Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Um das Wort hat zunächst gebeten der Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Herr Schlotmann. Herr Schlotmann, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will noch mal etwas grundsätzlicher auf die Problematik eingehen, denn das Thema „Soziale Stadt“ ist ein wichtiger, ein entscheidender Teil, aber eben nur ein Teil des ganzen Problems der Städtebauförderung.
Meine Damen und Herren, der Haushaltsausschuss des Bundestages, das wissen Sie wahrscheinlich alle, hat die Kürzung der Städtebaufördermittel von 610 Millionen Euro auf 455 Millionen Euro tatsächlich beschlossen. Grundsätzlich dazu: Eine Halbierung der Halbierung ist aus meiner Sicht ein existenzielles Problem.
Ich will darauf hinweisen und gleichzeitig den Appell an die Mitglieder dieses Landtages richten: Viele von Ihnen kommen im wohlverstandenen Sinne zu mir und werben für Projekte in ihren Bereichen, in ihren Wahlkreisen. Diese Projekte werden zusammengestrichen werden müssen, wenn das passiert, was der Haushaltsausschuss dem Bundestag vorgeschlagen hat. Wir reden hier immer noch über eine 25-Prozent-Kürzung, 25 Prozent, ein Viertel der Mittel.
Da muss ich sagen, ich habe da ein Problem damit, insbesondere auch, wenn ich manche Begründungsszenarien zur Kenntnis nehme, insbesondere aus dem Süden der Republik. Ich sage das hier so offen. Einige Vertreter dort haben hinter vorgehaltener Hand erklärt, na ja, das Thema „Soziale Stadt“ – das ist ja sozusagen das Hauptschlachtfeld, wo am meisten gekürzt werden soll –, das sei eh ein Programm, so eine Art postkommunistische Spielwiese.
Meine Damen und Herren, ich glaube, hier haben sich einige ideologisch völlig vergaloppiert, weil ich hier viele CDU-Kollegen und auch FDP-Kollegen kenne, die sehr wohl Befürworter dieses Programms „Soziale Stadt“ sind, weil sie sehen, was vor Ort an Sinnvollem da passiert. Ich erinnere einfach daran, dass zukünftig mit Augenmaß bei Projekten, wo sich dann herausstellt, dass sie dann noch mal ein paar Hunderttausend Euro
mehr kosten, dass das in Zukunft noch viel weniger möglich sein wird, als das bisher der Fall gewesen ist, das auszufinanzieren.
Ich bin auch Realist genug, um mir vorzustellen, was der Bundestag in seiner Mehrheit beschließen will. Ich kann Ihnen nur noch mal sagen, ich werde bis zuletzt versuchen, im Interesse Mecklenburg-Vorpommerns hier Gegenwehr zu organisieren. Ich habe persönlich jeden Bundestagsabgeordneten einzeln angeschrieben, keinen allgemeinen Brief, sondern jeden einzelnen.
Und interessanterweise habe ich von allen Fraktionen auch Antworten bekommen und durch die Bank – und zwar von allen, CDU, FDP, SPD, Grüne, DIE LINKE – immer positive Reaktionen.
Die spannende Frage wird ja sein, wie man sich dann tatsächlich in der Abstimmung im Bundestag verhält, weil da muss man die Kolleginnen und Kollegen an ihren Taten messen und nicht nur an ihren Worten.
Trotzdem – und da liegen wir ein Stück weit auseinander, ich habe das im Gesamtzusammenhang Städtebauförderung auch das letzte Mal gesagt – ist es aus meiner Sicht zumindest nicht hilfreich, jetzt über Verteilung von Mitteln innerhalb der Städtebauförderung groß zu diskutieren, die wir nämlich noch gar nicht haben.
Das heißt, wir wissen nicht, wie die 28,5 Millionen Euro verteilt werden. Wir wissen auch nicht, ob die Solidarpaktzusagen eingehalten werden, denn ich habe gestern noch ein Schreiben von Herrn Ramsauer auf dem Tisch gehabt, wo er sich ganz klar zur Einhaltung der Festlegungen im Solidarpakt bekennt. Aber das eine schließt eigentlich diese Kürzung dann wiederum an der Stelle aus. Also so ganz ist mir noch nicht klar, wo die Reise in der nächsten Woche im Bundestag hingeht. Deswegen sage ich, wir wissen auch nicht mit letzter Sicherheit, was der Bundestag beschließen wird.
In dieser Situation selbst vorzupreschen und zu sagen, was wir noch brauchen und was nicht, denn das ist dann immer der Umkehrschluss, und das im Wesentlichen mit Pressemitteilungen oder Ähnlichem, das, ist meine Auffassung, macht dem Bund die Kürzung für MecklenburgVorpommern gerade leichter, nicht mehr und nicht weniger.
