Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir unterstützen ebenso ausdrücklich den angekündigten Vorstoß von Justizministerin Zypries, dass das Leugnen des Völkermordes an den Juden sowie die fremdenfeindlichen Straftaten künftig europaweit verfolgt werden müssen.
Wir erwarten, dass endlich einheitliche Standards für die Bekämpfung des Rechtsextremismus festgelegt werden. Bisher ist eine EU-weite strafrechtliche Verfolgung von Tatbeständen wie Volksverhetzung und Leugnung des Holocaust am Widerstand Italiens gescheitert. Da Rom mittlerweile ein Einlenken signalisiert hat, kann oder könnte zumindest nun schnell gehandelt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nunmehr kommt es darauf an, diese und andere Themen konsequent anzugehen. Auch wenn die demokratischen Fraktionen im Landtag zum Teil unterschiedliche Auffassungen in der Europapolitik haben, hätte es uns gut zu Gesicht gestanden, wenn wir einen gemeinsamen Entschließungsantrag vorlegen hätten können. Schade, es ist nicht gelungen, denn eins eint uns doch alle – das Bekenntnis zu einem friedlichen, freiheitlichen, demokratischen und sozialen Europa.
Lassen Sie uns deshalb dennoch gemeinsam dazu beitragen, dass das Haus Europa von unten gebaut wird, und achten wir stets darauf, dass das Fundament stabil bleibt, damit es das gemeinsame Haus Europa auch trägt. – Herzlichen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat ums Wort gebeten der Ministerpräsident des Landes Dr. Ringstorff. Bitte schön, Herr Ministerpräsident.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! „Europa gelingt gemeinsam“, so ist das deutsche Präsidentschaftsprogramm überschrieben. Ich denke, eine gute
Überschrift, denn je mehr Mitglieder wir in der Europäischen Union sind, umso mehr müssen wir uns auf das Gemeinsame besinnen, auf das, was Europa für uns und die Menschen ausmacht.
Die Referenden in Frankreich und den Niederlanden haben gezeigt, Politik ist kein Selbstzweck, sie muss den Bürger mitnehmen. Und ich denke, hier sind wir alle gefordert, denn bei allen Meinungsverschiedenheiten im Detail, wie sie im politischen Alltag vorkommen, die Verwirklichung eines gemeinsamen Europas ist unabdingbar. Europa sichert unseren Frieden, Europa sichert unsere Freiheit, Europa sichert unseren Wohlstand. Heute können wir frei von Tallinn bis Lissabon, von Stockholm bis Rom reisen. Wir können grenzüberschreitend einkaufen, und das überwiegend mit einer einheitlichen Währung.
Unser Export fi ndet zu fast zwei Dritteln innerhalb des europäischen Binnenmarktes statt. Millionen von Arbeitsplätzen werden dadurch gesichert. Unsere jungen Leute können in ganz Europa studieren und aus ganz Europa sind auch junge Menschen bei uns in Mecklenburg-Vorpommern. Ich denke, das ist ein großer Gewinn für uns alle.
Meine Damen und Herren, für uns ist die europäische Einigung ein großes Geschenk. Dafür sind wir dankbar. Und das gilt gerade für die Generationen, die Diktatur und Unfreiheit bewusst miterlebt und darunter gelitten haben. Die Europäische Union ist das bedeutendste Friedensprojekt aller Zeiten und wir haben das Glück, dabei sein zu dürfen.
Ich bin der festen Überzeugung, Hunger, Krieg und Vertreibung lassen sich in Europa nur mit der Europäischen Union dauerhaft beenden. Die Geschichte dagegen ist nie beendet und wir Deutsche wissen um die Verantwortung, die daraus erwächst. Während meiner Reise nach Polen kurz vor Weihnachten hatte ich Gelegenheit, unseren polnischen Nachbarn und Freunden klar und deutlich zu versichern: Niemand, keine ernst zu nehmende politische und gesellschaftliche Kraft in Deutschland denkt daran, die Geschichte zu relativieren oder die Täter zu Opfern zu machen. Wir lassen es nicht zu, meine Damen und Herren, dass Einzelne mit rückwärtsgewandtem Denken und Geschichtsverfälschung eine gedeihliche gemeinsame Zukunft behindern.
