Die Fraktion der FDP äußerte im Hinblick auf Paragraf 10 Unverständnis darüber, dass die beiden kommunalen Spitzenverbände sich nicht in der Lage gesehen haben, einen gemeinsamen Finanzierungsvorschlag an das Land heranzutragen.
Die Fraktion der NPD hat die Grundgesetzänderung für die Novellierung des SGB II für bedenklich gehalten.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Fraktionen der SPD und CDU haben in einem gemeinsamen Antrag folgende Änderungen in Artikel 1 Ziffer 2 Paragraf 2 Absatz 2 und Absatz 3 sowie Paragraf 4 Absatz 2 beantragt:
,(2) Die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch die Träger erfolgt durch öffentlich-rechtliche gründungsbegleitende Vereinbarung nach § 44b Absatz 2 SGB II.‘
,(3) Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung nach Absatz 2 bedarf als wichtige Angelegenheit der Beschlussfassung der jeweiligen Vertretungskörperschaft des kommunalen Trägers. Der Beschluss soll dem Innenministerium vor Beschlussfassung vorgelegt werden und ist dem Innenministerium unverzüglich nach Beschlussfassung vom kommunalen Träger anzuzeigen.‘
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, begründet wurden die beantragten Änderungen in Nummer 1 damit, dass diese Formulierung Ergebnis eines Kompromisses mit der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit zur Frage sei, ob es sich bei der Vereinbarung nach Paragraf 44b Absatz 2 SGB II neue Fassung um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelt oder die Vereinbarung auch auf sonstige Weise erfolgen kann.
Zur Änderung in Nummer 2 wurde ausgeführt, dass die Änderung in Satz 1 sich als Folgeänderung zu Paragraf 2 Absatz 2 ergebe. Mit der Änderung der Folgesätze werde der Genehmigungsvorbehalt bezüglich der Vereinbarung gestrichen. Er dürfte nicht mit dem SGB II neue Fassung in Einklang stehen beziehungsweise rechtlich gegenüber der Bundesagentur für Arbeit als Vereinbarungspartner nicht durchsetzbar sein. Neu sei die Sollvorschrift, nach der der kommunale Träger den Beschlussentwurf vor Beschlussfassung dem Innenministerium übermitteln soll, um dem kommunalen Träger gegebenenfalls bereits im Vorfeld entsprechende Beratung zukommen zu lassen. Dieses Verfahren habe sich bei den Satzungen auf freiwilliger Basis bewährt. Neben der Sollvorschrift bleibt es allerdings bei der Anzeigepflicht nach Beschlussfassung.
Zu den Änderungen in Nummer 3 wurde erläutert, dass der Landkreistag Mecklenburg-Vorpommern in seiner Stellungnahme im Rahmen der Verbandsanhörung ausgeführt habe, dass ein neuer kommunaler Träger im ungünstigsten Fall nur drei Monate Zeit habe, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Dies werde den Gegebenheiten, die eine Kreisstrukturreform ohnehin mit sich bringt, nicht gerecht. Insofern müsse hier eine längere Frist eingeräumt werden. Diese Bedenken wurden auch im Rahmen der Sachverständigenanhörung am 24. November 2010 im Wirtschaftsausschuss vorgetragen. Diesen Bedenken würde insofern Rechnung getragen, als Paragraf 4 Absatz 2 Satz 3 gestrichen wird und der neue kommunale Träger damit mindestens fünf Monate Zeit habe, sich für eine der beiden Organisationsformen zu entscheiden.
