Protokoll der Sitzung vom 17.11.2010

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Hier eine Verbindung herzustellen, ist in hohem Maße unredlich und wirft ein bezeichnendes Licht auf Ihren Charakter.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Richtig ist, dass die Bundeswehr ihren Auftrag neu definieren will, nachdem der Kalte Krieg vorbei ist und die unmittelbare Landesverteidigung immer weiter in den Hintergrund tritt.

(Michael Andrejewski, NPD: Das kann jederzeit anders werden.)

Deshalb hat die Bundesregierung Folgendes entschieden, unter anderem:

1. die Wehrpflicht faktisch abzuschaffen, was ich persönlich für grundlegend falsch halte,

(Michael Roolf, FDP: Auszusetzen! Auszusetzen!)

2. die Führungsstrukturen wesentlich zu verschlanken und

(Zurufe von Gino Leonhard, FDP, und Udo Pastörs, NPD)

3. die Bundeswehr zu einer verkleinerten Interventionsarmee aus Berufssoldaten umzustrukturieren.

Wer das mitbeschlossen hat – wie Sie, meine Damen und Herren von der FDP –, kann sich doch hier nicht hinstellen, mit dem Finger auf andere Leute zeigen und sagen: Ihr seid schuld. Das gibt’s doch gar nicht!

(Udo Pastörs, NPD: Herr Nieszery ist schuld.)

Für diese Entscheidung, meine Damen und Herren, tragen Sie ganz alleine auch die Verantwortung.

(Zurufe von Gino Leonhard, FDP, und Udo Pastörs, NPD)

Und Sie sollten auch dazu stehen. Alles andere ist feige.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Diesen eben genannten Strukturveränderungen liegen offenkundig umfangreiche Neubeschreibungen der Aufgaben unserer Bundeswehr zugrunde.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, ja. Definieren Sie „Pentagon“!)

Hierzu hat der Bundesverteidigungsminister erst vor Kurzem klar Stellung bezogen, indem er die militärische Sicherung der wirtschaftlichen Interessen – der wirtschaftlichen Interessen! – Deutschlands als wesentliche Aufgabe von Bundeswehreinsätzen definiert hat.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Köhler musste dafür gehen.)

Wir Sozialdemokraten, meine Damen und Herren, sagen an dieser Stelle klar und deutlich: Niemals, niemals darf militärisches Denken zum Fundament unserer Zukunftssicherung werden!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Abgesehen von diesem hochbrisanten Thema, das noch oft und kontrovers zu diskutieren sein wird, müssen wir jedenfalls davon ausgehen, dass es im Zuge der Reform zu einem erheblichen Personalabbau bei der Bundeswehr kommen wird. Dieser wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht spurlos an Mecklenburg-Vorpommern vorübergehen, allein schon deshalb nicht, weil wir im Vergleich zu anderen Bundesländern eine sehr hohe Dienstpostendichte im Land haben. Sie könnte unter den geplanten Zentralisierungen leiden.

Deshalb unterstützen wir die Verhandlungen zwischen Innenminister Lorenz Caffier und dem Bundesverteidigungsminister mit aller Kraft und hoffen, dass unser Land nicht allzu sehr unter möglichen Standortschließungen leiden wird. Eine Aufforderung der FDP, hier die Landesinteressen zu vertreten, die ihre eigenen Kollegen in Berlin offensichtlich mit Füßen treten, ist mehr als überflüssig, eigentlich gar skurril.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit einem klaren und eindeutigen Bekenntnis zu unserer Bundeswehr werden wir daher Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Dr. Nieszery.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Fraktionsvorsitzende Herr Pastörs. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man hat so den Eindruck, dass der Herr Dr. Nieszery meine Rede von vor zwei Jahren hier gehalten hat,

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da würden mir die Finger abfallen. – Zuruf von Angelika Peters, SPD)

als wir genau gefordert haben: Raus aus Afghanistan!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das würde ich nie tun. Das habe ich gar nicht nötig, Herr Pastörs.)

Hier ist jemand offensichtlich vom Saulus zum Paulus geworden.

(Irene Müller, DIE LINKE: Herr Pastörs, Sie überhöhen sich maßlos. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Aber ich komme an sich zum Antrag der FDP und will mich nicht auf die heuchlerische Argumentation des Dr. Nieszery näher kaprizieren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Was habe ich denn geheuchelt?)

Zunächst mal muss ich sagen, der Herr Ministerpräsident hat sich ganz deutlich gegen die Bundeswehr in Position gebracht und hat eben hier versucht, natürlich den richtigen Adressaten zu nennen, nämlich die Bundesregierung. Das musste er wohl tun, weil ansonsten der Eindruck entstehen könnte, dass die Leute draußen wirklich erkennen, wie dieser Mann zu unseren Streitkräften steht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Der hat kein gestörtes Verhältnis, so wie Sie, Herr Pastörs. Haben Sie mal einen Eid geleistet?)

Was die FDP angeht, muss ich sagen, immer dasselbe Muster: Wenn’s ums Geld geht, setzt bei Ihnen der Verstand aus.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Michael Andrejewski, NPD: Dazu muss man erst mal einen haben.)

Sie haben von Militärstrategien, von Planungen, von Grundlagenüberlegungen, von globalem Denken, was die Militärdoktrin angeht, unter der ja im Moment auch die Einsätze der Bundeswehr geplant und durchgeführt werden, überhaupt gar keine Ahnung.

(Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Sie betrachten Militär aus dem Blickwinkel eines Krämers und nicht aus dem Blickwinkel einer politischen, militärpolitischen und wirtschaftlichen Weltperspektive. Das tun Sie nicht. Das können Sie gar nicht. Dazu sind Sie viel zu kleinkariert in Ihrem Weltbild.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Also militärpolitische Weltperspektiven hatten wir schon.)

Grundgedanke der Bundeswehr war der Staatsbürger in Uniform,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

in erster Linie – ich habe den Rock auch getragen –, in erster Linie verfasst auf einem Gedankengebäude,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

für das Wolf Graf von Baudissin den Begriff des „Staatsbürgers in Uniform“ überhaupt erst in die Welt gesetzt hatte. Er wollte den politisch mitverantwortlichen Soldaten hervorbringen, dessen Denken und Handeln mit einer vorgegebenen Denkauffassung von Demokratie lebendig machen. Dies sollte die allgemeine Wehrpflicht sicherstellen. Lammert sprach sogar kürzlich von der „Parlamentsarmee“, vor einigen Wochen. Dazu fiel mir ganz spontan ein: Sprung auf, marsch, marsch, für Frau Merkel und für Herrn zu Guttenberg!

Aber wie anders ist die Realität mittlerweile? Die Realität ist so, dass wir seit 1990 militärische Operationen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu verzeichnen haben. Verantwortlich dafür war, Herr Dr. Nieszery, nicht die CDU/CSU, sondern verantwortlich dafür war natürlich auch Ihre Partei.