Protokoll der Sitzung vom 17.11.2010

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts, Frau Müller, aus dem Jahr 2000 ist so, wie der Ministerpräsident es vorgetragen hat. Ich will allerdings ergänzen, dass das Bundessozialgericht gesagt hat, eine Vergünstigung im Bereich Gebühren – damals ging es um Gebühren – wäre nur dann zulässig, wenn dies nicht auf Kosten der anderen Gebührenzahler gehen würde, Herr Ministerpräsident. Das ist nämlich der Grundsatz, das wissen Sie als früherer Verwaltungsrichter mindestens so gut wie ich, wenn das in den Gesamttopf der Gebührenpflichtigen geht. Da müsste man, wenn man will, intelligente Lösungen finden, damit das nicht stattfindet, wie wir das in anderen Bereichen von Befreiung auch gemacht haben.

Was nicht richtig ist, ist, dass die Verpflichtung zum Nachteilsausgleich immer bedeutet, dass von öffentlichen Lasten zu hundert Prozent abgesehen wird. Das stimmt so nicht. Das ist kein Verstoß, Frau Müller, gegen Bundesrecht, sondern der Nachteilsausgleich bedeutet, dass eine Vergünstigung, wie Sie mit Recht gesagt haben, unabhängig vom Einkommen, aber nicht eine hundert …

(Irene Müller, DIE LINKE: RF bedeutet Rundfunk- und Fernsehgebührenbefreiung.)

Sie haben hier sehr viel Redezeit in Anspruch genommen und Sie reden immer dazwischen. Das ist etwas schwierig, wirklich, ernsthaft.

(Irene Müller, DIE LINKE: Nein, das ist nicht schwierig. Sie müssen mir mal zuhören.)

Ach, Frau Müller, ich habe Ihnen zugehört. Sie haben hier ja auch Dinge gesagt, die ich angeblich gesagt habe, was mich ein bisschen befremdete, denn ich war in dem Saal, über den Sie geredet haben. Da waren Sie aber nicht. Aber das ist manchmal so schwierig.

(Irene Müller, DIE LINKE: Ja, ich war das letzte Mal im Landtag, als Sie über mich geredet haben.)

Noch mal, damit wir uns alle verstehen, damit wir nicht hinterher rausgehen und sagen, das war missverständlich: Der Nachteilsausgleich ist vorgesehen, es steht aber nirgends, dass er zu hundert Prozent eine Gebühr auf null schreiben muss. Das ist, glaube ich, unstrittig.

(Irene Müller, DIE LINKE: RF heißt Gebührenbefreiung.)

Frau Müller, ich will Ihnen aber auch etwas sagen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Ja.)

So sehr ich Verständnis für das Bestreben habe, besondere Vergünstigungen, die das bisherige Gebührenrecht vorgesehen hat, beizubehalten, muss ich sagen, das sind nicht die Hauptkinken in diesem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag.

(Irene Müller, DIE LINKE: Trotzdem muss man darüber reden.)

Ich sehe noch einen ganz erheblichen Beratungsbedarf und deswegen ist Ihr Antrag viel zu kurz, denn da muss ich dem Ministerpräsidenten nun wirklich recht geben, es hängt da alles miteinander zusammen. Wenn Sie auf der einen Seite etwas wegnehmen, müssen Sie es auf der anderen Seite dazutun.

Die FDP hat geglaubt, wir sagen einfach, die Unternehmer zahlen nix, und dann wäre es ja vollkommen logisch, da müssen die Gebühren-, die Beitragszahler aus dem privaten Bereich mehr zahlen. So spielen wir nicht miteinander. Aber richtig ist an dieser Betrachtungsweise, wenn ich auf der einen Seite entlaste, muss ich auf der anderen Seite mehr belasten, und da gibt es noch ein paar Unregelmäßigkeiten bei dem letzten Stand, der uns allen vorliegt, den Sie alle zur Verfügung haben.

Nämlich, das will ich auch sagen, erstens darf ich feststellen, dass die schon vorgetragene Kritik zu einer Reihe von durchaus anerkennenswerten Verbesserungen geführt hat. Ich habe hier manchmal rumgekrittelt, deshalb gehört es sich auch, dass man sagt, wenn ich mir jetzt die Fassung ansehe, sind viele der Dinge, die wir vorgetragen haben, in Gesprächen, und die muss man dann auch wahrnehmen, wenn sie angeboten sind. Und der Chef Ihrer Staatskanzlei hat sie angeboten, sie sind nur nicht immer so hinreichend wahrgenommen worden. Wir beide waren fast immer allein, Frau Schildt.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Aber wir haben jedenfalls die Möglichkeit genutzt und …

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Na ja, Herr Jäger, da sag ich jetzt was dazu. Also wenn Sie das jetzt so unterstellen, dann sag ich da was dazu.)

