Protokoll der Sitzung vom 13.10.2010

Und, meine Damen und Herren, dazu gehören auch klare Abmachungen – das ist dann allerdings, glaube ich, das Fernziel und das Schwierigste –, klare Abmachungen, wie wir am Ende kostenfreie Bildung auch für die Kleinsten, also kostenfreie Kitas, das muss unser Ziel am Ende sein, wie wir das erreichen. Deshalb fordere ich die Bundesregierung auf: Lassen Sie uns doch bitte den Dialog über gute Bildung in Deutschland wieder aufnehmen! Lassen Sie uns, was diesen Gesetzentwurf angeht, an den Verhandlungstisch kommen! So jedenfalls ist das Gesetz im Bundesrat aus meiner Sicht nicht zustimmungsfähig.

Meine Damen und Herren, in der Demokratie ist es wichtig, dass man für seine Politik auch die Unterstützung der Menschen im Land bekommt.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Deshalb bin ich froh, dass die Umfrage gestern ergeben hat, 59 Prozent der Menschen hier sagen, die Kinder- und Familienfreundlichkeit hat sich

(Irene Müller, DIE LINKE: Welch ein Zufall!)

positiv entwickelt, liebe Frau Müller.

(Irene Müller, DIE LINKE: Welch ein Zufall!)

61 Prozent bescheinigen der Landesregierung gute Arbeit in diesem Bereich. Darüber freue ich mich,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

aber ich möchte dieses Lob auch ausdrücklich weitergeben hier an alle Damen und Herren,

(Irene Müller, DIE LINKE: Sehen Sie sich doch mal unsere demografi sche Entwicklung an!)

an die Abgeordneten der Regierungsfraktionen unter Rot-Rot, aber jetzt auch unter dieser Koalition. Herzlichen Dank, dass Sie dieses wichtige Politikfeld über die Jahre so unterstützt haben.

(Zurufe von Irene Müller, DIE LINKE, und Udo Pastörs, NPD)

Und, meine Damen und Herren, ich sehe diese Umfrageergebnisse allerdings auch als Ansporn, jetzt nicht nachzulassen, sondern weiterzumachen, auf diesem Weg weiterzugehen. Auch dafür gibt es Rückenwind.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Fast zwei Drittel der Menschen in diesem Land, Frau Müller, denen müssen Sie mal zuhören,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

für fast zwei Drittel bleibt es eine wichtige Aufgabe, noch mehr für Kinder und Familien zu tun. Und ich bitte Sie alle: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, hier in Schwerin

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und demnächst in Berlin! – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Holter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Ministerpräsident, ich erwarte, dass Sie dem Gesetz im Bundesrat nicht zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Das muss man hier nicht in einer Aktuellen Stunde ansprechen, um der Bundesregierung zu sagen, was an diesem Gesetz alles schiefgelaufen ist und welche Veränderungen hier auf der Tagesordnung stehen. Denn, daran will ich Sie erinnern, die SPD kann sich aus ihrer Verantwortung für Hartz IV nicht stehlen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Und wenn Sie, so, wie Sie das eben ausgeführt haben,

(Udo Pastörs, NPD: Und Sie auch nicht. Denken Sie daran, wie Sie sich im Bundesrat verhalten haben, Herr Holter!)

tatsächlich Mecklenburg-Vorpommern zu einem kinder- und familienfreundlichen Land machen wollen, dann bedarf es einer Kurskorrektur auf Bundesebene. Das bedeutet, dass die SPD sich ganz klar von Hartz IV verabschieden muss, um Chancengleichheit für Kinder und für alle, die von Hartz IV betroffen sind, in der Gesellschaft zu ermöglichen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, es ist richtig, dass der Monitor, von dem gerade schon gesprochen wurde, Ergebnisse gezeigt hat. Ja, ich bin genauso zufrieden, dass die Menschen stolz sind auf ihr Mecklenburg-Vorpommern, dass sie gern hier leben und dass sie die Einheit Deutschlands als Chance verstanden haben. Aber die Umfrage, auch das ist schon angesprochen worden, bringt zutage, was die linke Opposition hier im Landtag und in der Öffentlichkeit immer wieder angemahnt hat: 87 Prozent der Befragten fordern mehr Anstrengungen und mehr Aktivitäten für die Schaffung von Arbeitsplätzen, 70 Prozent halten es für notwendig, die Bildungsmöglichkeiten zu verbessern,

