Protokoll der Sitzung vom 18.11.2010

Leider ist es so, dass die Landwirtschaft in der Bevölkerung immer weniger verankert ist

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

und somit die Bevölkerung immer weniger von der Landwirtschaft versteht. Gerade deshalb gelingt es einigen wenigen, die zweifelhafte bäuerliche Idylle aus vergangenen Zeiten positiv zu schildern. Wer sich allerdings wie ich an die Zeit vor 30 oder 40 Jahren zurückerinnern kann, der weiß, dass die landwirtschaftliche Produktion gerade im Bereich der Tierhaltung enorme Fortschritte zugunsten der Tiere, aber auch der Menschen realisiert hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Rudolf Borchert, SPD: Ja, die kriegen täglich Antibiotika.)

Aus diesem Grunde vertritt meine Fraktion die Auffassung, dass die landwirtschaftliche Nutztierhaltung im Einklang mit den berechtigten Interessen der Tierhalter und des Tierschutzes voranzubringen ist. Wir wollen, dass der Tierschutz auch in Zukunft weiterentwickelt wird und die Forschung, Beratung und der Berufsstand sich an dieser Weiterentwicklung beteiligen. Klar ist auch, dass dem Verbraucher gesagt werden muss, dass eine solche Entwicklung nicht zum Nulltarif zu haben ist. Radikale Anschläge auf Gebäude oder Verunglimpfung von Bürgern helfen uns bei dieser Aufgabe nicht weiter. Vor diesem Hintergrund fordere ich Sie auf, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Egbert Liskow, CDU: Bravo!)

Danke, Herr Timm.

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/3884. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/3884 bei Zustimmung der Fraktion der SPD und der CDU,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aber knapp, sehr knapp!)

Ablehnung der Fraktion DIE LINKE und der NPD sowie Enthaltung der Fraktion der FDP angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Tierschutz ist Verfassungsziel – Tierheime im Lande endlich wirksam unterstützen, Drucksache 5/3885.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Tierschutz ist Verfassungsziel – Tierheime im Lande endlich wirksam unterstützen – Drucksache 5/3885 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Schwebs von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 96.000 Euro pro Jahr, davon allein monatlich 2.500 für den Tierarzt, benötigt das Tierheim in Dorf Mecklenburg. 30.000 Euro im Jahr, also 2.500 Euro pro Monat, gibt der Gnadenhof in Sadelkow für die Aufnahme und Betreuung von Hunden, Katzen, Kaninchen und Meerschweinen und anderem Getier aus.

Aufgebracht werden diese nicht unerheblichen Summen in beiden Tierheimen wie auch in den anderen 22 Heimen in unserem Land durch Vereinsbeiträge, Spenden, Sponsoren, Erbschaften oder Tierpatenschaften, also weitgehend aus privaten Taschen, nicht durch die öffentliche Hand. Und mehr als 22.000 Menschen in unserem Land zählen sich zu den aktiven Tierschützern und leisten Tausende – in der Regel ehrenamtliche – Arbeitsstunden, um vergessenen, verstoßenen, überflüssigen, alten oder kranken Tieren eine zeitweilige oder dauerhafte artgerechte Unterbringung zu sichern. Nicht mitgezählt sind hier die finanziellen Mittel all derjenigen, die die immer größere Anzahl verwilderter Katzen füttern, teilweise medizinisch betreuen oder gar kastrieren lassen und damit Verantwortung übernehmen und all das aus eigener Tasche bezahlen.

Das alles, meine Damen und Herren, sind weder Kleinigkeiten noch Selbstverständlichkeiten, sondern ist einfache Einsicht in die Notwendigkeit und den daraus erwachsenden Tierschutz.

Die Situation der Tierheime gibt meiner Fraktion Anlass zum vorliegenden Antrag und ich möchte an dieser Stelle Mahatma Gandhi zitieren. Er sagte einmal: „Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt.“ Das hätte im Übrigen auch zum vorhergehenden Antrag gepasst.

Zahlreiche Meldungen in der Presse und persönliche Begegnungen mit Tierschützern in Tierheimen haben uns in den vergangenen Wochen nachdrücklich auf die ernste Situation in den 24 Tierheimen unseres Landes aufmerksam gemacht. Auf den Punkt gebracht lässt sich die Situation folgendermaßen beschreiben: Die Heime sind voll und Geld zur Betreuung der Tiere ist auch keines mehr da. Die Gründe für diesen misslichen Zustand sind allgemein gesagt zurückgehende Spenden und weniger Sponsoring, aber auch nicht ausreichende Zuschüsse der Kommunen und die wachsende Anzahl von Fundtieren. Viele Tierheime sind völlig überfüllt und die ehrenamtlichen Helfer mit der Situation überfordert.

