Protokoll der Sitzung vom 15.09.2010

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ach so! – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie sind vor allem betroffen.)

Im Ergebnis wird die Vereinbarung dazu führen, dass sich für die einzelnen Verbraucher nicht viel ändert, aber energieintensiv wirtschaftende Betriebe sinkende Strompreise zu verzeichnen haben werden.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Daher können dann auch andere Vergünstigungen für energieintensiv wirtschaftende Betriebe zurückgenommen werden.

Die Beteiligung der Bundesländer über den Bundesrat wurde auch in unserer Fraktion ausführlich diskutiert. Und auch wenn wir dafür werben, in dieser Debatte einen möglichst breiten gesellschaftspolitischen Kompromiss zu finden, halten wir die Beteiligung der Bundesländer für nicht zwingend erforderlich.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ach so? – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Und warum sollte sich auch Mecklenburg-Vorpommern, das augenscheinlich nicht von den Regelungen betroffen ist,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist ja sehr komisch.)

da Kohlekraftwerksbetreiber aus dem Land getrieben wurden,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich bin ja mal gespannt, was der FDP-Minister in Niedersachsen dazu sagt.)

Atomkraftwerke in Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr bestehen und eigene Endlagerstandorte entgegen Ihrer Aussage auch nicht zur Diskussion stehen …

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Wenn das alles so sicher ist, dann lassen Sie doch die Länder sich beteiligen.)

Die Reststrommenge wird um 1.804 Terawattstunden erhöht, was unweigerlich zu einer Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke führt, bis diese Strommengen verbraucht sind. Ab einer Erhöhung um 50 Prozent ist die Beteiligung des Bundesrates verpflichtend. Hiervon ist die geplante Reststrommengenerweiterung jedoch weit entfernt.

(Michael Roolf, FDP: Genau so.)

Und darum lehnt meine Fraktion Ihren Antrag ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Danke, Frau Reese.

(Rudolf Borchert, SPD: Voll am Wohl der Menschen.)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Waldmüller von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident! Bevor ich auf den Antrag eingehe, gestatten Sie mir ein Wort zur Debatte. Es war klar, dass es unterschiedliche Standpunkte zu diesem Thema gibt. Das ist außer Frage. Ich bin nun aber schon etwas entsetzt über die Polemik, über die Schärfe der Diskussion, denn bei aller Polemik, denke ich, sollte man auch zu den Fakten zurückkommen:

Erstens. Beim damaligen rot-grünen Atomkompromiss gab es einen Deal mit den Energieversorgern. Der Vertrag, der diesem zugrunde liegt, ist nicht veröffentlicht.

(Beate Schlupp, CDU: Geheimpapier.)

Zweitens. Beim rot-grünen Atomkompromiss wurde der Bundesrat nicht einbezogen, denn dann hätte es für diesen keine Mehrheit gegeben.

(Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Drittens. Das Ziel von CDU/CSU und auch der FDP, den Atomkompromiss zu erneuern, wurde im Bundestagswahlkampf angesprochen und diskutiert. Nach der Bundestagswahl floss dieses Ziel in den Koalitionsvertrag ein und wird nun durch die Bundesregierung umgesetzt. Niemand wurde überrascht, alles war öffentlich.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Eben. – Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, kommen wir nun konkret zum vorliegenden Antrag. DIE LINKE fordert den Landtag dazu auf, die gerade beschlossene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke abzulehnen und die Klage der Bundesländer zu unterstützen, die sich gegen die Gesetzgebung ohne die Beteiligung des Bundesrates richtet.

Sie wird es nicht überraschen, dass wir diesen Antrag in beiden Punkten ablehnen. Warum? Zum einen, der Haupteffekt der Laufzeitverlängerung ist auch für Mecklenburg-Vorpommern eine Erhöhung insbesondere der Versorgungssicherheit und die Erreichung eines günstigen Energiepreisniveaus. Außerdem ergeben sich Möglichkeiten zum forcierten Ausbau der erneuerbaren Energie, von denen auch unser Bundesland profitieren wird. Es ist von Anfang an vorgesehen gewesen, Gewinne bei den Energieunternehmen abzuschöpfen und in den Förderfonds erneuerbarer Energien zu geben. Ein Mehrwert zugunsten der erneuerbaren Energien wird dadurch erreicht. Das akzeptiert auch die Bevölkerung. Frau Reese hat dazu ausgeführt.

Grundlage der Verlängerung ist die am 30.08.2010 vorgestellte Studie „Energieszenarien für ein Energiekonzept der Bundesregierung“ vom Energiewirtschaftlichen Institut der Universität Köln, dem Prognos Institut und der Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung. Mit dem auf diesem Gutachten aufbauenden Energiekonzept formuliert die Bundesregierung Leitlinien für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Außerdem wird erstmalig der Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien konkret beschrieben.

