Es ist ein echter wirtschaftlicher Aufschwung, der da vor der Tür steht. 2,5 Millionen Kinder sind ein rentabler Markt.
Also ich überlege geradezu, ob ich mich nicht vielleicht als ein Entwickler eines Lesegerätes hier nebenberuflich betätige.
(Michael Roolf, FDP: Es gibt Lesegeräte, es gibt welche. Sie können heute schon mit einer Karte bezahlen.)
Die bayerische Sozialministerin Frau Haderthauer meint klipp und klar – und das ist für mich vollkommen nachvollziehbar –, die Chipkarte schafft Kinder erster und zweiter Klasse,
denn sie ist ja auf Bundesebene zunächst einmal vorgesehen für ein ganz geringes Angebot. Behalten wir mal im Blick: 60 Euro pro Jahr, davon ist die Rede.
Ja, möglicherweise hat aber die FDP auf Bundesebene auch Sorge, dass die CDU noch schwankend wird, denn auch Frau Bundesministerin Schröder hat doch sehr offen Bedenken gezeigt, was die datenschutzrechtlichen Belange anbelangt. Sie meint, es könnten Bewegungsprofile über die Kinder erstellt werden, ein Argument, dass auch ich nachvollziehen kann. Und Frau Bundesministerin Schröder meint, dass – sollte man auch bedenken – sinnvolle kommunale Modelle durch diese bundesweite Hartz-IV-Karte gefährdet werden.
Neben der geplanten Bundes- und den regional bewährten kommunalen Chipkarten wollen Sie, verehrte Kollegen von der FDP, nun noch eine dritte Karte, eine Landeskarte einführen, so ist es Ihrem Antrag zu entnehmen.
Und vergessen Sie nicht, gleich noch Chipkartentäschchen mitproduzieren zu lassen. Das wäre auch gut, denn wenn Sie den Kindern so viele Karten in die Hand geben, wäre das sinnvoll, schick ist es obendrein.
Na gut, Sie glauben doch nicht ernsthaft, verehrte Kollegen von der FDP, dass Bildungs- oder Chipkarten echt die Bildungschancen von Kindern verbessern werden,
zumal wenn von der Chipkarte à la Frau von der Leyen Freizeitangebote, Nachhilfestunden – also hören Sie mal einfach zu! –, Freizeitangebote sollen von den 60 Euro im Jahr gezahlt werden,
(Marc Reinhardt, CDU: Was wollen Sie denn konkret? Ich hab noch nichts gehört. – Zuruf von Michael Roolf, FDP)
Nachhilfestunden, das Essen in der Schule und, und, und noch vieles andere sollte bezahlt werden, damit Kinder chancengleich aufwachsen.
Natürlich wird niemand von den Betroffenen sagen, nein, diese Karte will ich nicht, ich nehme die Angebote nicht an. Sicher freut sich jeder über zusätzliche Angebote. In Stuttgart wurde der Hauptteil des Geldes für den Besuch des Zoos und von Schwimmbädern ausgegeben. Selbstverständlich, Frau Schlupp, ist das nicht schlimm. Es ist schön, wenn Kinder in Zoos und Schwimmhallen gehen, aber wird das ihre Bildungschancen nachhaltig verbessern, das ist doch die Frage.
Musikschulen, Volkshochschulen wurden mit weniger als einem Prozent genutzt. Auch wurden Nachhilfekurse oder Englischkurse, die man ja auch davon bezahlen könnte, kaum genutzt.
Erwähnt sei an dieser Stelle auch eine Erfahrung, die in den Vereinigten Staaten mit Bildungsgutscheinen gemacht wurde. Die USA haben zweifellos ein völlig anderes Bildungs- und Sozialsystem. Dennoch ist interessant, dass mit Bildungsgutscheinen für Kinder aus sozial benachteiligten Familien, ausgereicht für Nachhilfe und für den Besuch einer privaten Highschool, überhaupt keine Leistungsverbesserungen bei den Kindern erreicht wurden.
Also diese Idee, ich habe hier auf der einen Seite eine Karte, einen Chip oder einen Gutschein, durchschreite damit eine Barriere und komme auf der anderen Seite als gebildeter Mensch wieder heraus, der den Anforderungen des Lebens gewachsen ist, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FDP, das funktioniert nicht, bei niemandem.
Das wird auch nicht bei den Kindern aus den sozial benachteiligten Familien passieren, denn Bildung ist ein aktiver Prozess, den man nicht per Chipkarte oder Knopfdruck erwerben kann.
Verehrte Damen und Herren Abgeordnete der FDP, die Bundeskarte ist noch nicht auf dem Weg, da fordern Sie die Prüfung einer Landescard. Was diese leisten soll mit welchem Zweck, das lassen Sie offen. Sie wissen noch nicht, wie die Chipkarte des Bundes funktionieren soll, ob sie überhaupt kommen wird, und vor allem wissen Sie nicht, welche Bedarfe durch die neue Festlegung der Regelsätze und die Bundescard nicht abgedeckt werden. Also Sie kennen noch nicht die Lücke, die eventuell durch eine Landesmaßnahme gefüllt werden sollte. Das allerdings kann nun auch die Landesregierung, das muss man ihr zugestehen, bis zum 15. Dezember nicht wissen beziehungsweise prüfen oder eben gemäß Geschäftsordnung in eine Unterrichtung gießen lassen. Deshalb wird Ihrem Antrag meine Fraktion nicht zustimmen. – Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die einkommensabhängige Familiencard für Bildungsleistungen wurde bereits vor neun Jahren in Stutt
gart eingeführt. Sie gilt dort für Familien, deren Jahreseinkommen unter 60.000 Euro liegt. Familien, in denen drei Kinder oder mehr unter 17 Jahren leben, können ebenfalls von der Familiencard Gebrauch machen. 60 Prozent aller in Stuttgart lebenden Kinder nutzen die Familiencard regelmäßig.
Städtische Anbieter von Bildungsangeboten müssen Lesegeräte vorweisen, um diese Gutscheinform zu nutzen. Die Lesegeräte der Chipkarte kosten im Schnitt 250 Euro. Stuttgart investierte allein im letzten Jahr 307 Millionen Euro in das Modell.
Angesichts dieser Zahl besteht kaum ein Zweifel, dass das Stuttgarter System in Mecklenburg-Vorpommern zum Scheitern verurteilt sein muss.
Betrachtet man die Durchschnittseinkommen unserer Landsleute und das Ausmaß der Kinderarmut, gilt der Anspruch quasi für jedes Kind im Land. Die Karte der 600.000-Einwohner-Stadt Stuttgart kann selbst mit genügend Finanzmitteln nicht ohne Weiteres in einem Flächenland angewandt werden. Uns fehlen nämlich – dank Ihnen – in ländlichen Regionen schlichtweg die Bildungsangebote. Dank der Leuchtturmpolitik der Herrschenden konzentriert sich die für eine Familiencard notwendige Infrastruktur überhaupt nur auf wenige Zentren des Landes. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Mir bleibt jetzt nichts anderes übrig, als quasi noch mal das zu wiederholen, was unsere Ministerin schon ausgeführt hat.