Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es gibt das Zitat von Johann Wolfgang von Goethe, das viele Eltern sich selbst in ihrer Wohnung aufgehangen haben, ich habe es schon oft entdeckt: „Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“ Und die Landesregierung, das Land MecklenburgVorpommern, möchte unter dem Anspruch Kinderland Mecklenburg-Vorpommern die Eltern genau dabei unterstützen. Und dazu gehört eine gute Kindertagesbetreuung, die gewährleistet, dass Kindern Wurzeln und Flügel mitgegeben werden. Dazu gehört, dass Kinder, und zwar alle Kinder, von Anfang an individuell gefördert werden. Und es gibt eben nicht die Kinder mit Defiziten oder die Kinder mit Talenten.
Ich bin fest davon überzeugt, dass alle Kinder in unserm Land über viele Stärken und viele Talente verfügen, und natürlich ist es unser Anliegen, zuallererst diese Stärken und diese Talente individuell zu fördern.
Aber dazu gehört auch, dass man nicht ausblenden kann, dass es Kinder gibt, die noch nicht entsprechend dem Entwicklungsstand bestimmte Fähigkeiten haben. Und das ist in meinen Augen auch kein Defizit. Das ist ein Punkt, an dem wir ansetzen und unterstützen wollen. Denn welchem Kind hilft es denn, wenn es toll im Sport
ist, dass wir da noch mehr rauflegen, aber die Augen zumachen, dass es vielleicht Sprachprobleme im Alter von vier Jahren gibt? Es ist doch viel wichtiger, dass wir uns diesen Aufgaben stellen und dieses Kind an der Stelle fördern.
Und ich finde es an der Stelle ehrlich unsachlich, wenn man da gleich immer mit der Keule kommt: „Ihr seid defizitorientiert.“ Nein, wir sind orientiert daran, dass alle Kinder in diesem Land Chancen haben und dass es Chancengerechtigkeit gibt und dass dazu gehört, dass man frühzeitig aufmerksam wird, wenn Kinder Unterstützung brauchen. Und diese Unterstützung liefern wir mit diesem Kindertagesstättenförderungsgesetz.
Und, Frau Dr. Linke, ja, Sie haben zu Recht die Situation von vielen Kindern, die in finanziell schwierigen Verhältnissen aufwachsen, beschrieben. Deshalb ist es gerade wichtig, dass wir diesen Kindern Unterstützung geben, dass wir ein Fundament legen für mehr Chancengleichheit, wie Sie die Frage gestellt haben. Und das tun wir, indem wir die Förderung für alle Kinder im Land verbessern mit insgesamt jetzt 120 Millionen Euro für alle Kinder, aber indem wir eben gerade auch einen neuen Weg gehen, und zwar 5 Millionen Euro extra rauflegen für die Kitas, die in sozialen Brennpunkten sind, wo nämlich 80 bis 90 Prozent der Kinder in Einrichtungen sind, die genau in diesen schwierigen Verhältnissen aufwachsen. Und das ist der richtige Weg: gezielte individuelle Förderung für mehr Chancengleichheit für alle Kinder in unserem Land.
Und ich will ausdrücklich Ihre Behauptung zurückweisen, dass wir dem Wunsch der Kirche nachgekommen sind, Nachwuchs für die Kirchen in den Kitas zu akquirieren. Erstens hat die Kirche nicht diesen Wunsch geäußert. Die Kirchen haben in der Anhörung den Wunsch geäußert, dass auch in der Bildung, in der Werteerziehung aufgeklärt wird über religiöse Anschauungen.
Und ich frage Sie: Wenn wir für ein weltoffenes, tolerantes Mecklenburg-Vorpommern werben, wenn wir wollen, dass unsere Kinder aufwachsen, tolerant gegenüber anderen Kindern – egal welcher sozialen Herkunft, egal welcher Hautfarbe und egal welcher religiösen Weltanschauung, ob mit einer oder ohne –, dann müssen sie doch überhaupt Kenntnis über Religion haben. Und darum geht es.
(Beifall von Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zurufe von Regine Lück, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)
Es wird auch nicht so sein, dass über eine spezifische Religion in einer Einrichtung aufgeklärt wird. Darum geht es doch gerade im KiföG, dass sie über die verschiedenen Religionen aufgeklärt werden.
Und ich sage Ihnen aus meiner eigenen Lebenserfahrung: Ich bin groß geworden in DDR-Krippen, DDR-Kindergärten und in der DDR-Schule.
(Vincent Kokert, CDU: Da haben wir kommunistische Lieder gesungen. Da haben alle geklatscht. Das war toll.)
(Regine Lück, DIE LINKE: Ich weiß nicht, wo Sie waren. Ich habe keine kommunistischen Lieder im Kindergarten gesungen.)
man kann im Rückblick einiges kritisieren, aber ich habe in diesen Einrichtungen viel Bildung und viel Förderung erfahren. Aber es gibt eine Wissenslücke, die wir wirklich haben, und das hat mir oft leidgetan, als ich dann als Jugendliche in andere Länder konnte, dass wir viel zu wenig über verschiedene Religionen wussten.
Aber die Kinder dürfen doch nicht mit dieser Bildungslücke aufwachsen, denn dann können sie nicht tolerante und weltoffene Kinder werden. Und darum geht es, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete.
Ich möchte auch noch einmal etwas zur Fachkräftediskussion sagen. Frau Dr. Linke, ich habe es versucht, im Ausschuss zu erklären, und ich möchte es hier noch mal erklären, weil ich Sorge habe, dass mit der Argumentation, die Sie hier vortragen, mit der eben auch im Land umhergefahren und Erziehern Angst gemacht wird, nach dem Motto: „Eure Fachkräfte werden nicht mehr gebraucht. Da wollen die jetzt irgendwelche Billigkräfte einführen.“ Das ist überhaupt nicht der Fall.
