Protokoll der Sitzung vom 31.01.2007

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal einen Bereich, weil der Kollege Schlotmann heute nicht da ist, der diesen mit Sicherheit entschieden vorgetragen hätte, besonders ansprechen. Bei der Gelegenheit sage ich auch – ich hoffe, ich spreche im Namen von Ihnen allen oder von den meisten –, dass wir ihm gute Besserung wünschen. Es ist nicht gerade vergnügungssteuerpfl ichtig, wenn man bei einer solchen Sitzung krankheitsbedingt zu Hause bleiben muss. Ich wünsche ihm, dass er bald wieder auf den Beinen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Um ein Thema hier anzusprechen, das uns beide – und länger schon, als es diese Koalition gibt – zusammengeführt hat, das ist die Frage: Wie gehen wir mit Rechtsextremismus um? Wie gehen wir mit undemokratischen Entwicklungen um? Wie gehen wir mit dem Verlust an Toleranz und demokratischer Mitwirkung um?

Meine Damen und Herren, daran werden Sie diese Koalition messen dürfen, wie wir damit umgehen. Wir wissen auch, dass manche Dinge hätten besser laufen können.

(Udo Pastörs, NPD: Sagen Sie bloß!)

Und eins wäre ganz sicher auch in der Vergangenheit auf der Agenda gewesen, hätte sein müssen, das ist die politische Bildung. Ich will nicht ans Eingemachte gehen, aber wir wissen das, und deswegen haben wir uns damit auch sehr eingehend befasst. Wir haben uns mit Fachleuten beraten, wir haben eigens eine Klausurtagung unserer Fraktion diesem Thema gewidmet. Die politische Bildung muss ihrer Aufgabe gerechter werden. Wir werden daran gemeinsam arbeiten. Sie muss rausgehen in die Fläche, sie muss Menschen ertüchtigen, sich tatkräftig und streitlustig für diese Demokratie einzusetzen,

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Richtig.)

das ist ganz entscheidend. Aber dazu gehört erst überhaupt einmal, um sich mit etwas zu identifi zieren, dass die Kenntnis über demokratische Strukturen, über Abläufe in einer Demokratie von Anfang an in die Schulen geht, in unsere Gesellschaft getragen wird. Jetzt ist es schon fast pathetisch, dass es eine Liebe gibt zu diesem System,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Um Gottes willen! – Raimund Borrmann, NPD: Das wäre das Allerletzte!)

welches uns befähigt, mit Toleranz selbst mit den Herren da drüben auf der Seite umzugehen, die unserer Toleranz dringend bedürfen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der NPD)

Denn die Fröhlichkeit kann ich wirklich nicht verstehen,

(Stefan Köster, NPD: Soll ich Ihnen ein Taschentuch organisieren?)

wenn es darum geht, die Grundfesten unseres gesellschaftlichen, unseres staatlichen und unseres menschlichen Zusammenseins zu verteidigen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Ich liebe euch doch alle, fällt mir da ein.)

Da gibt es nichts zu lachen, meine Herren.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das müsste in der Schule schon beginnen.)

Genau das, Herr Professor Methling.

Da werden Sie mich an Ihrer Seite fi nden, so, wie Sie das mir gegenüber auch erklärt haben, da sind wir uns sofort einig. Das genau werden wir gemeinsam tun und das werden wir uns auch nicht nehmen lassen.

(Heiterkeit und Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Meine Damen und Herren, mein Ziel ist, dass die Herren am Fenster in der nächsten Wahlperiode nicht mehr bei uns sind. Daran werden wir tatkräftig arbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei PDS und FDP – Stefan Köster, NPD: Herr Dr. Jäger, Sie haben so viele Ziele, die Sie nicht erreichen. Das ist ein weiteres Ziel.)

Der Ministerpräsident hat die Problematik der ärztlichen Versorgung in unserem Lande, in den ländlichen Räumen angesprochen. Herr Dankert hat es getan. Herr Roolf, Sie auch. Meine Damen und Herren, hier brauchen wir ein wirklich vernünftiges und vollkommen ideologiefreies Zusammenwirken, ob es um das Projekt AGnES geht oder um andere Dinge. In der letzten Legislaturperiode hat sich Harry Glawe furchtbar geärgert, als unser Antrag da nicht durchging. Na gut, jetzt machen wir einen zweiten Versuch und wir haben eine gute Chance, wenn wir das tun. Ernsthaft meine ich, dass wir uns darum kümmern müssen, dass in einem Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern erst einmal die gesundheitliche Versorgung unserer Bürger gesichert ist. Und darauf aufbauend, meine Damen und Herren, sollten wir die Chance wahrnehmen als ein Land, das als Gesundheitsland Nummer eins genannt werden will und sich auch als ein solches präsentiert. Wir haben dafür sehr gute Voraussetzungen.

