Protokoll der Sitzung vom 15.12.2010

Auf dem Gebiet der pauschalen Krankenhausförderung werden Instrumente zur Flexibilisierung eingeführt. Diese werden insbesondere dazu beitragen, dass die 39 Krankenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern ihre eingesetzten Investitionsmittel auch zukünftig zweckentsprechend und wirtschaftlich sinnvoll verwenden, aber eben auch gleichzeitig Flexibilität erhalten. So wird neben der bereits erwähnten Nutzung von Flächen im Krankenhaus durch niedergelassene Ärzte die Übertragbarkeit der pauschalen Fördermittel geregelt, und das bietet natürlich auch einen Anreiz für die Krankenhäuser, sehr wirtschaftlich mit den Geldern umzugehen. Und da werden sie nicht bestraft, sondern haben die Chance, auch diese pauschalen Fördermittel weiter zu übertragen und für andere gute Projekte zu nutzen.

Die Festsetzung der Höhe der jährlichen Förderung wird durch den Erlass einer Rahmenverordnung, die für pauschale Krankenhausförderung, einschließlich der Ausbildungspauschale, transparenter gestaltet. Der Entwurf sieht eine entsprechende Verordnungsermächtigung vor. Durch den Wegfall der bisher erforderlichen jährlichen Rechtsverordnung und Antragstellung seitens der Krankenhäuser wird Bürokratie abgebaut. Die Krankenhäuser haben zukünftig Planungssicherheit durch die Rahmenverordnung.

Und ich habe auch vor – das darf ich hier ankündigen –, mit der Rechtsverordnung vor allem die Krankenhäuser mit einer besseren Ausbildungsplatzpauschale zu fördern, die sich um die Ausbildung kümmern. Ich denke, das sollte in Zukunft auch belohnt werden. Und das Gesetz gibt dann die Möglichkeit.

Zusammenfassend möchte ich darstellen, dass der vorliegende Entwurf viele deutliche Verbesserungen vor allem für die Patientinnen und Patienten, für die Bürgerinnen und Bürger und Gäste unseres Landes vorhält, aber auch viele Verbesserungen für die Krankenhausträger, mehr Sicherheiten, mehr Planungssicherheiten, aber auch mehr Flexibilität und Bürokratieabbau. Das kommt auch den Beschäftigten zugute. Und vor allem ist es eine Entlastung für alle Beteiligten von überflüssig gewordener Bürokratie. Die Neuregelungen werden die gewachsene und gut aufgestellte Krankenhauslandschaft Mecklenburg-Vorpommerns zukunftsfester machen. Ich möchte gerne an allen 39 Standorten festhalten und sie zukunftsfest machen. Dieses Gesetz ist eine Möglichkeit dafür.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie mich auch diese letzte Landtagssitzung in

diesem Jahr dafür nutzen, mich zu bedanken. Wir haben in dieser Legislatur die meisten Gesetzentwürfe in diesen Landtag eingebracht und auch konstruktiv, auch manchmal streitig beraten. Von diesen 17 Gesetzentwürfen liegt Ihnen dieser – für dieses Jahr der letzte – vor. Und ich würde mich sehr freuen, wenn es uns gemeinsam gelingt, an dieser Idee, die Krankenhäuser im Land zukunftsfester zu machen, anzuknüpfen und wenn wir in den Ausschüssen dieses Gesetz konstruktiv beraten, und werbe parteiübergreifend natürlich für die Zustimmung zu diesem doch mit bestem Gesetz – Landeskrankenhausgesetz – in Deutschland. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Frau Ministerin.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Linke von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Krankenhäuser des Landes gehören zweifellos neben der wunderschönen Landschaft und neben den schönen alten Städten zu den bemerkenswertesten Besonderheiten unseres Landes, um welche uns wahrscheinlich doch sehr viele Bürgerinnen und Bürger, gerade auch in den alten Bundesländern, zu Recht beneiden.

Die Krankenhäuser des Landes haben sich in den vergangenen Jahren auf der Grundlage einer umsichtigen, konsequenten Landesplanung und auf der Basis der dualen Finanzierung zu stabilen Zentren des Gesundheitswesens in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt. Es sei einfach noch einmal daran erinnert: Mittels der Krankenhausplanung werden die stationären Bedarfe der Bevölkerung an akutmedizinischen Leistungen bestimmt und sodann wird festgelegt, durch wen diese Leistungen zu erbringen sind.

