Protokoll der Sitzung vom 13.10.2010

Auch fehlt mir in dieser Unterrichtung die Aussage darüber, in wie vielen beziehungsweise in welchen Fällen von den insgesamt 1.437 Anliegen – die Zahl finden Sie dort in der Unterrichtung – keine Hilfe beziehungsweise auch nur teilweise Hilfe erreicht werden konnte und welche Ursachen es dafür gab und gibt.

Die Arbeit des Petitionsausschusses können Sie sehen, wenn wir Ihnen die Sammelübersicht vorlegen. Dort haben wir alle Petitionen, die mit Erfolg und auch ohne Erfolg bearbeitet wurden, aufgelistet und daraus können Sie ersehen und errechnen, dass beim Petitionsausschuss in der Regel 20 Prozent – mal mehr, mal weniger – der Anliegen positiv, entweder ganz oder teilweise den Anliegen entsprochen werden konnte. Aus diesem Bericht kann ich nichts dergleichen ersehen. Ich habe keine Übersicht, wie das Verhältnis denn nun ist, in wie vielen Fällen Sie helfen können, in wie vielen Fällen Sie nicht helfen können. Und sind Sie – das möchte ich auch wissen – durch Ihre persönlichen Beratungen und Sprechstunden vor Ort vielleicht effektiver als der Petitionsausschuss? Darüber hätte ich ganz gerne auch was erlesen. Das war nicht möglich, Herr Schubert.

Ich möchte also, um das zusammenfassend zu sagen, nicht eine Unterrichtung mit Lobliedern oder eine Selbstbeweihräucherung, ich möchte eine realistische oder eine reale Unterrichtung, auch mit Darstellungen, was ist erreicht worden und was ist nicht erreicht worden.

Worum bat der Bürgerbeauftragte nun, was mahnt er an und was soll durch Politik und Verwaltung geändert werden? Einige Punkte hat der Bürgerbeauftragte angesprochen: das Ordnungswidrigkeitsgesetz. Dort haben wir gehört, dass am 06.10. die Beratung erfolgt ist. Bleiben Sie dran, Herr Schubert! Wir sind daran interessiert, wie sich das nun auch auswirkt in den einzelnen Ordnungsämtern, ob sie Gebrauch machen von dem, was besprochen wurde.

Dann haben Sie die Krankenversicherung angesprochen. Auch das finde ich in Ordnung. Allerdings, ich finde den Weg in Ordnung, wenn es jetzt auch über den Petitionsausschuss geht. Allerdings hatte nicht der Petitionsausschuss versprochen, eine schnellstmögliche Lösung des Problems seinerzeit im April 2009 herbeizuführen, sondern das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Gut, wenn es über diesen Weg nicht gelöst werden konnte, versuchen wir einen anderen Weg. Auch da bleiben Sie bitte dran und wir werden hören, was da dann herauskommt.

Ein dritter Punkt: Da hatten Sie eingefordert, damit der Prozess der barrierefreien Gestaltung von Arzt- und Zahnarztpraxen konsequenter berücksichtigt wird, sollten die Förderungen für Niederlassungen an den barrierefreien Zugang beziehungsweise an die Barrierefreiheit geknüpft werden – ein ehrenwertes Vorhaben. Allerdings

meine Vorstellungen jetzt: Wie soll das passieren? Welche Vorstellungen haben Sie da? Gibt es Ihrerseits für die nächsten Haushaltsberatungen schon Größenordnungen, Vorstellungen oder was brauchen wir überhaupt? Ich denke, wenn ich so eine Anregung gebe, muss ich schon mal überlegen, was könnte dabei herauskommen.

Und viertens. Der Bürgerbeauftragte regt an, in den neuen Kreisen hauptamtliche Behindertenbeauftragte einzusetzen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Herr Schubert, aber das wissen wir beide, Sie genauso gut wie ich, dass das Aufgabe der neuen Kreise ist, dass es also kommunale Entscheidungen dann vor Ort gibt. Und wir, meine Fraktion jedenfalls, werden einen Teufel tun, denen was vorzuschreiben. Denn Sie wissen auch, Sie kennen das Sprichwort: „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen.“

(Irene Müller, DIE LINKE: Richtig.)

Und darüber, denke ich, ist das letzte Wort lange, lange nicht gesprochen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Aber, Herr Schubert, meine Damen und Herren, trotz kritischer Anmerkung meinerseits, an der einen oder anderen Stelle wissen wir, welche Mühe und Zähigkeit oftmals nötig ist, die Mühlen der Bürokratie so zu bewegen, dass Ermessensspielräume ausgeschöpft werden, um damit den Bürgerinnen und Bürgern zu helfen. Dafür Ihnen und Ihrem Team Dank.