Wir haben im wirtschaftlichen Bereich sehr gute Ansätze, was Medizintechnik angeht, wir haben sehr gute Ansätze in unseren Kliniken. Und ich glaube, wir sollten hier auch gemeinsam dafür kämpfen, dass wir ein Problem, das erkannt worden ist, das die Menschen in der Fläche verunsichert, lösen. Dann tun wir auch eine ganze Menge dafür, dass man der Handlungskompetenz eines Landtages, einer Regierung, von öffentlicher Verwaltung, aber auch der Kommunen etwas mehr zutraut. Das werden wir gemeinsam, glaube ich, hinbekommen.

Was ich dringend anmahnen möchte, wahrscheinlich hier in diesem Hause gar nicht anmahnen muss, ist mehr Bewusstsein dafür, dass unsere Grundeinstellung, die mir als Konservativem wahrscheinlich noch eher zugetraut wird als anderen, dass der Schutz der Familie im Grundgesetz besonders verankert ist, dass hier aber auch die Pfl icht der Familie steht. Meine Damen und Herren, es ist traurig, …

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das verbindet uns auch.)

Das verbindet uns sicher.

Es ist traurig, aber es muss hier gesagt werden, wir müssen stärker bei der Familienpolitik, bei der Sozialpolitik den Schutz der Kinder in den Vordergrund stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Es ist traurig genug, dass das so ist. Wir wollen bei kommunalen Behörden, bei Schulen, bei Kindergärten, bei Ärzten ein Problembewusstsein wecken, ein Frühwarnsystem erreichen, damit Dinge, von denen wir mit Schrecken, mit Entsetzen gehört oder gelesen haben, nicht wieder passieren. Das klingt pathetisch, ist aber sehr nüchtern.

(Udo Pastörs, NPD: Das sind die Ergebnisse Ihrer real existierenden Demokratie, Herr Jäger.)

Wenn Sie das Wort „Demokratie“ in den Mund nehmen, dreht sich mir irgendwo der Magen um!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und FDP – Udo Pastörs, NPD: Ich sprach von Ihrer Demokratie, nicht von meiner. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Was Sie darüber reden, das sind die Ergebnisse von Diktatur gewesen. Das ist ja schrecklich!)

Meine Damen und Herren, ich hätte noch so vieles zu sagen und es ist auch gut, dass man am Anfang einer Wahlperiode das offenlegt, was man jetzt schon weiß, was man tun wird. Ich möchte, ohne dass ich jetzt Anspruch auf Vollständigkeit erhebe, an diesem Punkt zusammenfassen: Wir werden gemeinsam in diesem Landtag versuchen, eine neue und, wie ich hoffe, Erfolg versprechende Diskussionskultur zu fi nden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Oh!)

Ja, ja, Herr Methling, ich meine das sehr ernst.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ach, das sagen Sie nach diesen acht Jahren!)

Ja, genau nach diesen acht Jahren.

Ich habe zu denen in meiner Partei und in meiner Fraktion gehört, die sich sehr tatkräftig und auch mit einer gewissen Begeisterung dafür eingesetzt haben, in diesem Lande wieder mitgestalten zu dürfen. Mitzugestalten in diesem Lande heißt aber auch zu akzeptieren, dass es Rollen von Koalition, von Regierung und von Opposition gibt.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Richtig. – Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Das ist in Ordnung.)

Ich kann Ihnen nur sagen, ich wünsche mir eine Diskussion in diesen fünf Jahren in diesem Landtag, bei der es Sinn macht, dass im Plenum die Meinungen offen ausgetauscht und dann in den Ausschüssen aus unterschiedlichen Ansätzen möglicherweise noch bessere Lösungen gefunden werden, als sie am Anfang einer Diskussion gestanden haben. In der Zeit, auf die ich in diesem Landtag zurückblicken kann, gab es so ein paar Dinge. Da gab es das eine oder andere Highlight, wo wir Abgeordneten ein Stück schlauer waren als die Landesregierung.

(Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Prüfung Klasse 10 fällt mir da ein.)

Ich guck mal zu Frau Měšťan.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und Reinhard Dankert, SPD)

Ja, ja. Auch in Beteiligung an einer Koalition, die die Regierung stellt, werde ich daran gern mitwirken.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Sehr gut.)

Das sage ich allen Beteiligten in diesem Landtag zu, das sollten wir gemeinsam machen, damit wir genau das erreichen, wofür wir von unseren Bürgerinnen und Bürgern gewählt worden sind: Wir sollen gemeinsam das Land voranbringen. Wenn wir Streit haben, dann fechten wir den bitte offen aus. Ich selbst habe daran manchmal auch Spaß,

(Heiterkeit bei Minister Henry Tesch und Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

offen zu sagen, was ich denke,

(Udo Pastörs, NPD: Manchmal, ja.)

und den Spaß dürfen Sie mir bitte auch nicht nehmen. Aber ich ermahne uns alle und mich eingeschlossen: Lassen Sie uns immer daran denken, ob es diesem Land nützt oder es nur eine persönliche Profi lierung ist. Wenn es Letzteres ist, lassen wir es lieber sein und arbeiten für dieses Land. Dafür sind wir angetreten. Ich wünsche diesem Landtag und ich wünsche der jetzt gerade im Amt befi ndlichen Regierung, deren Regierungserklärung wir hier diskutieren, viel Erfolg im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. – Vielen Dank.