Protokoll der Sitzung vom 09.07.2010

Sie ist ein erprobtes Mittel zum Schutz von Leben, Unversehrtheit und Freiheit der Bürger.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Eine grundlegende Reform der Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung steht allerdings schon seit Längerem auf der Tagesordnung.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ach so?)

Der Schwerpunkt der derzeitigen Diskussion

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist ja sehr interessant.)

liegt auf den Unzulänglichkeiten des Rechts der Sicherungsverwahrung,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

das durch eine Vielzahl von Änderungen und Ergänzungen in den vergangenen Jahren unübersichtlich und in Teilen nach wie vor unzureichend ist. Die von der Bundesregierung beschlossenen Eckpunkte zur Reform der Sicherungsverwahrung sind dafür eine Diskussionsgrundlage. Diese enthalten allerdings nicht mehr die Möglichkeit der Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung. Und dies, meine Damen und Herren, ist genau der Punkt, über den noch zu reden sein wird.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Ich jedenfalls bin der Ansicht, dass dieses Instrument nicht ohne Not aufgegeben werden sollte.

Meine Damen und Herren, bei der Sicherungsverwahrung bewegen wir uns in einem rechtspolitisch hochsensiblen Bereich. Die Unterbringung in Sicherungsverwahrung ist Ultima Ratio des deutschen Strafrechts. Es ist aber wichtig, dass wir reagieren können, wenn es erforderlich ist. Wir alle wissen, es gibt Einzelfälle, bei denen es zum Schutz der Opfer und zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist sicherzustellen, dass die entsprechenden Täter nicht wieder die Möglichkeit haben, andere zu vergewaltigen oder andere schwerste Straftaten an Personen zu begehen.

Wichtig ist, dass wir den staatlichen Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung vor hochgefährlichen Straftätern gerecht werden. Die ersten Schritte sind bereits im Zusammenhang mit den schwierigen Fragen der Sicherungsverwahrung getan. Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir eine gesetzliche Regelung bekommen, die dem Anspruch der Allgemeinheit auf Sicherheit gerecht wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin Kuder.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Borchardt für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es gleich vorwegzunehmen, die Fraktion DIE LINKE wird Ihren Antrag ablehnen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – André Specht, CDU: Das ist gut.)

Meine Herren Juristen von der CDU-Fraktion,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

auch das will ich gleich zu Beginn sagen, es zeugt nicht gerade von rechtspolitischem Sachverstand,

(Egbert Liskow, CDU: Oooh!)

wenn Sie sich keine Mühe machen, einen eigenen Antrag zu formulieren,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Hören Sie mal zu!)

sondern ihn offensichtlich fast wortwörtlich abschreiben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nee!)

Denn im Niedersächsischen Landtag wurde am 1. Juli 2010 von den Fraktionen der CDU und FDP ein gleichlautender Antrag gestellt,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja natürlich.)

mit der gleichen Überschrift, der fast identischen Wortwahl

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wir haben 16 Bundesländer.)

im Beschluss und Begründungstext.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Dass Ihnen beim Abschreiben auch noch ein Fehler unterlaufen ist, will ich an der Stelle nur nebenbei erwähnen.

Meine Damen und Herren, damit aber nicht genug.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ach Gott, ach Gott! Reden Sie lieber zur Sache, Frau Kollegin!)

Wir waren, das will ich auch sagen, über den Inhalt Ihres Antrages an sich sehr erstaunt.

(Zurufe von Helmut Holter, DIE LINKE, und Toralf Schnur, FDP)

Zugegeben, mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

(Toralf Schnur, FDP: Ja, genau.)

und der Justizministerkonferenz hat die Debatte um das Thema wieder an Fahrt gewonnen. Wenn man sich dann den Inhalt Ihres Antrages ansieht, kommt der geneigte Leser aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wenn ich böswillig wäre und das Thema nicht zu ernst wäre, würde ich sagen: Guten Morgen, Herr Nachtwächter! Aber, wie Sie wissen, ich bin nicht bösartig.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Egbert Liskow, CDU – Irene Müller, DIE LINKE: Das ist eine Unterstellung! – Zurufe von Toralf Schnur, FDP, und Udo Pastörs, NPD)

Aber zurück zum Thema: Sie wird sicher interessieren, warum wir gestaunt haben. Nun, Ihr Antrag ist ein Beweis dafür, wie die Koalition innerhalb von zwei Jahren ihre Meinung ändern kann, denn im September 2008 hat meine Fraktion einen Antrag mit dem Titel „Sicherungsverwahrung umfassend evaluieren“ eingebracht. Unter anderem hatten wir in diesem Antrag auf die zu erwartenden und bereits getroffenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hingewiesen. Damals hatten Sie, liebe Kollegen von der SPD und CDU, uns in der Debatte erklärt, dass keine Zweifel an der Sicherungsverwahrung bestehen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sagt das Bundesverfassungsgericht.)

Ich möchte hier kurz Herrn Dr. Nieszery zitieren. Er sagte zum Beispiel: „Trotz der anhängigen Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof sehen wir keinen Grund, an dieser Maßnahme oder den Anordnungspraktiken zu zweifeln.“ Zitatende. Oder Frau Justizministerin Kuder sagte: „Evaluation setzt also zumindest Zweifel an der Eignung eines Modells voraus, ansonsten macht sie keinen Sinn.“ Heute haben wir etwas anderes gehört.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und jetzt soll die Sicherungsverwahrung, so können wir in es Ihrem Antrag nachlesen, nicht nur evaluiert werden, sondern gleich reformiert. Auch das hatten wir in unserem Antrag beantragt.

(Irene Müller, DIE LINKE: Tja, wenn zwei das Gleiche tun.)

Ein schöner Sinneswandel innerhalb von zwei Jahren, wie ich meine. Und Sie sehen, wir hätten das schon früher haben können.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Aber es geht noch weiter. Sie zweifeln an der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nein, nein.)