Die Deutschen und mithin auch die Mecklenburger und die Vorpommern gelten als tierlieb. Immerhin werden deutschlandweit circa 8,2 Millionen Katzen und 5,4 Millionen Hunde als Haustiere gehalten. Aber, meine Damen und Herren, die sprichwörtliche Affenliebe der Deutschen zu ihren Haustieren hat offensichtlich dort Grenzen, wo Hund und Katze zur ungewollten Belastung werden, sei es, weil man in den Urlaub fahren will oder aber das Tier nicht mehr bezahlen kann. Dann werden sie ein

fach, genau wie viele andere Haustiere, abgeschoben und fallen damit in die Verantwortung der öffentlichen Hand – eine Vorgehensweise, die ich persönlich überhaupt nicht nachvollziehen kann, für die ich auch kein Verständnis aufbringen mag.

Die Tierheime hingegen sorgen sich mit vielen ehrenamtlichen Helfern um jedes bedürftige Tier rund um die Uhr. Sie helfen, ohne zu zögern, denn Tierheime sind Tierschutzeinrichtungen. Aber die Tierheime übernehmen auch Verpflichtungen der Kommunen, ohne dafür die Kosten ausreichend erstattet zu bekommen, denn die Kommunen übernehmen die Kosten für Fundtiere in aller Regel nur für 28 Tage, obwohl im BGB gesetzlich geregelt ist, dass Fundsachen sechs Monate aufzubewahren sind.

Und natürlich, meine Damen und Herren, versuchen die Tierheime, die Tiere so schnell wie möglich wieder zu vermitteln. Aber leider hat sich die durchschnittliche Verweildauer der Tiere in den letzten Jahren von circa 30 Tagen im Jahr 2005 auf 180 Tage im vergangenen Jahr erhöht. Viele Tiere sind auch nicht mehr zu vermitteln, weil sie gerade wegen ihres Alters von den Besitzern ausgesetzt werden und sich die Besitzer die Tierarztkosten nicht leisten können, denn kein Tierarzt wird ein altes Tier einschläfern, wenn es dafür nicht einen hinreichenden Grund gibt.

Meine Damen und Herren, in unserer Verfassung ist ebenso wie im Grundgesetz der Tierschutz als Verfassungsziel verankert. Darauf sind wir zu Recht stolz. Allerdings ist es an der Zeit, dieses Ziel auch weiterhin mit Leben zu erfüllen. Deshalb hat sich meine Fraktion die Forderung der Tierheime und des Deutschen Tierschutzbundes zu eigen gemacht, nämlich dass die Kommunen, der Bund und die Länder den Tierschutz und im Besonderen das Engagement und die Aufgaben der Tierheime endlich besser und angemessen unterstützen, wie es in der Kampagne des Deutschen Tierschutzbundes „Rettet die Tierheime!“ gefordert wird.

Und selbstverständlich, meine Damen und Herren, wissen wir genau, dass es nicht so einfach geht, die Arbeit der Tierschützer im Land durch Regierung und Landtag wirksam zu unterstützen. Und ich will auch nicht verschweigen, dass das Land sich bisher auch eingebracht hat. Immerhin hat das Land seit 1993 mehr als 1,1 Millionen Euro an Tierschutzorganisationen in Mecklenburg-Vorpommern für den Neubau und die Sanierung von Tierheimen ausgereicht. Und mit der Richtlinie des Landes für die Gewährung von Zuwendungen für die Errichtung und den Ausbau von Tierheimen vom 14. Dezember 2005 wurden bestimmt viele Engpässe bei den Ausstattungen der Tierheime überbrückt. Dennoch zeigt die eingangs beschriebene Situation, dass wir auf dem Gebiet des Tierschutzes an einem Punkt angelangt sind, der schnelles und koordiniertes Handeln erfordert, um dem Verfassungsziel Tierschutz gerecht zu werden.

Wir begrüßen es, dass der Landestierschutzbeirat bereits heute an einem Tierheimkonzept arbeitet.

(Angelika Peters, SPD: Nicht nur der, nicht nur der.)

Ziel des Konzeptes sollte es nach unserer Auffassung sein, gemeinsam mit den Kommunen Strukturen zu schaffen, die es den Behörden ermöglichen, die Tiere ordentlich unterzubringen, sofern sie aus rechtlichen Gründen dazu verpflichtet sind. Erforderlich ist es, ausreichend geeignete Unterbringungsmöglichkeiten vor

zuhalten, die bei Bedarf jederzeit zur Verfügung stehen. Es kann beispielsweise vorkommen, dass die Behörden gezwungen sind, einem Halter mehrere Katzen oder Hunde wegzunehmen, aber kein Tierheim in der Lage ist, so viele Tiere aufzunehmen, weil die Kapazität erschöpft ist. Die Tierheime des Deutschen Tierschutzbundes Mecklenburg-Vorpommern könnten aber zum Beispiel in einem landesweiten Verbund solche Unterbringungsmöglichkeiten gegen Entgelt vorhalten und anbieten, eine gemeinsame Vermittlung zu organisieren.

