftbuchung, die Einsparung durch die Streitkräftereform. Es gibt noch nicht einmal Grundzüge dieser Reform, aber trotzdem werden bereits 4 Milliarden Euro Einsparungen ab 2012 eingestellt in dieses Sparpaket,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Luftbuchungen von ungefähr 20 bis 30 Milliarden Euro für die Jahre 2013 und 2014.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Meine Damen und Herren, warum ist das so wichtig, dass ich das anspreche? Das vorgelegte Paket wird also demzufolge nicht reichen, die eigene Zielsetzung

der Bundesregierung, die Schuldenbremse einzuhalten, wirklich zu erfüllen, aufgrund dieser Luftbuchungen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, und was machen wir jetzt? Die haben wir doch alle mit beschlossen.)

Das heißt, weitere Sparpakete werden folgen.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Das ist jetzt schon absehbar.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Und, meine Damen und Herren, es fällt auf – und auch das ist kein Zufall –, während die Einschnitte bei den Arbeitslosen sehr konkret und schnell umsetzbar sind, auch gesetzlich, sieht man bei den behaupteten Belastungen bei den Unternehmen, bei der Wirtschaft eigentlich eher ein großes Netz von Ungewissheit und von Unklarheit, um nicht zu sagen Nebel.

(Wolfgang Griese, DIE LINKE: Das ist mitten aus dem Leben gegriffen.)

Also auch das mal an die Adresse derjenigen, die meinen, es wäre hier sozial ausgewogen zwischen Belastung der Unternehmen und Arbeitslosen auf der anderen Seite.

Dritter Kritikpunkt:

(Toralf Schnur, FDP: Noch einer.)

Das Sparpaket der schwarz-gelben Bundesregierung ist konjunkturschädlich. Warum?