Der Krankenhausplan ist also ein Instrument staatlicher Planung, basiert auf einer aktuellen Bedarfsermittlung und zukünftigen Bedarfsentwicklung an akutmedizinischen stationären Leistungen. Und hier finden die Struktur der Bevölkerung, die Häufigkeit der Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen durch die Bevölkerung, aber eben auch die Verweildauer im Krankenhaus sowie die Grundsätze einer wohnortnahen bedarfsgerechten flächendeckenden Versorgung besondere Beachtung.

Anders – und das möchte ich an dieser Stelle ganz besonders herausstreichen –, anders als in anderen gesellschaftlichen Bereichen werden folglich Krankenhauskapazitäten bisher nicht nach Angebot und Nachfrage geregelt, sondern nach dem Bedarf an akutmedizinischen stationären Leistungen bestimmt. Krankenhäuser waren – und sind es im Augenblick noch – nicht frei verfügbare Instrumente für unternehmerische Strategien privater Unternehmen auf freien, durch Marktwettbewerb gekennzeichneten Märkten, sondern Krankenhäuser sind Instrumente des öffentlich-rechtlichen Gesundheitssystems, um eben die im System angelegten Ziele der bedarfsgerechten – und das betone ich –, wohnortnahen – das betone ich ebenfalls – und damit auch flächendeckenden Versorgung tatsächlich zu erreichen.

Die Krankenhausträger werden damit durch einen gesetzlichen Rahmen – Krankenhausplan ist Gesetz –, also den Krankenhausplan, wie gesagt zu Handlungen angehalten, denen sie sich nicht verweigern können. Bei der Erstellung des gegenwärtig noch geltenden Krankenhausplanes im Jahr 2004 waren in diesen 35 Krankenhäuser aufgenommen worden, welche mit annähernd 10.000 Betten eine bedarfsgerechte, flächendeckende und wohnortnahe Versorgung der Einwohnerinnen und Einwohner des Landes mit akut stationären Leistungen garantieren sollten. Inzwischen – Frau Ministerin hat es gesagt – hat sich die Zahl der Krankenhäuser auf 39 erhöht. Und wenn wir ehrlich sind, dann gibt es ja auch immer ein Kriterium der Wahrheit für einen Krankenhausplan, und das ist die Auslastung der Einrichtungen. Diese liegt bei 85 Prozent beziehungsweise höher und damit ist also diese Normauslastung gegeben. Das zeigt also, dass der vorliegende Krankenhausplan doch entsprechend den tatsächlichen Bedarfen auch erstellt wurde.

Die entscheidende gesetzliche Basis für die Schaffung einer bedarfsgerechten, flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung mit akut stationären Leistungen ist das Landeskrankenhausgesetz, wobei den Kern dieses Gesetzes zweifelsohne die Normen zur Planung und zur Finanzierung der Krankenhäuser bilden. Dieses Gesetz soll nun geändert werden. Uns liegt ein Entwurf vor, ohne dass aus der Praxis beziehungsweise aus der Theorie, sprich also den bisherigen Regelungen der Planung und Finanzierung, heraus erkennbar ist, woraus eigentlich dieser Novellierungsbedarf resultiert.

In der Vorlage zum Gesetzentwurf wird das Landesgesetz aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz erwähnt, und zwar als Muster, als hervorragendes Muster für die vorliegende Novelle. Fraglich bleibt nun für uns in Mecklenburg-Vorpommern, warum gerade NordrheinWestfalen beispielgebend sein soll – ein Land mit circa 400 Krankenhäusern, 130.000 Betten bei einer Einwohnerzahl von 16 Millionen Menschen. Allein aus diesen Zahlen wird deutlich, dass Nordrhein-Westfalen anders als Mecklenburg-Vorpommern wahrscheinlich Überkapazitäten an stationären Einrichtungen hat, in der Vergangenheit – eben anders als Mecklenburg-Vorpommern – nicht so konsequent geplant hat und in seinem Landeskrankenhausgesetz zum Beispiel, und das ist ja sehr wesentlich, den Einrichtungen keinen Anspruch auf investive Förderung zugesteht.

Nordrhein-Westfalen hat 2008 für die damals 413 Krankenhäuser mit den über 130.000 Betten pro Jahr 190 Millionen Euro an Investitionsmitteln zur Verfügung gestellt, in Mecklenburg-Vorpommern in den Jahren 2002 bis 2006 120 Millionen pro Jahr für 35 Krankenhäuser. Jeder kann sich schon ausrechnen, was da für ein Krankenhaus zur Verfügung steht. Man würde sich also in diesem Falle sehr wünschen, die Westbundesländer würden ihre Sozialstandards an denen der östlichen Bundesländer ausrichten, und nicht umgekehrt, Frau Ministerin.