Mit den Kommunen gemeinsam müssen auch schnellstens Lösungsmöglichkeiten für die Katzenproblematik gefunden werden, denn in den Tierheimen landesweit ist ein starker Zuwachs an abgegebenen zahmen Katzen zu konstatieren. Als Ursachen werden einerseits die ungewollte Vermehrung von nicht kastrierten Hauskatzen, andererseits aber auch die unkontrollierte Vermehrung wild lebender Katzen angesehen und von den Kommunen werden diese Tiere häufig nicht als Fundtiere anerkannt, da seitens der Verwaltung angenommen wird, dass es sich ausschließlich um verwilderte oder wild lebende Hauskatzen, nicht jedoch um verlorene Tiere handelt. Es werden dann auch keinerlei Kosten übernommen. Viele dieser Katzen sind ausgehungert und krank und marodieren unter den Singvögeln, was auch unter dem Aspekt des Naturschutzes nicht akzeptabel ist.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Inzwischen gibt es einige Städte in der Bundesrepublik, die per Allgemeinverfügung angeordnet haben, dass freigängerische Katzen gechippt oder tätowiert und vor allen Dingen kastriert werden müssen. Deshalb müsste auch die Kostenerstattung für ein solches Vorgehen der Kommunen mit diesem Konzept grundsätzlich geregelt werden. Wir sehen aber auch, meine Damen und Herren, dass das Land mit einem Alleingang hier finanziell überfordert ist. Deshalb Punkt 2 unseres Antrages.

Mit dem Punkt 3, meine Damen und Herren, möchten wir die Landesregierung auffordern, sich auf der Bundesebene für eine deutschlandweite Kampagne zum verantwortungsvollen Umgang mit Haustieren einzusetzen, denn das Problem der Tierheime gibt es nicht nur hier bei uns im Land, sondern bundesweit und wir halten die Information und Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Problematik des Tierschutzes mit seriösen Mitteln für außerordentlich wichtig. Aus diesem Grunde möchte ich Sie um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag bitten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Schwebs.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort hat zunächst gebeten der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herr Dr. Backhaus. Herr Dr. Backhaus, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Das zweite Thema in Richtung Tierschutz ist für mich wirklich ein Ansporn, auch deutlich zu machen, was wir in den letzten Jahren erreicht haben und zum anderen, wo es eben auch klemmt. Darauf ist zum Teil heute und eben gerade schon hingewiesen worden.

Ich glaube, wenn man etwas zusammenfassen kann, dann kann und könnte man die These in den Raum stellen: „Zeig mir dein Tier und ich sage dir, wer du bist“, oder: „Wer mit Tieren, mit der Natur umgeht, der wird auch gut mit Menschen umgehen“.

Und wenn ich mir den Antrag der Fraktion DIE LINKE anschaue, dann habe ich natürlich damit auch die Möglichkeit, deutlich zu machen, was wir im Tierschutz in Mecklenburg-Vorpommern leisten, welche Verantwortung das Land hat, und auf der anderen Seite, welche Probleme tatsächlich auch in den Tierheimen in Mecklenburg-Vorpommern existieren.

Ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass nun auch DIE LINKE der Auffassung ist und, wenn man es so will, sprichwörtlich auf den Hund oder die Katze gekommen ist,

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das bedurfte aber nicht dieses Antrages.)

um deutlich zu machen, d ass wir uns als Retter der Tierheime auch einsetzen wollen. Ich kann nur deutlich machen, entgegnen, es ist gut, dass Sie das anerkannt haben, aber auf der anderen Seite, Frau Měšťan, wenn ich nach Hagenow schaue, das wissen Sie, das Tierheim ist eines, …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Hier sitzt sie, hier.)

Ja, ich weiß, ich weiß.

… nehmen wir mit großer Trauer zur Kenntnis, dass das Tierheim eines der ersten ist, die in Mecklenburg-Vorpommern pleitegegangen sind. Welche Ursachen hat das? Ich will ausdrücklich sagen, ich glaube, da darf es hier auch keinen Widerspruch geben,

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

es gibt wohl keinen Widerspruch hier, es ist eine kommunale Aufgabe

(Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

und das Land flankiert, wo es möglich ist.