Ich sage das in diesem Hause ganz deutlich, weil es ja auch hier Leute gibt, die nicht müde werden zu erklären, dass Teile Pommerns zurzeit von Polen verwaltet würden.
Meine Damen und Herren, deshalb habe ich auch während meiner Reise nach Polen als Bundesratspräsident
deutlich gemacht: Vermeintlichen Rückforderungs- und Entschädigungsansprüchen, die heute von einigen geltend gemacht werden, erteile ich eine defi nitive Absage.
Sie fi nden in Deutschland keine Unterstützung durch den Bundesrat und ich weiß mich hier im Konsens mit den demokratischen Kräften unseres Landes.
Eine gemeinsame Zukunft in Europa kann nur gelingen, wenn wir uns vom Geist der Verständigung und der Versöhnung leiten lassen.
Die Zusammenarbeit in Europa, die Zusammenarbeit mit Polen ist für unser Bundesland von großer Bedeutung und hat einen hohen Stellenwert. Das heißt aber nicht, dass wir mit unseren polnischen Freunden und Nachbarn immer einer Meinung sind und sein müssen. Während meines Besuches in Wahrschau hat sich gezeigt, dass es zum Beispiel bezüglich der Gaspipeline durch die Ostsee unterschiedliche Auffassungen gibt. Aber unterschiedliche Auffassungen zu einzelnen Themen ändern nichts an einem großen Maß an Gemeinsamkeiten. Häufi g ist auch die mediale Aufmerksamkeit bei solchen differierenden Auffassungen mächtig überzogen.
Ich bin mit meinen polnischen Gesprächspartnern einer Meinung, dass die Zusammenarbeit auf regionaler und zivilgesellschaftlicher Ebene eine große Bandbreite besitzt und diese Zusammenarbeit viel verlässlicher und stabiler ist, als vordergründige politische Stimmungen manchmal ahnen lassen. Und es hat mich deshalb sehr gefreut, dass man sich von polnischer Seite aus anerkennend über unsere Bemühungen um die Zusammenarbeit mit Polen, vor allem mit unseren Nachbarregionen Westpommern und Pommern geäußert hat. Daran tragen sehr viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Bundesland einen großen Anteil. Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, ihnen und ihren Organisationen für ihr Engagement zu danken. Machen Sie weiter so und lassen Sie sich auch künftig nicht beirren, auch nicht von den Herren da drüben!
Polen ist aber nur ein Beispiel. Europa geht über die bestehende EU hinaus und für Mecklenburg-Vorpommern spielt im Ostseeraum eine gute Beziehung zu Russland eine besondere Rolle.
Meine Damen und Herren, Zusammenarbeit in Europa ist nicht nur die Zusammenarbeit zwischen Staaten und Regionen, das ist auch europäische Politik, die durch die Kommission vorgeschlagen und durch den Rat und das europäische Parlament beschlossen wird. Anfang des Monats hatte ich anlässlich meines Besuches in Brüssel Gelegenheit, mit verschiedenen Mitgliedern der Europäischen Kommission über Themen zu sprechen, die für Mecklenburg-Vorpommern von vitalem Interesse sind. Ich nenne hier zum einen die maritime Industrie, die Fischerei- und Meerespolitik, die Forschungspolitik und nicht zuletzt die Energiepolitik, die Kollege Methling auch angesprochen hat.