Also was sagt der vorliegende Gesetzentwurf nun konkret? Anstelle einer bedarfsgerechten, wohnortnahen und flächendeckenden Versorgung – der Begriff tritt dort nicht auf im Gesetz – mit konkreten Fachrichtungen und Bettenzahlen je Fachrichtung soll es künftig einen Rahmenplan geben, welcher die Summe aller Betten und die einzelnen Fachrichtungen nennt.

Was heißt das konkret? Schauen wir einfach mal in den Krankenhausplan, nehmen wir das Krankenhaus Neubrandenburg. Es verfügt laut Plan über 919 vollstationäre

Betten in 17 Einrichtungen, nein, Verzeihung, in 17 Fachrichtungen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das wollte ich meinen.)

bei einer genauen Aufschlüsselung der Bettenzahlen in diesem Plan auf diese 17 Fachrichtungen.

Einer solchen Festlegung ging natürlich eine intensive Bedarfsanalyse im konkreten Einzugsbereich des Krankenhauses Neubrandenburg voraus, aber es ging ihr auch eine umfassende Abstimmung und Abwägung voraus, nämlich mit den angrenzenden Häusern in Ueckermünde, Pasewalk, Greifswald, Anklam, Stralsund. Das ist natürlich aufwendig – Frau Ministerin bezeichnet diesen Prozess als bürokratisch –, aber eben gerade dieser Aufwand, dieser Abwägungsprozess, ist doch die Quelle des Erfolgs für unser flächendeckendes Netz an Krankenhäusern im Land Mecklenburg-Vorpommern.

Und die Landeskrankenhausplanung verliert also in dem Augenblick, in dem die einzelnen Häuser selbst entscheiden können, wie sie ihre Betten füllen, ihren Charakter als landesweite staatliche Bedarfsplanung im Interesse einer bedarfsgerechten, wohnortnahen, flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung. Folgt man dem Gesetzentwurf, dann können die Häuser künftig gar ihre Kapazitäten reduzieren, ohne dass es dazu ein formalisiertes Verfahren geben muss.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Man macht, was sich rechnet, könnte eine der Konsequenzen daraus sein. Sie bezeichnen das als Vorteil, aber genau genommen ist das doch nicht mehr bedarfsgerechte Planung.

Diese Norm nun also, Einführung einer Rahmenplanung, muss vor dem Hintergrund zahlreicher Forderungen – zum Beispiel der Monopolkommission, der Unternehmerverbände – nach einem Ausstieg aus der staatlichen Landeskrankenhausplanung und nach einem Ausstieg aus der dualen Krankenhausfinanzierung gesehen werden. Immerhin stellt nach geltender Rechtslage die Aufnahme in den Krankenhausplan die entscheidende Voraussetzung für die Krankenhausförderung dar. Wir haben das bisher im Gesetz, ich habe es Ihnen am Beispiel Nordrhein-Westfalen gezeigt, wie sich die Landeskrankenhauslandschaft entwickelt, wenn es eben nicht diesen Rechtsanspruch gibt. Und wie gesagt, im geltenden Gesetz ist investive Förderung als Anspruch geregelt, wobei allerdings kein Anspruch auf die Durchführung der Investition zu einem bestimmten Zeitpunkt besteht. Und ich denke, das ist auch ausgewogen und nachvollziehbar. Künftig soll es im Gesetz stattdessen nun heißen: „Ein Anspruch auf Aufnahme in das Investitionsprogramm besteht nicht.“

Fassen wir zusammen, dann sind die wesentlichen Punkte des Gesetzentwurfes schnell umrissen.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Erstens. Statt einer begründeten Bedarfsplanung zur wohnortnahen, flächendeckenden akutmedizinischen stationären Versorgung wird es eine grobe, nicht auf die Befriedigung der Bedarfe ausgerichtete Rahmenplanung geben. Das flächendeckende, allen zugängliche Netz an akutmedizinischen stationären Einrichtungen wird damit gefährdet.