Meine Damen und Herren, noch ein paar Worte zum Inhalt des Antrages, dessen Zielrichtung ich teile. Ich halte wirklich nichts davon, Stadtentwicklung allein – ich betone, allein – auf Investitionen in Gebäude zu beschränken. Es geht letztendlich auch bei der Städtebauförderung und der Stadtentwicklung darum, Städte lebenswerter zu machen. Es geht nämlich auch immer um die Menschen, die diese Städte bevölkern, die dort leben. Sie sollen sich in ihrer Stadt wohlfühlen können und sie sollen sie auch mitgestalten können. Ich glaube, da ist es unbestritten, dass ein lebendiges Stadtteilzentrum genauso wichtig oder vielleicht manchmal sogar wichtiger sein kann als ein schön gestalteter Platz. Ich denke, wir brauchen beides und deshalb brauchen wir auch das Programm „Soziale Stadt“.
Ich will in Erinnerung rufen, von 1999 bis 2010 wurden in die zwölf Fördergebiete in Mecklenburg-Vorpommern
aus dem Programm „Soziale Stadt“ insgesamt 72 Millionen Euro investiert und damit wurden rund 1.700 Einzelmaßnahmen umgesetzt, und davon 1.500 bürgergetragene Kleinprojekte. Allein diese Zahl lässt das Engagement vor Ort deutlich werden. Da gab und gibt es eine Menge nicht investiver Projekte. Ich erinnere an das Projekt „Familienhebammen“ in Stralsund oder in Rostock das Projekt „Besser essen. Mehr bewegen“ und das Projekt „Marktkonzept zur Verbesserung der lokalen Ökonomie“ in Schwerin.
Meine Damen und Herren, der Mensch mit sozialem Umfeld, seiner wirtschaftlichen Situation und seinem Wohnumfeld, das muss bei all diesen Projekten im Mittelpunkt stehen, und das tut es. Und genau hier setzt auch das Programm „Soziale Stadt“ an. Sozialer Zusammenhalt soll gestärkt werden.
An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei den Quartiersmanagern und wie auch immer die Bezeichnungen sind, jedenfalls allen ehrenamtlich Engagierten und Aktiven vor Ort, mal von dieser Stelle aus zu bedanken für das, was sie da in den letzten Jahren geleistet haben.
Zum Schluss möchte ich noch einen weiteren Hinweis loswerden. Im Koalitionsvertrag Bund ist die Stärkung des sozialen Zusammenhaltes übrigens explizit auch als Ziel der Stadtentwicklung genannt. Wörtlich heißt es dort: „Wir werden die Städtebauförderung als gemeinschaftliche Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen auf bisherigem Niveau, aber flexibler fortführen.“ Und weiter heißt es dort: „Das Programm ‚Soziale Stadt‘ soll stärker ressortübergreifend umgesetzt werden.“
Meine Damen und Herren, ich kann dem eigentlich nichts hinzufügen. Letztendlich kann man nur hoffen, dass das, was in diesem Koalitionsvertrag so formuliert worden ist, dann auch weiterhin Gültigkeit hat, und zwar länger als bis zur Beschlusslage im Bundestag in der nächsten Woche.
Ich bitte Sie, versuchen Sie wirklich, alles noch mal daranzusetzen, dass der Bundestag möglicherweise im Interesse auch unseres Landes sich anders entscheidet als der Haushaltsausschuss im Bundestag. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Soziale Stadt“ ist, glaube ich, ein wichtiges Thema. Frau Lück und auch der Minister haben das Thema angesprochen, vor allem ist es ein Thema der kreisfreien Städte. Wir haben zurzeit noch sechs kreisfreie Städte, zwölf Programme, in jeder kreisfreien Stadt gibt es zwei Programme.
So, wie wir wissen, ist es ein Teil der Städtebauförderung und alle Fraktionen, alle Mitglieder, auch aus Mecklenburg-Vorpommern, haben sich dafür eingesetzt, dass die Städtebauförderung nicht gekürzt wird. Es hat lei
der nicht geklappt, diese Kürzung komplett zurückzunehmen. Von den 587 Millionen Euro, die im Moment da drin sind, wird auf 455 Millionen Euro zurückgekürzt. Ich denke, es ist schon mal ein Erfolg, dass die Kürzung nicht so stark zurückgeführt worden ist.
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ja, ja. – Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Torsten Koplin, DIE LINKE)
Wir hätten uns alle gewünscht, dass sogar aufgestockt wird, ist ganz klar, aber Geld kann immer nur einmal ausgegeben werden, und das gilt für den Bund genauso wie für die Kommunen oder für das Land.
So, wie ich weiß, wird diese Städtebauförderung nicht sofort auf diese 455 Millionen Euro zurückgeführt, sondern in mehreren Etappen sozusagen, über mehrere Jahresscheiben. Trotzdem ist es eine Kürzung, die natürlich ganz speziell die Städtebauförderung treffen wird. Das Problem, was ich sehe, das ist natürlich ganz speziell für die kreisfreien Städte, dass man für die „Soziale Stadt“ nicht mehr genug Geld haben wird, für diese Projekte.
Aber wir dürfen natürlich nicht nur an die „Soziale Stadt“ denken, Städtebauförderung ist auch in den Klein- und Mittelstädten wichtig. Wir gucken immer als Leute der kreisfreien Städte auf unsere Probleme und ich denke mal, die sozialen Probleme sind in den Klein- und Mittelstädten genauso da wie in den großen Städten