Ja, entschuldige, Andreas, sorry! Bei der letzten Besprechung waren wir beide allein. Das war richtig kuschelig.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das weiß ich. Da sag ich was.)

Wir haben uns auch nett unterhalten, Andreas, sorry!

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Da sag ich was. Diese Unterstellung lass ich so nicht stehen. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Andreas, das ist keine Unterstellung, das ist eine Feststellung.

(Zurufe von Andreas Bluhm, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Nein, nein, wir hätten dich …

(Zuruf von Andreas Bluhm, DIE LINKE)

Andreas, komm, lass uns das ein anderes Mal bereden! Wir klären das ein anderes Mal.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Erzählen Sie doch nicht solche Parolen! – Glocke der Vizepräsidentin)

Fest steht jedenfalls, dass hinreichend informiert worden ist. Das ist das, was ich …

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das hab ich auch nicht geleugnet.)

Okay, dann ist es ja gut. Was ich eingefordert habe, haben wir gekriegt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann nehmen Sie Ihre Behauptung zurück!)

Ich habe noch einige Dinge, die einfach nicht passen. Und das ist zum Beispiel der Bereich der Nebenwohnung.

(Irene Müller, DIE LINKE: Darum geht’s bei dem Antrag aber nicht. Mal nichts vermischen!)

Das ist für unser Land schädlich. Wir haben viele Leute, die zu ihrer Berufsstätte fahren müssen, weil sie sie hier noch nicht haben.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das ist kein Luxus, wenn sie dort eine Nebenstätte haben, eine Nebenwohnung haben. Das wird aber nach der derzeitigen Fassung, Herr Ministerpräsident – da empfehle ich, doch noch einmal nachzusehen –, nicht berücksichtigt. Das belastet diese Menschen doppelt. Und es ist eigentlich auch nicht verständlich, wenn ich sage, das ist ein Beitrag, und dann zahle ich den bitte nur einmal, und nicht, weil ich noch eine Wohnung habe. Das ist nicht einzusehen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Es wäre mir lieber, wenn Sie zu meinem Antrag sprechen würden.)

Das Zweite ist, zu den Behinderten sage ich jetzt noch mal:

(Irene Müller, DIE LINKE: Behinderte Menschen heißt das.)

Wenn es eine Möglichkeit gibt, in Übereinstimmung mit dem Urteil des Bundessozialgerichts aus 2000 eine bessere Regelung zu treffen, würde ich dem gern zustimmen. Das habe ich hier zugesagt in diesem Saal vor den Leuten, die hier waren, und das will ich hier auch an diesem Pult noch mal sagen, aber es muss dann einen Ausgleich geben.

(Irene Müller, DIE LINKE: Es muss überhaupt keinen Ausgleich geben.)

Was richtig schwierig wird, ist, dass wir mit der neuen Belastung oder mit der neuen Heranziehung der Betriebe, Herr Ministerpräsident, eine arbeitsmarktpolitisch schwierige Situation schaffen, indem wir nämlich auf die Pro-Kopf-Zahl gehen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist alles nicht zu meinem Thema.)

Wir wissen, dass es Leute mit nicht hundert Prozent Beschäftigung gibt, und ich möchte nicht, dass über die Regelung, die wir hier haben, der Anreiz geschaffen wird, minderwertige Arbeitsverhältnisse anzubieten, weil man dann die Staffel umlaufen kann. Ich sage das jetzt mal so ein bisschen nebulös, das ist aber auch vorgetragen worden in der Anhörung.

(Irene Müller, DIE LINKE: Und die schlechte Stellung der Menschen mit Behinderungen.)

Und schließlich, das ist mein Hauptpunkt, ist es völlig systemwidrig, dass über die Hintertür wieder die Gerätebezogenheit reingekommen ist, nämlich die Autos – völlig widersinnig, sagt auch jeder, sagt auch das Gutachten Kirchhoff. Ich weiß, dass wir da über einen Betrag von 280 Millionen Euro Beitragsaufkommen reden. Trotzdem frage ich mal: Was machen die Firmen mit Tageszulassung? Was macht der Handwerksmeister, der, wie bei uns im Lande üblich, nicht nur einen Betriebswagen hat, mit dem er selbst fährt, sondern den Kleinbus, mit dem seine Leute nach Hamburg fahren, und das Fahrzeug mit Anhänger, mit dem die Gerätschaften zur Baustelle geschafft werden?

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist immer noch nicht zum Thema Schlechterstellung.)

Der wird ziemlich stark belastet. Meine Bitte wäre, dass man noch einmal prüft, ob man nicht für die Betriebe, für die Wirtschaft eine einheitliche Regelung findet. Die kann man rechnen, soviel ich weiß. Wir reden von einem Gesamtvolumen von 7 Milliarden im Jahr und da ist das …

(Michael Roolf, FDP: 7,3 Milliarden!)