Zweitens. Mit dem Streichen des Anspruchs auf investive Förderung wird der Ausstieg aus der dualen Finanzierung, sprich investive Förderung durch das Land, Förderung beziehungsweise Finanzierung der Pflegeleistungen durch die Kassen, eingeleitet. Diesen Prozess praktizieren die Altbundesländer bereits seit Jahrzehnten, woraus sich immerhin das bundesweite Investitionsdefizit von circa 50 Milliarden Euro bei den Krankenhäusern ergibt.

Diese beiden Aspekte werden das Gesundheitswesen in Mecklenburg-Vorpommern maßgeblich verändern.

Lassen Sie mich noch ein etwas unwesentlicheres Detail aus dem Gesetzentwurf beurteilen.

(Heinz Müller, SPD: Das wäre ja was für den Ausschuss.)

Frau Ministerin hebt hervor, dass die Krankenhausträger bei unter 12-jährigen Kindern den Personensorgeberechtigten anbieten können, im Falle einer stationären Betreuung eine Begleitperson aufzunehmen. Das ist nun wahrlich nicht neu und begründet auch keinen Anspruch, sondern schränkt vielmehr die sehr allgemeine, nicht auf ein bestimmtes Alter beschränkte, zwingende Regelung des geltenden Gesetzes ein. Im geltenden Gesetz heißt es nämlich, das Krankenhaus „hat … im Rahmen seiner Möglichkeiten eine Begleitperson aufzunehmen“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, mit dem vorliegenden Gesetz, den von mir hier betrachteten Normen, wird der seit der Agenda 2010 im Sozial- und Gesundheitswesen beschrittene Weg in Richtung Deregulierung und Liberalisierung – Sie nennen es Entbürokratisierung – auch im Landeskrankenhausgesetz Mecklenburg-Vorpommern eröffnet.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh, Frau Linke! Frau Linke!)

Was Sie als Bürokratie bezeichnen, ist über Jahre gewachsene Sozialgesetzgebung. Die Vergangenheit hat gezeigt, Sozialgesetzgebung, Regulierung, also das Schaffen von gesetzlichen Regelungen, ist im Interesse sozial benachteiligter Menschen. Und insofern ist auch all das, was wir im gegenwärtigen Landeskrankenhausgesetz an Regeln haben, im Interesse der gesetzlich Krankenversicherten. Krankenhäuser werden sich durch dieses Gesetz und vor dem Hintergrund des in dieser Woche den Bundesrat passierenden GKV-Finanzierungsgesetzes zwangsläufig von Einrichtungen eines solidarischen Gesundheitswesens zu Wirtschaftsunternehmen entwickeln.

In dem von Ihnen, Frau Ministerin, gewählten Vorbildland Nordrhein-Westfalen heißt es deshalb schon heute in genau dieser Konsequenz auf der Internetseite des Gesundheitsministeriums, Zitat: „Um im Wettbewerb zu bestehen, werden sich die Kliniken noch stärker zu gut funktionierenden Wirtschaftsbetrieben entwickeln müssen – mit klarer Unternehmensstrategie und optimalen Abläufen.“

Mit diesem Gesetzentwurf, bestens beschrieben durch dieses Zitat, wird der seit 20 Jahren im Land Mecklenburg-Vorpommern geltende Konsens aller liberalen und sozialistischen Sozialminister, die Krankenhäuser als Einrichtung eines solidarischen Gesundheitswesens zu erhalten und zu entwickeln, …

Frau …

… durch Sie, verehrte Landesregierung, verehrte Frau Ministerin, aufgekündigt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist Quatsch, was Sie da erzählen. Das wissen Sie auch. Das ist doch Quatsch.)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Herr Dr. Nieszery von der Fraktion der SPD.

(Stefan Köster, NPD: Oh, der darf auch mal reden.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Frau Linke,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Frau Doktor!)

was Sie hier eben erzählt haben, spottet eigentlich jeder Beschreibung und ist einer ehemaligen Sozialministerin absolut unwürdig. Das darf ich hier mal so feststellen. Gesetze wie dieses Krankenhausgesetz werden nicht im Wolkenkuckucksheim gemacht, sondern sie werden auch im Vorfeld und in einer Anhörung mit den Beteiligten des Gesundheitswesens abgestimmt. Und die von Ihnen hier eben vorgebrachten Kritikpunkte wurden von niemandem, aber auch von niemandem geteilt, Frau Linke. Das, was Sie hier vorgetragen haben, sind Phantomschmerzen einer ehemaligen Ministerin, nichts weiter.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das war aber sehr sachlich.)