Die Kernenergie – das ist schon gesagt worden – ist eine Brückentechnologie auf dem Weg dorthin. Für das erstellte Gutachten wurden Szenarien ohne Laufzeitverlängerungen mit Zielszenarien unterschiedlicher Laufzeitverlängerungen verglichen. Die Zielszenarien haben als Grundlage jeweils die Senkung der CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent und bis 2050 um 80 Prozent sowie einen Anteil erneuerbarer Energien über 18 Prozent am Bruttoenergieendverbrauch bis 2020 und von über 50 Prozent am Primärenergieverbrauch bis 2050. Mit dem Szenario ohne Laufzeitverlängerung werden diese Werte – und das gilt insbesondere für die angestrebte CO2-Minderung – nicht erreicht. Sowohl volkswirtschaftlich als auch energiepolitisch am vorteilhaftesten haben sich daher die Szenarien mit der Laufzeitverlängerung von 12 bis 20 Jahren erwiesen.

Herr Griese, Sie können jetzt das Gutachten gerne angreifen. Es sei hier aber noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Gutachten zum Energiekonzept von den gleichen Instituten erstellt wurde wie das Gutachten des Integrierten Energie- und Klimaprogramms der alten Bundesregierung.

Zum Erreichen der oben genannten Ziele ist außerdem ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien sowie deutliche Energieeinsparung notwendig. Damit dies gelingt, sollen nach dem jetzigen ausgehandelten Kompromiss jedes Jahr 3 Milliarden Euro darin investiert werden. Das ist auch notwendig, um den beabsichtigten Anstieg der Versorgung mit erneuerbaren Energien erreichen zu können. Auch würden ohne Laufzeitverlängerung, wenn ab 2030 die ersten Kernkraftwerke vom Netz gehen würden, erhebliche Stromimporte notwendig.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

In dem ausgearbeiteten Szenario liegen im Jahr 2050 die Nettostromimporte zwischen 22 und 31 Prozent der Stromnachfrage.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Dabei würde entweder ein erheblicher Teil des Umweltproblems ins Ausland verschoben oder der Strom muss aus Kernkraftwerken aus dem Ausland importiert werden.

(Rudolf Borchert, SPD: Was ja noch zu beweisen wäre. – Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

Beides führt zu mehr Abhängigkeit, höheren Strompreisen und keinem Fortschritt für die Umwelt. Ob CO2-Ausstoß beziehungsweise radioaktiver Müll nun in Deutschland oder in Frankreich produziert wird, ist für die Umwelt völlig gleich.

(Udo Pastörs, NPD: Landet ja auch oft wieder in Deutschland aus Frankreich oder England.)

Eine Laufzeitverlängerung ist daher richtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zweitens beantragen Sie den Beitritt zur Verfassungsklage gegen ein Gesetz, das den Bundesrat nicht beteiligt. Dazu ist zu sagen, dass dies schon rechtlich nicht möglich ist. Nach Artikel 73 Ziffer 14 Grundgesetz hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebung über die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken. Zustimmungspflichtig wäre ein Gesetz nur, wenn die Vollzugshoheit der Länder berührt würde. Nach einem Gutachten des Verfassungsrechtlers und ehemaligen Bundesministers Robert Scholz greift eine Laufzeitverlängerung nicht in die Hoheit der Länder ein.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Zitieren Sie auch die anderen Verfassungsrechtler?)

Selbst wenn man annimmt, dies sei anders, und die Atomaufsicht hier berührt werde, ist dazu anzumerken, Mecklenburg-Vorpommern verfügt über gar kein Kernkraftwerk, wie der Antrag richtig feststellt. Somit übt das Land auch keine Atomaufsicht aus und ist im Vollzug von einer Verlängerung nicht betroffen.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Schon insofern ist das Land nicht klageberechtigt.

(Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Auch bei den erwähnten Castorbehältern handelt es sich um den Transport von Altabfällen, die auch ohne Laufzeitverlängerung anfallen. Nach deren Einstellung ist das Zwischenlager Nord ausgelastet und ein weiterer Transport nicht zu erwarten. Eine Betroffenheit des Landes ist damit nicht zu konstruieren. Eine Beteiligung an einer Klage ist also nicht möglich.

Also, meine Damen und Herren, legen Sie Ihre Aufgeregtheit ab! Es handelt sich hier weder um Rechtsbruch und einen Angriff auf eine Demokratie, noch ist die Sicherheit gefährdet.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)