Protokoll der Sitzung vom 15.12.2010

Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Präsident! Das Thema Google Street View wird gegenwärtig viel diskutiert und dennoch ist es ein sperriges Thema. Das hat sich auch bei der durch unseren Ausschuss durchgeführten Anhörung gezeigt. Hierzu möchte ich bemerken, dass ich glaube, dass wir eine hochklassige Anhörung zu diesem Thema durchgeführt haben, obwohl leider der größte Anbieter abgesagt hat. Zu unserem Bedauern hat Google trotz wiederholter Einladung den Ausschuss nicht erreicht, nur eine schriftliche Stellungnahme liegt uns vor. Da kann ich nur sagen: Schade, schade!

Und am Ende haben sich die Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE mit der antragstellenden Fraktion der FDP auf die Ihnen hier heute vorliegende Beschlussempfehlung verständigt. Das ist sicherlich auch ein Verdienst – das möchte ich hier noch einmal sagen – eines ehemaligen Ausschussmitgliedes, das heute als Landesbeauftragter für den Datenschutz die Debatte verfolgen kann.

(Toralf Schnur, FDP: Der wusste ja, was auf ihn zukommt.)

Sie wissen, wen ich meine, den ehemaligen Kollegen Reinhard Dankert.

Lassen Sie mich die Beschlussempfehlung und ihre Hintergründe jetzt noch etwas genauer erläutern.

Die antragstellende Fraktion hatte in ihrem ursprünglichen Antrag die Landesregierung dazu aufgefordert zu prüfen, ob Google Street View untersagt werden kann und ob die Veröffentlichung der Daten an die Freiwilligkeit der Betroffenen geknüpft werden kann. Wir haben in der Anhörung und deren Auswertung festgestellt, dass die Probleme im Zusammenhang mit einer flächendeckenden Erfassung von Gebäuden und Personen,

(Toralf Schnur, FDP: Wo war Google?)

ohne dass Google anwesend war, sehr richtig,

(Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

nur einheitlich auf Bundesebene geregelt werden können. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen, weil der Bund für den Bereich des Datenschutzes, der Bereich, der hauptsächlich betroffen ist, als Gesetzgeber zuständig ist, aber auch, da es sich um ein flächendeckendes Phänomen handelt, ist ein Vorgehen auf Bundesebene sinnvoll.

Rechtliche Grundlage, meine sehr verehrten Damen und Herren, das wissen Sie, um die Rechte der Personen zu schützen, ist zurzeit das Bundesdatenschutzgesetz. Dieses aber ist – und das haben uns die Experten in der Anhörung bestätigt – nicht mehr auf dem neuesten Stand. Als es beschlossen wurde, waren die Technik und die Internetmaschinerie noch nicht so weit vorangeschritten wie heute. Daher wird vom Bundesrat nun eine Gesetzesinitiative zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes in den Bundestag eingebracht. Leider ist diese Gesetzesinitiative im Bundestag noch nicht beraten worden.

Inhaltlich sieht der Gesetzesentwurf Rahmenbedingungen für die Zulässigkeit der Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten vor, die im Zusammenhang mit der Erfassung von Geodaten, von Gebäuden und Straßen gemacht werden. Im Wesentlichen enthält der Entwurf eine gesetzliche Verpflichtung, dass Personen und zum Beispiel Kennzeichen von Autos vor der Übermittlung unkenntlich gemacht werden. Das sogenannte Widerspruchsrecht soll in Gesetzesform gegossen werden. Dieses existiert – auch das wissen Sie – bislang nur aufgrund einer freiwilligen Selbstverpflichtung des Internetanbieters. Zudem soll bei Verstößen gegen die Vorschriften ein Bußgeld entrichtet werden.

Aber der Bundesrat ist nicht allein. Am 1. Dezember hat der Bundesminister des Inneren nun auch einen Gesetzentwurf vorgestellt. Mit diesem soll vor allem der Schutz des Persönlichkeitsrechtes gestärkt werden. Wir sollten also sehr aufmerksam verfolgen, was sich auf der Ebene des Bundes in nächster Zeit tut. Um gut informiert zu sein, wird die Landesregierung mit unserer Beschlussempfehlung daher aufgefordert, den Landtag entsprechend zu unterrichten.

Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Präsident! Und wir fordern mit der Beschlussempfehlung die Landesregierung ausdrücklich auf,

(Zuruf von Minister Lorenz Caffier)

die Bestrebungen in Bezug auf eine bundesrechtliche Regelung über den Bundesrat weiter zu unterstützen. Die aufgeworfenen Fragen – das hat wie gesagt die Anhörung gezeigt – müssen in bundesrechtliche Regelungen gegossen werden.

Aber wir können und müssen auch die Bürger im Land ansprechen, denn sie können mit den bereits bestehenden Möglichkeiten ihre Rechte verteidigen. Es muss das Problembewusstsein bei den Bürgerinnen und Bürgern gestärkt werden, damit sie selbst aktiv werden und Widerspruch einlegen. Deshalb haben wir die vielleicht etwas unübliche Form gewählt und einen Musterwiderspruch in den Bericht zur Beschlussempfehlung mit aufgenommen.

(Egbert Liskow, CDU: Sehr gut, sehr gut.)

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, ich denke, das werden Sie sich noch mal anschauen.

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, die Beschlussempfehlung, die Ihnen auf Drucksache 5/3988 vorliegt, ist das Ergebnis einer sehr konstruktiven Zusammenarbeit im Europa- und Rechtsausschuss, denn die Beschlussempfehlung beruht auf einem gemeinsamen Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP. Der Ausschuss hat die Beschlussempfehlung einvernehmlich mit den Stimmen dieser Fraktionen bei Enthaltung seitens der Fraktion der NPD angenommen.