Wachstum und Fortschritt in diesen Bereichen sind für unser Bundesland von großer Bedeutung. Es ist aber auch wichtig, dass wir Wirtschaftswachstum auf der einen Seite und soziale Verantwortung auf der anderen Seite im Zusammenhang sehen. Ich begrüße es deshalb sehr, dass sich die Bundesregierung die Weiterentwicklung des europäischen Wirtschafts- und Sozialmodells auf die Fahnen geschrieben hat, denn wenn wir wirtschaftlich nicht stark sind, wenn wir den Menschen keine Perspektive geben können, dann wird Europa, dann wird die Europäische Union nach außen hin nicht stark auftreten können. Sozial-, Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitik stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich gegenseitig. Wir brauchen die für den Arbeitsmarkt notwendige Flexibilität und wir brauchen sozialen Schutz und soziale Sicherheit. Das müssen wir unter einen Hut bringen. Der Antrag der Regierungsfraktionen weist zu Recht auf diesen Punkt hin.
Das soziale Europa ist ein wichtiger Baustein für die Zukunft. Wir brauchen soziale Standards und Regeln in Europa, die den Menschen die Angst vor den notwendigen Veränderungsprozessen nehmen. Das erhöht nicht zuletzt die Glaubwürdigkeit der EU in den Augen der Bürgerinnen und Bürger. Es ist unsere politische Aufgabe, die Vorzüge und Chancen eines gemeinsamen Europas noch besser zu erläutern, und das nicht nur im Landtag, sondern auch in jeder politischen Diskussion bis hinein in die Schulen unseres Landes. Und die große Beteiligung in Mecklenburg-Vorpommern am Europatag der Schulen am 22. Januar hat mich deshalb sehr gefreut. Ich denke, wenn wir so weitermachen, Kollege Methling, dann werden wir vielleicht auch die Wahlbeteiligung zu den Wahlen des Europäischen Parlaments steigern können. Ich würde mich auf alle Fälle über eine höhere Wahlbeteiligung freuen.
Meine Damen und Herren, ohne die fi nanzielle Unterstützung der EU wären wir heute in Mecklenburg-Vorpommern noch lange nicht so weit, wie wir heute sind. Ich freue mich deshalb, dass man uns bei unseren Anstrengungen ganz kräftig unter die Arme greifen wird. Europa wird uns bis zum Jahr 2013 erneut über 2,5 Milliarden Euro bereitstellen, um weiteres Wirtschaftswachstum zu fördern und noch mehr Arbeitsplätze zu schaffen.
Das ist europäische Solidarität und wir in MecklenburgVorpommern profi tieren davon auch in besonderer Weise.
Meine Damen und Herren, nutzen wir die Chancen, die sich aus der europäischen Integration ergeben, auch weiterhin so intensiv. Wir müssen da, wo es möglich ist, die Chance nutzen, unsere Stimme, die Stimme Mecklenburg-Vorpommerns im europäischen Konzert zu erheben. Wir werden dafür eintreten, den europäischen Verfassungsprozess wieder zu befördern. Das habe ich auch während meines jüngsten Aufenthaltes in Brüssel als Bundesratspräsident deutlich gemacht. Europa ist eine Wertegemeinschaft und dies kommt durch die Verfassung zum Ausdruck.
Europa zu sichern. Nicht jede Regelung, die wir für die Organisation unseres täglichen Lebens benötigen, muss auf EU-Ebene gemacht werden.
Regelungen können auch auf der Ebene des Bundes oder auf der Ebene des Landes geschaffen werden und in einigen Fällen kann man bestimmt auch auf eine Regelung verzichten, meine Damen und Herren. Das muss dann aber auch gewollt und konsequent durchgehalten werden. Wir können nicht auf der einen Seite ständig neue Regelungen fordern und uns auf der anderen Seite über überbordende Bürokratie beschweren.
Meine Damen und Herren, es ist wichtig, dass wir die EURatspräsidentschaft Deutschlands zu unserem Anliegen machen. Europa, denke ich, ist eine lohnende Aufgabe, jeder kann an seinem Platz dazu beitragen. Wenn wir gemeinsam anpacken, wird Europa gelingen. Ich danke deshalb den Fraktionen der SPD und CDU, dass sie das Thema der deutschen Ratspräsidentschaft 2007 auf die Tagesordnung der Landtagssitzung gesetzt haben.