Wer wüsste es besser als die Mitglieder des Petitionsausschusses, wenngleich für die gute Zusammenarbeit zwischen Ihnen als Bürgerbeauftragter und uns als Petitionsausschuss in der Unterrichtung lediglich ein Siebenzeiler zu finden war. Aber vielleicht sollten wir über die Zusammenarbeit nochmals reden. Zumindest beantrage ich schon jetzt, Sie in den Petitionsausschuss einzuladen, um über die Beantwortung der Fragen und um über die ständige Aktualität dessen, was erreicht wurde, zu streiten beziehungsweise zu diskutieren. Es ist ja inzwischen ausreichend Zeit vergangen und es wird auch noch Zeit vergehen und ich denke, wir werden dort dann sicher noch über die eine oder die andere Möglichkeit zu reden haben. Und dann wird vielleicht aus dem Siebenzeiler ein Zehnzeiler, Herr Schubert.

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Irene Müller, DIE LINKE)

Insofern herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Frau Peters.

Das Wort hat jetzt noch einmal die Abgeordnete Frau Borchardt für die Fraktion, diesmal für DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war jetzt schon ein bisschen irritiert, aber so ist das mit den Irritationen. Ich denke, Herr Schubert, den Hinweis, den Sie uns gegeben haben, den nehmen wir auf. Wir prüfen das noch mal. Wenn es ein Missverständnis war, werden wir das sicherlich auch beachten für die Zukunft beziehungsweise in unserer guten Zusammenarbeit dann eventuell auch noch mal abstimmen, wie die einzelnen Schlussfolgerungen gewesen sind.

(Harry Glawe, CDU: Das wird man sehen.)

Meine Damen und Herren, dieser Bericht, und ich glaube, da stimmen Sie mir zu, ist zweifelsfrei der emotionsgeladenste Bericht eines Bürgerbeauftragten, den ich zumindest kenne. In analysierter Form finden wir Darstellungen Betroffener im Bericht, die in beeindruckender Weise Leidenswege in DDR-Kinderheimen beziehungsweise Jugendwerkhöfen beschreiben. Besonders betroffen machen die Folgen, die dieser Leidensabschnitt auf die persönliche und berufliche Entwicklung jedes Einzelnen hatte und bis heute prägend für die gesamte Lebenssituation der Betroffenen ist.

Wir haben uns in der Aprilsitzung sehr umfänglich mit diesem Thema und jeglicher Art von Gewalt an Kindern und Jugendlichen befasst. Auch im Europa- und Rechtsausschuss stand diese Thematik mehrfach auf der Tagesordnung. Gewalt und Missbrauch an Kindern ist noch nie so intensiv wie in diesem Jahr in die Öffentlichkeit gedrungen. Und das ist gut so. Denn es muss uns gemeinsam gelingen, dass Gewalt und Missbrauch zunehmend weder tabuisiert werden noch mit dem Mantel des Schweigens zugedeckt werden.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die öffentliche Wahrnehmung, das Einrichten des Runden Tisches gegen Kindesmissbrauch, die Tätigkeit vieler Beratungsstellen für Opfer sexueller Gewalt, aber auch Kinder- und Jugendberatungsstellen tragen hoffentlich dazu bei, dass weniger Gewalt stattfindet oder zumindest den Opfern eher und besser geholfen werden kann. Ich erwarte mit Spannung den von der Sozialministerin Schwesig für zum Jahresende angekündigten Zwischenbericht des Runden Tisches zur Arbeit der drei Arbeitsgruppen. Ich erwarte aber auch von der Landesregierung, dass übergreifend auch in Anerkennung der vorhandenen Defizite Lösungsmöglichkeiten gesucht werden, auch in Anerkennung der Möglichkeiten, die bisher im Land Mecklenburg-Vorpommern zur Hilfe und Unterstützung von Opfern bereits vorhanden sind.