Zu diesen Änderungsanträgen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, stimmte der Wirtschaftsausschuss wie folgt ab: Der Wirtschaftsausschuss stimmte mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU sowie der Fraktion der FDP gegen die Stimmen der Fraktion der NPD und bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE den Änderungen zu Paragraf 2 Absatz 2, Paragraf 2 Absatz 3 und Paragraf 4 Absatz 2 mehrheitlich zu.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, den Gesetzentwurf in der Fassung der beschlossenen Änderungen hat der Wirtschaftsausschuss mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD mehrheitlich beschlossen und dem Landtag die Annahme des Gesetzentwurfes in der Fassung der Beschlussempfehlung zur Annahme empfohlen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bedanke mich recht herzlich für Ihre Aufmerksamkeit, bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen, die an den Bera
tungen teilgenommen haben. Ich bedanke mich selbstverständlich auch auf diesem Wege noch mal bei denjenigen, die uns mit ihrem sachkundigen Wissen im Rahmen der Anhörung zur Verfügung gestanden haben, und bedanke mich, wie gesagt, für Ihre Aufmerksamkeit. – Danke schön.
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bereits sehr oft scharf kritisiert, dass der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts von 2007 erst in allerletzter Minute erfüllt wurde. Somit bleibt den Ländern, vor allem aber den Kommunen kaum Zeit, die Umsetzung in Ruhe vorzubereiten und durchzuführen. Noch problematischer ist aus unserer Sicht, dass die Verfassung einem schlechten Gesetz angepasst wurde und nicht umgekehrt. Der eigentliche Skandal aber ist, dass es zu keinem Zeitpunkt um die Verbesserung der Situation der von Hartz IV betroffenen Menschen ging.
Das zeigt unserer Meinung nach das unsoziale Herangehen an Politik. Und das machen wir nicht mit, das möchte ich noch mal so eindeutig hier formulieren.
Dabei hat es zu den verschiedensten Aspekten Evaluationsberichte gegeben. Alle diese Berichte und Untersuchungen haben mehr oder weniger deutlich herausgearbeitet, dass ein stümperhaft zusammengeschustertes Gesetz zum einen die Menschen demütigt und stigmatisiert, sie faktisch mit Arbeitszwang belegt und Langzeitarbeitslose nur geringe Chancen haben, aus dem Teufelskreis von sozialen Transferleistungen, Niedriglohn und Armut herauszukommen, mit all den negativen Folgen für Gesundheit und Chancengleichheit bei der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Daran ändert auch die geschönte, um nicht zu sagen, manipulierte Statistik nichts. Die Armut wächst vor allem bei Kindern und bei älteren Bürgern. Alle eiligst eingesetzten Kommissionen werden daran nichts ändern. Der Riss in unserer Gesellschaft wird immer größer und das ist gefährlich, sage ich Ihnen. Das Herumdoktern am SGB II hat an den menschenverachtenden Grundtendenzen nichts geändert. Hartz IV ist und bleibt Armut per Gesetz. Genau deshalb werden wir nicht aufhören, dagegen vorzugehen.
Heute liegt uns nun zur Zweiten Lesung der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Umsetzung des im Sommer 2010 geänderten SGB II vor. Das Landesgesetz ist notwendig, aber es wird auch durch die kleine Änderung, die im Wirtschaftsausschuss mit Mehrheit beschlossen wurde, nicht besser.
Die Anhörung im Wirtschaftsausschuss hat die grundsätzliche Kritik der kommunalen Spitzenverbände und der Praktiker vor Ort noch einmal deutlich gemacht. Insbesondere Frau Dr. David vom Sozialamt Neubrandenburg hat eindringlich gezeigt, dass die vorgesehenen Schritte an den Realitäten im Lande vorbeigehen. Aufwand und Kosten werden verursacht, auf denen die Kommunen sitzen bleiben werden.
Hinzu kommt, dass der Zeitdruck wieder einmal unverantwortlich groß ist. In Mecklenburg-Vorpommern wird er noch größer und so mancher Schritt unsinniger, weil im nächsten Jahr eine Kreisgebietsreform stattfinden soll. Alle Entscheidungen, die jetzt im Zuge dieses hier vorliegenden Gesetzes getroffen werden, werden unter Umständen wieder infrage gestellt, zum Beispiel wenn es darum geht zu entscheiden, ob die Umsetzung des SGB II in einer gemeinsamen Einrichtung oder als Optionskommune erfolgen soll.