(Irene Müller, DIE LINKE: Sehr wahr.)

und 63 Prozent erwarten, dass Mecklenburg-Vorpommern kinder- und familienfreundlicher gestaltet wird. Wenn das aber so ist, dann kann man das als Herausforderung beschreiben, man kann das aber auch als Kritik an der bisherigen Politik verstehen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Die Bewertung der Landesregierung zu diesen einzelnen Feldern fällt entsprechend aus, denn nur 38 Prozent stellen der Regierung bei der Schaffung von Arbeitsplätzen ein positives Zeugnis aus. Und großen Nachholbedarf sehen die Menschen im Land auch bei der Kinder- und Familienfreundlichkeit und bei den Bildungschancen.

Und da sind wir doch mitten im Thema, Thema der Aktuellen Stunde: „Bildung und Teilhabe für alle Kinder in Mecklenburg-Vorpommern“. Frau Tegtmeier hat ja vollkommen recht, die ständige Diskussion bringt uns nicht weiter. Warum legt die SPD mit der CDU nicht einen Antrag vor, wie sie ganz konkret diesen Anspruch ausfüllen will?

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Da diskutieren wir wieder eine Stunde – schön, dass wir darüber gesprochen haben – und ändern wird sich nichts.

Am Montag, Herr Tesch, war im Rundfunk zu hören, in der Grundschule Selmsdorf fällt der Unterricht aus, weil die Lehrerstelle nicht besetzt ist, die Eltern übernehmen die Aufsicht über die Kinder. Andere melden sich dann auch wieder, geht nicht in Ordnung. Jetzt ist die Lehrerstelle ausgeschrieben. Ich darf daran erinnern, dass das Schuljahr am 23. August begonnen hat.

(Harry Glawe, CDU: Die war schon mal aus- geschrieben. Nun mal konkret, Herr Holter.)

Das ist genauso Fakt und genauso aktuell wie der Unterrichtsausfall an Berufsschulen und die hohen Schulabbrecherquoten. Wir konnten das am Wochenende in der Zeitung lesen. Und in der Tat, wenn Sie mit dem Thema der Aktuellen Stunde auf aktuelle Probleme aufmerksam machen wollen, dann reden Sie über die Folgen Ihrer eigenen Politik.

(Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Das hat etwas mit der Agenda 2010 zu tun, das hat etwas mit Hartz IV zu tun, und nicht nur heute haben wir es mit akuten Fällen von Ausgrenzung, Armut und fehlenden Chancen zu tun. Darum geht es doch und das muss thematisiert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Und deswegen bin ich eben der Überzeugung, wenn es der SPD nicht gelingt, sich zu emanzipieren und nicht nur zu tönen, dass Hartz IV einer Veränderung bedarf, sondern eine Kurskorrektur durchzuführen, werden wir das nicht erreichen, was alle übereinstimmend sagen, Kinder sind unsere Zukunft, und wir müssen mit Bildung und Wissenserwerb die entscheidenden Grundlagen für die zukünftige Entwicklung legen. Dann wird dieses Konzept nicht aufgehen.

Und es ist auch vollkommen richtig, da unterstütze ich den Ministerpräsidenten ausdrücklich, MecklenburgVorpommern allein wird diese Aufgabe nicht wuppen können. Wir brauchen die Unterstützung des Bundes und deswegen sollte es über einen Antrag, nicht über eine Aktuelle Stunde, tatsächlich zu einem gesellschaftlichen Konsens kommen,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

was wir denn vom Bund erwarten, um diese Chancengleichheit zu erreichen. Aber da trennen uns ja in der Tat Welten und diese Trennlinien muss man auch klar benennen.

Wir wollen in der Tat, dass alle, ob Alt oder Jung, gleiche Chancen in der Bildung haben. Wir wollen, dass alle den unbegrenzten Zugang zu allen Angeboten haben von Anfang an und lebenslang, denn Bildung bezieht sich nicht nur auf die Kita und die Schule, sondern geht weit darüber hinaus. Und wir müssen über Rahmenbedingungen reden, Rahmenbedingungen wie Selbstständige Schule und wie Ganztagsschule, darüber ist ja auch schon gesprochen worden. Und ich bin genauso wie Sie, wie die SPD, der Überzeugung, die Bildungschips, die jetzt eingeführt werden sollen für die Kinder in Hartz-IVFamilien, können die Angebote in der Ganztagsschule nicht ersetzen.