Für diese sehr gute und konstruktive Zusammenarbeit möchte ich mich an dieser Stelle bei den Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses herzlich bedanken. Sie hat die Erarbeitung dieser Beschlussempfehlung sehr leicht gemacht und erst ermöglicht. Herzlichen Dank dafür! Aber auch den Sachverständigen, die teilweise einen weiten Anfahrtsweg auf sich genommen haben, möchte ich an dieser Stelle mein herzliches Dankeschön sagen.

Bevor ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu guter Letzt im Namen des Europa- und Rechtsausschusses um Ihre Zustimmung zu der Beschlussempfehlung bitte, kann ich Ihnen für die Fraktion der SPD die Zustimmung signalisieren. Stimmen auch Sie zu, meine sehr verehrten Damen und Herren! – Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Danke, Herr Müller.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende der NPD Herr Pastörs.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Wissen ist noch keine Macht, das ist klar, aber das Wissen zu haben, versetzt einen natürlich in die Lage, Macht auszuüben. Wir haben ja auch über das Geoinformations- und Vermessungswesen gesprochen hier an dieser Stelle und da passt natürlich der Antrag der FDP ganz genau zu diesem Thema.

Und ich muss leider sagen, der Herr Müller, der hier eben für die SPD gesprochen hat, scheint intellektuell etwas überfordert zu sein

(Detlef Müller, SPD: Wer hier wohl überfordert ist, Herr Pastörs?!)

bei einer vernünftigen Bewertung

(Detlef Müller, SPD: Also ehrlich, hier ist nur einer überfordert, und das sind Sie.)

des Ausmaßes dessen, was hier von Google Street View beabsichtigt ist, Herr Müller.

(Detlef Müller, SPD: Ja, ja, Sie wissen es, Sie sind ja auch oberschlau.)

Nun hören Sie doch mal zu

(Detlef Müller, SPD: Ach, nehmen Sie Platz!)

und gehen Sie doch nicht auf dieses niedrige Niveau des Herrn, der da sonst immer sitzt.

(Detlef Müller, SPD: Das ist Ihr Niveau, das ist Ihr Niveau, mein Lieber.)

Also Sie machen ja dem Herrn Dr. Nieszery alle Ehre mit Ihren dumpfen und, ich muss sagen, recht primitiven Zwischenrufen.

(Detlef Müller, SPD: Ja, ja, ja.)

Machen Sie das mal ein bisschen mit Esprit und ein bisschen intelligenter!

(allgemeine Unruhe – Zuruf von Detlef Müller, SPD)

Nun hören Sie doch mal zu!

(Detlef Müller, SPD: Also, Herr Pastörs, Sie müssen doch was genommen haben.)

Und jetzt macht der Herr Müller auf dem gleichen Niveau mit. Ich stelle fest, wir liegen hier ganz gut mit unserer Argumentation.

Also wie gesagt, nicht das Foto, das hier von Google produziert wird, ist die Gefahr, sondern die Vernetzungsmöglichkeit und das Ausschlachten von Informationen, wenn man die unterschiedlichen Informationen zusammenführt. Ein Leser der FAZ schrieb vor einigen Wochen, dass nicht die Fotos gefährlich seien, sondern Google gefährlich sei. Und wir sagen aus der Sicht der NPD dazu, wenn man dann noch die anderen Möglichkeiten dazuaddiert und die elektronische Vernetzung berücksichtigt, die hier möglich ist und auch ausgeführt wird, dann wird das ganze Ausmaß der Bedrohung und der Möglichkeit des Ausspionierens unserer Bürger im Lande ganz, ganz offenbar.

Man stellt sich mittlerweile die Frage, wenn man nach einer Emnid-Umfrage schaut, die mit 52 Prozent repräsentativ sagt, die Bürger wollen das nicht, da stellt man sich die Frage: Was geschieht eigentlich hier im Bereich der neuen Medien und im Bereich der Erhebung von immer mehr Daten und von immer mehr legitimierter Ausspähungsmöglichkeit vonseiten der Wirtschaft bis in die Privatsphäre der Menschen hinein? Man stellt sich die Frage: Was gibt das eigentlich – Aldous Huxley oder George Orwell?

Ich denke, Sie wissen, dass Street View von Google nicht nur Bilder macht, sondern auch alle Funksignale abgefasst hat. Und Sie wissen auch ganz genau, dass nicht nur die Militärs wissen, dass man mit vielen Informationen sehr gute Analysen erstellen kann, sondern dass mittlerweile selbstverständlich auch die Kaufleute das wissen und ganz besonders die Chefs und die Vorstände großer internationaler Unternehmungen. Nicht umsonst spricht man ja mittlerweile von Informationskrieg, von Währungskrieg und Wirtschaftskrieg.

Ja, die Begehrlichkeiten sind auf diesem Gebiet offensichtlich grenzenlos, denn stellen Sie sich einmal vor, welchen Wettbewerbsvorteil man erlangen kann, wenn man die Finanzmacht hat, sich aus unterschiedlichen Quellen genau das zusammenzukaufen an Informationen, was man braucht, um eine Strategie zu verfolgen, die Gewinnmaximierung verspricht. Und stellen Sie sich einmal vor, welchen Nachteil all die Unternehmungen haben, die eben nicht über die nötigen Mittel verfügen, hier einen einigermaßen wettbewerbsgleichen Wettbewerb überhaupt aufnehmen zu können.

Meine Redezeit ist leider vorbei,

(Detlef Müller, SPD: Zum Glück.)

die rote Lampe leuchtet.