Es gibt ja Bewerbungen. Bis zum Jahresende müssen die Anträge gestellt und bis zum Mai 2010 bewilligt werden, so hat es Herr Kollege Schulte gesagt. Dann fängt die neue Optionskommune an zu arbeiten, übernimmt 90 Prozent des BA-Personals, schult das Personal, schafft neue Software an und sortiert die Akten darin neu, alles per Hand, alles bei laufendem Betrieb, denn bis zum Mai 2011 gibt es auch in diesen Kreisen die gemeinsame Einrichtung.
Was passiert aber, wenn nach dem 4. September 2011 in den neuen Großkreisen keine Mehrheit für die Option zustande kommt? Dann hat der Teil des Großkreises, der jetzt die Option gewählt hat, Geld und Kraft in eine chancenlose Struktur, sozusagen in den Sand gesetzt. Ich frage Sie: Bekommt der Kreis die Kosten dafür vom Innenministerium erstattet? Wohl kaum. Das ist doch Irrsinn.
Die Personalfrage ist auch eine ganz wichtige, insbesondere für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Argen aus den kreisangehörigen Städten. Im Gesetzentwurf ist geregelt, dass neue Optionskommunen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Ämtern und Gemeinden, die Aufgaben bei den Argen zu erledigen hatten, übernehmen müssen und dazu noch 90 Prozent des Personals der Bundesagentur. Für die neuen gemeinsamen Einrichtungen gibt es eine solche Regelung nicht. Einige Kreise haben bereits heute die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernommen, andere nicht, wie Sie wissen vor Ort.
Und auch das ist aus Sicht der Kreise verständlich, denn diese Angestellten belasten zwar nicht die Finanzen, aber den Stellenplan. Dabei fordert die Kommunalaufsicht im Land Personalabbau.
Ich kritisiere weiter, dass im Gesetzentwurf einige Merkwürdigkeiten zur Rolle des Landes bei der Umsetzung des SGB II enthalten sind.
Da wäre erstens die unverständliche Tatsache, dass drei Ministerien verantwortlich sind. Und da wäre zweitens, dass die kommunalen Spitzenverbände keinen Sitz und keine Stimme im neu zu bildenden Kooperationsausschuss zwischen Bund und Land haben.
Diese kritisierten das auch aus ihrer Sicht zu Recht. Denn bisher hat sich das Land wenig bis gar nicht dafür interessiert, was im Rahmen von Hartz IV passiert, und nun auf einmal möchte es die Umsetzung durch die kommunalen Träger bewerten.
Mein Fazit an dieser Stelle ist eindeutig: Wir brauchen die Novellierung des Umsetzungsgesetzes. Das, was jetzt läuft, ist Murks und die Hinweise der Praktiker haben zu keinen Einsichten bei der Landesregierung geführt. Daher lehnen wir dieses Gesetz ab. – Danke.
Um das Wort hat jetzt gebeten der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus. Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte mir ähnlich wie der Ausschussvorsitzende Herr Schulte vorgenommen, noch einmal auf die Kernpunkte der bundesrechtlichen Regelung einzugehen. Ich will mich da kurzfassen, aber ich möchte auch angesichts des Beitrages, den Frau Lück hier eben gerade gehalten hat, noch mal sagen: Frau Lück, ich finde, dass DIE LINKE sich mit ihrer blindwütigen Ablehnung dieser Regelungen auch wirklich so verrennt, wie Sie es gerade hier gemacht haben. Das finde ich bemerkenswert.
Sie müssten zur Kenntnis genommen haben – ich will noch mal ein Beispiel herausgreifen, und das sage ich mal für mich als jemand, der von der CDU kommt und weiß, wie das im Bund gelaufen ist im Hinblick auf die Verfassungsänderung –, dass wir uns aus dem Lande heraus sehr gemüht haben, diesbezüglich eine Regelung hinzubekommen, die am Ende bedeutet, dass es Leistungen aus einer Hand gibt.