Die Regelungen zu den Assistenzkräften waren auch schon im Gesetz 2004. Manchmal bin ich selbst überrascht, wie Sie Ihr eigenes Gesetz infrage stellen.
Zu der Frage: Was haben wir neu geregelt? Sie müssen wissen, im KiföG 2004 hieß es, wir haben ein Fachkräftegebot 1:18, in der Regel. Wie wir alle wissen, „in der Regel“ heißt, es gibt auch Ausnahmen. Und diese Ausnahmen waren nicht definiert. Das ist die große Lücke gewesen, um das Fachkräftegebot zu unterwandern. Und deswegen haben wir das Gesetz an der Stelle verstrengert, also strenger gemacht und nicht lascher gemacht.
Wie haben wir das gemacht? Wir haben das „in der Regel“ gestrichen, haben im Gesetz klar definiert, was Fachkräfte sind, zum Beispiel Erzieherinnen und Erzieher, und haben dann den Satz eingefügt, den Sie zitiert haben, dass natürlich auf Antrag und nach besonderer Prüfung auch andere Abschlüsse als im Gesetz zugelassen sind, wenn sie denn gleichwertig sind.
Warum machen wir das? Wir haben mittlerweile in der Bundesrepublik 40 verschiedene Abschlüsse. Wir können nicht alle in diesem Gesetz aufführen. Da gibt es eine Riesendynamik. Und wir wollen einfach sicherstellen, dass wenn jemand aus einem anderen Bundesland mit einem anderen Abschluss kommt, der so nicht im Gesetz steht, aber der gleichwertig ist, dass der zugelassen wird. Das ist doch ganz praktisch und das stärkt das Fachkräftegebot und unterwandert es nicht. Und ich
bitte Sie: Verbreiten Sie nicht diese Angst bei Eltern und Erzieher/-innen! Das ist nicht sachorientiert.
Am Ende möchte ich meinen Dank richten an die Koalitionsfraktionen, insbesondere an die Abgeordneten der SPD-Fraktion Herrn Brodkorb, Herrn Heydorn, Frau Tegtmeier und die Abgeordneten der CDU-Fraktion Frau Ilka Lochner-Borst und Herrn Harry Glawe, Herrn Specht und Herrn Rühs. Wir haben in den letzten Jahren, also eineinhalb Jahre, intensiv diskutiert, wie wir die große Summe von 22 Millionen Euro klug einsetzen, dass sie wirklich bei den Kindern ankommt und dass sie hilft beim Bildungsanspruch, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, dass sie hilft für mehr Chancengerechtigkeit! Es war eine sehr konstruktive Diskussion und ich finde, uns ist gemeinsam ein sehr gutes Gesetz gelungen. Hier gilt mein Dank natürlich auch vor allem dem Bildungsminister und seiner Mannschaft. Wir haben hier gemeinsam an vielen Punkten gearbeitet. Und mein Dank gilt an dieser Stelle allen Ministerinnen und Ministern der Landesregierung, denn nur mit der Kraft aller in der Landesregierung war es möglich, diese Summe auf den Weg zu bringen und noch mal 7 Millionen on top draufzulegen für die Reduzierung des Betreuungsschlüssels.
Und hier zeigt die Landesregierung, dass wir solide Haushaltspolitik machen und die richtigen Schwerpunkte setzen, und zwar bei unseren Kindern im Land, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete.
Und ich freue mich, ich habe bei der Einbringung des Gesetzes versprochen, dass dieses Gesetz der nächste große Schritt sein wird, aber nicht der letzte, und es ist uns schon gelungen während der parlamentarischen Debatte, den nächsten Schritt zu gehen mit der Absenkung des Betreuungsschlüssels von 1:18 auf 1:17. Daran sehen die Menschen in unserem Land, daran sehen die Eltern in unserem Land und vor allem die Kinder, dass, wenn wir die Versprechen machen, wir auch versuchen, sie zügig umzusetzen. Und an der Stelle können wir sagen, es ist jetzt ein Riesenmeilenstein, dieses Gesetz, aber wir werden uns in Zukunft um weitere wichtige Schritte bemühen.
Darüber sollten sich Kinder und Eltern im Klaren sein, dass diese Landesregierung sie vor allem im Blick hat und dass wir uns starkmachen.
Und wir werden uns von niemandem im Land vorschreiben lassen, wie wir unser Geld einsetzen. Wenn diese Landesregierung das Geld für die Kinder ausgibt, ist das die beste und sicherste Investition in die Zukunft. Ich werbe auch bei den demokratischen Fraktionen um ihre Unterstützung. Es ist das Kita-Gesetz, das die stärkste Investition vorzuweisen hat und das die besten Schritte nach vorn richtet
im Verhältnis zur Vergangenheit. Und alle die Abgeordneten, die heute was für die Kinder im Land tun wollen, müssen diesem Gesetz zustimmen. Ich werbe darum. – Vielen Dank für Ihre Unterstützung und Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich haben die Erzieher/-innen in unserem Land eine große Verantwortung, der sie in der Regel mit großer und liebevoller Fürsorge für die Kinder nachkommen. Welchen Schwierigkeiten die Erzieher/-innen in Mecklenburg-Vorpommern ausgesetzt sind, darauf habe ich bereits in der Ersten Lesung zum Gesetzentwurf hingewiesen. Ich erinnere Sie gerne noch einmal an einige Fakten, vor denen Sie auch weiterhin Ihre Augen verschließen.