Diese öffentliche, auch durch uns geführte Debatte erweckt Hoffnung bei den Bürgerinnen und Bürgern, die wir aus unserer Sicht auf keinen Fall enttäuschen dürfen. Deshalb freue ich mich persönlich, dass wir uns im Europa- und Rechtsausschuss unter den demokratischen Fraktionen darüber einig sind, fraktionsübergreifend dem Landtag eine entsprechende Beschlussvorlage mit konkreten Maßnahmen vorzulegen. Ich denke, und auch darüber waren wir uns einig, dieses Thema sollte niemand von uns parteipolitisch missbrauchen. Dass die NPD-Fraktion es tut, zeigt deutlich, dass Ihnen kein Thema zu schade ist,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

um bei den Bürgerinnen und Bürgern zu punkten. Aber es zeigt auch Ihre moralische Verkommenheit.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Stefan Köster, NPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, der Bürgerbeauftragte hat auf ein weiteres Problem aufmerksam gemacht, ein Problem, bei dem er leider nicht helfen konnte. Wenn Selbstständige in Insolvenz gehen oder zu wenige Einnahmen erzielen, dass sie in Hartz IV abrutschen, wird bei privater Krankenversicherung nur ein Teil der privaten Krankenversicherungsbeiträge bezahlt. Die eigentlichen Beiträge liegen jedoch viel höher und sie steigen mit dem Alter. Aus dem Regelsatz von Hartz IV ist die Differenz

nicht aufzubringen. Die Folge ist, die Betroffenen geraten tiefer in die Schuldenfalle. Der Bürgerbeauftragte Schubert bat ausdrücklich um eine Initiative des Landes auf Bundesebene, indem er anregte, dass sich die Landesregierung dieses Problems annimmt.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Hört, hört! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Soweit uns bekannt ist, hat die Landesregierung diesbezüglich noch keine Initiative ergriffen. Es wäre schön, wenn es anders wäre.

Vielleicht kann sich die zuständige Ministerin dazu noch äußern, um das Problem noch klarer darzustellen. Bisher urteilten die Landessozialgerichte dazu unterschiedlich. Mal muss der volle Betrag bezahlt, mal nur ein anteiliger Betrag übernommen werden. Bis Ende 2008 war eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung bei Hartz-IV-Bezug vorgesehen. Erst seit 2009 ist ein Verbleib in der privaten Krankenkasse gesetzlich zementiert worden.

Eine schnelle Klarstellung muss diesbezüglich her. Es kann nicht sein, dass wir auf der einen Seite beklagen, dass sich zu wenige selbstständig machen, und sich auf der anderen Seite die Risiken für den Einzelnen, der den Mut aufbringt, weiter erhöhen. Mit Unternehmenskultur hat das aus unserer Sicht wenig zu tun. Und wie schnell und ohne eigenes Verschulden eine Insolvenz vor der Tür stehen kann, das brauche ich wohl hier an dieser Stelle nicht zu betonen. Der Handlungsbedarf der Politik ist offensichtlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in den Fachausschüssen wurden weitere Probleme angesprochen. Wir gehen davon aus, dass die Erledigung und die weitere Debatte im Fokus der weiteren Arbeit stehen werden. Die Fraktion DIE LINKE möchte sich abschließend beim Bürgerbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Arbeit im vergangenen Jahr bedanken. Wir stimmen der Beschlussvorlage des Petitionsausschusses zu. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Borchardt.

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Petitionsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/3819, die Unterrichtung durch den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf Drucksache 5/3354 verfahrensmäßig für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses auf Drucksache 5/3819 einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Europa- und Bundesangelegenheiten, Justiz, Verfassung, Geschäftsordnung, Wahlprüfung und Immunitätsangelegenheiten – Ermächtigungen zur Strafverfolgung gemäß § 90b Abs. 2 und § 194 Abs. 4 Strafgesetzbuch, Drucksache 5/3815.

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Europa- und Bundesangelegenheiten, Justiz, Verfassung, Geschäftsordnung, Wahlprüfung und Immunitätsangelegenheiten Ermächtigungen zur Strafverfolgung gemäß § 90b Abs. 2 und § 194 Abs. 4 Strafgesetzbuch – Drucksache 5/3815 –

Gemäß Paragraf 70 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung entscheidet der Landtag über die Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses ohne Aussprache.

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses auf Drucksache 5/3815 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses auf Drucksache 5/3815 bei Zustimmung der Fraktion der SPD, der CDU, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der FDP, aber Ablehnung der Fraktion der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Zukunft ländlicher Räume in Mecklenburg-Vorpommern sichern, Drucksache 5/2788, hierzu Änderungsantrag der Fraktion der FDP, auf Drucksache 5/2821, und Beschlussempfehlung und Bericht des Agrarausschusses auf Drucksache 5/3820.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Zukunft ländlicher Räume in Mecklenburg-Vorpommern sichern – Drucksache 5/2788 –

Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/2821 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Agrarausschusses – Drucksache 5/3820 –